Letzte Eindrücke von der Insel & Abschlussbericht

Ja, liebe Blogleser/innen, wie ihr seht, war mein Blog in den letzten Monaten ziemlich verweist und das aus gutem Grund: Ich war nach meinem Freiwilligenjahr in der Dominikanischen Republik noch gut sechs Wochen auf Reisen und habe mir Peru und New York angeschaut. Dazu werden in den nächsten Tagen auch Berichte und tausende von Fotos (nein, nein, keine Angst, ich werde eine Auswahl treffen!) folgen. Doch zunächst gibt es an dieser Stelle noch ein paar Impressionen meiner letzten Wochen in der DomRep, in denen ich mit meiner Gastfamilie Ausflüge unternommen, Freunde besucht, mich mit den anderen Freiwilligen getroffen und noch die ein oder andere neue Sehenswürdigkeit entdeckt habe. Zudem haben meine Mitfreiwillige Sarah und ich noch eine Abschlusspräsentation vor den Plan-Yaque-Kollegen gehalten. Also, Vorhang auf!

Und zu guter Letzt könnt ihr euch hier noch den Abschlussbericht zu meinem Freiwilligenjahr 2015-16 in der DomRep durchlesen:

Abschlussbericht

Baracoa & El Yunque – Kolumbus, raffinierte Küche und Natur pur

Baracoa, nein nicht JARABACOA, das sollte von Santiago aus meine nächste Station sein. Man fährt mit dem Touristenbus von Viazul etwa fünf Stunden zunächst an der Küste entlang, später in die Berge der Sierra de Purial hinein und kommt schließlich im kleinen, dörflichen Baracoa an, das bis zum Bau der Verbindungsstraße nach Santiago bis zur Revolution quasi vom Rest der Insel abgeschnitten gewesen und nur auf dem Seeweg erreichbar  war. Der Weg durch die Berge nach Baracoa erinnerte mich sehr an die Straße zwischen Jarabacoa und Constanza in der DomRep und in ähnlich schlechtem Zustand wie die in Kuba muss die Straße wohl vor ihrer Renovierung auch in der DomRep gewesen sein. Damals brauchte man jedenfalls ebenfalls fünf Stunden von Jarabacoa nach Constanza; heute sind es 1,5 Stunden.

In Baracoa hatte ich über AirBnB ein sehr nettes Casa Particular gefunden und erkundete am ersten Tag zusammen mit Johan, einem Belgier, den ich auf der Busfahrt kennengelernt hatte, das Städtchen. Hier übrigens legte Kolumbus 1492 angeblich zum ersten Mal in Kuba an, was ein Holzkreuz in der Kathedrale (Catedral Nuestra Señora de la Asunción) und ein Denkmal an der Strandpromenade bezeugen. Und, da Baracoa in ganz Kuba für seine raffinierte Küche berühmt ist, die ja sonst mit Sandwichs und fettiger Käsepizza eher zu wünschen übriglässt, mussten wir natürlich in einem örtlichen Restaurant essen gehen. Eine Spezialität des Ortes ist Fisch bzw. sind Meeresfrüchte in Kokosnusssoße, da die Region neben Kakao v.a. auch Kokospalmen  anbaut. Die Kokosprodukte halfen den Menschen in der Zeit der „Periódo Especial“ in den frühen 1990er Jahren, als es aufgrund der Wirtschaftskrise im Zuge des Zusammenbruchs der Sowjetunion nicht mehr genug zu essen gab, zu überleben, wie mir mein Gastgeber später erzählte. Die Meeresfrüchte mit Kokossoße jedenfalls schmeckten herrlich, nur leider war mein Magen nicht ganz so begeistert von dem Essen und verabschiedete sich schnell wieder davon. 😦

So war ich am nächsten Morgen leider etwas geschwächt und konnte das riesige Frühstück mit einer Thermoskanne Kaffee und einer Thermoskanne frischen Kakaos inklusive leider gar nicht richtig genießen und musste mir den Rest für den Tag einpacken. Mit Johann hatte ich geplant einen Ausflug in den Nationalpark Alejandro von Humboldt zu machen. Doch der Taxifahrer, mit dem wir am Abend vorher noch eine Vereinbarung getroffen hatten, tauchte nicht auf und so sahen wir uns gezwungen, uns im staatlichen Touristenbüro von CUBATUR eine andere organisierte Tour zu suchen. In den Nationalpark konnten wir leider aufgrund von Regen nicht fahren und so entschieden wir uns einen Ausflug auf den Tafelberg El Yunque zu machen, der quasi das Wahrzeichen Baracoas darstellt. Wir wanderten als Kleingruppe von zehn Leuten los und mussten als erste Hürde durch einen Fluss waten, der mir teilweise bis zu den Oberschenkeln ging und ich ständig Angst um meine Kamera hatte. Ein bisschen sauer war ich schon, dass sie uns nicht vorgewarnt hatten. Aber bis zum Zwischenstopp an einer Hütte hatte ich erst einmal mit meinem noch immer grummelnden Magen und meines Schwächegefühls  zu kämpfen, was sich aber schlagartig besserte als mir ein Mädel aus unserer Gruppe Traubenzucker gab. So kamen wir alle oben an, machten ein paar Fotos und konnten aber leider aufgrund des diesigen Wetters nicht allzu viel von der Umgebung sehen.

Der Abstieg gestaltete sich als äußerst schwierig: Er war durch Schlamm extrem rutschig und ich wurde wieder einmal sauer auf den Tourveranstalter, da ich extra noch gefragt hatte, ob ich die Tour mit meinen leichten Turnschuhen überhaupt machen könne und ob es nicht zu gefährlich sei wegen des Schlamms. „Ah sí sí, no hay problema.“ (Ah doch, doch, kein Problem!) hatten sie mir geantwortet. Ich aber hätte mir meine knöchelbedeckenden Wanderschuhe in diesem Moment gerne gewünscht. Und dann passierte, was passieren musste: Ein Mädchen aus unserer Gruppe rutsche beim Runtergehen aus und „knack“ brach sich den Knöchel. Es war schrecklich mit anzuhören und anzusehen! Ihr Fuß wurde stabilisiert und der Guide nahm sie auf seinen Rücken, um sie runterzutragen. Gleichzeitig konnte er nicht so schnell runterlaufen wie er wollte, da er auch noch für uns als restliche Gruppe verantwortlich war. Auch das war also schlecht organisiert worden: Wahrscheinlich schicken sie, um den Preis zu drücken, immer nur einen Guide pro Gruppe mit, wobei zwei nötig gewesen wären. Wir anderen aus der Gruppe verzichteten breitwillig auf die Programmpunkte Obstessen an der Zwischenhütte und Baden im Fluss, um so schnell wie möglich nach unten zu gelangen und das Mädel in ein Taxi Richtung Baracao setzen zu können. Das erste Taxi bekam die Tür nicht zu als sie mit ausgestrecktem Bein auf der Rückbank saß und so musste sie erneut gefühlt ewig warten bis ein zweites Taxi kam. Die Verzögerung wurde uns mit dem allgemeinen Benzinmangel erklärt. Gottseidank war „nur“ ihr Knöchel gebrochen und nichts wirklich Akutes vorgefallen wo schnelle Hilfe vonnöten gewesen wäre…

