Djerbas Töpferhauptstadt Guellala

Nach einem weiteren Tag mit Fahrrad, nach dem sich mein Hintern langsam schmerzhaft bemerkbar machte, gab ich das Vehikel zurück und nahm mir die Töpferhauptstadt der Insel, Guellala, vor. Mit dem lokalen Bus war ich innerhalb einer halben Stunde da und erst einmal etwas orientierungslos. Überall sah ich, wie erwartet, Läden, die Töpferwaren anboten und die diese weitläufig vor dem Ladeneingang aufgestellt hatten. Am zentralen Kreisverkehr war zudem unübersehbar ein riesiges Denkmal eines Tonkruges errichtet worden, das, wie mir eine Verkäuferin später erzählte, angeblich Eingang in das Guinessbuch der Rekorde gefunden hatte. Ich hatte jedoch weniger vorgehabt Töpferwaren shoppen zu gehen, sondern vielmehr das Museum von Guellala („Musée de Guellala“) zu besuchen, das in einem sehr schönen Gebäude untergebracht sein soll und in dem ich etwas über die Kultur und Traditionen Tunesiens und speziell auch Djerbas lernen wollte. Als ich auf der Marktstraße nach dem Museum fragte, zeigte man auf ein naheliegendes Gebäude mit verschlossener Tür, in dem ich es nachmittags wieder probieren könne hineinzukommen. Komisch, dachte ich mir, in meinem Reiseführer stand nämlich drin, dass das Museum den ganzen Tag durchgängig geöffnet hat. So beschloss ich erst einmal in die andere Richtung des Ortes zu laufen und kam in einigen Seitenstraßen auch an kaum erkennbaren Brennöfen und Töpferwerkstätten vorbei.

In einem Souvenirgeschäft unterhielt ich mich fast zwei (!) Stunden lang mit einer Verkäuferin, die mir viel über die Amazighkultur erzählte und sich über den respektlosen Umgang der „Araber“ mit Frauen aufregte. Sie betonte immer und immer wieder wie anders als die zugewanderten „Araber“ doch die berberische Ursprungsbevölkerung Djerbas sei, dass die Djerbis (Einwohner von Djerba) alleinreisende Frauen in Ruhe ließen (kann ich bestätigen!) und dass Frauen allgemein ein viel höheres Ansehen in der Gesellschaft genössen. Zudem unterstrich sie immer wieder das friedliche Zusammenleben von jüdischen und muslimischen Djerbis und wetterte gegen Wahhabiten von der arabischen Halbinsel, die offensichtlich ab und zu versuchen, die muslimischen Berber Guellalas zu einem strengeren Glauben zu missionieren. Wie mir später eine auf Djerba lebende Französin erzählte, gelten die berberischen Einwohner Guellalas aber gerade wegen ihrer Abneigung gegenüber Arabern bzw. arabischen Tunesiern als rassistisch; religiöse Toleranz hin oder her. Eine komplizierte, aber sehr interessante Gemengelage!

Als ich danach auf einen Kaffee in ein Restaurant einkehrte, erfuhr ich endlich, dass sich das Museum von Guellala etwas außerhalb der Stadt auf einem Hügel befindet und dass mich die Herren auf dem Markt offensichtlich an die Moschee verwiesen hatten als ich nach dem Museum gefragt hatte. Nun ja, auf Französisch klingen „musée“ und „mosquée“ nicht so unterschiedlich! 😉

Ich stapfte also hinauf zum Museumshügel und war schon von Weitem von der strahlend weißen Fassade des Museumsbaus geblendet. Innen wie außen war die Architektur sehr schlicht gehalten und in Nischen wurden anhand von Wachsfiguren Szenen aus dem tunesischen/djerbischen Alltag wie z. B. Hochzeit, Beschneidung eines Kindes, etc., nachgestellt. Die Erläuterungstexte waren erfrischend kurz gehalten und ich konnte anhand der anschaulichen Präsentation wirklich einiges lernen und würde das Museum jedem weiterempfehlen! Zumal man vom Hügel aus einen schönen Ausblick in die Umgebung bis ans Meer hat!

