Die Lagune von Oviedo – Besuch mit Hindernissen – und Osterparty in Enriquillo und Los Patos

Das staubige „Kuhkaff“ Oviedo ist der Ort, der am nächsten am Eingang zur Laguna de Oviedo liegt, wo wir Samstagmorgen per Motorrad hinfuhren. Die Lagune ist ein Salzwassersee, der, als wir dort waren, eine ungewöhnliche hellgrüne Färbung aufwies, und der berühmt ist für seine Vogelwelt, insbesondere Flamingos. So interessant das erschien, so sehr schreckten uns die Preise der angebotenen Wander- und Bootstouren ab. Wir hatten uns erhofft, einfach ein bisschen allein um die Lagune herumspazieren zu können, aber nein, das sei ja „muy peligroso“ (also „supergefährlich“ wegen der an der Lagune arbeitenden Fischer, bei denen weiß man ja nie…) und wir müssten auf jeden Fall mit einem Guide gehen. Darauf hatten wir nun gar keine Lust und als ich dann noch sah, dass am Eingang der Lagune, einem wohlbemerkt von der Regierung betriebenem Naturreservat, (verbotenerweise) Korallen und riesige Muscheln verkauft worden, hatte ich endgültig schlechte Laune. Wir nahmen dann von der naheliegenden Ortschaft aus einen kleinen Wanderweg zur Lagune nicht ohne noch einmal Leute vom Reservat abzuschütteln, die uns vor den ach so vielen herumlaufenden gefährlichen Fischern warnten. Auf dem Weg zur Lagune sahen wir keinen einzigen Menschen und auch als wir durch die bizarre Mangroven-Landschaft nahe der Laguna liefen, trafen wir auf keine Menschenseele. Dafür konnten wir uns nun endlich in Ruhe hinsetzten und unser verspätetes Frühstück (Haferflocken mit Kakao und frischer Kokosnuss im Plastikbecher) einnehmen.

Nach dem etwas anstrengenden Ausflug zur Lagune fuhren wir nach Norden zur Badestelle Los Patos („Die Enten“), wo der angeblich kürzeste Fluss der DomRep ebenfalls eine Lagune bildet bevor er ins Meer mündet. Wegen des Osterwochenendes war die kleine Badestelle rammelvoll mit Menschen, die mit dem obligatorischen mit Rum gefüllten Plastikbecher in der Hand im flachen Wasser standen und feierten. Hier wie später auch am Strand der Ortschaft Enriquillo, wo wir noch Stop machten, wurde der Strand kurz vor Sonnenuntergang von der Polizei geräumt bzw. durfte keiner mehr ins Wasser gehen. Ich hatte gelesen, dass es in der DomRep am Osterwochenende üblich sei, die Strände zu sperren, aus Angst die Leute könnten nach Sonnenuntergang betrunken ins Wasser gehen und in der starken Strömung ertrinken. Tja, nach jahrzehntelanger fast autokratischer Herrschaft Balaguers bis 1996 muss Vater Staat halt immer noch sagen, wo’s lang geht statt auf die Eigenverantwortlichkeit der Dominikaner zu setzen…

Der Sonntag meiner geplanten Rückreise endete mit einer Odyssee: Etwas naiv wie ich gewesen war hatte ich mir morgens Zeit gelassen, in Ruhe gefrühstückt und mich dann an die Straße am Hotel gesetzt, um auf das nächste vorbeifahrende Guagua zu warten, das mich bis Barahona oder ja vielleicht sogar bis nach Santo Domingo mitnehmen würde. Nach langem vergeblichen Warten lief ich vor in den Ort, wo mir eine Frau sagte, dass das letzte Guagua nach Santo Domingo bereits 9.30 Uhr abgefahren sei und alle vorbeifahrenden von Pedernales kommenden Guaguas immer schon voll seien. Im selben Moment sprach mich ein Typ mit Motorrad an, ob er mich nicht  bis Enriquillo mitnehmen könne, von wo aus ich einfacher weiterfahren könne. Gesagt, getan: Ich zahlte ihm Spritgeld und er ließ mich in Enriquillo an der Guaguastation raus. Von dort fuhr ich mit dem Guagua nach Barahona, von wo ich wiederum ein Guagua in die Hauptstadt nehmen wollte. Als ich an der Station ankam erwartete mich bereits eine lange Menschenschlange. Tickets wurden schon gar keine mehr verkauft und so hieß es Anstehen und Warten. Zum Glück war der Transport nicht wie normalerweise im Stundentakt, sondern so organisiert worden, dass nach Abfahrt eines vollen Guaguas gleich das nächste nachrückte. Ich hatte Riesenglück, dass ich vorne neben dem Fahrer mit guter Aussicht und Beinfreiheit Platz nehmen konnte. So konnte ich noch ein paar Fotos der teilweise stark an Marokko erinnernden Landschaft machen. Statt der eigentlichen 3,5 Stunden brauchten wir aufgrund des Feiertagsverkehrs jedoch fast 5 Stunden bis Santo Domingo. Zu allem Überfluss wurde der Fahrer auch noch wegen Zuschnellfahrens in der Hauptstadt angehalten, wobei ich die ganze Zeit angespannt auf die Uhrzeit schielte in der Hoffnung wenigstens noch einen Bus um 19 Uhr nach La Vega zu bekommen. Noch nach Jarabacoa zu kommen hatte ich mir mittlerweile schon abgeschminkt, da die letzten Guaguas von La Vega 19.30 Uhr abfahren. Als ich gerade dabei war mir eine Hoteloption für La Vega zu überlegen, rief mich meine Gastmutter und meinte, ich könne bei einer Freundin in La Vega übernachten. Ihr Freund, der ebenfalls an in La Vega wohnt, würde mich an der Busstation abholen und zu dieser Freundin fahren. Und so geschah es auch. Am nächsten Morgen nahm er mich sogar noch bis nach Jarabacoa, wo ich mit meinen kunterbunten Schlabber-Urlaubsklamotten und extrem sonnengebräunt das Büro betrat. Die Odyssee hatte ein gutes Ende genommen! 🙂

 

Hoyo de Pelempito, eine Senke mit acht Vegetationszonen und der angeblich schönste Strand der DomRep, Bahía de las Águilas

An Karfreitag fuhren Manuel und ich zunächst hinein in die Sierra de Bahoruco, um das Gefälle Hoyo de Pelempito zu besuchen. Erst in den 1980er Jahren haben Wissenschaftler überhaupt angefangen, dieses Gebiet der DomRep zu erforschen. Die Undurchdringlichkeit der Berge der Sierra de Bahoruco galt so auch lange als Rückzugsort für die letzten noch auf der Insel verbliebenen Tainos und gerade insbesondere in der Senke des Hoyo de Pelempito sollen sie sich wohl vor den Kolonisatoren versteckt haben. Heute ist die Zufahrt alles andere als versteckt: Von Cabo Rojo aus führte eine sehr breite, sehr gut ausgebaute Straße bis hoch in die Berge zum Eingangsportal. Verantwortlich dafür ist die US-amerikanische Firma „Alcoa Exploration Company“, die hier in den Bergen Bauxit abbaute. Wir sahen die „vernarbten“ roterdigen Abbaugebiete auf dem Weg nach oben. Der Bauxit wurde nach dem Abbau mit LKW (deshalb die breite Zufahrtsstraße) bis nach Cabo Rojo gefahren, wo er dann in dessen kleinem Hafen verschifft und abtransportiert wurde. Der auf der roten Erde gebaute Hafen bildet einen krassen Kontrast zum helltürkisen, kristallinen Meerwasser und erklärt somit auch den Ortsnamen „Rotes Kap“.

