Weiterhin Spenden benötigt, 2. Bericht und mein Zwischenfazit zur dominikanischen Kultur

Nachdem ich im Dezember 2015 den ersten Bericht über mein Freiwilligenjahr für meine deutsche Entsendeorganisation ecoselva verfasst habe, ist nun auch der zweite Bericht fertig. Unter folgenden Links könnt ihr beide Berichte lesen:

Erster Bericht

Zweiter Bericht

An dieser Stelle möchte ich erneut auf die noch immer laufende Crowdfunding-Kampagne für meine Entsendeorganisation ecoselva hinweisen. Jede noch so kleine Spende ist willkommen!

betterplace-Seite mit Spende-Button „1 Kaffee weniger, 1 Spende mehr“

Facebook-Seite „1 Kaffee weniger, 1 Spende mehr“

Zudem möchte ich an dieser Stelle einen Auszug aus meinem zweiten Bericht, nämlich mein bisheriges Zwischenfazit zur dominikanischen Kultur, veröffentlichen:

Ich fühle mich nachwievor wohl in der DomRep und finde, dass ich in dem spezifischen Kontext, in dem ich mich gerade befinde (siehe erster Bericht), gut leben kann. Allerdings habe ich für mich feststellen müssen, dass die DomRep auf gar keinen Fall ein Land ist, in dem ich für immer leben wollen würde bzw. für das ich auch kein Jahr verlängert hätte.

Ich habe hier tolle Menschen kennengelernt, habe dominikanische Freunde gefunden und habe eine super Gastfamilie und super Arbeitskollegen. Auf der anderen Seite hat mich die dominikanische Kultur nie im gleichen Maße wie z. B. die tansanische Kultur fasziniert. Es ist keine Kultur, die ich in mein Herz schließen werde, es sind v. a. spezifische Menschen und die Natur die es mir hier angetan haben und die ich nie vergessen werde.

Es gibt in der dominikanischen Kultur einfach Seiten, die mir nicht gefallen:

* der gesellschaftlich akezeptierte hohe Alkoholkonsum

* weit verbreiteter Machismus

* hohe Lautstärke / Lärm (Motorräder; lautes Spielen von Musik ohne Rücksicht auf Nachbarn; ich habe das Gefühl, dass sich die Leute in normalen Gesprächen teilweise „anschreien“; lautes Telefonieren ohne Rücksicht auf andere; lauter, ständig eingeschalteter Fernseher)

* Ansprechen auf der Straße als „Americana“ / „Rubia“ / „Gringa“ und häufig Reduzierung des Weltbilds auf zwei Länder (Dominikanische Republik und USA)

* Fixierung auf Äußerlichkeiten (Haare, Kleidung)

* in meinen Augen übertriebener Nationalstolz

* „Scheinheiligkeit“ in Bezug auf Beziehungen und Sexualität

* ungesunde Ernährung (sehr fettiges und kohlenhydratlastiges Essen, extrem hoher Zuckerkonsum)

* kaum Umweltbewusstsein (Verschwendung von Strom und Wasser; Müll wird in einfach auf die Straße geworfen)

* Handy- und Foto-Obsession

* (politischer) Aktionismus, bei dem meiner Meinung nach oft nicht viel Konkretes rauskommt

Es ist nicht so, dass ich die Kultur schlecht reden möchte oder dass ich mich nicht für sie interessiere, denn ich lese viel über die Geschichte und Kultur und versuche viele Dominikaner dazu auszufragen. Ich weiß, dass die dominikanische Kultur nun einmal so ist wie sie ist und versuche durch Gespräche mit Leuten bzw. Lektüre Erklärungen für die oben genannten Ausprägungen zu finden. Ich will auch nicht sagen, dass die deutsche Kultur besser ist, in keinster Weise. Die oben genannten Aspekte sind einfach Aspekte der dominikanischen Kultur, mit denen ich hier schon leben kann, die mich aber immer auch stören werden solange ich hier lebe, ohne dass ich sie im großen Maße ändern kann.

In Gesprächen mit Dominikanern höre ich als Erklärung für bestimmte kulturelle Phänomene immer wieder eine Kluft zwischen gebildeten und ungebildeten Dominikanern heraus. Ansgesprochen auf das mangelnde Umweltbewusstsein ihrer Mitmenschen sagen meine dominikanischen Gesprächspartner dann meist „Ah, das sind Leute, die keine Bildung haben.“ oder auf die ungesunde Ernährung „Die Leute wissen nicht, was gut ist.“ Sich selbst nehmen meine Gesprächspartner dann (natürlich) als gebildet wahr und versuchen sich durch diese Äußerungen von den Ungebildeten abzugrenzen. Ich habe einmal etwas zum in Lateinamerika stark ausgeprägten Klassendenken gelesen, das sich womöglich in solchen Äußerungen widerspiegelt.