Zum Teetrinken nach Djerba. Houmt Souk, die Inselhauptstadt

Noch immer wartete ich auf das Startdatum für meinen neuen Job in Berlin und so dachte ich mir, dass das „Abwarten und Tee trinken“ sich doch am besten in einem arabischen Land realisieren ließe. So fiel meine Wahl auf Tunesien, insbesondere die Insel Djerba, die man hauptsächlich für ihre Hotelressorts kennt. Mich interessierte jedoch vor allem der Kulturmix aus muslimischer, jüdischer, arabischer und berberischer (Amazigh-)Kultur, über den ich vorab gelesen hatte und so landete ich auch in keinem Betonklotz am Strand, sondern in einem Hotel mitten in der Inselhauptstadt Houmt Souk. Das schon etwas abgenutzte, aber sehr sympathische Hotel befand sich in einem ehemaligen Funduk, einer Karawanserei, in dessen Innenhof früher die Kamele übernachtet hatten und in dem ich nun jeden Morgen mein französisches Frühstück mit Baguette, Marmelade und „Gummikäse“ („La Vache qui rit“ lässt grüßen!) einnahm.

Rund um das Hotel erstreckte sich die Altstadt von Houmt Souk mit ihren typischen (jüdischen) Silberschmuckboutiquen, (Männer-)Cafés, Restaurants und Souvenirläden, die insbesondere Korb- und Lederwaren, Sonnenhüte, bunte Tunikas und Keramik verkauften. Blau-weiße Farbgebung dominierte die Altstadt; die Moscheen strahlten komplett in weiß und faszinierten mich mit ihrer schlichten Architektur. Auf Djerba gehört die Mehrheit der Bevölkerung den Ibaditen an, einer Strömung des Islams, die weder Sunniten noch Schiiten sind. Sie sind zwar in ihrem Glauben konservativer als die sunnitische Bevölkerungsmehrheit Tunesiens, gleichzeitig aber auch toleranter gegenüber anderen Religionen und Kulturen, was sich einfach aus der Geschichte Djerbas ergibt, das neben der Existenz seiner jüdischen Gemeinde auch spanische, türkische (osmanische) und französische Einflüsse aufnahm. Die Mehrheit der Djerbis ist zudem berberischen Ursprungs; Berber waren die Ethnie, die bereits vor der Eroberung Djerbas durch die Araber auf der Insel lebten und die bis heute ihre eigene Sprache und Kultur pflegen. Wobei man eigentlich besser von „Amazigh“ (=  wörtlich „freie Menschen“) sprechen sollte, erinnert doch das Wort „Berber“ an das negativ konnotierte „Barbaren“.

Um mich noch ein bisschen mehr mit der Inselgeschichte und -kultur zu befassen, besuchte ich am ersten Tag das Volkskundemuseum und erfuhr interessante Details über Olivenölherstellung, Töpferei, Oktopusfischen (mit Hilfe von Tonkrügen, die an einem Seil aufgereiht über Nacht ins Meer gehängt werden, und in denen sich die Oktopusse dann verkriechen), djerbische Kleidung, Wassergewinnung und -speicherung etc. Leider hatte das Museum schon im Hinblick auf den baldigen Ramadanbeginn verkürzte Öffnungszeiten und so konnte ich gar nicht alles schaffen anzuschauen. Mit dem Fotoapparat „bewaffnet“ lief ich dann in der goldenen Abendsonne vorbei an der spanischen Festung Bordj el Kebir bis hin zur Marina, einem Hafenviertel mit Cafés und Restaurants, das aber, da Nebensaison war, recht verlassen da lag und dessen beste Tage auch schon etwas zurück lagen. Die Ausflugsboote jedoch so kurz vor Sonnenuntergang sahen einfach nur toll aus!

An einem der späteren Tage musste ich in Houmt Souk natürlich noch den Gewürzmarkt unsicher machen – die 11 kg, die mein Gepäck auf dem Hinweg noch frei gehabt hatte, wollten schließlich gefüllt werden! Hinzu kamen eine Flasche Olivenöl, ein handgefertigter Sonnenhut, grüner Ton (für Gesichtsmasken), Ledersandalen, sowie Süßigkeiten, die ich im Hotel geschenkt bekam. Eine ordentliche Ausbeute! 🙂

Santiago de Cuba – Es lebe das afrokubanische Erbe!

Ich hatte im Vorfeld zu Santiago de Cuba gelesen, dass die Stadt einen starken französischen und einen starken afrikanischen Einfluss aufweist. Und ja, den „afrikanischen“ Einfluss konnte ich bei meiner Ankunft sogleich bestätigen, denn die Temperaturen waren sicherlich noch einmal um mindestens 5°C angestiegen und die Sonne brannte bestialisch vom Himmel herunter. An einem Tag las ich auf einer Temperaturanzeige 42°C!

