Trinidad & das Valle de los Ingenios (Tal der Zuckermühlen) – die Zeitreise geht weiter

Vor Antritt meiner Kubareise hatten mir viele Freunde und Bekannte erzählt, dass man, wenn man diese Insel besuche, eine Zeitreise mache, da sie einfach so viele Jahrzehnte fast vollständig von der Außenwelt abgeschnitten gewesen war. Und tatsächlich: Bei Ankunft am Flughafen in Havanna fühlt man sich in den Muff der 50er Jahre zurückversetzt und überall in der Stadt fahren tatsächlich diese alten US-amerikanischen Schlitten aus den 50er Jahren herum. Nicht, dass ich die 50er Jahre damals erlebt hätte! 😉 Aber durch Fotos und Filme, die ich aus dieser Zeit gesehen hatte, konnte ich doch einige Parallelen ziehen und in Kuba wiedererkennen. Was mich allerdings wirklich an meine Kindheit erinnerte, waren die sozialistischen, quadratisch-praktisch-guten Plattenbauten, die sich v. a. in den etwas außerhalb der historischen Stadtzentren gelegenen Stadtteilen befanden. Dresden-Prohlis lässt grüßen! 😉

Im schnuckligen Trinidad machte man nun eine Zeitreise in eine noch weiter zurückliegende Epoche, die der spanischen Kolonialzeit. Die meisten Straßen waren entweder unbefestigte Feldwege oder Pflastersteinstraßen, über die Pferdekutschen, Pferdekarren und Fahrräder als Haupttransportmittel holperten. Die andalusisch geprägten Kolonialbauten im Stadtzentrum waren schön restauriert worden und zogen v. a. in den Morgenstunden riesige Horden von Touristen an, die sich bis zum Nachmittag aber zum Glück wieder verzogen hatten. Typisch für die Häuser in Trinidad sind ihre hohen, vergitterten Fenster und hohe Holztüren, die oft zwei kleinere Türen integriert haben, um den Luftzug zu lenken und für ein bisschen Abkühlung zu sorgen. Den Mix aus hölzernen Dachbalken, Kronleuchtern und europäisch geprägten Möbeln aus dem 18. Jahrhundert konnte man in einigen Museen und Restaurants der Stadt bestaunen und war wirklich einzigartig! Abends kam rund um den Plaza Mayor (Großer Platz) richtig Stimmung auf wenn sich alle, v. a. Touristen, auf den Treppenstufen hoch zum „Casa de la Música“ niederließen und einen Mojito bestellten. Livemusik von der Salsashow im „Casa de la Música“ und Musik aus anderen Restaurants drang herüber und irgendwo fingen immer ein paar Leute zu tanzen an.

Ich ging an einem Abend ins „Casa de la Trova“ (Liederhaus), ein traditionelles Musikhaus, das es in jeder größeren kubanischen Stadt gibt, und in dem jeden Abend Livemusik gespielt und getanzt wird. Es dauerte natürlich auch nicht lange bis mich dort jemand zum Salsatanzen aufforderte und ich so gleich mit ein paar Leuten ins Gespräch kam: Felix, ein Deutschlernender Kubaner, ein Freund von ihm, der mit seinen etwa 70 Jahren noch flott das Tanzbein schwang und zwei Touristinnen aus Puerto Rico. Nach den zwei Salsa- bzw. Songruppen trat ein Sänger auf, der der „Casa de la Trova“ ursprünglich einmal ihren Namen verliehen hatte, ein Troubadour (span. trovador), der mit Gesang plus Gitarre bei den Kubanern allseits bekannte Troubadour-Lieder schmetterte. Sehr schöne Musik!

