Und plötzlich ist Sommer

Gerade eben war doch noch Karneval gewesen, oder? Heute stellte ich mit Erstaunen fest, dass ja bereits der 1. Juni, und somit der meteorologische Sommer, angebrochen ist. Den ganzen Frühling haben wir schon in der Ausnahmesituation und ständig wechselnden Regelungen verbracht! Wie die Zeit vergeht! Doch eigentlich hätte ich es merken müssen, denn meine Haare sind lang geworden – so lang wie schon lange nicht mehr. Der letzte Friseurbesuch in Berlin im Februar scheint eine gefühlte Ewigkeit her zu sein.

Der Corona-Cut hat mein Zeitempfinden ziemlich durcheinandergewirbelt. So gibt es Ereignisse wie den Karneval, der erst gestern gewesen zu sein schien – vermutlich, weil es danach bis heute keine nennenswerten Großereignisse mehr gab. Aber letzte Woche hatte ich zum ersten Mal das bleierne Gefühl, dass wir schon seit etlichen Monaten im Corona-Ausnahmezustand verharren und jeder Tag wie der andere ist. Dabei sind seit meinem permanenten Gang ins Homeoffice am 18. März 2020 und der fast kompletten Reduzierung längerer physischer Face-to-Face-Kontakte gerade einmal knapp 2,5 Monate vergangen. In dieser Zeit habe ich sämtliche Face-to-Face-Kontakte auf gerade einmal zehn (!) Personen beschränkt, mit denen ich mich auch mal länger als eine Viertelstunde getroffen habe. Wahnsinn, wenn ich im Nachgang so darüber nachdenke! Dafür ist der Kontakt zu anderen Personen virtuell intensiver geworden, insbesondere der zu meinen Arbeitskolleginnen und -kollegen. Nach wie vor ist es so, dass ich an manchen Tagen einfach nur fix und fertig von den vielen Videokonferenzen bin und kein Bedürfnis mehr habe am Abend privat weiter zu telefonieren. Die Arbeit ist intensiver, der Workload dichter geworden und ich befürchte, dass es schon fast zum Normalzustand geworden ist. Der langersehnte und bitter nötige Urlaub Anfang Juli steht aber vor der Tür! Wo es hingeht? „Staycation“ (Mix aus „stay“ = bleiben & „vacation“ = Ferien) ist angesagt – Bayern ruft!

Maskenball

An manchen Tagen vergesse ich, in welcher Ausnahmesituation wir uns nach wie vor befinden. Insbesondere wenn ich in der Natur und am Rhein unterwegs bin. Hier trifft man kaum auf maskentragende Menschen, die für mich das augenscheinlichste Indiz dieser Krise sind. Erst der Weg zum Bahnhof, zu einer ÖPNV-Haltestelle oder einem Geschäft holen einen in die Realität zurück „Verdammt, in welche Tasche habe ich die Maske denn nun schon wieder gesteckt?“ und das Kramen geht los.

Ich erinnere mich noch an den Tag als ich das erste Mal mit Maske einkaufen gehen musste (die Maskenpflicht in NRW wurde am 27. April 2020 eingeführt). Das Wochenende vorher hatten zum ersten Mal kleinere Geschäfte wieder geöffnet und man konnte noch ohne Maske einkaufen gehen. Doch aufgrund des bundesweiten Flickenteppichs an Maskenregelungen schwebte die Maskenpflicht ohnehin wie ein Damoklesschwert über allem und es war nur eine Frage der Zeit bis sie in ganz Deutschland eingeführt werden würde.

Ich hatte im März angefangen Stoffspenden für eine Frau zu sammeln, die in Heimarbeit Masken für medizinisches Personal herstellte. Bei der Stoffübergabe hatte sie mir zwei Masken als Geschenk mitgegeben. In dem Moment ging ich fest davon aus, dass ich diese niemals brauchen würde. Doch bereits am noch maskenfreien Einkaufswochenende wusste ich, dass es ab Montag nicht mehr „oben ohne“ gehen würde. Ich kam an einer kleinen Boutique vorbei und entdeckte kunterbunte Gesichtsmasken aus westafrikanischen Stoffen im Schaufenster. „Na wenn ich schon so ein Ding aufsetzen muss, dann wenigstens eins mit Stil.“ dachte ich mir und kaufte mir noch eine weitere Maske, die am darauffolgenden Montag dann zum ersten Mal zum Einsatz kommen sollte. An jenem 27. April stand ich vor „dm“ und setzte mir das Stoffstück mir umständlich und ein bisschen geniert auf. Das Atmen und Sprechen fiel mir schwer, die Ausatemluft ließ meine Brille beschlagen und ich war froh, die Maske draußen wieder absetzen zu können. Mittlerweile habe ich mich eigentlich daran gewöhnt, auch wenn ich den Anblick meiner Mitmenschen mit Maske immer noch befremdlich finde. Die durchsichtigen Visiere wären da vielleicht eine Alternative, auch wenn die echt doof aussehen. Aber was bedeutet schon Hässlichkeit angesichts dieser Ausnahmesituation?

