Djerbas Töpferhauptstadt Guellala

Nach einem weiteren Tag mit Fahrrad, nach dem sich mein Hintern langsam schmerzhaft bemerkbar machte, gab ich das Vehikel zurück und nahm mir die Töpferhauptstadt der Insel, Guellala, vor. Mit dem lokalen Bus war ich innerhalb einer halben Stunde da und erst einmal etwas orientierungslos. Überall sah ich, wie erwartet, Läden, die Töpferwaren anboten und die diese weitläufig vor dem Ladeneingang aufgestellt hatten. Am zentralen Kreisverkehr war zudem unübersehbar ein riesiges Denkmal eines Tonkruges errichtet worden, das, wie mir eine Verkäuferin später erzählte, angeblich Eingang in das Guinessbuch der Rekorde gefunden hatte. Ich hatte jedoch weniger vorgehabt Töpferwaren shoppen zu gehen, sondern vielmehr das Museum von Guellala („Musée de Guellala“) zu besuchen, das in einem sehr schönen Gebäude untergebracht sein soll und in dem ich etwas über die Kultur und Traditionen Tunesiens und speziell auch Djerbas lernen wollte. Als ich auf der Marktstraße nach dem Museum fragte, zeigte man auf ein naheliegendes Gebäude mit verschlossener Tür, in dem ich es nachmittags wieder probieren könne hineinzukommen. Komisch, dachte ich mir, in meinem Reiseführer stand nämlich drin, dass das Museum den ganzen Tag durchgängig geöffnet hat. So beschloss ich erst einmal in die andere Richtung des Ortes zu laufen und kam in einigen Seitenstraßen auch an kaum erkennbaren Brennöfen und Töpferwerkstätten vorbei.

In einem Souvenirgeschäft unterhielt ich mich fast zwei (!) Stunden lang mit einer Verkäuferin, die mir viel über die Amazighkultur erzählte und sich über den respektlosen Umgang der „Araber“ mit Frauen aufregte. Sie betonte immer und immer wieder wie anders als die zugewanderten „Araber“ doch die berberische Ursprungsbevölkerung Djerbas sei, dass die Djerbis (Einwohner von Djerba) alleinreisende Frauen in Ruhe ließen (kann ich bestätigen!) und dass Frauen allgemein ein viel höheres Ansehen in der Gesellschaft genössen. Zudem unterstrich sie immer wieder das friedliche Zusammenleben von jüdischen und muslimischen Djerbis und wetterte gegen Wahhabiten von der arabischen Halbinsel, die offensichtlich ab und zu versuchen, die muslimischen Berber Guellalas zu einem strengeren Glauben zu missionieren. Wie mir später eine auf Djerba lebende Französin erzählte, gelten die berberischen Einwohner Guellalas aber gerade wegen ihrer Abneigung gegenüber Arabern bzw. arabischen Tunesiern als rassistisch; religiöse Toleranz hin oder her. Eine komplizierte, aber sehr interessante Gemengelage!

Als ich danach auf einen Kaffee in ein Restaurant einkehrte, erfuhr ich endlich, dass sich das Museum von Guellala etwas außerhalb der Stadt auf einem Hügel befindet und dass mich die Herren auf dem Markt offensichtlich an die Moschee verwiesen hatten als ich nach dem Museum gefragt hatte. Nun ja, auf Französisch klingen „musée“ und „mosquée“ nicht so unterschiedlich! 😉

Ich stapfte also hinauf zum Museumshügel und war schon von Weitem von der strahlend weißen Fassade des Museumsbaus geblendet. Innen wie außen war die Architektur sehr schlicht gehalten und in Nischen wurden anhand von Wachsfiguren Szenen aus dem tunesischen/djerbischen Alltag wie z. B. Hochzeit, Beschneidung eines Kindes, etc., nachgestellt. Die Erläuterungstexte waren erfrischend kurz gehalten und ich konnte anhand der anschaulichen Präsentation wirklich einiges lernen und würde das Museum jedem weiterempfehlen! Zumal man vom Hügel aus einen schönen Ausblick in die Umgebung bis ans Meer hat!