Am Abend lernten Johan und ich in einem Restaurant übrigens einen Israeli kennen, der uns erzählte, dass er tagsüber einen Ausflug zum Nationalpark Alejandro von Humboldt gemacht hatte und der Regen kein Problem dargestellt hätte. Na toll! Aber nun gut, ein Grund noch einmal herzukommen!

Nach einem weiteren Tag in Baracoa, an dem ich ein paar Museen und den Strand erkundete, fuhr ich per Bus wieder nach Santiago zurück, wo ich noch ein paar Festivaltage der „Fiesta del Fuego“ (Fest des Feuers) mitnahm. Am Freitag ging es schließlich von Santiago per Nachtbus zurück nach Havanna, wo ich noch den Samstag zum weiteren Sightseeing nutzte. Sonntagmorgen sollte es mit der Fluggesellschaft „Cubana de Aviación“ zurück nach Santo Domingo gehen. Als ich die Check-In-Halle betrat, war mein Flug um 9.40 Uhr nicht angezeigt und auf Nachfrage am Schalter wurde mir mitgeteilt, dass er wahrscheinlich erst gegen 14 Uhr fliegen würde, was später auf 16.45 Uhr korrigiert wurde. Irgendwann sammelten sich sämtliche, v.a. dominikanische Passagiere, vor dem Büro der Fluggesellschaft, um an irgendwelche neuen Informationen zu gelangen, denn diese wurden einem nie offiziell kommuniziert. Immer war es so, dass einer der Passagiere in das Büro spazierte, nachfragte und es den anderen dann mitteilte. So hieß es dann, am heutigen Tag würde es keinen Flug mehr geben und es würde nun eine Hotelübernachtung für uns organisiert. Ich war völlig frustriert, zumal ich mein ganzes Bargeld aufgebraucht hatte, kein Neues abheben wollte und weder Handyempfang noch Internet hatte, um meine Gastfamilie und meine Familie in Deutschland zu informieren. Immerhin bekamen wir einen 5 CUC-Gutschein, um uns etwas in der Cafeteria kaufen zu können.

So wurden wir also wieder nach Havanna zurück in ein staatliches Hotel in der Nähe des Plaza de la Revolución gekarrt, wo Übernachtung und Essen für uns bezahlt wurden. Es war an sich schon ein Erlebnis, v. a. das überbordende, aber doch fade Abendbuffet, aber ich war die ganze Zeit am Überlegen wie ich meiner Gastfamilie wegen meiner Verspätung Bescheid gegen könnte. Einer der Barkeeper lieh mir zum Glück sein Handy aus, von dem ich eine SMS an meine Gastmutter Lourdes schrieb und, da ich mir nicht sicher war, ob die SMS richtig verschickt worden war, versuchte ich sie noch mit meiner Telefonkarte anzurufen. Ich hörte zwar sie, aber sie nicht mich. Also rief ich meine Mit-Freiwillige Sarah noch an, teilte ihr mit, dass ich erst am nächsten Tag käme, wann auch immer, und schwupps, war das Telefongespräch mangels Guthaben auch schon beendet. Was für ein Stress!

Am nächsten Morgen wurden wir 4:30 Uhr am Hotel eingesammelt und zurück zum Flughafen gefahren. Der Check-In ging erstaunlich schnell, nur als wir schon am Abfluggate saßen, ließen sie uns wieder ohne Informationen warten; das Gate wurde noch mehrmals gewechselt, und so hatte ich schon Angst, dass wir auch an diesem Tag nicht mehr fliegen würden. Nach ewigem, sinnlosem Warten dann endlich der Aufruf an Bord zu gehen – ich war echt erleichtert! Danach verlief alles reibungslos: Flug nach Santo Domingo – Fahrt zur Caribe-Tours-Busstation – Busfahrt nach Jarabacoa, wo ich ziemlich fertig endlich am Montagabend eintraf. Eine Reise, die mir definitiv in Erinnerung bleiben wird! 😉

Dominikanische Rockmusik und Wahlkampfgetöse

Fast vier Wochen sind sie nun schon her, die Präsidentschafts-, Parlaments- und Kommunalwahlen, und noch immer hängen die meisten kunterbunten und schlecht designten Wahlplakate. Gewinner der Präsidentschaftswahl war die Regierungspartei PLD mit Präsident Danilo Medina, der weiterhin an der Macht bleiben wird. Er kam auf etwa 62 % aller Stimmen; sein Herausforderer von der Oppositionspartei PRM, Luis Abinader, auf etwa 35% aller Wählerstimmen bei einer allgemeinen Wahlbeteiligung von etwas über 60%. Immerhin eine höhere Wahlbeteiligung als bei der letzten Wahl, aber trotzdem so niedrig, dass sie in der Fernsehberichterstattung kaum erwähnt wurde.

Es war sehr interessant aber auch furchtbar nervig den Wahlkampf vorab mit anzusehen oder besser mit anzuhören. Je näher die Wahlen am 15. Mai 2016 rückten, umso häufiger fuhren die Parteien laut hupende und dröhnende Musik spielende Auto- und Motorradkonvois auf, auf denen Party machende, Parteifahnen schwingende Anhänger saßen. Teilweise wurden ganze Straßen von diesen Konvois oder von Bühnen für Wahlkampfveranstaltungen gesperrt – ziemlich nervig, wenn man gerade im Bus oder Auto sitzt und warten oder einen Umweg auf sich nehmen muss um vorbeizukommen. Mir kam der Wahlkampf wie ein einziges großes Theaterspektakel vor, bei dem es nicht um politische Programme, sondern um Personen und Unterhaltung der Wählerschaft ging.