Aber der eigentliche historische Hintergrund für den afrikanischen und französischen Einfluss im Süden Kubas liegt auf der Nachbarinsel Hispaniola, genauer gesagt im heutigen Haiti. Haiti, damals Saint Domingue, war mit der ersten französischen Siedlung Cap-Haïtien 1670 von den Franzosen kolonialisiert worden und große Waldflächen wurden gerodet, um Zuckerrohr, Kaffee, etc. anzubauen. Die ganze Arbeit basierte auf Sklaven, die größtenteils aus Westafrika importiert worden waren nachdem die indigene Bevölkerung der Tainos ausgerottet worden war und nicht mehr als Arbeitskräfte dienen konnte. Im Zuge der Französischen Revolution Jahr zettelte 1791 ein Teil der Sklaven einen Aufstand an, in dessen Zuge die französischen Kolonialherren mit ihren Familien und Sklaven die Insel verließen, ins nahegelegene Kuba flohen und sich dort im Süden niederließen. So wurde beispielsweise der Kaffeeanbau in Südkuba eingeführt und ersetzte nach und nach einen Teil des Kakaoanbaus. In Südkuba findet man so immer noch viele Familien mit französisch klingenden Familiennamen und in der Architektur Santiagos zeigt sich der französische Einfluss wohl noch an den Häusern mit Holzbalkons, die so auch in Louisiana (USA) zu finden sind, wohin viele französischen Siedler nach ihrer Station in Kuba auswanderten. Zudem fiel mir im Süden tatsächlich auf, dass es mehr schwarze Einwohner als im Norden und in der Mitte gibt (ähnlich wie auch in der DomRep).

Der Riesenunterschied zur DomRep ist jedoch, dass die Kubaner stolz auf ihre afrikanischen Wurzeln sind und dies auch zeigen und zelebrieren. So fand, als ich gerade in Santiago war, das Festival „Fiesta del Fuego“ (Fest des Feuers) statt, das von der „Casa del Caribe“ (Haus der Karibik) jedes Jahr im Juli organisiert wird und das das afroamerikanische Erbe feiert. Jedes Jahr gibt es einen Länderschwerpunkt, dieses Jahr Ecuador, und zudem Tanz- und Folkloregruppen aus anderen Karibik- oder südamerikanischen Staaten, die für Vorführungen eingeladen werden. Einen wichtigen Programmpunkt bildeten zudem Vorträge, Konferenzen und Ausstellungen, die in verschiedenen, meist historischen, Gebäuden der Stadt stattfanden. So setzte ich mich an zwei Tagen in eine Konferenz zum Thema „‚Das Französische‘ in Kuba und der Karibik“ im Casa Dranguet, einem Zentrum für die Deutung des Kulturerbes der Kaffeeanbauer (Centro para la interpretación del Patrimonio Cafetalero), das neben Recherchearbeit auch Projekte mit den Gemeinden vor Ort durchführt, wo z. B. eine ehemalige französische Kaffeefarm wieder restauriert und für Touristen zugänglich gemacht wird. Es gab des Weiteren interessante Vorträge zu den verschiedenen Aspekten und Strömungen afrokubanischer Religionen und Kulte, doch aufgrund der Komplexität dieses Themas konnte ich den Erklärungen und den hunderten von afrikanischen Götternamen nicht folgen. Inmitten des Vortrags wurden wir auf einmal auf die Terrasse gerufen, um einem Ritual, wahrscheinlich einer Art Gebet, einer eingeladenen afrokubanischen Gruppe beizuwohnen. Alle waren ganz in weiß gekleidet, so wie man es in Kuba öfter auch bei Leuten auf der Straße sehen kann, standen in einem Kreis und dann ging es mit Gesängen, Klatschen, rhythmischem Fußstampfen und Tanzen los, wie ihr hier in den Videos sehen könnt:

Neben dem Festival machte ich noch ein bisschen gewöhnliches Sightseeing in Santiago: Ich erklomm den Turm der Kathedrale am Parque Céspedes, von dem man einen herrlichen Rundumblick über ganz Santiago hat, besichtigte das älteste Haus Kubas, das Casa de Don Diego Velázquez, das mich mit seinen Holzfenstern sehr an traditionelle marokkanische Häuser erinnerte und klapperte den Friedhof Cementerio Ifigenia ab, auf dem sich das militärisch streng bewachte Grab des kubanischen Nationaldichters José Martí, sowie die Gräber einiger Mitstreiter der „M-26-7“-Bewegung befinden.