Trinidad & das Valle de los Ingenios (Tal der Zuckermühlen) – die Zeitreise geht weiter

Vor Antritt meiner Kubareise hatten mir viele Freunde und Bekannte erzählt, dass man, wenn man diese Insel besuche, eine Zeitreise mache, da sie einfach so viele Jahrzehnte fast vollständig von der Außenwelt abgeschnitten gewesen war. Und tatsächlich: Bei Ankunft am Flughafen in Havanna fühlt man sich in den Muff der 50er Jahre zurückversetzt und überall in der Stadt fahren tatsächlich diese alten US-amerikanischen Schlitten aus den 50er Jahren herum. Nicht, dass ich die 50er Jahre damals erlebt hätte! 😉 Aber durch Fotos und Filme, die ich aus dieser Zeit gesehen hatte, konnte ich doch einige Parallelen ziehen und in Kuba wiedererkennen. Was mich allerdings wirklich an meine Kindheit erinnerte, waren die sozialistischen, quadratisch-praktisch-guten Plattenbauten, die sich v. a. in den etwas außerhalb der historischen Stadtzentren gelegenen Stadtteilen befanden. Dresden-Prohlis lässt grüßen! 😉

Im schnuckligen Trinidad machte man nun eine Zeitreise in eine noch weiter zurückliegende Epoche, die der spanischen Kolonialzeit. Die meisten Straßen waren entweder unbefestigte Feldwege oder Pflastersteinstraßen, über die Pferdekutschen, Pferdekarren und Fahrräder als Haupttransportmittel holperten. Die andalusisch geprägten Kolonialbauten im Stadtzentrum waren schön restauriert worden und zogen v. a. in den Morgenstunden riesige Horden von Touristen an, die sich bis zum Nachmittag aber zum Glück wieder verzogen hatten. Typisch für die Häuser in Trinidad sind ihre hohen, vergitterten Fenster und hohe Holztüren, die oft zwei kleinere Türen integriert haben, um den Luftzug zu lenken und für ein bisschen Abkühlung zu sorgen. Den Mix aus hölzernen Dachbalken, Kronleuchtern und europäisch geprägten Möbeln aus dem 18. Jahrhundert konnte man in einigen Museen und Restaurants der Stadt bestaunen und war wirklich einzigartig! Abends kam rund um den Plaza Mayor (Großer Platz) richtig Stimmung auf wenn sich alle, v. a. Touristen, auf den Treppenstufen hoch zum „Casa de la Música“ niederließen und einen Mojito bestellten. Livemusik von der Salsashow im „Casa de la Música“ und Musik aus anderen Restaurants drang herüber und irgendwo fingen immer ein paar Leute zu tanzen an.

Ich ging an einem Abend ins „Casa de la Trova“ (Liederhaus), ein traditionelles Musikhaus, das es in jeder größeren kubanischen Stadt gibt, und in dem jeden Abend Livemusik gespielt und getanzt wird. Es dauerte natürlich auch nicht lange bis mich dort jemand zum Salsatanzen aufforderte und ich so gleich mit ein paar Leuten ins Gespräch kam: Felix, ein Deutschlernender Kubaner, ein Freund von ihm, der mit seinen etwa 70 Jahren noch flott das Tanzbein schwang und zwei Touristinnen aus Puerto Rico. Nach den zwei Salsa- bzw. Songruppen trat ein Sänger auf, der der „Casa de la Trova“ ursprünglich einmal ihren Namen verliehen hatte, ein Troubadour (span. trovador), der mit Gesang plus Gitarre bei den Kubanern allseits bekannte Troubadour-Lieder schmetterte. Sehr schöne Musik!