Manche kulturellen Phänomene, die ich hier in der DomRep vorfinde, gab es in Deutschland vor einigen Jahrzehnten auch (z. B. wenig Umweltbewusstsein, konservative Sexualmoral, weit verbreiteter Machismus). So mutet ein Aufenthalt in der DomRep oft, wie es Fernando, ein argentinischer Freund, der seit zehn Jahren auf der Insel lebt, formulierte, wie eine „Zeitreise“ an. Zeitreise ja, aber parallel dazu „moderne“ Phänomene wie der extremen Allpräsenz von Handys.

Für die überall herrschende Lautstärke gibt das Buch „Das Fest des Ziegenbocks“ von Mario Vargas Llosa eine interessante historische Begründung. Die Hauptfigur Urania kehrt Mitte der 90er Jahre nach 35 Jahren Exil in den USA in die Dominikanische Republik nach St. Domingo zurück und macht folgende Beobachtung:

„[…] Im Erdgeschoss des Hotels Jaragua überfällt sie der Lärm, dieses schon vertraute Ambiente aus Stimmen, Motorgeräuschen, voll aufgedrehten Radios, Merengues, Salsas, Danzones und Boleros oder Rock und Rap, die sich vermischen, sich gegenseitig attackieren, sie attackieren mit ihrem schrillen Getöse. Belebtes Chaos, tiefes Bedürfnis eines einstigen Volkes, Uranita, sich zu betäuben, um nicht zu denken und vielleicht nicht einmal zu fühlen. Aber auch Explosion wilden Lebens, das den Wellen der Modernisierung widersteht. Etwas in den Dominikanern klammert sich an diese vorrationale, magische Form: dieses Verlangen nach Lärm. („Nach Lärm, nicht nach Musik.“)

            Sie kann sich nicht erinnern, dass ein derartiger Lärm auf der Straße herrschte, als sie ein kleines Mädchen war und Santo Domingo noch Ciudad Trujillo hieß. Vielleicht gab es ihn nicht; vielleicht war die Stadt vor 35 Jahren stiller und weniger hektisch, als sie nur ein Drittel oder ein Viertel so groß war, als sie provinziell, isoliert, von Angst und Servilität betäubt war und ihre Seele darniederlag in panischer Ehrfurcht vor dem Chef, dem Generalissimus, dem Wohltäter, dem Vater des Neuen Vaterlandes, vor seiner Exzellenz Dr. Rafael Leónidas Trujillo Molina. Heute kommen sämtliche Geräusche des Lebens, Automotoren, Kassetten, CD’s, Radios, Hupen, bellende, knurrende Hunde, menschliche Stimmen in voller Lautstärke daher, auf der höchsten Stufe des stimmlichen, mechanischen, digitalen oder tierischen Lärmpegels (die Hunde bellen lauter, die Vögel piepsen heftiger). Und New York hat des Ruf, laut zu sein! Nie in ihren zehn Jahren in Manhattan haben ihre Ohren etwas gehört, dass sich mit dieser brutalen, misstönenden Symphonie vergleichen ließe, in die sie seit drei Tagen eingetaucht ist. […]“

Vielleicht hängt auch der hohe Alkoholkonsum der Dominikaner mit dem Bedürfnis nach „Betäubung“ zusammen?

Was ich des Weiteren merkwürdig-interessant an der dominikanischen Kultur finde, ist zum Einen das Geschichtsbild und zum Anderen die Medienberichterstattung. Ich überfliege ab und zu die Nachrichten der großen Zeitungen und höre jeden Morgen Nachrichten im Radio. Vor allem wenn man die Nachrichten aus den Zeitungen liest bzw. sich diejenigen anschaut, die bei Facebook verbreitet werden, so könnte man schnell den Eindruck bekommen, dass die ganze Insel nur aus Gewalttaten, Schießereien und Unfällen besteht, was teilweise durch schonungslose, blutige Bilder der Opfer illustriert wird. Im Radio haben viele Nachrichten einen USA-Bezug und scheinen manchmal extrem willkürlich ausgewählt zu sein: Oder warum sollte es einen Dominikaner interessieren, wenn in Berlin-Kreuzberg wegen eines Bombenfunds sämtliche Wohnungen geräumt werden müssen? Warum die Berichterstattung so ist? Dafür habe ich noch keine Erklärung gefunden, könnte mir aber vorstellen, dass das In-den-Vordergrund-Rücken von Gewalttaten aus der US-amerikanischen Medienberichterstattung abgeschaut wurde.