 

 

 

Der Expat-Ort Las Terrenas und ein schlammiger Ausflug zum Salto del Limón

Gerade erst zurück im Büro von den über drei Wochen Weihnachts- und Neujahrsurlaub standen schon wieder zwei Feiertage plus Brückentag vor der Tür, so dass ich schon wieder auf Reisen gehen „musste“. 😉 Diesmal sollte ich mit meinen beiden Mitfreiwilligen Sarah und Manuel auf der Halbinsel Samaná unterwegs sein. Sarah und ich fuhren von Jarabacoa aus über La Vega nach San Francisco de Macorís, wo wir den Caribe-Tours-Bus nach Sanchez, quasi die Eingangsstadt Samanás, nehmen wollten. An der Busstation in San Francisco trafen wir prompt auf weitere Freiwillige, die dieselbe Idee wie wir gehabt hatten, nach Samaná zu fahren. In Sanchez stiegen wir alle in ein Guagua in das nördlich gelegene Las Terrenas um, der Expat-Ort schlechthin: Franzosen und Italiener überall, zumindest hatte ich diesen Eindruck anhand der Mehrheit der Restaurants, die einfach mal Italiener waren, und aufgrund der am meisten gehörten Sprache, Französisch. Es gab sogar eine französische Bäckerei im Ort, die wirklich richtig gute französische Süßigkeiten und Gebäck im Angebot hatte. Und an allen Abenden auf Samaná sollten wir tatsächlich Italienisch essen gehen!

Doch damit der anderen Nationen und Kulturen nicht genug: Samaná selbst erscheint wie eine andere Welt im Vergleich zu anderen Teilen der DomRep. Noch im 18. Jahrhundert war Samaná als Insel vollständig vom Festland getrennt gewesen und wurde erst durch Sedimentablagerungen an dieses angeschlossen. Zwischen 1822 und 1844, d. h. in der Zeit als Haiti die komplette Hispaniola-Insel (heutige DomRep + Haiti) besetzt hielt, wurden aus den USA freigelassene Sklaven auf Samaná angesiedelt, die sowohl ihre protestantische Religion als auch die englische Sprache mitbrachten. Und so kommt es zum einen, dass die meisten Einwohner Samanás eine sehr dunkle Hautfarbe aufweisen und viele noch immer ein kreolisiertes Englisch sprechen und zum anderen, dass man überall protestantische Kirchen sieht. Ich fühlte mich in vielen Momenten nach Tansania zurückversetzt als wir durch Samaná reisten – irgendwie versprühte die Halbinsel schon ein „afrikanisches“ Flair, sicher auch aufgrund der zahlreichen Haitianer, die heute dort leben.

In der Stadt Las Terrenas selbst gab es einfach unglaublich viele touristisch geprägte Läden, Restaurants und Cafés und zwei stark befahrene Hauptstraßen. Weil mir dort zu viel Trubel war, machte ich mich nach unserer Ankunft im Hostel „Fata Morgana“ auf den Weg zum Playa Bonita („Schöner Strand“), der wirklich sehr schön, aber durch die starke Strömung auch nicht ganz ungefährlich war.

Manuel, der mit dem Motorrad bereits seit einigen Tagen im Norden der DomRep unterwegs gewesen war, trafen wir abends im Hostel und gingen dann, Überraschung, sehr gut Italienisch essen.

Am nächsten Tag machten wir uns per Pickup auf den Weg zum kleinen Örtchen El Limón, in dessen Umgebung es mehrere Wege zum Wasserfall Salto del Limón gibt. Sämtliche Versuche der am Eingang herumlungernden Guides uns ein Pferd für den Ritt zum Wasserfalls anzudrehen, schlugen wir aus und wanderten auf einem zwischendurch extrem schlammigen Weg bis zum Wasserfall. Vermutlich weil es morgens die ganze Zeit geregnet hatte, waren nicht zu viele andere Touristen da, so dass wir den etwa 50 m hohen Wasserfall in seiner ganzen beeindruckenden Erscheinung ausführlich betrachten konnten. Manuel sprang gleich hier ins Wasser; Sarah und ich dann am kleinen „Bruderwasserfall“, wo dann wirklich kein weiterer Tourist zu finden war. Ein sehr lohnenswerter Ausflug, obwohl wir im Vorfeld mehrfach gewarnt worden waren, den Weg wegen der Schlammmassen nur auf dem Pferd zurückzulegen. Es ging auf jeden Fall auch zu Fuß und auf dem Pferd hätte ich mich jedenfalls deutlich unsicherer gefühlt.