Auf den Wahlplakaten waren meist nur der Kopf eines Abgeordneten oder eines Präsidentschaftskandidaten, der Parteiname und ein sehr allgemeiner Slogan à la „Siempre con la gente“ (Immer mit den Leuten) abgedruckt und das alles in der Regel in einer, nun ja, interessanten Farbkombination (z. B. lila-gelb, rot-grün) oder mit einem schlecht gephotoshoppten Hintergrund. Keine Ahnung, welche Agentur hinter diesen Plakaten steckt…

Bei den Wahlkampfkonvois ging es eigentlich nur darum Party zu machen, teilweise Mitbringsel wie T-Shirts, Basecaps oder gar Bier an die Leute zu verteilen und alles mit einer ohrenbetäubenden Musik zu beschallen – eigentlich wie beim Karneval. Auch hier: Politische Botschaften fehl am Platz!

Am Wahltag selbst fuhr ich mit meiner Gastmutter Lourdes, ihrem Freund Graviel und meiner Gastschwester Eliana zunächst zu der Schule, in der Lourdes wählen gehen würde. Vor den Mauern des Schulgrundstücks hatten sich viele Leute angesammelt, diskutierten und tranken Bier. Von Zeit zu Zeit konnte man sehen, wie sich kleinere Grüppchen hinter einer Person hinterher zu bewegen schienen und dann konspirativ zusammen stehenblieben. Wie mir meine Gastfamilie später erklärte, gab es vor den Wahllokalen immer Parteivertreter, die versuchten den Wählern Geld anzudrehen, damit diese für die „richtige“ Partei wählten. Als wir später noch auf’s Land zu Lourdes‘ Eltern fuhren, so waren die Wahlen natürlich Gesprächsthema Nummer Eins und in den Gesprächen machten sich alle lustig, dass man das Geld dieser Parteivertreter doch annehmen solle. Denn schließlich waren es genau diese Steuergelder, die der Staat seinen Bürgern abgezwackt und für den pompösen Wahlkampf verschwendet hatte und das man nun zurückbekommen würde. Am Abend des Wahltages selbst blieb es in Jarabacoa und generell im ganzen Land recht ruhig – bereits vorsorglich war es Bars verboten worden zu öffnen und auch die Colmados und Supermärkte durften keinen Alkohol verkaufen. Aber auch am Montag blieb es bis auf einen weiteren Konvoi sehr ruhig in Jarabacoa, was wohl auch daran gelegen haben mochte, dass das Wahlergebnis mehr als eindeutig war. Zumindest scheinbar, denn derzeit wird immer noch jeden Morgen (und das vier Wochen nach den Wahlen!) von erneuten Auszählungen in bestimmten Wahlbezirken im Radio berichtet und die Opposition fechtet das Wahlergebnis wegen Irregularitäten an. Mal sehen, wann es dann ein wirklich endgültiges Wahlergebnis gibt. Und mal sehen, wann endlich die „Sichtverschmutzung“ ein Ende hat und die hässlichen Wahlplakate verschwinden.

Hier gibt es ein paar weitere Artikel zur Wahl:

Deutsche Welle „Wahlen mit Hindernissen in der Dominikanischen Republik“

BBC „Dominican Republic’s Danilo Medina declares election win“

Telesur „Danilo Medina, virtual ganador de presidenciales dominicanas”

Junta Central Electoral: Detaillierte Informationen zu den immer noch laufenden Wahlauszählungen

Eine Woche vor dem Wahlwochenende war ich übrigens mal wieder in Santiago – diesmal zusammen mit Jeanne, einer Kanadierin, die ich über Couchsurfing in Santo Domingo kennengelernt hatte. Wir besuchten einen weiteren Couchsurfer, Renzo, den ich jedoch nicht über Couchsurfing, sondern durch Zufall bei meinem letzten Santiago-Besuch kennengelernt hatte. Den Samstagabend verbrachten wir für dominikanische Verhältnisse sehr untypisch auf einem Rockkonzert. Hauptact war die seit 1989 bestehende dominikanische Rockband „Toque Profundo“ – wer hätte das gedacht, lange, offene Haare (bei Männern), tätowierte Arme, Headbanging und super Rockmusik made in Dominican Republic! Nur das Ambiente wollte nicht so ganz zum Konzert passen: Im Hof der schon recht alternativ wirkenden Bar „Mercato“ war eine Bühne aufgebaut. Davor waren Plastikstühle um kleine Plastiktische herum gruppiert worden, auf denen ein exklusives Menü mit sehr teuren Getränken lag. Bier und Cocktails von der Bar waren bereits am zeitigen Abend ausverkauft und kein Nachschub in Sicht und von draußen durfte man nichts mit hineinbringen. Einer von Renzos Freunden kaufte immerhin eine Flasche Rum, die wir unter allen aufteilten, aber da ich echt kein Rumfan bin, war es für mich eher ein Rockkonzert auf dem Trockenen. Bei den Vorbands blieben noch alle Leute sitzen (schrecklich!) und erst als „Toque Profundo“ gegen 1 Uhr anfingen zu spielen, bequemten sich ein paar, einschließlich uns dreien, vor an die Bühne um zu tanzen. Für die meisten Frauen, die zum Konzert gekommen waren, war es in ihren megahohen High Heels ohnehin bequemer zu sitzen und mit ihrem restlichen aufgedonnerten Outfit wollten sie ebenso nicht richtig zur Musik passen.

Den Sonntag gingen wir auf Sightseeing-Tour in Santiago und Renzo zeigte uns seine beeindruckende Sammlung an Marathon-Urkunden in seiner Wohnung. Er macht nämlich im Gegensatz zu den meisten Dominikanern, die ich bisher so kennengelernt habe, extrem viel Sport (Marathon, Triathlon, Wandern) und hat sich zum Ziel gesetzt, alle sechs großen Marathons dieser Welt zu laufen (Berlin, Tokio, New York, Boston, Chicago, London). Berlin hat er bereits abgehakt, da seine Schwester witzigerweise mit ihrem deutschen Mann in Berlin lebt und er sie dort bereits einmal besucht hatte.