Das dominikanische Geschichtsverständnis ist in meinen Augen widersprüchlich: Zum Einen wird die Nachfahrenschaft von den Spaniern mit dem verehrten Christoph Kolumbus (Oder warum hat er sonst ein Denkmal auf einem der großen Plätze in St. Domingo bekommen?) hervorgehoben, zum Anderen die Taino-Kultur wieder „ausgegraben“, obwohl doch die Ausrottung der Tainos auf Kolumbus‘ Konto geht. Von den Tainos sind nicht mehr allzu viele Fundstücke übrig geblieben und so wirkt vieles, was man in Museen und Souvenirshops im Zusammenhang mit den Tainos sieht, künstlich und irgendwie „konstruiert“. Einzig in vielen geographischen Bezeichnungen (z. B. Jarabacoa, río Guayubin), manchen Vokabeln (z. B. guanábana = Ochsenherzapfel, yagua = Palmenblatt), Esstraditionen (Casave-Brot) und in der Hauseinrichtung (hamaca = Hängematte) ist das Taino-Erbe noch sichtbar.

Was ich an der dominikanischen Mentalität schließlich sehr schätze sind folgende Punkte (auch dies sind wieder allgemeine Formulierungen, die nicht auf alle Dominikaner zutreffen):

* Herzlichkeit

* Offenheit & Zugänglichkeit

* große Hilfsbereitschaft

* Gelassenheit & Entspanntheit

* Gastfreundschaft und ständige Sorge um das Wohlergehen von Gästen

* Flexibilität und Improvisationsvermögen

* Kreativität

* hohe Fehlertoleranz

* Humor und Kommunikationsfreude

* persönliche Angelegenheiten sind wichtiger als Arbeit

* Geduld mit Leuten, die Spanisch lernen

Wasserreiches Wochenende in und rund um Constanza

Noch einmal „richtig“ Constanza besuchen – das hatte ich mir für meine noch verbleibende Zeit in der DomRep vorgenommen. Bisher hatte ich die höchstgelegene Stadt der Insel ja nur zweimal im Schnelldurchlauf besucht, das erste Mal zum Día de las Mercedes im September 2015 und ein zweites Mal für eine Familienfeier im November 2015. Nun also ein ganzes Wochenende in Constanza: Da Manuel samt seinem Motorrad auch wieder mit am Start war, konnte ich den unbequemen Transport im Pick-Up umgehen und mit ihm auf dem Motorrad die Berge rauf und runter von Jarabacoa bis ins Tal von Constanza kurven. Der Blick in die Berge ist dabei immer wieder beeindruckend und gigantisch!

Nach dem „Check-In“ in unserer AirBnB-Unterkunft nahe des kleinen Flughafens, die übrigens in der ehemaligen US-amerikanischen Siedlung „Colonia Kennedy“ lag, fuhren wir südlich aus Constanza hinaus Richtung Wasserfall „Aguas Blancas“ (Weiße Gewässer). Da der Weg zunehmends uneben wurde, ließen wir irgendwann das Motorrad stehen und setzten unseren Weg zu Fuß fort. Den Wasserfall konnten wir schon von Weitem sehen, stach doch das Weiß seines Wassers aus der grünen Landschaft geradezu hervor. Wir näherten uns zunächst auf einer mitleren Ebene dem Wasserfall, der in mehrern Kaskaden in die Tiefe rauscht und angeblich der höchstgelegene Wasserfall der Antillen sein soll (um mal wieder einen Superlativ zu bemühen), und hielten erst einmal ein Picknick ab. Die ganze Umgebung des Wasserfalls war für dominikanische Verhältnisse richtig gut mit touristischer Infrastruktur ausgestattet: an verschiedenen Höhen des Wasserfalls Sitzmöglichkeiten und kleine Aussichtsplattformen aus Holz, ein Pavillon am Fuße des Wasserfalls, Toiletten, Kassenhäuschen (zum Glück war niemand da!). Während ich im einsetzenden Regen im Pavillon ausharrte, sprang Manuel in den kleinen See am Fuße des Wasserfalls wobei er meinte, dass es sich angefühlt hatte, wie als hätte er in der Arktis gebadet so kalt war das Wasser. Brrrrrrr! Im Winter gefriert der Wasserfall wohl auch regelmäßig und heißt wegen der weißen Farbe des Eises eben „Aguas Blancas“.

