Der Expat-Ort Las Terrenas und ein schlammiger Ausflug zum Salto del Limón

Gerade erst zurück im Büro von den über drei Wochen Weihnachts- und Neujahrsurlaub standen schon wieder zwei Feiertage plus Brückentag vor der Tür, so dass ich schon wieder auf Reisen gehen „musste“. 😉 Diesmal sollte ich mit meinen beiden Mitfreiwilligen Sarah und Manuel auf der Halbinsel Samaná unterwegs sein. Sarah und ich fuhren von Jarabacoa aus über La Vega nach San Francisco de Macorís, wo wir den Caribe-Tours-Bus nach Sanchez, quasi die Eingangsstadt Samanás, nehmen wollten. An der Busstation in San Francisco trafen wir prompt auf weitere Freiwillige, die dieselbe Idee wie wir gehabt hatten, nach Samaná zu fahren. In Sanchez stiegen wir alle in ein Guagua in das nördlich gelegene Las Terrenas um, der Expat-Ort schlechthin: Franzosen und Italiener überall, zumindest hatte ich diesen Eindruck anhand der Mehrheit der Restaurants, die einfach mal Italiener waren, und aufgrund der am meisten gehörten Sprache, Französisch. Es gab sogar eine französische Bäckerei im Ort, die wirklich richtig gute französische Süßigkeiten und Gebäck im Angebot hatte. Und an allen Abenden auf Samaná sollten wir tatsächlich Italienisch essen gehen!

Doch damit der anderen Nationen und Kulturen nicht genug: Samaná selbst erscheint wie eine andere Welt im Vergleich zu anderen Teilen der DomRep. Noch im 18. Jahrhundert war Samaná als Insel vollständig vom Festland getrennt gewesen und wurde erst durch Sedimentablagerungen an dieses angeschlossen. Zwischen 1822 und 1844, d. h. in der Zeit als Haiti die komplette Hispaniola-Insel (heutige DomRep + Haiti) besetzt hielt, wurden aus den USA freigelassene Sklaven auf Samaná angesiedelt, die sowohl ihre protestantische Religion als auch die englische Sprache mitbrachten. Und so kommt es zum einen, dass die meisten Einwohner Samanás eine sehr dunkle Hautfarbe aufweisen und viele noch immer ein kreolisiertes Englisch sprechen und zum anderen, dass man überall protestantische Kirchen sieht. Ich fühlte mich in vielen Momenten nach Tansania zurückversetzt als wir durch Samaná reisten – irgendwie versprühte die Halbinsel schon ein „afrikanisches“ Flair, sicher auch aufgrund der zahlreichen Haitianer, die heute dort leben.

In der Stadt Las Terrenas selbst gab es einfach unglaublich viele touristisch geprägte Läden, Restaurants und Cafés und zwei stark befahrene Hauptstraßen. Weil mir dort zu viel Trubel war, machte ich mich nach unserer Ankunft im Hostel „Fata Morgana“ auf den Weg zum Playa Bonita („Schöner Strand“), der wirklich sehr schön, aber durch die starke Strömung auch nicht ganz ungefährlich war.

Manuel, der mit dem Motorrad bereits seit einigen Tagen im Norden der DomRep unterwegs gewesen war, trafen wir abends im Hostel und gingen dann, Überraschung, sehr gut Italienisch essen.

Am nächsten Tag machten wir uns per Pickup auf den Weg zum kleinen Örtchen El Limón, in dessen Umgebung es mehrere Wege zum Wasserfall Salto del Limón gibt. Sämtliche Versuche der am Eingang herumlungernden Guides uns ein Pferd für den Ritt zum Wasserfalls anzudrehen, schlugen wir aus und wanderten auf einem zwischendurch extrem schlammigen Weg bis zum Wasserfall. Vermutlich weil es morgens die ganze Zeit geregnet hatte, waren nicht zu viele andere Touristen da, so dass wir den etwa 50 m hohen Wasserfall in seiner ganzen beeindruckenden Erscheinung ausführlich betrachten konnten. Manuel sprang gleich hier ins Wasser; Sarah und ich dann am kleinen „Bruderwasserfall“, wo dann wirklich kein weiterer Tourist zu finden war. Ein sehr lohnenswerter Ausflug, obwohl wir im Vorfeld mehrfach gewarnt worden waren, den Weg wegen der Schlammmassen nur auf dem Pferd zurückzulegen. Es ging auf jeden Fall auch zu Fuß und auf dem Pferd hätte ich mich jedenfalls deutlich unsicherer gefühlt.