 

 

Wasserreiches Wochenende in und rund um Constanza

Noch einmal „richtig“ Constanza besuchen – das hatte ich mir für meine noch verbleibende Zeit in der DomRep vorgenommen. Bisher hatte ich die höchstgelegene Stadt der Insel ja nur zweimal im Schnelldurchlauf besucht, das erste Mal zum Día de las Mercedes im September 2015 und ein zweites Mal für eine Familienfeier im November 2015. Nun also ein ganzes Wochenende in Constanza: Da Manuel samt seinem Motorrad auch wieder mit am Start war, konnte ich den unbequemen Transport im Pick-Up umgehen und mit ihm auf dem Motorrad die Berge rauf und runter von Jarabacoa bis ins Tal von Constanza kurven. Der Blick in die Berge ist dabei immer wieder beeindruckend und gigantisch!

Nach dem „Check-In“ in unserer AirBnB-Unterkunft nahe des kleinen Flughafens, die übrigens in der ehemaligen US-amerikanischen Siedlung „Colonia Kennedy“ lag, fuhren wir südlich aus Constanza hinaus Richtung Wasserfall „Aguas Blancas“ (Weiße Gewässer). Da der Weg zunehmends uneben wurde, ließen wir irgendwann das Motorrad stehen und setzten unseren Weg zu Fuß fort. Den Wasserfall konnten wir schon von Weitem sehen, stach doch das Weiß seines Wassers aus der grünen Landschaft geradezu hervor. Wir näherten uns zunächst auf einer mitleren Ebene dem Wasserfall, der in mehrern Kaskaden in die Tiefe rauscht und angeblich der höchstgelegene Wasserfall der Antillen sein soll (um mal wieder einen Superlativ zu bemühen), und hielten erst einmal ein Picknick ab. Die ganze Umgebung des Wasserfalls war für dominikanische Verhältnisse richtig gut mit touristischer Infrastruktur ausgestattet: an verschiedenen Höhen des Wasserfalls Sitzmöglichkeiten und kleine Aussichtsplattformen aus Holz, ein Pavillon am Fuße des Wasserfalls, Toiletten, Kassenhäuschen (zum Glück war niemand da!). Während ich im einsetzenden Regen im Pavillon ausharrte, sprang Manuel in den kleinen See am Fuße des Wasserfalls wobei er meinte, dass es sich angefühlt hatte, wie als hätte er in der Arktis gebadet so kalt war das Wasser. Brrrrrrr! Im Winter gefriert der Wasserfall wohl auch regelmäßig und heißt wegen der weißen Farbe des Eises eben „Aguas Blancas“.

Den Abend verbrachten wir in einem als Pizzeria bezeichneten Restaurant, das aber (natürlich gerade an diesem Abend) keine Pizza hatte, weil der Ofen kaputt war. Die karge, an ein Bahnhofsbistro erinnernde Inneneinrichtung erinnerte mich an die einfachen Restaurants, in denen Yasmin und ich manchmal auf unserer Portugalreise im November/Dezember 2014 gegessen hatten. Der Flachbildfernseher zeigte komische Videos von Welpen oder Jetski-fahrenden Erdhörnchen, an der langen Tafel neben uns feierte eine riesen Freundesrunde was auch immer und gab von Zeit zu Zeit merkwürdige „Miau“-Laute von sich und dazu dann der super höfliche und förmliche, sehr schick gekleidete Kellner. Echt skurril! Danach fanden wir wie durch Zauberhand „La Esquina“ (Die Ecke), die Kneipe Constanzas, die uns alle wegen der großen internationalen Bierauswahl empfohlen hatten und die sogar ihr eigenes Schwarzbier herstellt, „Ferringer“, das von der Familie Ferrer gebraut wird. Es schmeckte richtig gut und kam schon fast an deutsche Schwarzbiere heran. Zudem wurde hier Rockmusik gespielt, eine Wohltat für unsere Bachata- und Merengue-geschädigten Ohren!

Am nächsten Tag waren wir noch ein bisschen in der Stadt (es war mal wieder haitianischer Markt (Pulga)) und in der Umgebung unterwegs, bevor wir uns auf den Rückweg über die Panoramastraße bis zur Autopista machten, die Autobahn, die Santo Domingo und Santiago miteinander verbindet. Ein echter Geheimtipp wie sich herausstellte! Die Panoramastraße schlängelt sich durch die grünen Berge des Schutzgebiets Ebano Verde und gab immer wieder den Blick auf die Zentralkordilleren und auf der anderen Seite auf das Cibao-Tal und die Presa de Rincon (Rincon-Stausee) bei Bonao frei. Wahnsinn, wie weit man schauen konnte! Als wir dann auf der Autopista angekommen und Kurs auf La Vega genommen hatten, brauten sich schon die dunklen Wolken über uns zusammen. Kurze Zeit später fuhren wir durch strömenden Regen nach La Vega ein und konnten sehen, dass zahlreiche Straßen wegen des fehlenden oder überforderten Abwassersystems schon komplett unter Wasser standen. Manuel brachte mich zum Glück noch bis zur Guagua-Station für Jarabacoa, so dass ich zumindest erst einmal im Trockenden sitzen konnte. Als sich das Guagua die Straße nach Jarabacoa hochquälte, konnten wir nur sehen, wie ein Reisebus in einer Kurve nur kurz vor dem Abgrund zum Stehen gekommen war und alle Passagiere verängstigt unter einem naheliegenden Mariendenkmal Unterschlupf gesucht hatten. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn die Bremsen des Busses komplett versagt hätten…

Pico Diego de Ocampo bei Santiago + Abschiedsabend in der Umweltschule Jarabacoa

Ende April stand mal wieder ein Besuch in Santiago bzw. diesmal auch in der Umgebung von Santiago an. Ich hatte nämlich im Naturreiseführer meines Mitfreiwilligen Manuels gelesen, dass es nordwestlich von Santiago den Pico Diego de Ocampo, 1.249m hoch und der höchste Berg der Nordkordilleren, zu erwandern gibt. Manuel war ebenfalls schnell überzeugt für die Wanderung von SAJOMA nach Santiago zu kommen und so fuhren wir dank Carlos, ein Freund, bei dem ich in Santiago übernachtete, mit dem Auto bis Jacagua, von wo aus wir den steilen Anstieg in Angriff nahmen. An diesem Tag war eine Affenhitze und unser Wasservorrat reichte gerade so bis zum Gipfel. Oben hatte man einen herrlichen Rundumblick, zum Einen auf das ganze Stadtgebiet Santiagos und zum Anderen bis zur Nordküste. Man konnte den unverkennlichen Berg Montaña Isabel de Torres bei Puerto Plata von hinten sehen sowie bis ans Meer bei Sosúa schauen. Das war echt ein toller Ausblick und hat den anstrengenden Aufstieg allemal wettgemacht!