Viele erste Male

Die Tatsache in der Coronazeit mit stückweisen Lockerungen zu leben, lässt Einen gewohnte Alltagssituationen wieder „zum ersten Mal“ erleben:

  • Das erste Mal mit Maske einkaufen gehen (siehe oben).
  • Das erste Selfie mit Maske.
  • Das erste Mal wieder Klamotten shoppen dürfen.
  • Das erste Mal wieder Klopapier und Desinfektionsgel im Laden finden.
  • Das erste Mal wieder in einem Restaurant essen (bei mir war es Sushi).
  • Das erste Mal wieder ins Museum gehen – etwas anstrengend, weil man die ganze Zeit Maske tragen muss, aber durchaus machbar und wunderbar leere Museumsräume (was natürlich für das Museum nicht so erfreulich ist).
  • Das erste Mal wieder Besuch empfangen.
  • Das erste Mal wieder eine längere Strecke Zug fahren.
  • Das erste Mal ins Freibad gehen (morgen – mit vorabgekauftem, personalisiertem Eintrittsticket).
  • Das erste Mal wieder ein paar Tage wegfahren. (Seit dem 12. März bis zum 30. Mai 2020 war ich, wenn dann, nur zu Tagesausflügen unterwegs gewesen. Keine Ahnung, wann ich das letzte Mal eine so lange Zeit an einem Ort verbracht habe. 😉)
  • Das erste Mal wieder für zwei Wochen in den Urlaub fahren (bald – juhuuu!).

Durch die ständigen Änderungen und den bundesweiten Flickenteppich an Regelungen stellt man sich auf einmal Fragen wie „Wie ist das jetzt eigentlich mit Kinobesuchen?“ oder „Mit Leuten aus wie vielen verschiedenen Haushalten darf man sich eigentlich gerade treffen?“ oder „Wann machen die Schwimmbäder wieder auf?“. Scheinbar banale Alltagsfragen, die aber zeigen, wie sehr unsere bisher gelebten Selbstverständlichkeiten und Privilegien auf den Kopf gestellt wurden. Wir sollten dankbar und ja, auch ein bisschen demütig sein, dass wir so langsam wieder all das tun dürfen, das vorher so normal und unhinterfragt unseren Alltag ausmachte. Vielleicht lernen wir Dinge neu wertzuschätzen.

Positive Aspekte

Die Lockdown-Situation hat mir klar gemacht, dass ich auf externe Inputs durchaus auch verzichten kann. Natürlich wäre ich liebend gerne weiterhin ins Kino, ins Museum, zu meinem Chor und meinem VHS-Sprachkurs gegangen. Natürlich hätte ich gerne meine sportlichen Aktivitäten im Schwimmbad und Yogastudio fortgesetzt. Natürlich hätte ich mich gerne mit Freunden im Restaurant oder mit meinen Kollegen im Büro getroffen. Und natürlich wäre ich weiterhin gerne Freunde und Familie besuchen gefahren. All diese „externen“ Aktivitäten haben die größte Zeit meines Alltags vor Corona bestimmt und sind mit Beginn des Lockdowns komplett zum Erliegen gekommen. Doch hier kommt die berühmte „Resilienz“ ins Spiel: Ich habe meinen Alltag so flexibel umgestaltet, dass ich fast all diesen Einschränkungen etwas Positives abgewinnen konnte. Hier hat mir sicher auch meine Erfahrung aus dem Leben in anderen Ländern geholfen, denn dort hatte ich nie einen Alltag wie in Deutschland leben können und hatte mich in meiner Freizeitgestaltung immer an den Gegebenheiten vor Ort anpassen müssen.

