Markttag in Dajabón und die staubige Provinzhauptstadt Monte Cristi

Montag ist Markttag – zumindest in Dajabón. In der Provinzhauptstadt an der haitianischen Grenze findet jede Woche Montag und Freitag ein dominikanisch-haitianischer Grenzmarkt statt. 9 Uhr wird die Grenze, die sich auf der Brücke zur haitianischen Nachbarstadt Ouanaminthe befindet, geöffnet und dann strömen tausende von Haitianern nach Dajabón, um dort auf dem Markt Ware feilzubieten oder einzukaufen. Als wir uns in Richtung dieser Grenzbrücke begaben, musste man aufpassen nicht umgerannt zu werden, so geschäftig und schnell waren die Leute unterwegs. Als wir gar versuchten in das Marktgelände hineinzukommen, mussten wir ziemlich schnell aufgeben: Bereits am Außenrand des Gedränges war die Stimmung sehr aggressiv und hätte schnell in eine Massenpanik umschlagen können: Die Leute schubsten und drängelten ohne Pardon, einer fuhr mit Vollkaracho mit einer Schubkarre in die Menschenmenge rein, so dass mir echt ganz anders wurde als ich eine von ihm angefahrene Frau sah und ich nur noch raus wollte. Lukas meinte, so krass habe er die Atmosphäre auch noch nie erlebt. Ich fühlte mich auf dem Marktgelände tatsächlich wie in irgendeinem, pauschal gesagt, afrikanischen Land: die Menschen transportierten ihre Waren auf dem Kopf, Verkaufs“stände“ waren oftmals einfach nur auf dem Boden ausgebreitete Tücher mit bergeweise gebrauchten Klamotten, Schuhen und Kosmetikartikeln darauf, alle riefen durcheinander, sehr dichtes Gedränge aus Menschen, Motorrädern, Bussen und Autos, sengende, staubige Hitze, … Ich war jedenfalls echt froh, als wir das Marktgelände endlich verlassen hatten und auf einer ruhigeren Straße standen. Nach einem kurzen Rundgang in der Stadt, einem Mittagessen in einem westlich angehauchten, aber extrem langsamen Restaurant und einer kurzen Einkaufsrunde im Supermarkt nahmen Sarah und ich schließlich ein Guagua nach Monte Cristi, wo wir zwei weitere Tage bleiben sollten.

 

Monte Cristi ist eine staubige, verschlafene Provinzhauptstadt, die von schönen kolonialen Holzhäusern und schachbrettartig verlaufenden Straßen durchzogen wird, die teilweise aufgeplatzt und folglich in sehr schlechtem Zustand erscheinen. Die einzige wirkliche Sehenswürdigkeit ist der von Gustave Eiffel erbaute Uhrturm, der nachts blau-grün-rot (also passend zur hiesigen Weihnachtsdeko) blinkt. Als kulinarische Spezialität gilt „chivo guisado“, geschmorte Ziege, die wir im Restaurant des „Hotel Chic“, in dem wir gut und günstig übernachteten, auch gleich ausprobierten. Echt lecker!

Nördlich des Stadtzentrums gelangt man zu dem Teil des Nationalparks von Monte Cristi, der zum Einen eine schöne Strandbucht und zum Anderen den etwa 300m hohen Hügel El Morro zu bieten hat, den wir natürlich allein schon der Aussicht wegen besteigen wollten. Gar nicht so einfach, denn der Weg entpuppte sich als sehr steil und rutschig durch das ganze Geröll, das herumlag. Vor ein paar Jahren war einmal eine Treppe konstruiert worden, die wir, allerdings völlig demoliert, immer noch vorfanden. Wie ich später las, war sie einem Hurrikan zum Opfer gefallen. Nicht nur das Geröll auch die schattenlose Hitze machte uns beim Aufstieg zu schaffen. Oben angekommen hatten wir aber einen herrliche Rundumblick auf’s Meer und die vorgelagerten Inseln, sowie das Festland rund um Monte Cristi. Schon auf dem Weg zu El Morro hatten wir zahlreiche Salinen gesehen – Monte Cristi ist der größte Ort der Salzgewinnung in der DomRep – die wir nun noch einmal von oben bestaunen konnten. Die Landschaft um Monte Cristi erscheint fast savannenartig, ist sehr trocken und bildete einen starken Kontrast zur üppigen grünen Berglandschaft der Zentralkordilleren, die wir noch in Restauración und Río Limpio angetroffen hatten. Die Uferstrände waren hingegen durch Mangroven geprägt, die ich bisher nur aus Tansania kannte.