Von Trinidad aus wollte ich einen Tag eine Touristentour mit der historischen Eisenbahn ins Valle de los Ingenios, Tal der Zuckermühlen, unternehmen. Mein AirBnB-Gastgeber Alayn hatte für mich die Abfahrtszeit recherchiert und brachte mich morgens auf sehr kubanische Weise zum Bahnhof: Ich setzte mich hinten seitlich auf den Gepäckträger seines Fahrrads und los ging’s! Der Zug fuhr pünktlich 9.30 Uhr ab und wir ratterten durch die herrlich grüne Landschaft nordöstlich von Trinidad, die 1988 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt worden ist. Natürlich durfte während der Zugfahrt die Livemusik nicht fehlen und schwupps, tauchte ein Sänger mit Gitarre auf, der gegen den Zuglärm mit Klassikern wie „Guántanamera“ ansang. Ich fand es ja echt toll, dass in Kuba so viel Livemusik gespielt wurde, denn in der DomRep ist dies wirklich selten zu finden. Was mich allerdings nervte war, dass man immer halb verpflichtet war ein Trinkgeld zu geben, obwohl man ja, wie z. B. im Fall der Eisenbahnfahrt, nicht um Livemusik gebeten hatte bzw. vorher nicht informiert worden war, dass es welche geben würde. Man hatte nie die Wahl auch „nein“ zur Livemusik sagen zu können. Als ich dem Sänger dann nur ein kleines Trinkgeld in Moneda Nacional in den Korb, den er rumreichte, legte, schaute er mich ganz säuerlich an. Aber leider ist diese Art des Trinkgeldsammelns v.a. in Touristenrestaurants in Kuba schon recht verbreitet und z. B. auch den Toilettenfrauen muss man ständig Trinkgeld geben, sogar im Museum! Okay, ich verstehe es, da die Kubaner wirklich extrem wenig verdienen und auf Trinkgeld angewiesen sind. Was ich dann aber wiederum unverschämt fand, ist, wenn sie dreist z. B. am Gepäckschalter im Busbahnhof nach 1 CUC (=1 USD) Trinkgeld fragten, obwohl der Gepäckservice eigentlich in den ohnehin schon verhältnismäßig teuren Bustickets inklusive ist. Es passierte mir auch oft, dass ich als offensichtlicher Tourist ohne Begrüßung oder Entschuldigung angesprochen wurde, ob ich denn nicht noch eine Unterkunft suche, nicht ein Taxi nach XY bräuchte oder nicht eine Exkursion nach XY buchen wolle. Oder es passierte mir, wie ich es aus Marokko noch in leidvoller Erinnerung hatte, dass ich in einem Museum, in dem ich bereits meinen Eintrittspreis bezahlt hatte, eine Führung erhielt und hinterher, ohne dass man mir vorher gesagt hatte, dass eine Führung extra kostet, die Hand für ein Trinkgeld hingestreckt wurde. Auch das finde ich echt dreist, denn die Eintrittspreise für Touristen haben teilweise europäisches Niveau und das, was Kubaner in Moneda Nacional zahlen, muss der Tourist in CUC zahlen (z. B. Kubanerpreis = 5 Moneda Nacional = 0,2 USD & Touristenpreis = 5 CUC = 5 USD). Es gibt keine Rabatte für Studenten oder Freiwillige und so wird jeder ausländische Tourist pauschal als wandelnde Geldbörse gesehen, die potenziell ausgenommen werden kann. Ich sehe hier schon einen negativen Einfluss des in den letzten Jahren massiv angestiegenen Tourismus‘ und es wird in dieser Hinsicht nicht besser, sondern eher noch schlimmer werden. Zumal nächstes Jahr angeblich die beiden Währungen Moneda Nacional und CUC zu einer fusioniert werden sollen. Dann wird der Unterschied zwischen den Kubanern, die durch den Tourismus an hohe Trinkgelder gelangen und denen, die nicht im Tourismus tätig sind, noch offensichtlicher zu Tage treten.

Tour durch’s Tal der Zuckermühlen mit musikalischer Untermalung:

Doch zurück ins Tal der Zuckermühlen: Wir legten einen ersten Stop am Turm von Iznaga ein, den man erklimmen konnte und von dem man einen herrlichen Rundumblick über das Tal hatte. Von diesem Turm aus waren damals die auf den Zuckerrohrfeldern arbeitenden Sklaven überwacht und mit der im Turm befindlichen Glocke zur Arbeit gerufen worden. Am Fuße des Turms befand sich das Herrenhaus der Familie Iznaga (Manaca Iznaga), das nun gesäumt war von Verkaufsständen mit weißer Leinenkleidung und bestickten Decken. Geschickt gemacht, denn wir als Touristen hatten gar keine andere Wahl als durch diese Verkaufsstraße hindurch zum Turm zu laufen. Nach der Turmbesichtigung in Iznaga fuhren wir weiter zu einem traditionellen Landhaus, in dem heute ein Restaurant eingerichtet worden war, und in dem wir 1,5 Stunden (!) Zeit bekamen ein teures Mittagessen einzunehmen. Mal wieder Touristenabzocke, denn durch mein riesiges Frühstück, das ich in meiner Casa Particular (Gasthaus) stets bekam, hatte ich absolut noch keinen Hunger und ärgerte mich, dass wir keine weiteren Ausflugsorte des Tales anfuhren. Nach dem Mittagessen nämlich ging es schnurstracks wieder zurück nach Trinidad und der Ausflug war beendet. Wenn ich die Fahrt ins Tal der Zuckermühlen noch einmal machen könnte, so würde ich nicht mit dem Zug fahren, sondern mir für einen Tag ein Taxi mieten und somit individuell mehr Sehenswürdigkeiten abklappern. Aber gut, hinterher ist man immer schlauer!

 

Industriekulisse am Strand – Natur in der Stadt

Halbzeit – vom 22. bis 26. Februar 2016 stand bereits das Ecoselva-Zwischenseminar meines Freiwilligendienstes hier in der DomRep vor der Tür. Wahnsinn, wie schnell die Zeit vergeht! Das Seminar sollte in der „wunderhübschen“ Industriestadt Haina, westlich von der Hauptstadt Santo Domingo gelegen, stattfinden. Das Wochenende vor und nach dem Seminar musste ich natürlich wieder zu ein paar Ausflügen nutzen.