Der Weg nach unten führte uns zum Glück durch ein in den Bergen gelegenes Dorf, wo wir uns unter den neugierigen Fragen der Colmado-Besucher mit neuem Wasser eindecken konnten. Alle Menschen, denen wir auf dem Weg begegneten grüßten uns höflich und waren angenehm zurückhaltend, was den Ausflug sehr angenehm machte. Wieder unten angekommen nahmen wir ein Guagua nach Santiago, gönnten uns eine ordentliche Portion „Pica Pollo“ (Chicken Wings) und fuhren dann „nach Hause“, d. h. Manuel nach SAJOMA, wo er ja wirklich wohnt, und ich zu Carlos und seiner Frau, wo mich bereits ein leckerer gekühlter Tamarindensaft erwartete. 🙂

Auf dem ersten Foto unten sehr ihr übrigens den Recycle-Garten von Carlos. Und nicht nur zum Anbau von Kräutern und Gemüse recycelt er Materialien, auch die Möbel im Haus hat er selbst aus Holzpaletten zusammengebaut, so wie man es ja aus vielen Bars mittlerweile in Deutschland kennt. Zudem durfte ich bei ihm noch selbstgemachten Minzlikör kosten und deckte mich mit ein paar seiner selbstgemachten Seifen ein, so dass ich bald wie ein wandelnder Schokoriegel duften werde. 😉

Eine Woche nach meinem Santiago-Ausflug blieb ich für ein Event an der Umweltschule von Jarabacoa vor Ort: Meine Mitfreiwillige Sarah und ich hatten seit einigen Monaten deren Englischlehrer Antonio immer mal wieder bei Englischprüfungen und -präsentationen mit den Studenten geholfen und nun stand der Abschlussabend vor der Tür. Programm: Ein Mix aus Mini-Playback- und Karaoke-Show, kleinen Sketchen auf Englisch und danach natürlich Tanz und Musik mit Bachata, Merengue & Co. Neben mir waren auch zahlreiche Amis da, die auch immer mal wieder im Englischunterricht geholfen hatten – fast alles Zeugen Jehovas, die den Abend nutzten, um (mal wieder) unter den Studenten zu missionieren (das hatten sie bereits schon während des Englischunterrichts getan!). Aber irgendwie schien das gar niemanden außer mir zu stören und selbst die Studenten, die nicht an den Zeugen Jehovas interessiert waren, nahmen das alles mit großer Gelassenheit hin. Bei uns als Sekte verschrien, werden die Zeugen Jehovas hier ziemlich wohlwollend aufgenommen, denn sogar ein Kollege erzählte mir, dass er manchmal an deren Bibelstunden teilnehme. Kein Wunder, dass es hier bis ins letzte „Kuhkaff“ einen Zeugen-Jehova-Tempel gibt… Ob ich das gutheißen soll, weiß ich nicht…

Die Lagune von Oviedo – Besuch mit Hindernissen – und Osterparty in Enriquillo und Los Patos

Das staubige „Kuhkaff“ Oviedo ist der Ort, der am nächsten am Eingang zur Laguna de Oviedo liegt, wo wir Samstagmorgen per Motorrad hinfuhren. Die Lagune ist ein Salzwassersee, der, als wir dort waren, eine ungewöhnliche hellgrüne Färbung aufwies, und der berühmt ist für seine Vogelwelt, insbesondere Flamingos. So interessant das erschien, so sehr schreckten uns die Preise der angebotenen Wander- und Bootstouren ab. Wir hatten uns erhofft, einfach ein bisschen allein um die Lagune herumspazieren zu können, aber nein, das sei ja „muy peligroso“ (also „supergefährlich“ wegen der an der Lagune arbeitenden Fischer, bei denen weiß man ja nie…) und wir müssten auf jeden Fall mit einem Guide gehen. Darauf hatten wir nun gar keine Lust und als ich dann noch sah, dass am Eingang der Lagune, einem wohlbemerkt von der Regierung betriebenem Naturreservat, (verbotenerweise) Korallen und riesige Muscheln verkauft worden, hatte ich endgültig schlechte Laune. Wir nahmen dann von der naheliegenden Ortschaft aus einen kleinen Wanderweg zur Lagune nicht ohne noch einmal Leute vom Reservat abzuschütteln, die uns vor den ach so vielen herumlaufenden gefährlichen Fischern warnten. Auf dem Weg zur Lagune sahen wir keinen einzigen Menschen und auch als wir durch die bizarre Mangroven-Landschaft nahe der Laguna liefen, trafen wir auf keine Menschenseele. Dafür konnten wir uns nun endlich in Ruhe hinsetzten und unser verspätetes Frühstück (Haferflocken mit Kakao und frischer Kokosnuss im Plastikbecher) einnehmen.

Nach dem etwas anstrengenden Ausflug zur Lagune fuhren wir nach Norden zur Badestelle Los Patos („Die Enten“), wo der angeblich kürzeste Fluss der DomRep ebenfalls eine Lagune bildet bevor er ins Meer mündet. Wegen des Osterwochenendes war die kleine Badestelle rammelvoll mit Menschen, die mit dem obligatorischen mit Rum gefüllten Plastikbecher in der Hand im flachen Wasser standen und feierten. Hier wie später auch am Strand der Ortschaft Enriquillo, wo wir noch Stop machten, wurde der Strand kurz vor Sonnenuntergang von der Polizei geräumt bzw. durfte keiner mehr ins Wasser gehen. Ich hatte gelesen, dass es in der DomRep am Osterwochenende üblich sei, die Strände zu sperren, aus Angst die Leute könnten nach Sonnenuntergang betrunken ins Wasser gehen und in der starken Strömung ertrinken. Tja, nach jahrzehntelanger fast autokratischer Herrschaft Balaguers bis 1996 muss Vater Staat halt immer noch sagen, wo’s lang geht statt auf die Eigenverantwortlichkeit der Dominikaner zu setzen…