Den Abend verbrachten wir in einem als Pizzeria bezeichneten Restaurant, das aber (natürlich gerade an diesem Abend) keine Pizza hatte, weil der Ofen kaputt war. Die karge, an ein Bahnhofsbistro erinnernde Inneneinrichtung erinnerte mich an die einfachen Restaurants, in denen Yasmin und ich manchmal auf unserer Portugalreise im November/Dezember 2014 gegessen hatten. Der Flachbildfernseher zeigte komische Videos von Welpen oder Jetski-fahrenden Erdhörnchen, an der langen Tafel neben uns feierte eine riesen Freundesrunde was auch immer und gab von Zeit zu Zeit merkwürdige „Miau“-Laute von sich und dazu dann der super höfliche und förmliche, sehr schick gekleidete Kellner. Echt skurril! Danach fanden wir wie durch Zauberhand „La Esquina“ (Die Ecke), die Kneipe Constanzas, die uns alle wegen der großen internationalen Bierauswahl empfohlen hatten und die sogar ihr eigenes Schwarzbier herstellt, „Ferringer“, das von der Familie Ferrer gebraut wird. Es schmeckte richtig gut und kam schon fast an deutsche Schwarzbiere heran. Zudem wurde hier Rockmusik gespielt, eine Wohltat für unsere Bachata- und Merengue-geschädigten Ohren!

Am nächsten Tag waren wir noch ein bisschen in der Stadt (es war mal wieder haitianischer Markt (Pulga)) und in der Umgebung unterwegs, bevor wir uns auf den Rückweg über die Panoramastraße bis zur Autopista machten, die Autobahn, die Santo Domingo und Santiago miteinander verbindet. Ein echter Geheimtipp wie sich herausstellte! Die Panoramastraße schlängelt sich durch die grünen Berge des Schutzgebiets Ebano Verde und gab immer wieder den Blick auf die Zentralkordilleren und auf der anderen Seite auf das Cibao-Tal und die Presa de Rincon (Rincon-Stausee) bei Bonao frei. Wahnsinn, wie weit man schauen konnte! Als wir dann auf der Autopista angekommen und Kurs auf La Vega genommen hatten, brauten sich schon die dunklen Wolken über uns zusammen. Kurze Zeit später fuhren wir durch strömenden Regen nach La Vega ein und konnten sehen, dass zahlreiche Straßen wegen des fehlenden oder überforderten Abwassersystems schon komplett unter Wasser standen. Manuel brachte mich zum Glück noch bis zur Guagua-Station für Jarabacoa, so dass ich zumindest erst einmal im Trockenden sitzen konnte. Als sich das Guagua die Straße nach Jarabacoa hochquälte, konnten wir nur sehen, wie ein Reisebus in einer Kurve nur kurz vor dem Abgrund zum Stehen gekommen war und alle Passagiere verängstigt unter einem naheliegenden Mariendenkmal Unterschlupf gesucht hatten. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn die Bremsen des Busses komplett versagt hätten…

Hoyo de Pelempito, eine Senke mit acht Vegetationszonen und der angeblich schönste Strand der DomRep, Bahía de las Águilas

An Karfreitag fuhren Manuel und ich zunächst hinein in die Sierra de Bahoruco, um das Gefälle Hoyo de Pelempito zu besuchen. Erst in den 1980er Jahren haben Wissenschaftler überhaupt angefangen, dieses Gebiet der DomRep zu erforschen. Die Undurchdringlichkeit der Berge der Sierra de Bahoruco galt so auch lange als Rückzugsort für die letzten noch auf der Insel verbliebenen Tainos und gerade insbesondere in der Senke des Hoyo de Pelempito sollen sie sich wohl vor den Kolonisatoren versteckt haben. Heute ist die Zufahrt alles andere als versteckt: Von Cabo Rojo aus führte eine sehr breite, sehr gut ausgebaute Straße bis hoch in die Berge zum Eingangsportal. Verantwortlich dafür ist die US-amerikanische Firma „Alcoa Exploration Company“, die hier in den Bergen Bauxit abbaute. Wir sahen die „vernarbten“ roterdigen Abbaugebiete auf dem Weg nach oben. Der Bauxit wurde nach dem Abbau mit LKW (deshalb die breite Zufahrtsstraße) bis nach Cabo Rojo gefahren, wo er dann in dessen kleinem Hafen verschifft und abtransportiert wurde. Der auf der roten Erde gebaute Hafen bildet einen krassen Kontrast zum helltürkisen, kristallinen Meerwasser und erklärt somit auch den Ortsnamen „Rotes Kap“.