Bei der Fahrt bis zum Hoyo de Pelempito durchquerten wir laut Reiseführer acht verschiedene Vegetationszonen, die man angeblich dann auch oben von der Aussichtsplattform sehen kann, wenn man 700 m tief in das Gefälle hineinblickt. Doch vor lauter extrem böigen Wind über dem Gefälle war das „Schauen“ gar nicht so einfach. Uns fiel der Vegetationswechsel eher an der Straße auf dem Weg nach oben auf: auf einmal noch kakteenreiche, trockene, wüstenartige Landschaft und keine 200 m weiter subtropischer, saftig-grüner Wald, ganz oben schließlich Pinienwald, der mich sehr an Skandinavien erinnerte.

Als wir vom Hoyo de Pelempito wieder unten am Meer in Cabo Rojo angekommen waren, wollten wir den Tag mit einer Fahrt zum angeblich schönsten Strand der DomRep (er gilt natürlich auch als einer der schönsten Strände der Karibik und sowieso der ganzen Welt ;-)), der Bahía de las Águilas („Adlerbucht“), krönen. Ein staubiger, steiniger Zufahrtsweg mit teilweise krassen Steigungen führte uns zunächst zu einem Aussichtspunkt über die ganze Bucht und schließlich hinunter zum Strand, an dem wegen Ostern ungewöhnlich viel los war. Das Schöne ist, dass es bis auf einen Wachturm keinerlei Infrastruktur am Strand gibt, d. h. keine nervigen Verkäufer, keine Verkaufsstände, die laute Musik spielen könnten und schon gar keine Hotels. Der Strand ist schon echt schön, aber pssst, ich muss ehrlich sagen, dass mir die Strände auf Sansibar immer noch besser gefallen haben. Die meisten Strandbesucher lassen sich übrigens mit einem Boottaxi („Botoconcho“) vom Ort La Cueva („Die Höhle“) aus bis zum Strand fahren. Dort sollten wir abends noch lecker essen („Bahiafongo“, ein Mofongo mit Fischfüllung) bevor wir zu unserem nächsten Übernachtungsort, Oviedo, fuhren.

Ostern im kaum bekannten Südwesten der DomRep – Start mit Pedernales und Cabo Rojo

Um in den Südwesten der DomRep, d.h. die Halbinsel Bahoruco, zu gelangen, muss man viel Zeit einplanen und so nahm ich mir diese Gegend für das verlängerte Osterwochenende vor. Bereits Mittwochabend machte ich mich von Jarabacoa aus per Bus auf den Weg nach Santo Domingo, wo ich eine Nacht bei der Kanadierin Jeanne übernachtete und ihrer Mädels-WG somit die erste Couchsurfing-Erfahrung brachte. Das Setting beim Betreten der schön großen, weitläufigen Wohnung war mal wieder herrlich international: Jeanne, die aus dem französischsprachigen Teil Kanadas stammt und durch ein Auslandsstudium in Argentinien perfekt Spanisch spricht, wohnt mit einer dominikanischen (war gerade nicht da) und einer puerto-ricanischen Medizinstudentin zusammen. Letztere saß gerade mit Oleg, einem Ukrainer, zusammen, um ihre erste Russischstunde bei ihm zu nehmen. Zum Essen gab es dann mexikanische Tacos und als Beilage super-interessante Gespräche v. a. über Puerto Rico, eine mit den USA assoziierte Karibikinsel, die trotz der räumlichen Nähe zur DomRep durch den US-amerikanischen Einfluss doch ganz anders zu sein scheint.

Nach einer kurzen Nacht auf der Couch und ewigem Warten auf das Taxi, das trotz Vorbestellung eine halbe Stunde zu spät kam, saß ich 6 Uhr im Bus nach Barahona und hatte 3,5 Stunden Fahr- und Schlafzeit vor mir. In Barahona musste ich mir vor der Weiterfahrt nach Pedernales noch schnell Sonnencreme kaufen, da ich meine dummerweise zu Hause vergessen hatte. Obwohl diese Lichtschutzfaktor 50 aufwies, schien sie keineswegs gegen die Sonne zu schützen; zumindest sah ich am letzten Tag meiner Reise aus wie als wäre ich im Sonnenstudio eingeschlafen. Ich sag jetzt mal böse: blödes dominikanisches Billig-Produkt!:-S