Von Trinidad aus wollte ich einen Tag eine Touristentour mit der historischen Eisenbahn ins Valle de los Ingenios, Tal der Zuckermühlen, unternehmen. Mein AirBnB-Gastgeber Alayn hatte für mich die Abfahrtszeit recherchiert und brachte mich morgens auf sehr kubanische Weise zum Bahnhof: Ich setzte mich hinten seitlich auf den Gepäckträger seines Fahrrads und los ging’s! Der Zug fuhr pünktlich 9.30 Uhr ab und wir ratterten durch die herrlich grüne Landschaft nordöstlich von Trinidad, die 1988 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt worden ist. Natürlich durfte während der Zugfahrt die Livemusik nicht fehlen und schwupps, tauchte ein Sänger mit Gitarre auf, der gegen den Zuglärm mit Klassikern wie „Guántanamera“ ansang. Ich fand es ja echt toll, dass in Kuba so viel Livemusik gespielt wurde, denn in der DomRep ist dies wirklich selten zu finden. Was mich allerdings nervte war, dass man immer halb verpflichtet war ein Trinkgeld zu geben, obwohl man ja, wie z. B. im Fall der Eisenbahnfahrt, nicht um Livemusik gebeten hatte bzw. vorher nicht informiert worden war, dass es welche geben würde. Man hatte nie die Wahl auch „nein“ zur Livemusik sagen zu können. Als ich dem Sänger dann nur ein kleines Trinkgeld in Moneda Nacional in den Korb, den er rumreichte, legte, schaute er mich ganz säuerlich an. Aber leider ist diese Art des Trinkgeldsammelns v.a. in Touristenrestaurants in Kuba schon recht verbreitet und z. B. auch den Toilettenfrauen muss man ständig Trinkgeld geben, sogar im Museum! Okay, ich verstehe es, da die Kubaner wirklich extrem wenig verdienen und auf Trinkgeld angewiesen sind. Was ich dann aber wiederum unverschämt fand, ist, wenn sie dreist z. B. am Gepäckschalter im Busbahnhof nach 1 CUC (=1 USD) Trinkgeld fragten, obwohl der Gepäckservice eigentlich in den ohnehin schon verhältnismäßig teuren Bustickets inklusive ist. Es passierte mir auch oft, dass ich als offensichtlicher Tourist ohne Begrüßung oder Entschuldigung angesprochen wurde, ob ich denn nicht noch eine Unterkunft suche, nicht ein Taxi nach XY bräuchte oder nicht eine Exkursion nach XY buchen wolle. Oder es passierte mir, wie ich es aus Marokko noch in leidvoller Erinnerung hatte, dass ich in einem Museum, in dem ich bereits meinen Eintrittspreis bezahlt hatte, eine Führung erhielt und hinterher, ohne dass man mir vorher gesagt hatte, dass eine Führung extra kostet, die Hand für ein Trinkgeld hingestreckt wurde. Auch das finde ich echt dreist, denn die Eintrittspreise für Touristen haben teilweise europäisches Niveau und das, was Kubaner in Moneda Nacional zahlen, muss der Tourist in CUC zahlen (z. B. Kubanerpreis = 5 Moneda Nacional = 0,2 USD & Touristenpreis = 5 CUC = 5 USD). Es gibt keine Rabatte für Studenten oder Freiwillige und so wird jeder ausländische Tourist pauschal als wandelnde Geldbörse gesehen, die potenziell ausgenommen werden kann. Ich sehe hier schon einen negativen Einfluss des in den letzten Jahren massiv angestiegenen Tourismus‘ und es wird in dieser Hinsicht nicht besser, sondern eher noch schlimmer werden. Zumal nächstes Jahr angeblich die beiden Währungen Moneda Nacional und CUC zu einer fusioniert werden sollen. Dann wird der Unterschied zwischen den Kubanern, die durch den Tourismus an hohe Trinkgelder gelangen und denen, die nicht im Tourismus tätig sind, noch offensichtlicher zu Tage treten.

Tour durch’s Tal der Zuckermühlen mit musikalischer Untermalung:

Doch zurück ins Tal der Zuckermühlen: Wir legten einen ersten Stop am Turm von Iznaga ein, den man erklimmen konnte und von dem man einen herrlichen Rundumblick über das Tal hatte. Von diesem Turm aus waren damals die auf den Zuckerrohrfeldern arbeitenden Sklaven überwacht und mit der im Turm befindlichen Glocke zur Arbeit gerufen worden. Am Fuße des Turms befand sich das Herrenhaus der Familie Iznaga (Manaca Iznaga), das nun gesäumt war von Verkaufsständen mit weißer Leinenkleidung und bestickten Decken. Geschickt gemacht, denn wir als Touristen hatten gar keine andere Wahl als durch diese Verkaufsstraße hindurch zum Turm zu laufen. Nach der Turmbesichtigung in Iznaga fuhren wir weiter zu einem traditionellen Landhaus, in dem heute ein Restaurant eingerichtet worden war, und in dem wir 1,5 Stunden (!) Zeit bekamen ein teures Mittagessen einzunehmen. Mal wieder Touristenabzocke, denn durch mein riesiges Frühstück, das ich in meiner Casa Particular (Gasthaus) stets bekam, hatte ich absolut noch keinen Hunger und ärgerte mich, dass wir keine weiteren Ausflugsorte des Tales anfuhren. Nach dem Mittagessen nämlich ging es schnurstracks wieder zurück nach Trinidad und der Ausflug war beendet. Wenn ich die Fahrt ins Tal der Zuckermühlen noch einmal machen könnte, so würde ich nicht mit dem Zug fahren, sondern mir für einen Tag ein Taxi mieten und somit individuell mehr Sehenswürdigkeiten abklappern. Aber gut, hinterher ist man immer schlauer!

 

UFOs in der Karibik, haitianische Kunst und Meeresrauschen – wieder einmal in Sosúa und Cabarete

Damit alle Leute hier in der DomRep auch immer wirklich von einem Feiertag wie dem 1. Mai profitieren können, auch wenn dieser, so wie dieses Jahr, auf einen Sonntag fällt, wird der Feiertag dann einfach auf den folgenden Wochentag umgelegt. Sehr praktisch, hieß das für mich doch verlängertes Wochenende von Freitag- bis Montagabend! 🙂

Ich fuhr zum Entspannen mal wieder nach Cabarete und Sosúa an der Nordküste und besuchte dort ein paar für mich neue Orte: Playa Encuentro westlich von Cabarete, dessen Felsen am Strand mich teilweise an die Bretagne erinnerten und auf dem man herrlich kilometerweit spazieren gehen kann. Zudem war ich am Strand in Sosúa, wobei das Meerwasser hier im Vergleich zur teilweise starken Strömung in Cabarete herrlich ruhig ist, weil es sich in einer geschützten Bucht sammelt. Ich besichtigte in Sosúa zudem das „Castillo Mundo King“, ein schlossartiges Gebäude, in dem der wohl etwas verrückte Deutsche Rolf Schulz haitianische Kunst und von ihm gestaltete UFO-Modelle ausstellt. Schon in Cabarete hatte ich einmal seine Plakate gesehen, mit denen er zu einer Party auf sein Schloss einlud, um die Landung eines UFOs zu zelebrieren. Von außen erinnert das „Castillo Mundo King“ stark an Gaudí-Architektur. Drinnen umfasst es auf sieben Etagen 15 Wohnzimmer, zwölf Säle, zehn Badezimmer, sieben Terrassen, sechs Balkone und schließlich ganz oben zwei Türme – alles voll mit haitianischen Skulpturen. Das Haus ist so verschachtelt, dass ich erst einmal eintreten konnte, ohne, dass mich überhaupt irgendjemand bemerkte. Erst als ich nach draußen zu den riesigen UFO-Modellen trat, traf ich einen haitianischen Bauarbeiter an, bei dem ich den Eintritt bezahlen konnte. Gottseidank konnte ich ihn von 300 Pesos (6€) auf 200 Pesos (4€) runterhandeln. Auf jeden Fall ein Besuch, der sich lohnt!

Auch beim Jüdischen Museum schaute ich mal wieder vorbei, in der Hoffnung, dass es nun einmal geöffnet sein möge nachdem Sarah und ich schon einmal vergeblich im November 2015 vorbeigeschaut hatten. Aber Fehlanzeige: Trotz meines Erscheinens im Rahmen der Öffnungszeiten konnte mir der Wärter das Museum nicht öffnen, weil die Besitzerin nicht da war. Toll! Naja, dann bekommt sie mein Geld eben nicht…

Ein weiterer, viel schlimmerer bitterer Nachgeschmack blieb mir von meinem Sosúa-Besuch noch haften: Ein italienischer Couchsurfer, Cipe, von dem ich mich vor seinem Rückflug noch verabschieden wollte, war einem fiesen Betrug zum Opfer gefallen und 14 Stunden ohne Möglichkeit der Verteidigung im Gefängnis von Sosúa gelandet. Ein Mädel klagte ihn wahlweise an, dass er ihr Drogen in den Drink gemischt, wahlweise, dass er sie geschlagen habe und dafür ein medizinisches Zertifikat vorweisen könne. Und das alles, weil sie ihn in einer Bar hatte erzählen hören, dass er am nächsten Tag nach Italien zurückfliegen würde. Um aus dem ganzen Schlamassel schnell herauszukommen, denn Cipe hatte ein Auswahlexamen in Italien und eine rechtmäßige Anhörung wäre erst in ein paar Tagen, ein ordentlicher Gerichtsprozess erst in ein paar Monaten erfolgt, musste er dem Mädel 1.000 US-Dollar (!!!) bezahlen. Das Mädel, die Polizei, ein Arzt und sein angeblicher Anwalt spielten perfekt zusammen und werden die „Beute“ schön unter sich aufgeteilt haben. Rechtsstaat – Fehlanzeige!