Bei der Fahrt bis zum Hoyo de Pelempito durchquerten wir laut Reiseführer acht verschiedene Vegetationszonen, die man angeblich dann auch oben von der Aussichtsplattform sehen kann, wenn man 700 m tief in das Gefälle hineinblickt. Doch vor lauter extrem böigen Wind über dem Gefälle war das „Schauen“ gar nicht so einfach. Uns fiel der Vegetationswechsel eher an der Straße auf dem Weg nach oben auf: auf einmal noch kakteenreiche, trockene, wüstenartige Landschaft und keine 200 m weiter subtropischer, saftig-grüner Wald, ganz oben schließlich Pinienwald, der mich sehr an Skandinavien erinnerte.

Als wir vom Hoyo de Pelempito wieder unten am Meer in Cabo Rojo angekommen waren, wollten wir den Tag mit einer Fahrt zum angeblich schönsten Strand der DomRep (er gilt natürlich auch als einer der schönsten Strände der Karibik und sowieso der ganzen Welt ;-)), der Bahía de las Águilas („Adlerbucht“), krönen. Ein staubiger, steiniger Zufahrtsweg mit teilweise krassen Steigungen führte uns zunächst zu einem Aussichtspunkt über die ganze Bucht und schließlich hinunter zum Strand, an dem wegen Ostern ungewöhnlich viel los war. Das Schöne ist, dass es bis auf einen Wachturm keinerlei Infrastruktur am Strand gibt, d. h. keine nervigen Verkäufer, keine Verkaufsstände, die laute Musik spielen könnten und schon gar keine Hotels. Der Strand ist schon echt schön, aber pssst, ich muss ehrlich sagen, dass mir die Strände auf Sansibar immer noch besser gefallen haben. Die meisten Strandbesucher lassen sich übrigens mit einem Boottaxi („Botoconcho“) vom Ort La Cueva („Die Höhle“) aus bis zum Strand fahren. Dort sollten wir abends noch lecker essen („Bahiafongo“, ein Mofongo mit Fischfüllung) bevor wir zu unserem nächsten Übernachtungsort, Oviedo, fuhren.

Ostern im kaum bekannten Südwesten der DomRep – Start mit Pedernales und Cabo Rojo

Um in den Südwesten der DomRep, d.h. die Halbinsel Bahoruco, zu gelangen, muss man viel Zeit einplanen und so nahm ich mir diese Gegend für das verlängerte Osterwochenende vor. Bereits Mittwochabend machte ich mich von Jarabacoa aus per Bus auf den Weg nach Santo Domingo, wo ich eine Nacht bei der Kanadierin Jeanne übernachtete und ihrer Mädels-WG somit die erste Couchsurfing-Erfahrung brachte. Das Setting beim Betreten der schön großen, weitläufigen Wohnung war mal wieder herrlich international: Jeanne, die aus dem französischsprachigen Teil Kanadas stammt und durch ein Auslandsstudium in Argentinien perfekt Spanisch spricht, wohnt mit einer dominikanischen (war gerade nicht da) und einer puerto-ricanischen Medizinstudentin zusammen. Letztere saß gerade mit Oleg, einem Ukrainer, zusammen, um ihre erste Russischstunde bei ihm zu nehmen. Zum Essen gab es dann mexikanische Tacos und als Beilage super-interessante Gespräche v. a. über Puerto Rico, eine mit den USA assoziierte Karibikinsel, die trotz der räumlichen Nähe zur DomRep durch den US-amerikanischen Einfluss doch ganz anders zu sein scheint.

Nach einer kurzen Nacht auf der Couch und ewigem Warten auf das Taxi, das trotz Vorbestellung eine halbe Stunde zu spät kam, saß ich 6 Uhr im Bus nach Barahona und hatte 3,5 Stunden Fahr- und Schlafzeit vor mir. In Barahona musste ich mir vor der Weiterfahrt nach Pedernales noch schnell Sonnencreme kaufen, da ich meine dummerweise zu Hause vergessen hatte. Obwohl diese Lichtschutzfaktor 50 aufwies, schien sie keineswegs gegen die Sonne zu schützen; zumindest sah ich am letzten Tag meiner Reise aus wie als wäre ich im Sonnenstudio eingeschlafen. Ich sag jetzt mal böse: blödes dominikanisches Billig-Produkt!:-S