Erste Eindrücke aus Rennes

Chers amis (Liebe Freunde),

heute also mein erster ausführlicher Bericht aus dem fernen Rennes!

Anreise, 12./13.9.07

Am Dienstag hatte mich meine Mutti mit dem Auto nach Berlin gefahren, da ich dort gegen 21.30 Uhr mit dem Nachtzug nach Paris losfuhr. Ich hatte einen Liegeplatz, doch an Schlaf war fast die ganze Nacht nicht zu denken. Der Zug hat oft dermaßen hin- und hergeruckelt, dass ich manchmal dachte, er entgleist gleich bzw. ich falle gleich aus dem Bett heraus. Dafür hatte ich großes Glück mit meinen zwei sehr netten Zimmergenossinnen – zwei Französinnen, die mich bezüglich meiner Französischkenntnisse gleich auf die Feuerprobe stellten. Die beiden habe ich soweit gut verstanden und ich konnte mich auch so einigermaßen verständlich machen. Als ich ihnen erzählte, dass ich in Paris vom Gare du Nord (Nordbahnhof) zum Gare Montparnasse (Montparnasse-Bahnhof) mit der Metro fahren und mir noch ein Ticket kaufen muss, hat die Eine gleich ihr Portemonnaie gezückt und mir ein Ticket geschenkt. 🙂  Die andere Französin hat mir dann im Bahnhof noch den Weg zur Metro gezeigt und mir außerdem noch viele wertvolle Reisetips für Frankreich gegeben. Im Pariser Vormittagsgedränge dann mit vier Gepäckstücken Metro zu fahren war echt ätzend und ich möchte nicht wissen, wie vielen Leuten ich mit meiner Kraxe im Gesicht hing – aber zum Absetzen war einfach kein Platz! Vom Gare Montparnasse aus bin ich nun zwei Stunden mit dem TGV weiter gen Westen nach Rennes gefahren, wo ich gegen 14 Uhr eintraf. Mit der Renner Metro gings weiter zum Univiertel der Université 2 „Villejean“, wo sich im Empfang schon einige Erasmusstudenten angesammelt hatten. Nach einigem Warten wurden wir in ein anderes Gebäude gelotst, wo wir Papierkram erledigten. Dann ging’s mit der ganzen Bagage weiter zum Wohnheim, wo die Anmeldung noch einmal ewig dauerte und bei einigen echte Verzweiflung auslöste. Die französische Bürokratie ist echt noch schlimmer als die deutsche! Was man da alles für Unterlagen für ein Wohnheimzimmer benötigt: Medizinisches Zertifikat (hatte ich zum Glück schon), eine Zimmerversicherung (hatte ich noch nicht), zwei Passfotos, etc. Naja, endlich durfte ich dann mein 9m²-Zimmer beziehen. Bis in den späten Abend habe ich ausgepackt und es mir einigermaßen gemütlich eingerichtet. Fotos folgen noch! Dann fiel ich nur noch in das viel zu weiche Bett und konnte sogar mit dem eigentlich unbequemen Oreiller (lange Kissenwurst) unter dem Kopf einschlafen, weil ich einfach nur total kaputt war.