In meiner neuen Coronafreizeitgestaltung fand ich auf einmal Zeit, um…

  • … meinen Reiseblog zu reaktivieren
  • … mit Freunden virtuell zu sprechen, mit denen ich lange nicht telefoniert hatte
  • … die schöne Umgebung Bonns und Bonn selbst zu erkunden
  • … wieder mit Foodsharing anzufangen
  • … zu kochen und neue Rezepte auszuprobieren
  • … Bücher zu lesen, die schon seit Monaten darauf warteten gelesen zu werden
  • … mir Dokus zu Themen anzuschauen, mit denen ich mich schon seit Ewigkeiten einmal beschäftigen wollte (Geschichte des Christentums, deutsche Geschichte, Lokalgeschichte des Rheinlandes)
  • … zu Hause Yoga zu machen (Um mich motivieren zu können, brauchte ich sonst immer einen festen, externen Termin, wo ich ins Yogastudio fahren musste. Nun freue ich mich über die Flexibilität und das große Angebot einer Online-Yoga-Plattform.)
  • … virtuell Sprachunterricht zu nehmen
  • … „Die ZEIT“ zu lesen

Klar, gewisse Aktivitäten, wie z. B. schwimmen gehen, im Chor singen oder ins Kino gehen, konnte ich so nicht ersetzen. Aber hierfür hoffe ich auf baldige corona-kompatible Lösungen und freue mich umso mehr, wenn ich ihnen wieder nachgehen darf.

Auch wenn die Gefahr des Virus‘ gerade angesichts der Lockerungen zunehmend abstrakt erscheint, so versuche ich mir immer wieder ins Gedächtnis zu rufen, dass es in meinem Bekannten- und Freundeskreis doch konkrete Bezugsfälle zur Krankheit gibt: So war ein Familienmitglied eines Arbeitskollegen als Risikopatient an Corona erkrankt, überlebte aber zum Glück. Ein Freund von Freunden hingegen ist tatsächlich an Corona gestorben. Ich kenne die Berichte der italienischen Verwandten einer Freundin, die mit dem totalen Lockdown klarkommen mussten und habe mit Freunden in Frankreich geskypt, die sich wochenlang nur eine Stunde pro Tag hinausbegeben und sich nur in einem 1 km-Radius um ihre Wohnung herum bewegen durften. Da sind wir in Deutschland, insbesondere in NRW, noch mit einem „blauen Auge“ davongekommen! Ich beobachte weiterhin mit Spannung die aktuellen Entwicklungen und überlege schon, welche Änderungen ich persönlich auch nach der Coronazeit beibehalten werde. Dazu sicher mehr im nächsten Blogpost! Bleibt weiterhin gesund, haltet physischen Abstand & rücksichtsvoll!

Ostern in Budapest. Tag 2: Paprikaalarm und sansibarisches Mittagessen

Tag 2 in Budapest startete mit einem Paprikaalarm – zumindest sieht man fast nichts anderes, wenn man die älteste Markthalle der Stadt, Nagycsarnok, betritt. Getrocknete Paprika in verschieden großen Bündeln, Paprika in Pulverform, Paprikaöl, Paprikaseife – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Dazwischen: Bäckerstände mit diversen süßen Teilchen (z. B. Strudel), Obst und Gemüse, geräuchertem Käse, Salami en masse und auf der oberen Etage bestickte Textilien und Tischdeckchen, sowie Lederhandtaschen. Lange hielt ich es allerdings nicht in der Markthalle aus, sondern floh vor den hereinströmenden Touristenmassen nachdem ich einen kleinen Paprikavorrat eingekauft hatte. Nach einem Gang durch die ebenfalls gut gefüllte Einkaufsstraße der Innenstadt (es war ja Samstag und somit der einzige verkaufsoffene Tag am Osterwochenende), begab ich mich weiter südlich in die ehemaligen Arbeiterviertel Josephstadt und Franzensstadt, wo ich einen Mittagsimbiss suchen wollte, um mich für den Besuch des Nationalmuseums zu stärken. Mein „Lonely Planet“-Reiseführer führte mich in ein afrikanisches Restaurant, wie sich herausstellte ein tansanisches, ja sogar ein sansibarisches Restaurant! Der Besitzer erzählte mir, dass er und der Freund, mit dem er das Restaurant zusammen betrieb, wohl die einzigen beiden Sansibaris Budapests seien und es in der ganzen Stadt wohl nur etwa 30 Tansanier gäbe. Er war noch zu sozialistischen Zeiten mit einem Stipendium zum Studium nach Budapest gekommen und war seitdem dageblieben. Immer jedoch, wenn er sein Visum verlängern will, muss er nach Berlin fahren, da sich dort die nächste tansanische Botschaft befindet. Was für ein Zufall in Budapest Kiswahili hören zu können!