Hippie-Hostel im Grünen, Karnevalshauptstadt La Vega & vier Kirchen

La Vega, die Karnevalshauptstadt der DomRep, ist eigentlich ziemlich hässlich, nur in der Karnevalszeit im Februar interessant und einfach nur ein Umsteigeplatz für die Weiterfahrt an die nördlichen Strände. Trotzdem wollte ich der Stadt eine Chance geben und sie mir anschauen. Ich übernachtete in einem supernetten und total entspannten Hippie-Hostel, Eco Aldea Casa Verde, in Bayacanes, einige Kilometer vor La Vega gelegen. Das graffitiverzierte Hostel mit Garten, Kuhweide und Flusszugang liegt herrlich im Grünen, die laute Hauptstraße ist vergessen und man findet sich in einer Hängematte umgeben von herumwatschelnden Enten und Hühnern und herumwuselnden Katzen und Hunden wieder. Richtig cool! Auch die Betreiber, Selma (aus der DomRep) und Ricky (aus Peru) sind richtig cool und empfingen mich sehr herzlich.

Bevor ich mir Samstagnachmittag jedoch La Vega anschaute, machte ich zunächst einen Abstecher ins weiter nördlich gelegene Moca, eine Industriestadt mit zwei imposanten Kirchenbauten. Die Stadt ist ebenso wie Santiago durch umliegende Anbauflächen für Kaffee, Tabak und Kakao geprägt, gut zum Shoppen geeignet und weißt meiner Meinung nach überdurchschnittlich viele Denkmäler (wichtige Politiker, ein Papst, ein Pater, eine Eisenbahn auf (!) einem Viadukt, Märtyrer im Kampf gegen die Trujillo-Diktatur, etc.) auf.

In La Vega traf ich schließlich auf die dritte, nun ja, beeindruckende Kirche des Tages: Erst dachte ich, es handele sich um ein Raumschiff oder einen Bunker, so merkwürdig sieht die Beton-Kathedrale von La Vega aus, die sich am Parque Duarte wie ein Fremdkörper in die Höhe reckt. Im gegenüberliegenden Museum zur religiösen Geschichte der Stadt erfuhr ich, dass die ursprüngliche Kathedrale aus bautechnischen Gründen hatte abgerissen und wieder neu aufgebaut werden müssen. Über die Umsetzung lässt sich streiten! Aber beeindruckend ist es schon, wenn man durch eine der riesigen Türen ins Kircheninnere tritt und das schlichte Innere sieht, das eher an eine skandinavische als an eine typische dominikanische Kirche erinnert.

Sonntag hatte ich Glück, dass mich Ricky mit dem hosteleigenen Auto mitnahm und wir uns so zwei Stätten etwas nördlich außerhalb von La Vega anschauen konnten, die ich sonst mit Guagua oder Motoconcho nur schlecht erreicht hätte. Zuerst besichtigten wir die Überreste von La Vega Vieja, das „Alte La Vega“. Das Alte La Vega war nach seiner Gründung durch Kolumbus 1494 zu gleichen Teilen von Spaniern und Taínos, meist zwangschristianisiert, bewohnt gewesen. 1562 wurde die Stadt von einem Erdbeben komplett zerstört (die Auswirkungen waren übrigens auch bis Santiago zu spüren) und dann einige Jahre später weiter südlich an ihrem heutigen Standort wieder aufgebaut. Die Ruinen stammen von einer Kirche und einem Fort, in dem zu Kolumbus‘ Zeit Gold gelagert wurde, welches die Taínos vor Ort abbauen mussten. Einer der Gründe übrigens warum die Taínos so schnell von Hispañola (DomRep + Haiti) verschwanden, war, dass die spanischen Kolonisatoren sie zu viel zu harter Arbeit, z. B. dem Graben nach Gold, zwangen. Eingeschleppte europäische Krankheiten taten ihr Übriges und so waren die Taínos bereits nach drei Jahrzehnten spanischer Herrschaft auf Hispañola fast ausgerottet.

Die vierte und letzte Kirche meines Ausflugswochenendes befand sich auf dem auf einem Hügel gelegenen Pilgerörtchen Santo Cerro. Wir kurvten die steile Straße entlang eines Pilgerfahrts nach oben und konnten schon von Weitem die sonntägliche Messe hören. Ich möchte nicht wissen, was für Menschenmassen am 24. September in Santo Cerro präsent sind, wenn die Schutzpatronin des Ortes, die heilige Jungfrau Virgen de las Mercedes, gefeiert wird (siehe Blogeintrag zu Constanza). Denn bereits nur zur sonntäglichen Messe saßen die Leute bis draußen vor der Kirche.  Von der Rückseite der Kirche hat man einen weiten, sehr schönen Blick ins Cibao-Tal bis nach Santiago. In Santo Cerro fand übrigens, der historischen Vollständigkeit halber, 1495 eine entscheidende Schlacht zwischen den Taínos und den Spaniern statt. Kolumbus hatte nämlich an diesem Ort ein Holzkreuz aufstellen wollen, welches die Taínos verbrennen wollten. Durch eine Erscheinung der Virgen de las Mercedes jedoch wurde dies verhindert; die Taínos legten ihre Waffen nieder und ließen sich teilweise freiwillig taufen. Soweit die Legende…

P. S.: Meine Spendenaktion bei betterplace läuft weiter: Für die Finanzierung meiner Arbeit im November fehlen noch 110,05 Euro. Wer spendet als nächstes für meine Kampagne „1 Kaffee weniger, 1 Spende mehr. Euer Beitrag zum Regenwaldschutz (DomRep)“?