Der Sonntag meiner geplanten Rückreise endete mit einer Odyssee: Etwas naiv wie ich gewesen war hatte ich mir morgens Zeit gelassen, in Ruhe gefrühstückt und mich dann an die Straße am Hotel gesetzt, um auf das nächste vorbeifahrende Guagua zu warten, das mich bis Barahona oder ja vielleicht sogar bis nach Santo Domingo mitnehmen würde. Nach langem vergeblichen Warten lief ich vor in den Ort, wo mir eine Frau sagte, dass das letzte Guagua nach Santo Domingo bereits 9.30 Uhr abgefahren sei und alle vorbeifahrenden von Pedernales kommenden Guaguas immer schon voll seien. Im selben Moment sprach mich ein Typ mit Motorrad an, ob er mich nicht  bis Enriquillo mitnehmen könne, von wo aus ich einfacher weiterfahren könne. Gesagt, getan: Ich zahlte ihm Spritgeld und er ließ mich in Enriquillo an der Guaguastation raus. Von dort fuhr ich mit dem Guagua nach Barahona, von wo ich wiederum ein Guagua in die Hauptstadt nehmen wollte. Als ich an der Station ankam erwartete mich bereits eine lange Menschenschlange. Tickets wurden schon gar keine mehr verkauft und so hieß es Anstehen und Warten. Zum Glück war der Transport nicht wie normalerweise im Stundentakt, sondern so organisiert worden, dass nach Abfahrt eines vollen Guaguas gleich das nächste nachrückte. Ich hatte Riesenglück, dass ich vorne neben dem Fahrer mit guter Aussicht und Beinfreiheit Platz nehmen konnte. So konnte ich noch ein paar Fotos der teilweise stark an Marokko erinnernden Landschaft machen. Statt der eigentlichen 3,5 Stunden brauchten wir aufgrund des Feiertagsverkehrs jedoch fast 5 Stunden bis Santo Domingo. Zu allem Überfluss wurde der Fahrer auch noch wegen Zuschnellfahrens in der Hauptstadt angehalten, wobei ich die ganze Zeit angespannt auf die Uhrzeit schielte in der Hoffnung wenigstens noch einen Bus um 19 Uhr nach La Vega zu bekommen. Noch nach Jarabacoa zu kommen hatte ich mir mittlerweile schon abgeschminkt, da die letzten Guaguas von La Vega 19.30 Uhr abfahren. Als ich gerade dabei war mir eine Hoteloption für La Vega zu überlegen, rief mich meine Gastmutter und meinte, ich könne bei einer Freundin in La Vega übernachten. Ihr Freund, der ebenfalls an in La Vega wohnt, würde mich an der Busstation abholen und zu dieser Freundin fahren. Und so geschah es auch. Am nächsten Morgen nahm er mich sogar noch bis nach Jarabacoa, wo ich mit meinen kunterbunten Schlabber-Urlaubsklamotten und extrem sonnengebräunt das Büro betrat. Die Odyssee hatte ein gutes Ende genommen! 🙂

 

2 Nächte in der Kakaoplantage – ein Ausflug in die Umgebung von San Francisco de Macorís

Nein, ich „ziehe euch nicht durch den Kakao“, wenn ich hier schreibe, dass ich tatsächlich ein Wochenende in einer Kakaoplantage übernachtet habe. Am zweiten Märzwochenende nämlich besuchte ich meine Mitfreiwillige Pauline in San Francisco de Macorís, die dort in der Stiftung „Loma Quita Espuela“ (loma = „Hügel“, quitar espuela = „Sporen abziehen“) arbeitet und mit der ich den 942m hohen Hügel des gleichnamigen Reservats erklimmen wollte. Ich hatte Glück, dass mich Freitagnachmittag Renata und Fernando mit dem Auto mit bis nach San Francisco nahmen, wo ich dann in einem gut sortierten und gut klimatisierten Supermarkt auf Pauline wartete. Mein erster Eindruck von der Stadt war eher negativ gewesen: extrem viel Verkehr, „Pssst pssst“-Rufe und Anlaberversuche an jeder Straßenecke, staubige Hitze, teilweise schäbige Häuser und Pauline erzählte mir auch, dass die Stadt wohl nicht ganz ungefährlich sei. Arm jedoch ist die drittgrößte Stadt der DomRep keinesfalls: Die Ackerflächen um die Stadt herum sind Anbaugebiet für Kakao, Reis, Obst und Gemüse.

Nach einem kurzen Rundgang im Stadtzentrum mit einer schummrigen Markthalle und nichtssagenden Geschäftsstraßen nahmen Pauline und ich einen brechend vollgeladenen Pick-Up aus der Stadt heraus bis zum Reservatseingang, wo ich in der „Rancho Don Lulú“ übernachtete. Eine sehr schöne, familiär geführte Hotelanlage mitten – ihr werdet es erahnen – in einer Kakaoplantage. Das war echt sehr schön zumal ich vorher noch nie Kakaopflanzen gesehen hatte und nicht gewusst hatte, dass die Kakaoschoten direkt am Stamm und den Ästen der Kakaobäume wachsen. Im Laufe der Zeit ändern die Schoten zudem ihre Farbe – von grün, über dunkelrot, orange bis hin zu gelb, wenn sie reif sind. Öffnet man eine Kakaoschote, sieht man die in eine weiße schleimige Flüssigkeit eingebetteten Kakaobohnen, die dann von der Flüssigkeit befreit und für die Weiterverarbeitung zu Kakao getrocknet und geröstet werden. Man kann die Kakaobohnen übrigens auch lutschen und kommt so in den Genuss der schleimigen, weißen Flüssigkeit, die leicht säuerlich schmeckt und aus der z. B. auch Marmelade hergestellt wird.