Sardinenmäßig eingequetscht hatte ich von Barahona nun noch einmal eine 2,5-stündige Guaguafahrt bis an den westlichsten Rand der DomRep, nach Pedernales, vor mir. Die Halbinsel Bahoruco, die ich auf einer gut ausgebauten Asphaltstraße entlangfuhr, bietet auf der einen Seite Blicke auf die Küste mit surreal erscheinendem türkisfarbenen Meer (Nationalpark Jaragua) und auf der anderen Seite auf die Berge der Sierra de Bahoruco im gleichnamigen Nationalpark. Eine beeindruckende Landschaft und Panoramastraße, die für die unbequeme Sitzposition im Guagua allemal entschädigte!

In Pedernales, einer kleinen, recht uninteressanten staubigen Grenzstadt zu Haiti, angekommen, begab ich mich erst einmal auf „Futtersuche“. Achtung, hier wird es wieder international: Ich landete aus Mangel an Alternativen in einem von Chinesen betriebenen Fast-Food-Restaurant mit dominikanischem Essen (frittierte Kochbananenscheiben (Tostones) und frittiertes Hühnchen mit viiiiiiiiiiiel Ketchup und Salz), wo ich hinter der Theke Gotteseidank auch gleich noch mein Handy aufladen konnte, da ich auf den Anruf meines Mitfreiwilligen Manuel wartete, den ich in Pedernales treffen sollte, um mit ihm dann die nächsten Tage zusammen rumzureisen. Während ich aß konnte ich einer Gruppe Haitianer lauschen, die sich lautstark auf Kreyol unterhielten. Ich verstehe da eigentlich gar nichts; ganz selten vielleicht mal ein „afrikanisch“ ausgesprochenes französisches Wort. Als die haitianische Angestellte des Restaurants dann meinen Tisch abräumte und saubermachte, fragte sie mich freudestrahlend (ich glaube sogar auf Englisch), ob ich denn Kreyol sprechen würde. „Ähm nein, nur Spanisch und ja, Französisch…“, sagte ich und fragte mich, wer denn dieses Gerücht in die Welt gesetzt haben könnte. Kurz darauf kam dann ein weiterer Haitianer zu mir, fragte mich ebenfalls ob ich denn Kreyol sprechen würde und setzte sich unverschämterweise einfach an meinen Tisch und hörte nicht auf mich zuzulabern, wobei ich nur die Hälfte verstand. Ich war einfach nur genervt von ihm und da er offensichtlich auch noch anderweitig an mir interessiert war, machte ich, dass ich aus dem Restaurant rauskam und mich in den einzigen kleinen Supermarkt des Ortes flüchtete.

Manuel traf ich schließlich nachmittags am Strand von Pedernales, eigentlich ein menschenleerer ruhiger Ort, aber an diesem Tag wegen des Osterwochenendes (Semana Santa, wörtlich „Heilige Woche“) voll mit Leuten und beschallt von lauter Musik. Wir fuhren auf seinem Motorrad nach Cabo Rojo (Rotes Kap), an der Küste vor Pedernales gelegen, wo ich eine Nacht im „Eco del Mar“ gebucht hatte, eine „Camping Deluxe“-Unterkunft, wie auf dem Schild stand, das wir nach ewiglanger Fahrt durch die wüstenartige Einöde endlich sahen. Und tatsächlich: Ich hatte ein Zelt direkt am Meer für mich, in dem sogar ein Bett drinstand – okay, das Bett war eine dieser riesigen aufblasbaren Luftmatratzen, aber dafür super-bequem. Das ganze „Hotel“ bestand also nur aus den Zelten am Strand und ein paar Holzhütten, in denen nur aus natürlichen Materialien z. B. eine Rezeption, ein Restaurant und Duschen gebaut worden waren. Echt genial! Das Frühstück direkt am Meer am nächsten Morgen war natürlich noch genialer!

SAJOMA und die „Spanferkel“ des Karnevals von Santiago

SAJOMA – das ist das Akronym für San José de las Matas. Zumindest in der Dominikanischen Republik: Wenn man die Abkürzung googelt, gibt es noch einen zweiten Ort, der dieses Akronym für sich beansprucht, nämlich das österreichische St. Josef zu Margareten. Aber zurück in die Karibik: SAJOMA liegt ca. 1 Stunde westlich von Santiago und ich habe dort letztes Wochenende meinen Mitfreiwilligen Manuel besucht. Übernachten konnte ich im Haus seiner sehr netten Gastmutter, denn Manuel selbst kommt dort immer nur zum Essen vorbei und wohnt in einer Parallelstrasse in einer WG mit Terasse, von der man einen herrlichen Blick in die hügelige Umgebung SAJOMAS und auf die eigenartige Kombi aus Baseballfeld und dahinterliegendem Friedhof der Stadt hat.  SAJOMA ist schon etwas kleiner als Jarabacoa, dafür um einiges ruhiger und kann sogar zwei Kulturzentren aufweisen! Am Samstagabend waren wir im Kulturzentrum San José zu einer Show der baldigen Schulabgänger vom Colegio (Schüler/innen  im Alter von 16 Jahren), zu der wir über Manuel Gastmutter, die Lehrerin ist, Karten bekommen hatten. Eine „Noche Latina“, also eine lateinamerikanische Nacht, stand auf dem Programm: Der geschniegelte Moderator erwies Improvisationstalent immer wenn die tanzenden, richtig singenden, playback-singenden oder Musikinstrumenten-spielenden Schüler bei seiner Anmoderation noch nicht ganz bühnenfertig waren. Videos mit Botschaften von nicht anwesenden Lehrern oder dominikanischen Promis wurden eingespielt und am Ende erhielten alle anwesenden Lehrer ein Geschenk. Es war fast wie ein deutscher Abistreich, nur dass die Lehrer nicht verarscht wurden. Man merkte, dass Musik und Tanz den Schülern extrem wichtig war, was soweit ging, dass sie einen professionellen Tanzlehrer angeheuert hatten, um sich unterrichten zu lassen und schließlich ein Musikvideo zu drehen. Wahnsinn dieser Aufwand!

Tagsüber waren wir auf Manuels Motorrad zu zwei Stauseen nahe bei Santiago gefahren, der Presa de Bao und der Presa de Tavera, wo wir im kleinen Ökotourismusgebiet Caimito Verde etwas herumwanderten, schließlich im Stausee badeten und danach lecker frisch zubereiteten Fisch im Fischrestaurant „Teo I“ aßen. Sonntags unternahmen wir einen Ausflug zum Wasserfall Salto de Anacaona, der sich bei unserer Ankunft jedoch leider nur noch als Saltito, also „Wasserfällchen“ mit kaum Wasser entpuppte. Naja, die Wanderung am Fluss entlang hatte sich allemal wegen der Landschaft und der Pflanzenwelt gelohnt!

 

Auf dem Rückweg von SAJOMA nach Jarabacoa legte ich einen kurzen Zwischenstop beim Karneval in Santiago ein. Hier sehen die typischen Verkleidungen anders aus als in La Vega und die „hinkenden Teufel“ nennen sich hier „Lechones“, also „Spanferkel“. Warum? Die Masken, die die Leute tragen, erinnern an ein Schweinegesicht, wenn auch mit einem schnabelförmig nach vorne gebogenen Mund. Neben den „vejigas“ (Blasen), die die Verkleideten auch beim Karneval in La Vega trugen, um eventuelle aufmüpfige Besucher zu hauen, hatten die Lechones noch ein geflochtenes langes Seil dabei, dass sie wie eine Peitsche über dem Kopf schwangen und dann mit einem lauten Knall auf den Boden schleuderten. Zum Glück war die Straße, auf der die Karnevalsvereine entlangdefilierten abgesperrt, denn schnell hätte jemand ein solches Peitschenseil ins Gesicht bekommen können. Die „vejigas“ übrigens waren nicht wie in La Vega mit einem bunten Stoff überzogen, sondern erinnerten mit ihrer pergamentfarbigen Oberfläche tatsächlich an mit Luft gefüllte Tierblasen. Leider konnte ich nicht sehr lange in Santiago verweilen, da es zum Einen anfing zu regnen und ich zum Anderen die Guagua-Fahrtzeiten im Auge behalten musste. Als ich am zeitigen Abend in Jarabacoa eintraf, kam ich auch – ihr dürft raten – ja, richtig, beim Karneval von Jarabacoa vorbei. Mir fiel auf, dass ich ein paar Kostüme sehen konnte, die ich so ähnlich in La Vega letzte Woche gesehen hatte. Und ja, wie mir später der Freund meiner Gastmutter erzählte, es werden alte Karnevalskostüme aus La Vega weiterverkauft (da man sie ja nur ein Jahr anzieht), was den Käufer im Extremfall bis zu 6.000 USD kosten kann!!! Manche Dominikaner stecken ihr sauer in den USA verdientes Geld dann komplett in ein neues Karnevalsoutfit!

