Ein Hauch von Bretagne und Westafrika an der dominikanischen Nordküste

Am 2. und 3. Juni stand ein letzter Reflexionstag unserer Freiwilligengruppe in der DomRep vor der Tür. Wir hielten ihn in der „Rancho Don Lulú“ bei San Francisco de Macorís ab, wo ich meine Mitfreiwillige Pauline ja bereits einmal im April dieses Jahres besucht hatte. Es war sehr schön alle wiederzusehen, aber leider war gar nicht genug Zeit um alle Themen zu diskutieren, die wir angedacht hatten. So war schnell Freitagmittag und somit das Ende des kurzen Seminars gekommen und ich machte mich mit Manuel zusammen per Motorrad auf Richtung Nordwestküste. Wir wollten über Nagua an der Küste entlang bis nach Cabrera fahren, wo wir eine AirBnB-Unterkunft gebucht hatten. Zunächst wurde unsere Fahrt jedoch von einer einstündigen Zwangspause unterbrochen: ein tropisches Unwetter fegte über das Land und an eine Weiterfahrt war vorerst nicht zu denken. Wir warteten bis sich der Regen gelegt hatte, fuhren weiter und kamen abends in Cabrera in unserer Unterkunft bei Tina und ihren beiden Adoptivkindern an. Das Haus bot einen ungewöhnlichen Mix aus bretonischen und westafrikanischen Dekorationsgegenständen. Tina war nämlich gebürtige Bretonin und so konnte ich meine eingerosteten Französischkenntnisse endlich mal wieder zur Anwendung bringen und ihre Kinder stammten ursprünglich aus dem Benin und aus Burkina Faso. Nicht weit von Cabrera liegt übrigens passenderweise das Cabo Francés (Französisches Kap) und die Siedlung drumherum nennt sich „El Bretón“ (der Bretone).

Am Samstagmorgen brachen wir zu einem Frühstück am nahegelegenen Playa Diamante auf bevor wir die Laguna Dudú besuchten, die mich an das Höhlensystem „Los Tres Ojos“ in Santo Domingo erinnerten, nur, dass man hier baden gehen konnte. Das Wasser war herrlich türkisblau und dank klarer Sicht konnte man die umliegenden Felswände und die darauf wachsenden Pflanzen unter Wasser beobachten. Per Zip-Line konnte man sich zudem aus etwa 5 m Höhe in die Laguna fallen lassen.

Nach der Lagune fuhren wir weiter bis in den Fischerort Río San Juan, der mich mit seinen Wandmalereien begeisterte und wohl auch schöne Strände aufzuweisen hat.

Leider hatte ich zum Besuch der Strände keine Zeit mehr, da ich 16 Uhr mit dem Bus in die Hauptstadt aufbrechen musste. Dort schaute ich am nächsten Tag beim „Día del Medio Ambiente“ (Umwelttag) und im „Museo del Hombre Dominicano“ (Museum des dominikanischen Menschen) vorbei. Es war ein Jammer wie veraltet und teilweise verkommen sich dieses Museum präsentierte – wie im Muff der 70er Jahre steckengeblieben. Obwohl es super-interessante Ausstellungsthemen bot: u. a. Karneval, volkstümliche Religionsausübung, Taino-Artefakte, Sklaverei. Aber die Aufmachung war in keinster Weise mit dem modernen „Centro León“ in Santiago zu vergleichen!

Dominikanische Rockmusik und Wahlkampfgetöse

Fast vier Wochen sind sie nun schon her, die Präsidentschafts-, Parlaments- und Kommunalwahlen, und noch immer hängen die meisten kunterbunten und schlecht designten Wahlplakate. Gewinner der Präsidentschaftswahl war die Regierungspartei PLD mit Präsident Danilo Medina, der weiterhin an der Macht bleiben wird. Er kam auf etwa 62 % aller Stimmen; sein Herausforderer von der Oppositionspartei PRM, Luis Abinader, auf etwa 35% aller Wählerstimmen bei einer allgemeinen Wahlbeteiligung von etwas über 60%. Immerhin eine höhere Wahlbeteiligung als bei der letzten Wahl, aber trotzdem so niedrig, dass sie in der Fernsehberichterstattung kaum erwähnt wurde.

Es war sehr interessant aber auch furchtbar nervig den Wahlkampf vorab mit anzusehen oder besser mit anzuhören. Je näher die Wahlen am 15. Mai 2016 rückten, umso häufiger fuhren die Parteien laut hupende und dröhnende Musik spielende Auto- und Motorradkonvois auf, auf denen Party machende, Parteifahnen schwingende Anhänger saßen. Teilweise wurden ganze Straßen von diesen Konvois oder von Bühnen für Wahlkampfveranstaltungen gesperrt – ziemlich nervig, wenn man gerade im Bus oder Auto sitzt und warten oder einen Umweg auf sich nehmen muss um vorbeizukommen. Mir kam der Wahlkampf wie ein einziges großes Theaterspektakel vor, bei dem es nicht um politische Programme, sondern um Personen und Unterhaltung der Wählerschaft ging.

Auf den Wahlplakaten waren meist nur der Kopf eines Abgeordneten oder eines Präsidentschaftskandidaten, der Parteiname und ein sehr allgemeiner Slogan à la „Siempre con la gente“ (Immer mit den Leuten) abgedruckt und das alles in der Regel in einer, nun ja, interessanten Farbkombination (z. B. lila-gelb, rot-grün) oder mit einem schlecht gephotoshoppten Hintergrund. Keine Ahnung, welche Agentur hinter diesen Plakaten steckt…

Bei den Wahlkampfkonvois ging es eigentlich nur darum Party zu machen, teilweise Mitbringsel wie T-Shirts, Basecaps oder gar Bier an die Leute zu verteilen und alles mit einer ohrenbetäubenden Musik zu beschallen – eigentlich wie beim Karneval. Auch hier: Politische Botschaften fehl am Platz!

Am Wahltag selbst fuhr ich mit meiner Gastmutter Lourdes, ihrem Freund Graviel und meiner Gastschwester Eliana zunächst zu der Schule, in der Lourdes wählen gehen würde. Vor den Mauern des Schulgrundstücks hatten sich viele Leute angesammelt, diskutierten und tranken Bier. Von Zeit zu Zeit konnte man sehen, wie sich kleinere Grüppchen hinter einer Person hinterher zu bewegen schienen und dann konspirativ zusammen stehenblieben. Wie mir meine Gastfamilie später erklärte, gab es vor den Wahllokalen immer Parteivertreter, die versuchten den Wählern Geld anzudrehen, damit diese für die „richtige“ Partei wählten. Als wir später noch auf’s Land zu Lourdes‘ Eltern fuhren, so waren die Wahlen natürlich Gesprächsthema Nummer Eins und in den Gesprächen machten sich alle lustig, dass man das Geld dieser Parteivertreter doch annehmen solle. Denn schließlich waren es genau diese Steuergelder, die der Staat seinen Bürgern abgezwackt und für den pompösen Wahlkampf verschwendet hatte und das man nun zurückbekommen würde. Am Abend des Wahltages selbst blieb es in Jarabacoa und generell im ganzen Land recht ruhig – bereits vorsorglich war es Bars verboten worden zu öffnen und auch die Colmados und Supermärkte durften keinen Alkohol verkaufen. Aber auch am Montag blieb es bis auf einen weiteren Konvoi sehr ruhig in Jarabacoa, was wohl auch daran gelegen haben mochte, dass das Wahlergebnis mehr als eindeutig war. Zumindest scheinbar, denn derzeit wird immer noch jeden Morgen (und das vier Wochen nach den Wahlen!) von erneuten Auszählungen in bestimmten Wahlbezirken im Radio berichtet und die Opposition fechtet das Wahlergebnis wegen Irregularitäten an. Mal sehen, wann es dann ein wirklich endgültiges Wahlergebnis gibt. Und mal sehen, wann endlich die „Sichtverschmutzung“ ein Ende hat und die hässlichen Wahlplakate verschwinden.

Hier gibt es ein paar weitere Artikel zur Wahl:

Deutsche Welle „Wahlen mit Hindernissen in der Dominikanischen Republik“

BBC „Dominican Republic’s Danilo Medina declares election win“

Telesur „Danilo Medina, virtual ganador de presidenciales dominicanas”

Junta Central Electoral: Detaillierte Informationen zu den immer noch laufenden Wahlauszählungen

Eine Woche vor dem Wahlwochenende war ich übrigens mal wieder in Santiago – diesmal zusammen mit Jeanne, einer Kanadierin, die ich über Couchsurfing in Santo Domingo kennengelernt hatte. Wir besuchten einen weiteren Couchsurfer, Renzo, den ich jedoch nicht über Couchsurfing, sondern durch Zufall bei meinem letzten Santiago-Besuch kennengelernt hatte. Den Samstagabend verbrachten wir für dominikanische Verhältnisse sehr untypisch auf einem Rockkonzert. Hauptact war die seit 1989 bestehende dominikanische Rockband „Toque Profundo“ – wer hätte das gedacht, lange, offene Haare (bei Männern), tätowierte Arme, Headbanging und super Rockmusik made in Dominican Republic! Nur das Ambiente wollte nicht so ganz zum Konzert passen: Im Hof der schon recht alternativ wirkenden Bar „Mercato“ war eine Bühne aufgebaut. Davor waren Plastikstühle um kleine Plastiktische herum gruppiert worden, auf denen ein exklusives Menü mit sehr teuren Getränken lag. Bier und Cocktails von der Bar waren bereits am zeitigen Abend ausverkauft und kein Nachschub in Sicht und von draußen durfte man nichts mit hineinbringen. Einer von Renzos Freunden kaufte immerhin eine Flasche Rum, die wir unter allen aufteilten, aber da ich echt kein Rumfan bin, war es für mich eher ein Rockkonzert auf dem Trockenen. Bei den Vorbands blieben noch alle Leute sitzen (schrecklich!) und erst als „Toque Profundo“ gegen 1 Uhr anfingen zu spielen, bequemten sich ein paar, einschließlich uns dreien, vor an die Bühne um zu tanzen. Für die meisten Frauen, die zum Konzert gekommen waren, war es in ihren megahohen High Heels ohnehin bequemer zu sitzen und mit ihrem restlichen aufgedonnerten Outfit wollten sie ebenso nicht richtig zur Musik passen.

Den Sonntag gingen wir auf Sightseeing-Tour in Santiago und Renzo zeigte uns seine beeindruckende Sammlung an Marathon-Urkunden in seiner Wohnung. Er macht nämlich im Gegensatz zu den meisten Dominikanern, die ich bisher so kennengelernt habe, extrem viel Sport (Marathon, Triathlon, Wandern) und hat sich zum Ziel gesetzt, alle sechs großen Marathons dieser Welt zu laufen (Berlin, Tokio, New York, Boston, Chicago, London). Berlin hat er bereits abgehakt, da seine Schwester witzigerweise mit ihrem deutschen Mann in Berlin lebt und er sie dort bereits einmal besucht hatte.