Nach der ersten Nacht 2″im Kakao“ und einem reichhaltigen rustikalen Campo-Frühstück (natürlich mit einer großen Kanne Kakao) nahmen Pauline und ich den Hügel des Reservats in Angriff. Wenn der Himmel zwischen den kurzen Regenschauern einmal aufklarte, konnte man am Anfang des Weges weit ins Cibao-Tal hineinsehen und San Francisco sowie Moca erspähen. Danach ging es weiter durch urwüchsigen Nebelwald. Oben angekommen konnten wir noch auf einen Aussichtsturm hinaufsteigen, konnten aber wegen des Nebels leider so gut wie gar nichts erkennen. Wieder unten in der Rancho angekommen erwartete uns ein großes Mittagessen, das uns für eine sonderbare Abendveranstaltung stärken sollte. Wir wurden von einem Typen im Auto abgeholt, der Pauline einmal im Büro besucht und ihr versprochen hatte, sie mit ein paar in San Francisco lebenden US-Amerikanern in Kontakt zu bringen. Wir hatten keine Ahnung wo wir hinfuhren. Zwischendurch dachte ich, dass er uns zu einer Wahlkampfveranstaltung schleppt, da er begeistert erzählte, dass er in der Regierungspartei aktiv sei. Aber nein: Wir landeten auf einer Veranstaltung – jetzt haltet euch fest – des Junior Lion’s Club von San Francisco! Da zu den Sitzungen auch Gäste mitgebracht werden können, kam es, dass sowohl Pauline und ich als auch die zwei US-Amerikaner dieser skurrilen Veranstaltung beiwohnen durften. Es begann (wie hier üblich) mit einem Gebet und dem Singen der Nationalhymne, diesmal allerdings mit obligatorischem Blick auf die „Bandera Dominicana“, die dominikanische Nationalflagge. Diese allerdings hing traurig und lieblos wie ein Putzlappen an einem Nagel, an dem normalerweise ein Bild an der Wand hing. Nach der Diskussion diverser Benefizveranstaltungen der teilweise extrem jung erscheinenden Mitglieder musste am Ende noch die Hymne des Clubs, wieder mit Blick auf die Nationalflagge, gesungen werden. Die anschließende Einladung zu Essen und Diskobesuch schlugen wir müde von der Wandertour aus und ließen uns zurückfahren.

Sonntag besuchte ich Paulines Dorf Los Brazitos („Die Ärmchen“) und lernte ihre Gastfamilie kennen. Wir gingen ein bisschen in der Umgebung spazieren bevor ich mich nachmittags nach ausführlicher Shoppingtour im Riesensupermarkt „La Sirena“ auf den Rückweg nach Jarabacoa machte.

 

Raus ins Grüne – Campo-Arbeit bei Plan Yaque

Neben der Büroarbeit bei Plan Yaque versuche ich jede Woche mindestens einmal rauszukommen und entweder die Kollegen des Wasser- oder des Wiederaufforstungsprogramms nach draussen, auf’s „Campo“, zu begleiten. Das Gute ist, dass ich so z. B. etwas über Wasserqualitätsmessungen, die Situation der Wälder und Landwirtschaft lerne und zum anderen an Orte komme, an die ein Tourist wohl nie kommen wird, da sie in der Regel recht abgelegen sind. Wir sind meist in der Umgebung von Jarabacoa, Santiago, Constanza und Manabao unterwegs. V. a. die Berglandschaft rund um Constanza , wo Landwirtschaft sogar an den steilsten Hängen betrieben wird, hat es mir echt angetan. Aber seht selbst:

Massentourismus und Wallfahrten: Punta Cana / Bávaro und Higüey

Es wurde noch touristischer als wir unseren Weg am nächsten Tag über La Romana nach Punta Cana bzw. in das nördlich davon gelegene Bávaro fortsetzten. „Punta Cana“ ist das Schlagwort für Massentourismus und ein Resort neben dem nächsten direkt am weißen Strand mit türkisblauem Meer im Hintergrund. Und so war es auch: Die Touristen lagen wie die Sardinen dichtgedrängt auf ihren Strandliegen am abgesperrten Hotelstrand, hatten Unterhaltungsangebote wie Zumba oder Volleyball oder konnten einen Ausflug auf einem „Piratenschiff“ buchen. Scheußlich, nichts für mich und alles andere als Erholung! Wir fanden zum Glück bald den öffentlichen Strandbereich, in dem man Gottseidank nicht so dicht mit anderen Leuten aufeinander hockte und genauso gut Sonne und Meer genießen konnte.

Wir übernachteten in einem kleinen venezuelanisch-dominikanisch geführten Gästehaus etwas außerhalb des Zentrums von Bávaro, wobei dessen Personal schon ziemlich verpeilt war und das Herrichten unseres Zimmers ewig gedauert hatte. Bávaro und das südlich gelegene Punta Cana sind ziemlich gesichtslose Städtchen, deren Zentrum einfach nur wie die Kopie einer US-amerikanischen, künstlichen Stadt mit kleinen Einkaufsmalls aussieht. Immerhin konnte man abends sehr lecker, wenn auch etwas teurer als in anderen Landesteilen, essen gehen und so gönnten wir uns mal wieder eine Portion frischen Fisch und Cocktails direkt am Meer.

Überall in Bávaro wird schrecklicher Souvenirkitsch verkauft: bunt bemalte Pseudo-Taino-Figuren, Taschen mit „Punta Cana“-Schriftzug wie man sie z. B. mit „Barcelona“-Schriftzug aus Europa kennt, Holzdildos (Jaja, der Sextourismus hier sollte nicht vergessen werden!), etc. Auf der anderen Seite gibt es in den Malls überall teure Boutiquen, die hochwertige Klamotten vor allem US-amerikanischer Marken verkaufen. Was noch interessant ist: Fast alle Werbeschilder sind auf Spanisch, Englisch und Russisch (!) verfasst – es scheinen sehr viele neureiche Russen nach Punta Cana zu reisen und dort oft auch Immobilien zu kaufen.

Sonntagmorgen hieß es dann leider schon Abschied nehmen, denn Olga und Yasmin würden am Dienstag zurück ins kalte Deutschland fliegen und ich musste noch am selben Tag zurück nach Jarabacoa, um Montag wieder auf der Arbeit zu sein. Den Rückweg nahm ich über die etwa 50 km östlich von Punta Cana gelegene Stadt Higüey, die im ganzen Land bekannt für ihre Basilika, Nuestra Señora de la Altagracia, ist, die eine ungewöhnlich monumentalistische Architektur aufweist und auch auf dem 50-Pesos-Schein abgebildet ist. Jeden 21. Januar, dem Día de la Altagracia, wird die Basilika zum Wallfahrtszentrum und tausende Pilger kommen, um das im Inneren der Basilika aufbewahrte Bildnis der heiligen Jungfrau anzubeten und zu berühren. Auch als ich dort war, war die Kirche gut mit Menschen gefüllt, die Schlange am Marienbild standen, um es einmal kurz berühren zu dürfen (Es gab einen Aufpasser, der dafür sorgte, dass niemand zu lange vor dem Bildnis verharrte). Das ganze wurde von ständigen Gebeten begleitet, die zwei Frauen per Mikrofon mantraartig herunterspulten. Das Kirchenschiff war wirklich sehr außergewöhnlich und beeindruckend mit seinem Mix aus rohem Beton und bunten Glasfenstern.