Sardinenmäßig eingequetscht hatte ich von Barahona nun noch einmal eine 2,5-stündige Guaguafahrt bis an den westlichsten Rand der DomRep, nach Pedernales, vor mir. Die Halbinsel Bahoruco, die ich auf einer gut ausgebauten Asphaltstraße entlangfuhr, bietet auf der einen Seite Blicke auf die Küste mit surreal erscheinendem türkisfarbenen Meer (Nationalpark Jaragua) und auf der anderen Seite auf die Berge der Sierra de Bahoruco im gleichnamigen Nationalpark. Eine beeindruckende Landschaft und Panoramastraße, die für die unbequeme Sitzposition im Guagua allemal entschädigte!

In Pedernales, einer kleinen, recht uninteressanten staubigen Grenzstadt zu Haiti, angekommen, begab ich mich erst einmal auf „Futtersuche“. Achtung, hier wird es wieder international: Ich landete aus Mangel an Alternativen in einem von Chinesen betriebenen Fast-Food-Restaurant mit dominikanischem Essen (frittierte Kochbananenscheiben (Tostones) und frittiertes Hühnchen mit viiiiiiiiiiiel Ketchup und Salz), wo ich hinter der Theke Gotteseidank auch gleich noch mein Handy aufladen konnte, da ich auf den Anruf meines Mitfreiwilligen Manuel wartete, den ich in Pedernales treffen sollte, um mit ihm dann die nächsten Tage zusammen rumzureisen. Während ich aß konnte ich einer Gruppe Haitianer lauschen, die sich lautstark auf Kreyol unterhielten. Ich verstehe da eigentlich gar nichts; ganz selten vielleicht mal ein „afrikanisch“ ausgesprochenes französisches Wort. Als die haitianische Angestellte des Restaurants dann meinen Tisch abräumte und saubermachte, fragte sie mich freudestrahlend (ich glaube sogar auf Englisch), ob ich denn Kreyol sprechen würde. „Ähm nein, nur Spanisch und ja, Französisch…“, sagte ich und fragte mich, wer denn dieses Gerücht in die Welt gesetzt haben könnte. Kurz darauf kam dann ein weiterer Haitianer zu mir, fragte mich ebenfalls ob ich denn Kreyol sprechen würde und setzte sich unverschämterweise einfach an meinen Tisch und hörte nicht auf mich zuzulabern, wobei ich nur die Hälfte verstand. Ich war einfach nur genervt von ihm und da er offensichtlich auch noch anderweitig an mir interessiert war, machte ich, dass ich aus dem Restaurant rauskam und mich in den einzigen kleinen Supermarkt des Ortes flüchtete.

Manuel traf ich schließlich nachmittags am Strand von Pedernales, eigentlich ein menschenleerer ruhiger Ort, aber an diesem Tag wegen des Osterwochenendes (Semana Santa, wörtlich „Heilige Woche“) voll mit Leuten und beschallt von lauter Musik. Wir fuhren auf seinem Motorrad nach Cabo Rojo (Rotes Kap), an der Küste vor Pedernales gelegen, wo ich eine Nacht im „Eco del Mar“ gebucht hatte, eine „Camping Deluxe“-Unterkunft, wie auf dem Schild stand, das wir nach ewiglanger Fahrt durch die wüstenartige Einöde endlich sahen. Und tatsächlich: Ich hatte ein Zelt direkt am Meer für mich, in dem sogar ein Bett drinstand – okay, das Bett war eine dieser riesigen aufblasbaren Luftmatratzen, aber dafür super-bequem. Das ganze „Hotel“ bestand also nur aus den Zelten am Strand und ein paar Holzhütten, in denen nur aus natürlichen Materialien z. B. eine Rezeption, ein Restaurant und Duschen gebaut worden waren. Echt genial! Das Frühstück direkt am Meer am nächsten Morgen war natürlich noch genialer!