Pico Diego de Ocampo bei Santiago + Abschiedsabend in der Umweltschule Jarabacoa

Ende April stand mal wieder ein Besuch in Santiago bzw. diesmal auch in der Umgebung von Santiago an. Ich hatte nämlich im Naturreiseführer meines Mitfreiwilligen Manuels gelesen, dass es nordwestlich von Santiago den Pico Diego de Ocampo, 1.249m hoch und der höchste Berg der Nordkordilleren, zu erwandern gibt. Manuel war ebenfalls schnell überzeugt für die Wanderung von SAJOMA nach Santiago zu kommen und so fuhren wir dank Carlos, ein Freund, bei dem ich in Santiago übernachtete, mit dem Auto bis Jacagua, von wo aus wir den steilen Anstieg in Angriff nahmen. An diesem Tag war eine Affenhitze und unser Wasservorrat reichte gerade so bis zum Gipfel. Oben hatte man einen herrlichen Rundumblick, zum Einen auf das ganze Stadtgebiet Santiagos und zum Anderen bis zur Nordküste. Man konnte den unverkennlichen Berg Montaña Isabel de Torres bei Puerto Plata von hinten sehen sowie bis ans Meer bei Sosúa schauen. Das war echt ein toller Ausblick und hat den anstrengenden Aufstieg allemal wettgemacht!

Der Weg nach unten führte uns zum Glück durch ein in den Bergen gelegenes Dorf, wo wir uns unter den neugierigen Fragen der Colmado-Besucher mit neuem Wasser eindecken konnten. Alle Menschen, denen wir auf dem Weg begegneten grüßten uns höflich und waren angenehm zurückhaltend, was den Ausflug sehr angenehm machte. Wieder unten angekommen nahmen wir ein Guagua nach Santiago, gönnten uns eine ordentliche Portion „Pica Pollo“ (Chicken Wings) und fuhren dann „nach Hause“, d. h. Manuel nach SAJOMA, wo er ja wirklich wohnt, und ich zu Carlos und seiner Frau, wo mich bereits ein leckerer gekühlter Tamarindensaft erwartete. 🙂

Auf dem ersten Foto unten sehr ihr übrigens den Recycle-Garten von Carlos. Und nicht nur zum Anbau von Kräutern und Gemüse recycelt er Materialien, auch die Möbel im Haus hat er selbst aus Holzpaletten zusammengebaut, so wie man es ja aus vielen Bars mittlerweile in Deutschland kennt. Zudem durfte ich bei ihm noch selbstgemachten Minzlikör kosten und deckte mich mit ein paar seiner selbstgemachten Seifen ein, so dass ich bald wie ein wandelnder Schokoriegel duften werde. 😉

Eine Woche nach meinem Santiago-Ausflug blieb ich für ein Event an der Umweltschule von Jarabacoa vor Ort: Meine Mitfreiwillige Sarah und ich hatten seit einigen Monaten deren Englischlehrer Antonio immer mal wieder bei Englischprüfungen und -präsentationen mit den Studenten geholfen und nun stand der Abschlussabend vor der Tür. Programm: Ein Mix aus Mini-Playback- und Karaoke-Show, kleinen Sketchen auf Englisch und danach natürlich Tanz und Musik mit Bachata, Merengue & Co. Neben mir waren auch zahlreiche Amis da, die auch immer mal wieder im Englischunterricht geholfen hatten – fast alles Zeugen Jehovas, die den Abend nutzten, um (mal wieder) unter den Studenten zu missionieren (das hatten sie bereits schon während des Englischunterrichts getan!). Aber irgendwie schien das gar niemanden außer mir zu stören und selbst die Studenten, die nicht an den Zeugen Jehovas interessiert waren, nahmen das alles mit großer Gelassenheit hin. Bei uns als Sekte verschrien, werden die Zeugen Jehovas hier ziemlich wohlwollend aufgenommen, denn sogar ein Kollege erzählte mir, dass er manchmal an deren Bibelstunden teilnehme. Kein Wunder, dass es hier bis ins letzte „Kuhkaff“ einen Zeugen-Jehova-Tempel gibt… Ob ich das gutheißen soll, weiß ich nicht…