Der nächste Tag, 14.9.07

Mit der Deutschen Bahn hatte ich mir noch zwei weitere Gepäckstücke nachschicken lassen, da ich für das eine Jahr ja doch ganz schön viel Zeug brauche und Frankreich ja nun nicht gerade für seine niedrigen Preise bekannt ist. Auf jeden Fall kam am nächsten Tag dann zumindest einer der beiden Koffer an – ich hoffe, der zweite trudelt auch noch ein…

Um 10.30 Uhr hatten wir die erste Infoveranstaltung in einem Hörsaal, wo uns die Erasmusbeauftragte, das Sprachenzentrum und die studentischen Betreuer begrüßten. Wir erhielten eine hässliche graue Begrüßungstasche, deren Inhalt aber umso wertvoller ist: Infobroschüren über Rennes und die Uni, Anmeldeformulare, sowie ein gedrucktes Vorlesungsverzeichnis. Bis Mitte Oktober müssen wir unseren Stundenplan zusammengestellt haben. Im Anschluss gab es einen „Pot d’accueil“ (Willkommenstrunk) mit kleinem Imbiss, wo sich die ersten Kontakte knüpften. Anne, die ich bereits vom Französischkurs in Jena kenne, hatte ich am vorhergehenden Tag schon getroffen und Anke, die ich auch schon aus Jena kenne, und die mit ihrer kleinen Tochter nach Rennes gekommen ist, konnte ich auch begrüßen. Außerdem habe ich meine „marraine“ (Mentorin) Clémence getroffen, die ich gleich mit ein paar Fragen löchern konnte. Anne und ich haben uns dann mit einer Belgierin und einer Niederländerin, sowie einer Finnin unterhalten – echt kompliziert, wenn man da zwischen den Sprachen Französisch, Englisch, Deutsch bzw. Niederländisch hin- und herwechselt, weil eben alle noch nicht so vokabelfest sind. Aber es ging schon, ça va! Mit der Niederländerin habe ich mittags die Mensa („Restau U“) getestet: Vorspeise (Salat), Hauptspeise (Pizza) und Nachtisch (Caramelcreme) oder ein Getränk. Wasser steht kostenlos auf jedem Tisch zur Verfügung. Nachmittags sind wir in die Stadt gefahren und haben bei Bouguyes (sprich: Buig) eine französische Simkarte, sowie eine Prepaidkarte fürs Handy gekauft. Meine französische Handynummer lautet: 0033 06 62 08 71 53. Später holten mich Anne und ihr Freund mit dem Auto vom Bahnhof ab und wir kurvten ein bisschen durch Rennes auf der Suche nach einem günstigen Supermarkt namens „Super U“. Wir fanden zwar schließlich eine andere Filiale, als die, wo wir ursprünglich hin wollten, aber konnten uns dort mit dem Nötigsten eindecken. Zum Glück gibt’s da für viele Produkte der Billigmarke „Bien vu“, denn an sich ist es echt teuer!

Abends habe ich dann mit der Niederländerin, der Belgierin, zwei Finninnen sowie zwei Deutschen die „Rue de la Soif“ (Straße des Durstes) getestet, in der Bar an Bar, Kneipe an Kneipe liegt und auch die ersten Betrunkenen nicht lange auf sich warten ließen und uns fast umrempelten.

Total verpennt 15.9.07

Für den nächsten Morgen war in unserem vollgepackten Programm ein Besuch des „Marché des Lices“, der große Wochenmarkt Rennes‘, angesetzt. Ich verschlief prompt und wurde zum Glück von Anne geweckt, die auf meinem Handy anrief. So konnte ich später noch zur Gruppe hinzustoßen. Nach dem Marktbesuch gab es erstmal eine Stärkung in Form von heißer Schokolade, Tee bzw. Orangensaft in einem Café in der lebhaften Innenstadt. Ganz Rennes schien auf den Beinen zu sein! Mittags traf ich mich mit Clémence, die mir eine kleine Stadtführung gab, einen günstigen Supermarkt zeigte, etc. Den Rest des Tages verbrachte ich damit durch die hektische Innenstadt zu schlendern, die interessanten Leute auf der Straße zu beobachten, die kleinen, versteckten Gassen mit den krummen Fachwerkhäusern zu entdecken und schließlich noch einmal im „Super U“ zum Einkaufen zu landen.

Die Stadt

Ich denke, um mal eine erste Zusammenfassung zu wagen, ich werde mich pudelwohl in Rennes fühlen – die Innenstadt ist genau nach meinem Geschmack: Kleine, alternative Läden und Cafés, ausgeflippte Leute, alte, krumme Häuser, … 😉 Und auch die Erasmusleute, die ich bisher kennen gelernt habe, sind sehr sehr sympathisch. Ich hoffe natürlich dann an der Uni auch noch mehr Franzosen kennenzulernen!

Okay, das reicht erst einmal für heute! Grüße ins kalte Deutschland! Hier ist es nämlich um einige Grad wärmer. 🙂