Nachdem ich im Nationalmuseum einiges über die ungarische Geschichte erfahren hatte, wollte ich die Abenddämmerung nutzen und mir das Lichtermeer Budapests von oben anschauen. Gesagt, getan fuhr ich bis an den Fuß einer weiteren Therme, dem Gellért-Bad, und stiefelte den Gellért-Berg nach oben. Oben angekommen empfing mich der übliche Touristentrubel, der Ausblick auf die beiden Stadtteile „Buda“ links der Donau und „Pest“ rechts der Donau waren aber einfach überwältigend und man konnte bis zu den Budaer Bergen blicken. Von hier oben wurde mir auch klar, warum Budapest mit seiner Lage an der Donau manchmal mit der französischen Stadt Lyon verglichen wird, die sich ähnlich an den Zusammenfluss von Rhone und Saône anschmiegt und ebenfalls von Bergen umgeben ist. Leider wurde es mit Einbruch der Dunkelheit ziemlich kalt, so dass ich bald wieder den Abstieg antrat und mich auf mein überheitztes Hostelzimmer freute.

Die besten Blogartikel nun als Buch erhältlich!

Buchveröffentlichung_Cover

2007 bis 2016 – neun Jahre – eine lange Zeit! Die Zeitspanne, die ich nun schon meinen Reiseblog schreibe, dem ich vor Kurzem nun auch die eigene URL, „Andarina vom Dienst“, gegönnt habe. Die besten Blogartikel habe ich nun zusammengestellt und in einem Buch veröffentlicht. Es ist zum Einen bei epubli erschienen und kann im Shop dieses Verlags für 24,99 € bestellt werden. Zum Anderen ist es im Verlag bloggingbooks erhältlich und kann für satte 54,80 € in dessen Shop erworben werden (leider ist das Buch aufgrund der Layoutvorgaben sehr dick und somit sehr teuer geworden).

Es war hochinteressant und teilweise überraschend für mich meine alten Blogeinträge noch einmal zu lesen. An manchen Stellen fragte ich mich „Habe das wirklich ich geschrieben?“ oder „Habe ich das wirklich erlebt?“. Aber gerade diese Fragen zeigen auch, wie wichtig es für meine Erinnerung ist, diesen Reiseblog zu schreiben, denn sonst wären viele Erlebnisse einfach in Vergessenheit geraten. In diesem Sinne wünsche ich eine angenehme und inspirierende Lektüre und freue mich auf euer Feedback zu meiner ersten Buchveröffentlichung!

Markttag in Dajabón und die staubige Provinzhauptstadt Monte Cristi

Montag ist Markttag – zumindest in Dajabón. In der Provinzhauptstadt an der haitianischen Grenze findet jede Woche Montag und Freitag ein dominikanisch-haitianischer Grenzmarkt statt. 9 Uhr wird die Grenze, die sich auf der Brücke zur haitianischen Nachbarstadt Ouanaminthe befindet, geöffnet und dann strömen tausende von Haitianern nach Dajabón, um dort auf dem Markt Ware feilzubieten oder einzukaufen. Als wir uns in Richtung dieser Grenzbrücke begaben, musste man aufpassen nicht umgerannt zu werden, so geschäftig und schnell waren die Leute unterwegs. Als wir gar versuchten in das Marktgelände hineinzukommen, mussten wir ziemlich schnell aufgeben: Bereits am Außenrand des Gedränges war die Stimmung sehr aggressiv und hätte schnell in eine Massenpanik umschlagen können: Die Leute schubsten und drängelten ohne Pardon, einer fuhr mit Vollkaracho mit einer Schubkarre in die Menschenmenge rein, so dass mir echt ganz anders wurde als ich eine von ihm angefahrene Frau sah und ich nur noch raus wollte. Lukas meinte, so krass habe er die Atmosphäre auch noch nie erlebt. Ich fühlte mich auf dem Marktgelände tatsächlich wie in irgendeinem, pauschal gesagt, afrikanischen Land: die Menschen transportierten ihre Waren auf dem Kopf, Verkaufs“stände“ waren oftmals einfach nur auf dem Boden ausgebreitete Tücher mit bergeweise gebrauchten Klamotten, Schuhen und Kosmetikartikeln darauf, alle riefen durcheinander, sehr dichtes Gedränge aus Menschen, Motorrädern, Bussen und Autos, sengende, staubige Hitze, … Ich war jedenfalls echt froh, als wir das Marktgelände endlich verlassen hatten und auf einer ruhigeren Straße standen. Nach einem kurzen Rundgang in der Stadt, einem Mittagessen in einem westlich angehauchten, aber extrem langsamen Restaurant und einer kurzen Einkaufsrunde im Supermarkt nahmen Sarah und ich schließlich ein Guagua nach Monte Cristi, wo wir zwei weitere Tage bleiben sollten.