Hoyo de Pelempito, eine Senke mit acht Vegetationszonen und der angeblich schönste Strand der DomRep, Bahía de las Águilas

An Karfreitag fuhren Manuel und ich zunächst hinein in die Sierra de Bahoruco, um das Gefälle Hoyo de Pelempito zu besuchen. Erst in den 1980er Jahren haben Wissenschaftler überhaupt angefangen, dieses Gebiet der DomRep zu erforschen. Die Undurchdringlichkeit der Berge der Sierra de Bahoruco galt so auch lange als Rückzugsort für die letzten noch auf der Insel verbliebenen Tainos und gerade insbesondere in der Senke des Hoyo de Pelempito sollen sie sich wohl vor den Kolonisatoren versteckt haben. Heute ist die Zufahrt alles andere als versteckt: Von Cabo Rojo aus führte eine sehr breite, sehr gut ausgebaute Straße bis hoch in die Berge zum Eingangsportal. Verantwortlich dafür ist die US-amerikanische Firma „Alcoa Exploration Company“, die hier in den Bergen Bauxit abbaute. Wir sahen die „vernarbten“ roterdigen Abbaugebiete auf dem Weg nach oben. Der Bauxit wurde nach dem Abbau mit LKW (deshalb die breite Zufahrtsstraße) bis nach Cabo Rojo gefahren, wo er dann in dessen kleinem Hafen verschifft und abtransportiert wurde. Der auf der roten Erde gebaute Hafen bildet einen krassen Kontrast zum helltürkisen, kristallinen Meerwasser und erklärt somit auch den Ortsnamen „Rotes Kap“.

Bei der Fahrt bis zum Hoyo de Pelempito durchquerten wir laut Reiseführer acht verschiedene Vegetationszonen, die man angeblich dann auch oben von der Aussichtsplattform sehen kann, wenn man 700 m tief in das Gefälle hineinblickt. Doch vor lauter extrem böigen Wind über dem Gefälle war das „Schauen“ gar nicht so einfach. Uns fiel der Vegetationswechsel eher an der Straße auf dem Weg nach oben auf: auf einmal noch kakteenreiche, trockene, wüstenartige Landschaft und keine 200 m weiter subtropischer, saftig-grüner Wald, ganz oben schließlich Pinienwald, der mich sehr an Skandinavien erinnerte.

Als wir vom Hoyo de Pelempito wieder unten am Meer in Cabo Rojo angekommen waren, wollten wir den Tag mit einer Fahrt zum angeblich schönsten Strand der DomRep (er gilt natürlich auch als einer der schönsten Strände der Karibik und sowieso der ganzen Welt ;-)), der Bahía de las Águilas („Adlerbucht“), krönen. Ein staubiger, steiniger Zufahrtsweg mit teilweise krassen Steigungen führte uns zunächst zu einem Aussichtspunkt über die ganze Bucht und schließlich hinunter zum Strand, an dem wegen Ostern ungewöhnlich viel los war. Das Schöne ist, dass es bis auf einen Wachturm keinerlei Infrastruktur am Strand gibt, d. h. keine nervigen Verkäufer, keine Verkaufsstände, die laute Musik spielen könnten und schon gar keine Hotels. Der Strand ist schon echt schön, aber pssst, ich muss ehrlich sagen, dass mir die Strände auf Sansibar immer noch besser gefallen haben. Die meisten Strandbesucher lassen sich übrigens mit einem Boottaxi („Botoconcho“) vom Ort La Cueva („Die Höhle“) aus bis zum Strand fahren. Dort sollten wir abends noch lecker essen („Bahiafongo“, ein Mofongo mit Fischfüllung) bevor wir zu unserem nächsten Übernachtungsort, Oviedo, fuhren.

Ostern im kaum bekannten Südwesten der DomRep – Start mit Pedernales und Cabo Rojo

Um in den Südwesten der DomRep, d.h. die Halbinsel Bahoruco, zu gelangen, muss man viel Zeit einplanen und so nahm ich mir diese Gegend für das verlängerte Osterwochenende vor. Bereits Mittwochabend machte ich mich von Jarabacoa aus per Bus auf den Weg nach Santo Domingo, wo ich eine Nacht bei der Kanadierin Jeanne übernachtete und ihrer Mädels-WG somit die erste Couchsurfing-Erfahrung brachte. Das Setting beim Betreten der schön großen, weitläufigen Wohnung war mal wieder herrlich international: Jeanne, die aus dem französischsprachigen Teil Kanadas stammt und durch ein Auslandsstudium in Argentinien perfekt Spanisch spricht, wohnt mit einer dominikanischen (war gerade nicht da) und einer puerto-ricanischen Medizinstudentin zusammen. Letztere saß gerade mit Oleg, einem Ukrainer, zusammen, um ihre erste Russischstunde bei ihm zu nehmen. Zum Essen gab es dann mexikanische Tacos und als Beilage super-interessante Gespräche v. a. über Puerto Rico, eine mit den USA assoziierte Karibikinsel, die trotz der räumlichen Nähe zur DomRep durch den US-amerikanischen Einfluss doch ganz anders zu sein scheint.

Nach einer kurzen Nacht auf der Couch und ewigem Warten auf das Taxi, das trotz Vorbestellung eine halbe Stunde zu spät kam, saß ich 6 Uhr im Bus nach Barahona und hatte 3,5 Stunden Fahr- und Schlafzeit vor mir. In Barahona musste ich mir vor der Weiterfahrt nach Pedernales noch schnell Sonnencreme kaufen, da ich meine dummerweise zu Hause vergessen hatte. Obwohl diese Lichtschutzfaktor 50 aufwies, schien sie keineswegs gegen die Sonne zu schützen; zumindest sah ich am letzten Tag meiner Reise aus wie als wäre ich im Sonnenstudio eingeschlafen. Ich sag jetzt mal böse: blödes dominikanisches Billig-Produkt!:-S

Sardinenmäßig eingequetscht hatte ich von Barahona nun noch einmal eine 2,5-stündige Guaguafahrt bis an den westlichsten Rand der DomRep, nach Pedernales, vor mir. Die Halbinsel Bahoruco, die ich auf einer gut ausgebauten Asphaltstraße entlangfuhr, bietet auf der einen Seite Blicke auf die Küste mit surreal erscheinendem türkisfarbenen Meer (Nationalpark Jaragua) und auf der anderen Seite auf die Berge der Sierra de Bahoruco im gleichnamigen Nationalpark. Eine beeindruckende Landschaft und Panoramastraße, die für die unbequeme Sitzposition im Guagua allemal entschädigte!

In Pedernales, einer kleinen, recht uninteressanten staubigen Grenzstadt zu Haiti, angekommen, begab ich mich erst einmal auf „Futtersuche“. Achtung, hier wird es wieder international: Ich landete aus Mangel an Alternativen in einem von Chinesen betriebenen Fast-Food-Restaurant mit dominikanischem Essen (frittierte Kochbananenscheiben (Tostones) und frittiertes Hühnchen mit viiiiiiiiiiiel Ketchup und Salz), wo ich hinter der Theke Gotteseidank auch gleich noch mein Handy aufladen konnte, da ich auf den Anruf meines Mitfreiwilligen Manuel wartete, den ich in Pedernales treffen sollte, um mit ihm dann die nächsten Tage zusammen rumzureisen. Während ich aß konnte ich einer Gruppe Haitianer lauschen, die sich lautstark auf Kreyol unterhielten. Ich verstehe da eigentlich gar nichts; ganz selten vielleicht mal ein „afrikanisch“ ausgesprochenes französisches Wort. Als die haitianische Angestellte des Restaurants dann meinen Tisch abräumte und saubermachte, fragte sie mich freudestrahlend (ich glaube sogar auf Englisch), ob ich denn Kreyol sprechen würde. „Ähm nein, nur Spanisch und ja, Französisch…“, sagte ich und fragte mich, wer denn dieses Gerücht in die Welt gesetzt haben könnte. Kurz darauf kam dann ein weiterer Haitianer zu mir, fragte mich ebenfalls ob ich denn Kreyol sprechen würde und setzte sich unverschämterweise einfach an meinen Tisch und hörte nicht auf mich zuzulabern, wobei ich nur die Hälfte verstand. Ich war einfach nur genervt von ihm und da er offensichtlich auch noch anderweitig an mir interessiert war, machte ich, dass ich aus dem Restaurant rauskam und mich in den einzigen kleinen Supermarkt des Ortes flüchtete.