Das Wochenende vor dem Seminar schaute ich mir zusammen mit meinem Mitfreiwilligen Manuel das östlich von Santo Domingo gelegene Örtchen Boca Chica an. Der Strandort gilt zum einen als die „Badewanne der Hauptstadt“, da sich hier am Wochenende Familien aus der Hauptstadt am wuseligen Strand erholen, und zum anderen als einer der Hauptorte des Sextourismus‘ im Lande. Auch Letzteres war schwer zu übersehen…  Der Strand an sich ist, von den Menschenmassen mal abgesehen, wirklich sehr schön und umgibt eine Bucht, in der das flache Meerwasser komplett ruhig ist, da etwa 500 m ins Meer hinein ein Riff vorgelagert liegt, das die Meeresströmung abfängt. In dieser Bucht liegen ein paar grüne, aber leider müllverseuchte Inseln und im Hintergrund kann man die Industrieanlagen von Andrés sehen, hinter denen sich auch der Hauptstadtflughafen verbirgt. Vor allem nachts boten diese Industrieanlagen ein lichtreiches Hintergrundspektakel, das mich an abendliche Zugfahrten vorbei am BASF-Leunawerk in Sachsen-Anhalt erinnerte. Manuel und ich jedenfalls gönnten uns vor dieser Kulisse eine leckere Pizza direkt am Strand.

Sonntag besuchten wir die östlich von San Pedro de Macorís gelegene Wunderhöhle „Cueva de las Maravillas“, in der man leider keine Fotos machen durfte. Daher könnt ihr euch unter diesem Link hier einen Eindruck verschaffen. Die Führung war leider auch sehr enttäuschend, da viel zu kurz! Die Höhle war einfach riesig und mit ihren bizarren Gesteinsformationen aus Stalagtiten und Stalagmiten sehr beeindruckend und wir rannten dort in einer 20-Minuten-Führung einfach nur durch. Sehr schade! Wir teilten das der Frau, die die Führung vornahm, natürlich auch mit, aber ich glaube, sie konnte unsere Kritik gar nicht richtig nachvollziehen. Leider kommt man in die Höhle auch immer nur mit einem Guide rein, sonst hätten wir uns sehr viel mehr Zeit gelassen.

Sonntagabend hatte ich dann endlich einmal Gelegenheit zur berühmten Open-Air-Veranstaltung von Santo Domingo, einem Son-Konzert (Son = traditionelle kubanische Musik) vor den Ruinen des San-Francisco-Klosters, zu gehen. Vor der Bühne befand sich eine kleine Tanzfläche, auf der die Leute wie wild zu Salsa und Son tanzten und juhu, endlich gab es mal ein paar Männer, die richtig gut Salsa tanzen konnten. Ich musste teilweise an die Herren des „Buena Vista Social Club“ denken, denn es waren viele ältere, schick angezogene Herren unterwegs, die trotz ihres hohen Alters noch ordentlich das Tanzbein schwingen konnten. Nach dem Konzert gingen wir zusammen mit ein paar Couchsurfern noch in eine nahegelegene Bar, wo wir weitertanzten. Ein super Abend!

Das Zwischenseminar in Haina fand in der wider Erwarten schönen, weitläufigen Anlage des Jesuitenklosters Manresa Loyola statt, die direkt am Meer lag. So verlockend das Meer aussah, so schade war es, dass wir wegen der naheliegenden Industrieanlagen und der daraus resultierenden Verschmutzung nicht baden gehen konnten. Aber die sehr gute Internetverbindung im Kloster entschädigte das allemal! 😉

Das Wochenende nach dem Seminar war ich wieder mit Manuel auf Ausflugstour, diesmal in Santo Domingo selbst. Wir schauten uns am Samstag den Botanischen Garten an, der an sich sehr schön angelegt ist, nur leider fast keine Informationstafeln aufweist. So wusste man z. B. nicht, welche der vielen Pflanzen endemisch auf der Insel sind und von denen gibt es eigentlich echt viele! Schade, aber immerhin konnte man sich mit einer kleinen Bimmelbahn einmal durch den Garten kutschieren lassen, wobei wir am Japanischen Garten ausstiegen und danach weiter zu Fuss durch die Anlage liefen.

Sonntag tat sich wider Erwarten ein echtes Highlight auf, das ich zu einem der bisher schönsten Orte in der DomRep zählen würde: Das Höhlensystem von „Los Tres Ojos“ (Die drei Augen) im „Parque Mirador del Este“ gelegen. Es besteht aus drei, eigentlich sogar vier Seen, wobei man sich über den einen mit einem kleinen Boot hinüberschippern lassen kann. Die Gesteinsformationen, das kristallklare Wasser, die bizarren Pflanzen und das ganze daraus resultierende Farbspiel waren einfach nur beeindruckend und absolut lohnenswert! Im Gegensatz zur oben beschriebenen Wunderhöhle konnte man sich in diesem Höhlensystem auch frei ohne Guide bewegen, so dass wir uns die Zeit nehmen konnten, die wir zur Besichtigung jeder Ecke und jeden Winkels der Höhlen brauchten.

Unabhängigkeitstag, 27. Februar 2016: