Ostern in Budapest. Tag 2: Paprikaalarm und sansibarisches Mittagessen

Tag 2 in Budapest startete mit einem Paprikaalarm – zumindest sieht man fast nichts anderes, wenn man die älteste Markthalle der Stadt, Nagycsarnok, betritt. Getrocknete Paprika in verschieden großen Bündeln, Paprika in Pulverform, Paprikaöl, Paprikaseife – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Dazwischen: Bäckerstände mit diversen süßen Teilchen (z. B. Strudel), Obst und Gemüse, geräuchertem Käse, Salami en masse und auf der oberen Etage bestickte Textilien und Tischdeckchen, sowie Lederhandtaschen. Lange hielt ich es allerdings nicht in der Markthalle aus, sondern floh vor den hereinströmenden Touristenmassen nachdem ich einen kleinen Paprikavorrat eingekauft hatte. Nach einem Gang durch die ebenfalls gut gefüllte Einkaufsstraße der Innenstadt (es war ja Samstag und somit der einzige verkaufsoffene Tag am Osterwochenende), begab ich mich weiter südlich in die ehemaligen Arbeiterviertel Josephstadt und Franzensstadt, wo ich einen Mittagsimbiss suchen wollte, um mich für den Besuch des Nationalmuseums zu stärken. Mein „Lonely Planet“-Reiseführer führte mich in ein afrikanisches Restaurant, wie sich herausstellte ein tansanisches, ja sogar ein sansibarisches Restaurant! Der Besitzer erzählte mir, dass er und der Freund, mit dem er das Restaurant zusammen betrieb, wohl die einzigen beiden Sansibaris Budapests seien und es in der ganzen Stadt wohl nur etwa 30 Tansanier gäbe. Er war noch zu sozialistischen Zeiten mit einem Stipendium zum Studium nach Budapest gekommen und war seitdem dageblieben. Immer jedoch, wenn er sein Visum verlängern will, muss er nach Berlin fahren, da sich dort die nächste tansanische Botschaft befindet. Was für ein Zufall in Budapest Kiswahili hören zu können!

Nachdem ich im Nationalmuseum einiges über die ungarische Geschichte erfahren hatte, wollte ich die Abenddämmerung nutzen und mir das Lichtermeer Budapests von oben anschauen. Gesagt, getan fuhr ich bis an den Fuß einer weiteren Therme, dem Gellért-Bad, und stiefelte den Gellért-Berg nach oben. Oben angekommen empfing mich der übliche Touristentrubel, der Ausblick auf die beiden Stadtteile „Buda“ links der Donau und „Pest“ rechts der Donau waren aber einfach überwältigend und man konnte bis zu den Budaer Bergen blicken. Von hier oben wurde mir auch klar, warum Budapest mit seiner Lage an der Donau manchmal mit der französischen Stadt Lyon verglichen wird, die sich ähnlich an den Zusammenfluss von Rhone und Saône anschmiegt und ebenfalls von Bergen umgeben ist. Leider wurde es mit Einbruch der Dunkelheit ziemlich kalt, so dass ich bald wieder den Abstieg antrat und mich auf mein überheitztes Hostelzimmer freute.

Die Lagune von Oviedo – Besuch mit Hindernissen – und Osterparty in Enriquillo und Los Patos

Das staubige „Kuhkaff“ Oviedo ist der Ort, der am nächsten am Eingang zur Laguna de Oviedo liegt, wo wir Samstagmorgen per Motorrad hinfuhren. Die Lagune ist ein Salzwassersee, der, als wir dort waren, eine ungewöhnliche hellgrüne Färbung aufwies, und der berühmt ist für seine Vogelwelt, insbesondere Flamingos. So interessant das erschien, so sehr schreckten uns die Preise der angebotenen Wander- und Bootstouren ab. Wir hatten uns erhofft, einfach ein bisschen allein um die Lagune herumspazieren zu können, aber nein, das sei ja „muy peligroso“ (also „supergefährlich“ wegen der an der Lagune arbeitenden Fischer, bei denen weiß man ja nie…) und wir müssten auf jeden Fall mit einem Guide gehen. Darauf hatten wir nun gar keine Lust und als ich dann noch sah, dass am Eingang der Lagune, einem wohlbemerkt von der Regierung betriebenem Naturreservat, (verbotenerweise) Korallen und riesige Muscheln verkauft worden, hatte ich endgültig schlechte Laune. Wir nahmen dann von der naheliegenden Ortschaft aus einen kleinen Wanderweg zur Lagune nicht ohne noch einmal Leute vom Reservat abzuschütteln, die uns vor den ach so vielen herumlaufenden gefährlichen Fischern warnten. Auf dem Weg zur Lagune sahen wir keinen einzigen Menschen und auch als wir durch die bizarre Mangroven-Landschaft nahe der Laguna liefen, trafen wir auf keine Menschenseele. Dafür konnten wir uns nun endlich in Ruhe hinsetzten und unser verspätetes Frühstück (Haferflocken mit Kakao und frischer Kokosnuss im Plastikbecher) einnehmen.