 

Monte Cristi ist eine staubige, verschlafene Provinzhauptstadt, die von schönen kolonialen Holzhäusern und schachbrettartig verlaufenden Straßen durchzogen wird, die teilweise aufgeplatzt und folglich in sehr schlechtem Zustand erscheinen. Die einzige wirkliche Sehenswürdigkeit ist der von Gustave Eiffel erbaute Uhrturm, der nachts blau-grün-rot (also passend zur hiesigen Weihnachtsdeko) blinkt. Als kulinarische Spezialität gilt „chivo guisado“, geschmorte Ziege, die wir im Restaurant des „Hotel Chic“, in dem wir gut und günstig übernachteten, auch gleich ausprobierten. Echt lecker!

Nördlich des Stadtzentrums gelangt man zu dem Teil des Nationalparks von Monte Cristi, der zum Einen eine schöne Strandbucht und zum Anderen den etwa 300m hohen Hügel El Morro zu bieten hat, den wir natürlich allein schon der Aussicht wegen besteigen wollten. Gar nicht so einfach, denn der Weg entpuppte sich als sehr steil und rutschig durch das ganze Geröll, das herumlag. Vor ein paar Jahren war einmal eine Treppe konstruiert worden, die wir, allerdings völlig demoliert, immer noch vorfanden. Wie ich später las, war sie einem Hurrikan zum Opfer gefallen. Nicht nur das Geröll auch die schattenlose Hitze machte uns beim Aufstieg zu schaffen. Oben angekommen hatten wir aber einen herrliche Rundumblick auf’s Meer und die vorgelagerten Inseln, sowie das Festland rund um Monte Cristi. Schon auf dem Weg zu El Morro hatten wir zahlreiche Salinen gesehen – Monte Cristi ist der größte Ort der Salzgewinnung in der DomRep – die wir nun noch einmal von oben bestaunen konnten. Die Landschaft um Monte Cristi erscheint fast savannenartig, ist sehr trocken und bildete einen starken Kontrast zur üppigen grünen Berglandschaft der Zentralkordilleren, die wir noch in Restauración und Río Limpio angetroffen hatten. Die Uferstrände waren hingegen durch Mangroven geprägt, die ich bisher nur aus Tansania kannte.

Da es sich um einen Nationalpark handelt, hatten wir am frühen Morgen auf dem Weg zu El Morro einige Leute am Staßenrand Müll sammeln gesehen. Wie toll, hatte ich noch gedacht. Als wir dann in der von Felsen gesäumten Strandbucht ankamen, sprang einem der Müll förmlich ins Gesicht – von der starken Strömung angeschwemmt an den Strand. Als wir später an einer weiteren Badestelle Halt machten, wo das Wasser ganz ruhig war, konnte Sarah den ganzen Müll dann beim Schnorcheln auf dem Meeresgrund sehen. Tja, von dort wird er also leider nicht weggeräumt…

Ganz zeitig am Morgen des 24. Dezembers machte ich mich per Guagua auf den Rückweg nach Jarabacoa, denn auf dem Land dort in der Nähe sollte ich mit meiner Gastfamilie Weihnachten feiern.

Mief Mief Mief

Hier sind endlich einmal ein paar Fotos vom Campus der Université Rennes 2. Die Gebäude sind nicht gerade schön, aber wenigstens gibt es draußen ein paar Grünflächen mit Sitzmöglichkeiten.
Mittlerweile sind schon drei Uniwochen vergangen und der Lernstoff beginnt sich anzuhäufen. Aber, pas de panique, das meiste verstehe ich glücklicherweise. Was allerdings extrem anstrengend für mich ist, sind zum einen die Länge der Veranstaltungen, die zwei volle Zeitstunden, oft ohne Pause, ausmachen. Und zum anderen die völlig unbequemen Holzstühle in den Hörsälen oder Seminarräumen, die mir wahrscheinlich echt den Rücken ruinieren werden 😦
Eine Sache muss ich unbedingt noch loswerden, die mir vielleicht jemand erklären kann. Wenn ich zu Beginn einer Veranstaltung in den Hörsaal komme, in dem vorher auch ein anderer Kurs stattfand, steht die Luft förmlich im Raum. Es mieft einfach schrecklich nach abgestandener Luft. Aber niemand, weder Prof noch Studenten, macht Anstalten das Fenster zu öffnen bzw. in einem Hörsaal ist das gar nicht möglich, obwohl wirklich große Fenster vorhanden sind. Ich saß letzte Woche tatsächlich in einem Kurs, in dem es nach zwei Stunden so ekelhaft warm und feucht war wie in einem Tropenhaus, aber außer mir und einer anderen Deutschen schien das niemanden zu stören. WARUM? Brauchen die französischen Studenten hier vielleicht eine besonders warme „Betriebstemperatur“, um Mitdenken und -schreiben zu können? Oder sind sie einfach nur besonders kälteempfindlich?
campus5.jpg Übers.: Der wahre Spiegel unserer Reden ist der Lauf unserer Leben. (ah ja …)

Bretonische Küche

Heute gibt es einen kleinen Exkurs in die bretonische Küche. Vor zwei Wochen nämlich hatte ich mich mit einem Mädchen vom „Hospitality Club“ (Internetplattform mit Leuten aus aller Welt, bei denen man kostenlos übernachten kann bzw. die einem ihre Stadt zeigen; Vorgänger von „Couchsurfing“) getroffen, die mich mit in ein typisch bretonisches Restaurant nahm. Was man hier an jeder Ecke essen kann sind Crêpes und Galettes, beides dünne Teigfladen. Der Unterschied ist, dass der Crêpesteig mit hellem Weizenmehl hergestellt wird und leicht süß schmeckt; Galettes dunkles Buchweizenmehl enthalten und leicht salzig schmecken. Zu Crêpes werden dann alle möglichen süßen Zutaten serviert, sei es Schokolade, Honig, Zucker oder Karamellcreme. Diese Karamellcreme jedoch ist hier ganz besonders, denn sie wird mit für die Bretagne typischer gesalzener Butter vermischt und als Brotaufstrich verkauft. Das schmeckt in etwa wie flüssige „Werthers Echte“-Bonbons und ist sehr sehr lecker! Die Galettes werden zum Beispiel mit Würstchen (Galettes saucisses), mit Käse oder Schinken gefüllt oder mit einem Ei serviert. Absolutes Highlight jedoch ist die „Reine de la Mer“ (Meereskönigin) – das sind Galettes mit verschiedenen Meeresfrüchten. Der große Unterschied zu Deutschland ist hier, dass es wirklich in jedem Supermarkt eine große Abteilung mit frischem Fisch und Meeresfrüchten gibt. Typisch außerdem ist, glaube ich, Entenleberpastete und Ziegenkäse in allen Varianten.

Und was trinkt man hier? Cidre natürlich. Doch im Restaurant wird dieser nicht in einem Glas wie im übrigen Frankreich serviert, sondern man trinkt ihn aus einem „Bolée“, einer Tasse, und schenkt ihn aus einem „Pichet“, einer Tonkanne, aus.

Kommt man an einem Bäcker vorbei, weiß man vor lauter kleinen süßen Gebäcken gar nicht, wofür man sich entscheiden soll: Brioches (Milchbrötchen) in allen Varianten, Gewürzkuchen, Baguette mit Schokostückchen, Croissants, etc. Okay, aber diese große Auswahl beim Bäcker ist nicht nur auf die Bretagne beschränkt, sondern erstreckt sich, glaube ich, über ganz Frankreich.