Da es sich um einen Nationalpark handelt, hatten wir am frühen Morgen auf dem Weg zu El Morro einige Leute am Staßenrand Müll sammeln gesehen. Wie toll, hatte ich noch gedacht. Als wir dann in der von Felsen gesäumten Strandbucht ankamen, sprang einem der Müll förmlich ins Gesicht – von der starken Strömung angeschwemmt an den Strand. Als wir später an einer weiteren Badestelle Halt machten, wo das Wasser ganz ruhig war, konnte Sarah den ganzen Müll dann beim Schnorcheln auf dem Meeresgrund sehen. Tja, von dort wird er also leider nicht weggeräumt…

Ganz zeitig am Morgen des 24. Dezembers machte ich mich per Guagua auf den Rückweg nach Jarabacoa, denn auf dem Land dort in der Nähe sollte ich mit meiner Gastfamilie Weihnachten feiern.

Restauración und Río Limpio – gefühlt bis ans Ende der Dominikanischen Republik

Ab dem 18. Dezember bis zum 4. Januar hatten wir in unsere NGO Plan Yaque Betriebs-, also kollektive Zwangsferien, was insofern gut passte, dass ich über Neujahr ohnehin Besuch von Olga und Yasmin, zwei Freundinnen aus Berlin, mit denen ich auch schon den Kilimanjaro bestiegen hatte, bekommen sollte. Aber zunächst war ich vom 18.12. an für die Tage bis Weihnachten mit Sarah im Nordwesten des Landes nahe der haitianischen Grenze unterwegs. Nach einer Nacht in Monte Cristi fuhren wir zunächst mit dem Bus bis in die Grenzstadt Dajabón, von dort aus mit dem Guagua nach Loma de Cabrera und von dort aus hinten auf dem Pickup bis nach Restauración. Was es dort gibt, werdet ihr euch vielleicht fragen. Auf jeden Fall sehr schöne Natur und grüne Berge so ähnlich wie hier in Jarabacoa. Und des Weiteren ist dort ein weiterer Freiwilliger unserer Gruppe, Lukas, „stationiert“, den wir einmal besuchen wollten. An sich werden sich wohl sonst nur wenige Touristen in diese Kleinstadt verirren. Durch das GIZ-Büro gibt es jedoch einige Ausländer, hauptsächlich Deutsche, die in Restauración arbeiten; mal abgesehen von den Haitianern, die etwa die Hälfte der Ortseinwohner ausmachen. „Restauración“ erhielt seinen Namen übrigens 1865 als die DomRep nach erneuter spanischer Besetzung endlich ihre staatliche Eigenstaatlichkeit wiederherstellen, „restaurieren“, konnte (Einen knackig-kurzen geschichtlichen Überblick liefert Wikipedia).