Manuel traf ich schließlich nachmittags am Strand von Pedernales, eigentlich ein menschenleerer ruhiger Ort, aber an diesem Tag wegen des Osterwochenendes (Semana Santa, wörtlich „Heilige Woche“) voll mit Leuten und beschallt von lauter Musik. Wir fuhren auf seinem Motorrad nach Cabo Rojo (Rotes Kap), an der Küste vor Pedernales gelegen, wo ich eine Nacht im „Eco del Mar“ gebucht hatte, eine „Camping Deluxe“-Unterkunft, wie auf dem Schild stand, das wir nach ewiglanger Fahrt durch die wüstenartige Einöde endlich sahen. Und tatsächlich: Ich hatte ein Zelt direkt am Meer für mich, in dem sogar ein Bett drinstand – okay, das Bett war eine dieser riesigen aufblasbaren Luftmatratzen, aber dafür super-bequem. Das ganze „Hotel“ bestand also nur aus den Zelten am Strand und ein paar Holzhütten, in denen nur aus natürlichen Materialien z. B. eine Rezeption, ein Restaurant und Duschen gebaut worden waren. Echt genial! Das Frühstück direkt am Meer am nächsten Morgen war natürlich noch genialer!

Heee, ab in den Süden!

Seit meinem letzten Eintrag ist nun fast schon wieder eine Woche vergangen – und es ist so wahnsinnig viel passiert und ich habe so vieles erlebt, dass es unwahrscheinlich ist, alles in diesen Blog zu bekommen. Die wichtigsten Neuerungen sind jedenfalls: Ich habe jetzt endlich einen Internetanschluss im Wohnheim und bin seit heute im Besitz einer französischen Bankkarte (Wuhu! :-)).

Okay, aber ich werde zunächst ein bisschen vom heutigen Tag berichten, den ich in der Südbretagne verbracht habe. Nele hat nämlich Besuch von einem Freund, der glücklicherweise ein Auto besitzt, und so beschlossen wir (Nele, Rianne, Eva, Koen und ich) einen Ausflug in Richtung Quiberon zu unternehmen. Den ersten Zwischenstop legten wir etwa 15 km vor Quiberon ein, wo wir unseren Mittagsimbiss (Baguette wie immer) am Strand genossen. Es war einfach herrlich! Man hatte einen atemberaubenden Blick über den ganzen Strandhorizont, der an vielen Stellen mit kleinen Menschengruppen bedeckt war, die im Sand nach etwas Essbarem (wahrscheinlich Muscheln) suchten. Und die Meeresluft – salziger Geruch von den kräuterbewachsenen Stranddünen und ein Hauch von Fisch und Meeresfrüchten!

Nach einer kurzen Weiterfahrt landeten wir dann an der „Côte Sauvage“ (Wilde Küste) von Quiberon. Die Wellen hier sollte man nicht unterschätzen und auch die zerklüfteten Felsen waren nicht ganz ungefährlich – bedeckt mit versteinerten Muschelschalen und spitzen Schneckenhäusern – so dass das Sitzen darauf nicht gerade komfortabel war. Und überall zwischen den Felsspalten hatten sich kleine Seen voll mit Algen, Krabbenüberresten und Polypen gebildet, die natürlich aufs Genaueste erforscht werden mussten (siehe Fotos).

Nach einem kurzen Ausflug in die Innenstadt von Quiberon zum Kaffee trinken und Postkarten kaufen ging es weiter Richtung Carnac. Zwischenstop Supermarché: Da wir am morgigen Sonntag zusammen Mittagessen wollen, musste noch so Einiges an Zutaten besorgt werden. Eva, die aus Prag stammt, möchte uns nämlich mit einem tschechischen Gericht bekochen – ich bin gespannt!

Nun aber weiter nach Carnac um die offenbar weithin bekannten Megalithen zu bestaunen. Was das ist? Zitat „Encarta-Enzyklopädie“: große, grob geschliffene Steine, die entweder alleine stehen oder in Kombination mit anderen eine Struktur bilden. Sie wurden für religiöse Zwecke, als Begräbnisstätten oder als Denkmäler bemerkenswerter Ereignisse errichtet.

Naja, für uns standen da halt einfach eine Unmenge an großen Steinen auf der Wiese rum. Da wir langsam die Anstrengung des ganzen Tages zu spüren bekamen, widmeten wir den großen Steinklotzen vielleicht nicht die gebührende Aufmerksamkeit, und machten uns schnell auf den Heimweg, der immerhin noch ungefähr 150 km betrug.

Ja, so war das an diesem Samstag – anstrengend, aber einfach genial! 🙂