Ferien vor der Haustür

Die Hausarbeiten sind geschrieben, Praktikumsbewerbungen verschickt – und nun? Damit ich mein Semesterticket vor meiner Abreise noch mal ausnutze, entschloss ich mich ein bisschen Thüringer Frischluft zu schnappen und die Umgebung zu erkunden. Erstes Ziel im Osten Jenas: Gera. Nun ja, eine Stadt, die nicht gerade wegen ihrer Schönheit bekannt ist. Und tatsächlich: Eine Innenstadt mit viel Beton, großen, klotzartigen Mainstream-Einkaufspassagen und erschreckend vielen leerstehenden, teilweise heruntergekommenen Häusern. Obwohl einige Leute auf der Straße unterwegs waren, kam mir die Stadt doch irgendwie verlassen vor. Etwas abseits vom Zentrum dann die große Rentnerwelle – ihr einziges Ziel: Die BUGA, auf deren Eingang sie fotoapparatbehangen, sonnenbebrillt, kurzhosig und mit Socken in den Sandalen (ich pauschalisiere natürlich) zuströmten. Das Gartengelände sah schon sehr einladend aus, war mir aber zu teuer. Stattdessen entdeckte ich den wohl schönsten Stadtteil Geras: Untermhaus. In dem kleinen, verschlafenen und gemütlichen Ortsteil steht nämlich das Geburtshaus des Malers Otto Dix (vielleicht kennen ihn ja die Dresdner aus den Neuen Meistern). Zu besichtigen gab’s viele Bilder und noch mehr Schautafeln mit wirklich interessanten Einblicken in seine Biographie. Auch die Orangerie, die ich danach besuchte, hat sich Dix gewidmet und viele seiner Werke ausgestellt. An alle Kunstinteressierten: Eine Besichtigung lohnt sich!!!

Fotos von Gera konnte ich nicht viele schießen. Nachdem ich das kleine „Flower-Power“ (ja, auch dort gibt’s diese Hippie-Musikbar) aufgenommen hatte, schmierte mein Foto ab. Ersatzbatterien hatte ich natürlich zu Hause vergessen. :-/

Das Flower Power in Gera – damit soll wohl die BUGA auch für junge Leute attraktiv gemacht werden. 😉

Ebenso erging es mir am nächsten Tag in Gotha – eine Kleinstadt westlich von Jena (für alle nicht so Thüringen-Kundigen: Gotha liegt zwischen Eisenach und Erfurt). Nachdem ich zumindest ein paar mehr Fotos schießen konnte, hoben auch hier meine Fotobatterien die Hufen (Was sind das bloß für Scheiß-Billigdinger…?). Zumindest einen kleinen Eindruck von meinen Erlebnissen in Gotha könnt ihr auf den Bildern unten erhaschen. Nachdem ich den mühsamen Aufstieg auf den Stadtberg zum Schloss Friedenstein überwunden hatte und dabei zwei vorbeipreschenden Pferdekutschen ausgewichen war, betrat ich den weitläufigen Schlossinnenhof und schlitterte sogleich in das 10. Gothaer Barockfest hinein. Überall rannten kostümierte, gepuderte Leute umher, an den Verkaufsständen gab es den üblichen Mittelalterkrempel und ein Bläsertrupp lieferte den passenden Soundtrack. Merkwürdigerweise gab es sogar ein Kamelgehege, wobei ich mich frage, was die mit dem Barock zu tun haben. Naja, vielleicht waren sie aufgrund ihrer barocken (Höcker-) Formen eingeladen worden? 😉

In den Schlossgemäuern konnte ich mich von der sengenden Hitze im Schlossinnenhof zum Glück etwas abkühlen während ich mir zwei Ausstellungen ansah. Ja, ja, ne richtige Bildungs“reise“! 😉

Schon etwas genervt von dem ganzen Barockgetümmel stieg ich den Stadtberg auf der anderen Seite wieder herunter zum Marktplatz. Der ist umzingelt von schönen, rausgeputzten Häusern – besonders bekannt das rote Rathaus – und kleinen Cafés. Auf der Einkaufsstraße hatte man schon die Bürgersteige hochgeklappt und so fand ich das ganze Stadtzentrum eher ausgestorben vor. Das war vielleicht auch ganz gut so: Meine Füße glühten mittlerweile und so schleppte ich mich plattfüßig zurück zum Bahnhof. Dank Wochenend-Zugverkehr und Bauarbeiten dauerte meine Rückfahrt, für die ich hinzu eine Stunde gebraucht hatte, drei Stunden! Uff!

Tja, auch in Thüringen gibt’s Einiges zu entdecken! Bis demnächst! 🙂