Nachmittags unternahmen wir einen kleinen Ausflug zu einer nahegelegenen Badestelle und abends erlebten wir das ziemlich lustige Nachtleben Restauracions: Es fing damit an, dass ein neuer Cocktailstand mit bunter Diskobeleuchtung im Ort aufgemacht hatte, der Cocktails mit merkwürdigen Namen wie „Bin Laden“ und „Facebook“ verkaufte. Ich probierte „Bin Laden“: Ironischerweise enthielt dieser Cocktail extrem viel Alkohol und, nun ja, schmeckte nicht wirklich gut. Wir zogen weiter in eine typisch dominikanische Stätte der Abendunterhaltung: Ein Colmado (Tante-Emma-Laden) mit kleiner Tanzfläche, darauf Plastiktische und -stühle und natürlich laut dröhnender Bachata- und Merengue-Musik, zu der ein paar Leute tanzten. Danach ging’s weiter in den größten Club des Ortes, in dem für die Nacht eine Stripshow auf dem Programm stand. Hoho, naja, da wird sich schon keiner richtig ausziehen, dachte ich, da man hier dann doch recht konservativ ist. Aber nein, die Stripperin tanzte irgendwann tatsächlich „oben ohne“ und die Männer im Publikum hatten natürlich nichts gegen ihre Annäherungsversuche einzuwenden. Ganz anders als dann der (offensichtlich schwule) Stripper auf die Tanzfläche kam und versuchte sich an ein paar Frauen zu schmeißen: Diese schoben zumeist ängstlich-schüchtern-belustigt ihren Freund vor und wollten am liebsten verschwinden. Er zog sich allerdings nicht komplett aus, sondern behielt sowohl Unterhose als auch String-Tanga an. Von wegen „Stripshow“! 😉

Am nächsten Tag machten wir uns mittags zusammen mit Lukas und Marian, einem Praktikanten der GIZ, per Auto auf nach Río Limpio („Sauberer Fluss“), gefühlt dem Ende der Dominikanischen Republik. Für den staubigen, huckeligen, eigentlich nur etwa 30 km langen Feldweg brauchten wir geschlagene 1,5 Stunden! Aus unserer Freiwilligengruppe wohnen Freddy und Charlie in diesem Ort und ich muss sagen, die beiden sind deswegen echt nicht zu beneiden! Obwohl es an sich echt erstaunlich ist, wie groß Río Limpio doch ist, da man mit einem Ort solcher Größe am Ende des Feldwegs gar nicht mehr rechnet. Als wir dort waren, hatte der Ort gerade mal seit einer Woche Anschluss ans Stromnetz – keine Ahnung, wie dort alles vorher funktioniert hat! An dieser Stelle muss ich erwähnen, dass die ganze Region nahe der Grenze mit Haiti zu einer der ärmsten Regionen in der ganzen DomRep zählt und man dies z. B. anhand der einfachen Holzhütten, in denen die meisten Menschen leben, sieht, an denen wir auf der Reise vorbeifuhren.

In Río Limpio angekommen fuhren wir am Haus von Charlies Gastfamilie vorbei, nur um zu erfahren, dass sie und Freddy leider ausgeflogen waren, wir aber gerne zum Essen vorbeikommen könnten. Gesagt, getan: Wir setzten unseren Ausflug zunächst in Richtung eines Wasserfalls fort, mussten an einer Stelle des schlammigen Weges das Auto stehen lassen und mit dem Motorrad eines örtlichen GIZ-Mitarbeiters weiterfahren. SEHR abenteuerlich, da wir zu dritt auf dem Motorrad saßen, ich ganz hinten, und sich das Motorrad einen steilen, schlammigen Weg nach oben quälte. Der Motor brüllte (und ich auch), ich verbrannte mir fast die Hand beim Festhalten und fiel hinten fast vom Motorrad runter. Der dominikanische GIZ-Kollege lachte nur und konnte meine Aufregung und Angst gar nicht verstehen. Nach diesem Schreck jedoch entschädigte der herrlich-grüne, dichte Wald und der Wasserfall für alles!

Den Rückweg zum Auto legten wir (Gracias a Dios! – Gottseidank!) zu Fuß zurück. In Río Limpio erwartete uns dann bei Charlies Gastfamilie ein leckeres Essen bevor wir uns auf den ruckeligen Rückweg nach Restauración machten.