Vive la Culture

Nun ist auch schon die zweite Uniwoche rum. Mein Stundenplan steht so einigermaßen, nachdem ich noch ein paar langweilige bzw. zeitlich unpassende Veranstaltungen gestrichen habe und endlich auch die Zeiten meines Sprachkurses veröffentlicht wurden. Zweimal die Woche von 18-20 Uhr (uähhh) habe ich je zwei Stunden einen mündlichen und einen schriftlichen Kurs. Leider ist mein Montag somit nicht mehr völlig frei.

Kulturell war auch so einiges los: Mittwoch gab’s eine Gratisfilmvorführung von „Singin’ in the Rain“ im Tambour, ein studentischer Veranstaltungsort auf dem Campus, Donnerstag einen „Pot d’Accueil“ (Willkommenstrunk) bei der deutsch-französischen Studentenorganisation „Der Die Das“ und Freitag war ich auf einer Cidre-Verkostung organisiert von ein paar tschechischen Medizinstudenten.  Die haben das richtig professionell aufgezogen, mit Informationszetteln zur Cidre-Herstellung, einer Liste für unsere Notizen und vielen kleinen Snacks für zwischendurch wie Käse, Entenleberpastete, Oliven, Baguette, etc. Nach etwa der Hälfte aller Kostproben (insgesamt 11) wurde es zunehmend lustiger… In zwei Wochen steht dann wahrscheinlich eine Roséweinverkostung an 🙂

Rügbie – Allez les Bleues

In Frankreich findet gerade die Rugby-Weltmeisterschaft statt und da das hier der beliebteste Nationalsport ist, sind alle mächtig im Rugbyfieber. Um diese Atmosphäre einmal einzufangen, begab ich mich gestern Abend mit Rianne und Maria in die Innenstadt und was soll ich sagen: Alles erinnerte verdammt an die Fußballweltmeisterschaft in Deutschland letztes Jahr. An zwei Plätzen war großes, wie es Neudeutsch so schön heißt, „Public Viewing“ auf einer großen Leinwand angesagt. Und jede noch so kleine Kneipe oder Bar hatte einen Fernseher aufgestellt, drinnen oder draußen, und wirklich alles war bis auf den letzten Platz von rugbybegeisterten Leuten besetzt. Punkt 21 Uhr ging es los: Viertelfinale Frankreich (Les Bleues – Die Blauen) gegen Neuseeland. Die Trikolore beherrschte die Straßen, manche trugen sie übers ganze Gesicht gemalt, andere als Perücke.

Ganz allgemein betrachtet ist Rugby vom Spielverlauf ähnlich wie American Football. Es wird mit diesem eiförmigen, an beiden Enden spitz zulaufenden Ball gespielt, der jedoch nicht braun wie beim American Football, sondern weiß ist. Die Spieler tragen zudem keinen Helm oder fette Schulterpolster, sondern stürmen völlig ungeschützt aufeinander los. Ich könnte mir gut vorstellen, dass da einige Spieler öfter mit einer gebrochenen Nase nach Hause kommen. Aber Rugby ist ja nicht brutal. 😉 Ziel des Spiels ist es natürlich mehr Punkte als der Gegner zu erreichen. Man erhält sie, indem der Ball auf der gegnerischen Randlinie zu Boden gebracht wird („Touch Down“ beim American Football) bzw. wenn man ein Tor durch die U-förmige Torgabel schießt.

Kurz und gut: Die Franzosen haben das Spiel gewonnen und ein großes Halligalli brach über alle Plätze und Straßen herein. Überall waren der „Allez les Bleues“-Gesang  und Hupkonzerte der Autos zu hören. Nun heißt es warten aufs Halbfinale! Da werde ich dann aber meinen Foto mitnehmen – den hatte ich gestern nämlich blöderweise vergessen.

Interkulturelle Kuriosität 3

Gibt man in Deutschland eine Sache auf, so „wirft man das Handtuch“. In Frankreich hingegen „wirft man den Schwamm“ (jeter l’éponge). Beide Wendungen haben ihren Ursprung übrigens in der Boxwelt.
Eine mögliche Bezeichnung für Türklinke im Französischen finde ich sehr lustig: „Entenschnabel“ (bec-de-cane).