Doch lange hielt es mich nicht in Higüey: Ich setzte meinen Weg nach etwa einer Stunde Aufenthalt per Bus nach Santo Domingo fort, vorbei an Zuckerrohrfeldern, die die ganze flache Landschaft des Ostens der Insel prägen. Von Santo Domingo aus nahm ich schließlich den Bus zurück nach Jarabacoa, wo mich der Alltag schnell wieder einholte.

Pico Duarte – nach dem höchsten Berg Afrikas erklimmen wir den höchsten Berg der Karibik und verpennen Silvester

Nachdem ich Olga und Yasmin in Santo Domingo eingesammelt hatte, machten wir uns per Caribe-Tours-Bus sogleich auf nach Jarabacoa, denn am nächsten Morgen wollten wir frühzeitig unsere Wandertour starten. Nach dem Kilimanjaro, dem höchsten Berg Afrikas, den wir im Februar gemeinsam erklommen hatten, wollten wir nun den Pico Duarte, den höchsten Berg der Karibik, in Angriff nehmen. Höhenmäßig sollte das kein Problem sein, ist der Pico Duarte mit 3.087m doch um einiges kleiner als der 5.895m hohe Kili. Bei dieser Tour jedoch hatten wir jegliche Verpflegung für uns vier (Sarah war auch mit dabei) + zwei Guides (einer für uns und einer für die Pferde) selbst kalkulieren, besorgen und zum Startpunkt in La Ciénaga, etwa 1h15 min westlich von Jarabacoa, transportieren müssen. Dort trafen wir dann unseren Guide Guaria, der das Essen, Trinken, unsere Rucksäcke und Campingsachen auf die Pferde verlud, uns zum Registrierungsbüro brachte und dann gegen 8 Uhr zum Abmarsch blies. Wie schon damals beim Kili schlängelte sich der Weg zunächst durch dichten grünen Tropenwald, bevor die Landschaft mit zunehmender Höhe kahler wurde. Der Weg war teilweise ziemlich steil und rutschig, aber insgesamt angenehm zu laufen, zumindest wenn man halbwegs trainiert war, so wie wir. Wir sahen ansonsten zahlreiche Leute, die sich auf dem Pferd bzw. Maultier den Weg hoch- bzw. runtertragen ließen. Jetzt konnte ich auf einmal auch die Dominikaner verstehen, die mir erzählt hatten, dass sie schon so viele Male auf dem Pico gewesen waren. Nun ja, die meisten Dominikaner sind einfach extrem lauffaul und sind wohl kaum, so wie wir, den ganzen Weg zu Fuß hinauf- und wieder hinabgestiefelt.

Die erste Etappe bis zum Basecamp in La Compartición zog sich extrem lang hin, so dass wir mit Pausen fast 10 Stunden unterwegs gewesen waren. Als wir völlig erschöpft ankamen, wurde es auch schon mal bald dunkel und somit schnell kalt. Zum Glück machten die Guides ein Lagerfeuer an, brachten uns Reis mit Bohnen und Hühnchen, das noch von einer anderen Gruppe übrig gewesen war, und zeigten uns dann unsere Schlafstätte in einer einfachen Holzhütte. Außer uns waren nur noch ein bulgarisches Pärchen und ein paar Amerikaner mit im Basecamp, das sich erst am nächsten Tag, dem 31.12., mehr füllen sollte. Wir überlegten gegen 4 Uhr morgens aufzustehen, um zu Sonnenaufgang oben auf dem Gipfel zu sein. Leider hörten wir, wie es nachts heftig regnete und entschieden uns somit erst gegen 8 Uhr hochzulaufen. Eine gute Entscheidung, wie wir später feststellten: Die Amerikaner waren frühmorgens im Regen zum Gipfel aufgebrochen und hatten vor lauter Wolken beim Sonnenaufgang gar nichts gesehen. Wir hingegen hatten strahlenden Sonnenschein und einen herrlichen Ausblick ins Umland bis Santiago und den Stausee bei San Juan de la Maguana. Der Gipfel, benannt nach einem der Staatsgründer, Juan Pablo Duarte, bordete nur so vor Nationalstolz über: Eine dominikanische Flagge, ein Holzkreuz, eine Büste Duartes und noch eine Ganzkörperstatue Duartes. Am Fuße der Gipfelfelsen noch zahlreiche Plaketten mit Sprüchen wichtiger Menschen und Institutionen, die den Gipfel auch schon einmal bestiegen hatten. Zu Diktaturzeiten hatte der Gipfel übrigens Pico Trujillo geheißen und war glatt ein bisschen höher gemacht worden (3.175 m).

Als wir am Nachmittag zurück im Basislager waren, trudelten mehr und mehr Silvestertouristen ein. Um 19 Uhr stießen wir bereits mit dem von Olga mitgebrachtem Champagner auf das deutsche Silvester an, da wir nicht sicher waren, ob wir Mitternacht noch wach sein würden. Letztendlich gingen wir zeitig schlafen, stellten uns den Wecker auf 23.45 Uhr, entschieden uns dann jedoch aufgrund der Kälte draußen (etwa 5°C), doch besser weiterzuschlafen. Das hatte ich schon immer einmal machen wollen: Silvester einfach verpennen! 🙂

Für den Abstieg am nächsten Morgen standen wir 5 Uhr auf und liefen noch in völliger Dunkelheit los bis uns das Morgengrauen einholte und sich die umliegenden Berge langsam im Morgenlicht abzeichneten. Ein beeindruckendes Spektakel!

Für den Abstieg brauchten wir bei Weitem nicht so lange wie für den Aufstieg und so kamen wir bereits gegen 13 Uhr mit ordentlich demolierten Füßen unten in La Ciénaga an, wo uns, wie vereinbart, ein Taxi abholte und zurück nach Jarabacoa brachte. Yasmin fuhr am nächsten Morgen weiter nach Cabarete, wo ein Surfkurs auf sie wartete und Olga hatte eine Raftingtour gebucht. Ich kümmerte mich um die Wäsche und das Packen für unsere Weiterreise ebenfalls nach Cabarete am späten Nachmittag. Soll noch mal ein sagen, Urlaub sei zum Entspannen da! 😉