Der Expat-Ort Las Terrenas und ein schlammiger Ausflug zum Salto del Limón

Gerade erst zurück im Büro von den über drei Wochen Weihnachts- und Neujahrsurlaub standen schon wieder zwei Feiertage plus Brückentag vor der Tür, so dass ich schon wieder auf Reisen gehen „musste“. 😉 Diesmal sollte ich mit meinen beiden Mitfreiwilligen Sarah und Manuel auf der Halbinsel Samaná unterwegs sein. Sarah und ich fuhren von Jarabacoa aus über La Vega nach San Francisco de Macorís, wo wir den Caribe-Tours-Bus nach Sanchez, quasi die Eingangsstadt Samanás, nehmen wollten. An der Busstation in San Francisco trafen wir prompt auf weitere Freiwillige, die dieselbe Idee wie wir gehabt hatten, nach Samaná zu fahren. In Sanchez stiegen wir alle in ein Guagua in das nördlich gelegene Las Terrenas um, der Expat-Ort schlechthin: Franzosen und Italiener überall, zumindest hatte ich diesen Eindruck anhand der Mehrheit der Restaurants, die einfach mal Italiener waren, und aufgrund der am meisten gehörten Sprache, Französisch. Es gab sogar eine französische Bäckerei im Ort, die wirklich richtig gute französische Süßigkeiten und Gebäck im Angebot hatte. Und an allen Abenden auf Samaná sollten wir tatsächlich Italienisch essen gehen!

Doch damit der anderen Nationen und Kulturen nicht genug: Samaná selbst erscheint wie eine andere Welt im Vergleich zu anderen Teilen der DomRep. Noch im 18. Jahrhundert war Samaná als Insel vollständig vom Festland getrennt gewesen und wurde erst durch Sedimentablagerungen an dieses angeschlossen. Zwischen 1822 und 1844, d. h. in der Zeit als Haiti die komplette Hispaniola-Insel (heutige DomRep + Haiti) besetzt hielt, wurden aus den USA freigelassene Sklaven auf Samaná angesiedelt, die sowohl ihre protestantische Religion als auch die englische Sprache mitbrachten. Und so kommt es zum einen, dass die meisten Einwohner Samanás eine sehr dunkle Hautfarbe aufweisen und viele noch immer ein kreolisiertes Englisch sprechen und zum anderen, dass man überall protestantische Kirchen sieht. Ich fühlte mich in vielen Momenten nach Tansania zurückversetzt als wir durch Samaná reisten – irgendwie versprühte die Halbinsel schon ein „afrikanisches“ Flair, sicher auch aufgrund der zahlreichen Haitianer, die heute dort leben.

In der Stadt Las Terrenas selbst gab es einfach unglaublich viele touristisch geprägte Läden, Restaurants und Cafés und zwei stark befahrene Hauptstraßen. Weil mir dort zu viel Trubel war, machte ich mich nach unserer Ankunft im Hostel „Fata Morgana“ auf den Weg zum Playa Bonita („Schöner Strand“), der wirklich sehr schön, aber durch die starke Strömung auch nicht ganz ungefährlich war.

Manuel, der mit dem Motorrad bereits seit einigen Tagen im Norden der DomRep unterwegs gewesen war, trafen wir abends im Hostel und gingen dann, Überraschung, sehr gut Italienisch essen.

Am nächsten Tag machten wir uns per Pickup auf den Weg zum kleinen Örtchen El Limón, in dessen Umgebung es mehrere Wege zum Wasserfall Salto del Limón gibt. Sämtliche Versuche der am Eingang herumlungernden Guides uns ein Pferd für den Ritt zum Wasserfalls anzudrehen, schlugen wir aus und wanderten auf einem zwischendurch extrem schlammigen Weg bis zum Wasserfall. Vermutlich weil es morgens die ganze Zeit geregnet hatte, waren nicht zu viele andere Touristen da, so dass wir den etwa 50 m hohen Wasserfall in seiner ganzen beeindruckenden Erscheinung ausführlich betrachten konnten. Manuel sprang gleich hier ins Wasser; Sarah und ich dann am kleinen „Bruderwasserfall“, wo dann wirklich kein weiterer Tourist zu finden war. Ein sehr lohnenswerter Ausflug, obwohl wir im Vorfeld mehrfach gewarnt worden waren, den Weg wegen der Schlammmassen nur auf dem Pferd zurückzulegen. Es ging auf jeden Fall auch zu Fuß und auf dem Pferd hätte ich mich jedenfalls deutlich unsicherer gefühlt.