Nach dem etwas anstrengenden Ausflug zur Lagune fuhren wir nach Norden zur Badestelle Los Patos („Die Enten“), wo der angeblich kürzeste Fluss der DomRep ebenfalls eine Lagune bildet bevor er ins Meer mündet. Wegen des Osterwochenendes war die kleine Badestelle rammelvoll mit Menschen, die mit dem obligatorischen mit Rum gefüllten Plastikbecher in der Hand im flachen Wasser standen und feierten. Hier wie später auch am Strand der Ortschaft Enriquillo, wo wir noch Stop machten, wurde der Strand kurz vor Sonnenuntergang von der Polizei geräumt bzw. durfte keiner mehr ins Wasser gehen. Ich hatte gelesen, dass es in der DomRep am Osterwochenende üblich sei, die Strände zu sperren, aus Angst die Leute könnten nach Sonnenuntergang betrunken ins Wasser gehen und in der starken Strömung ertrinken. Tja, nach jahrzehntelanger fast autokratischer Herrschaft Balaguers bis 1996 muss Vater Staat halt immer noch sagen, wo’s lang geht statt auf die Eigenverantwortlichkeit der Dominikaner zu setzen…

Der Sonntag meiner geplanten Rückreise endete mit einer Odyssee: Etwas naiv wie ich gewesen war hatte ich mir morgens Zeit gelassen, in Ruhe gefrühstückt und mich dann an die Straße am Hotel gesetzt, um auf das nächste vorbeifahrende Guagua zu warten, das mich bis Barahona oder ja vielleicht sogar bis nach Santo Domingo mitnehmen würde. Nach langem vergeblichen Warten lief ich vor in den Ort, wo mir eine Frau sagte, dass das letzte Guagua nach Santo Domingo bereits 9.30 Uhr abgefahren sei und alle vorbeifahrenden von Pedernales kommenden Guaguas immer schon voll seien. Im selben Moment sprach mich ein Typ mit Motorrad an, ob er mich nicht  bis Enriquillo mitnehmen könne, von wo aus ich einfacher weiterfahren könne. Gesagt, getan: Ich zahlte ihm Spritgeld und er ließ mich in Enriquillo an der Guaguastation raus. Von dort fuhr ich mit dem Guagua nach Barahona, von wo ich wiederum ein Guagua in die Hauptstadt nehmen wollte. Als ich an der Station ankam erwartete mich bereits eine lange Menschenschlange. Tickets wurden schon gar keine mehr verkauft und so hieß es Anstehen und Warten. Zum Glück war der Transport nicht wie normalerweise im Stundentakt, sondern so organisiert worden, dass nach Abfahrt eines vollen Guaguas gleich das nächste nachrückte. Ich hatte Riesenglück, dass ich vorne neben dem Fahrer mit guter Aussicht und Beinfreiheit Platz nehmen konnte. So konnte ich noch ein paar Fotos der teilweise stark an Marokko erinnernden Landschaft machen. Statt der eigentlichen 3,5 Stunden brauchten wir aufgrund des Feiertagsverkehrs jedoch fast 5 Stunden bis Santo Domingo. Zu allem Überfluss wurde der Fahrer auch noch wegen Zuschnellfahrens in der Hauptstadt angehalten, wobei ich die ganze Zeit angespannt auf die Uhrzeit schielte in der Hoffnung wenigstens noch einen Bus um 19 Uhr nach La Vega zu bekommen. Noch nach Jarabacoa zu kommen hatte ich mir mittlerweile schon abgeschminkt, da die letzten Guaguas von La Vega 19.30 Uhr abfahren. Als ich gerade dabei war mir eine Hoteloption für La Vega zu überlegen, rief mich meine Gastmutter und meinte, ich könne bei einer Freundin in La Vega übernachten. Ihr Freund, der ebenfalls an in La Vega wohnt, würde mich an der Busstation abholen und zu dieser Freundin fahren. Und so geschah es auch. Am nächsten Morgen nahm er mich sogar noch bis nach Jarabacoa, wo ich mit meinen kunterbunten Schlabber-Urlaubsklamotten und extrem sonnengebräunt das Büro betrat. Die Odyssee hatte ein gutes Ende genommen! 🙂