Lissabon, ein einziges Training für die Wadenmuskeln

Am Sonntagabend machten wir uns per Bus von Peniche aus nach Lissabon auf, wo wir eine Woche verbringen sollten. Diese Dauer ist bei Lissabon auf jeden Fall auch angebracht, zumal wir einige Ausflüge in die Umgebung machten, aber es noch nicht einmal schafften in viele Museen zu gehen. Naja, es muss ja immer einen Grund geben noch einmal wiederzukommen! Eine Lektion lernte ich aber recht schnell: Beim nächsten Lissabonbesuch würde ich definitiv ohne Rollkoffer kommen! Die Straßen sind nicht nur ziemlich steil, sondern hauptsächlich nur mit Kopfsteinpflaster versehen und zudem oft über Treppen verbunden, was sehr an den Montmartre in Paris erinnert. Auf jeden Fall: Ein Graus für jeden Rollkoffer! Nachdem wir dann nach einigem Suchen unsere AirBnB-Ferienwohnung gefunden hatten, waren wir erst einmal „knülle“ und mussten uns ein stärkendes portugiesisches Abendessen gönnen.

Am ersten Tag in Lissabon hatte Yasmin Geburtstag und so hatte ich im Vorfeld Karten für das Ozeanarium im ehemaligen Expogelände der Stadt besorgt. Im Ozeanarium sind alle Weltmeere in riesigen Wasserbecken nachgebaut worden und man kann all das Leben unter Wasser an großen Glasscheiben bestaunen und beobachten. Es gab schon echt bizarres Getier dort (siehe Fotos unten); vor allem hinterher im Souvenirshop! 😉 Nach einigen Stunden im Ozeanarium waren wir froh noch etwas Sonne abzubekommen und schlenderten im ehemaligen Expogelände umher, das v. a. durch seine ungewöhnliche Architektur beeindruckte.

Die nächsten Tage nutzten wir bergauf bergab zum Sightseeing in Lissabons Stadtzentrum. Die Stadt ist echt gut geeignet um die Wadenmuskeln zu trainieren. 😉 Natürlich durfte eine Fahrt in der berühmten Straßenbahn nicht fehlen, was schon sehr abenteuerlich aussieht, wenn sie sich die steilen, engen Straßen nach oben windet. Vom arabisch geprägten Stadtviertel rund um die Station „Martin Moniz“ aus liefen wir dann den ganzen Nachmittag über die Burg (Castelo) nach Alfama und waren erst abends wieder unten am Wasser angekommen. Das Ausgehviertel Bairro Alto nahmen wir uns an zwei späteren Abenden der Woche vor. Natürlich war diesmal der Besuch einer Fadokneipe obligatorisch, da wir dies ja in Coímbra verpasst hatten. Wir hatten das Glück schon sehr zeitig da gewesen zu sein, denn die meisten Plätze waren bereits reserviert worden und kurz vor Beginn der Fadokonzerte war die Kneipe rammelvoll – überwiegend Touristen, v. a. Franzosen und Deutsche (wie unschwer an deren „Jack-Wolfskin-Jacke“ zu erkennen war 😉 ). Der Fadogesang war mal mehr mal weniger gut, wurde aber stets mit viel Applaus gewürdigt. Bei traditionellem Fado allerdings darf weder gesprochen noch applaudiert werden. Naja, vermutlich ein Zugeständnis an die unwissenden Touristen.

Die einzigen richtigen Museen, die wir in Lissabon besuchten, waren zum einen das sehr lohnenswerte Museo do Oriente mit vielen Exponaten aus Portugals ehemaligen Kolonien (und die Portugiesen waren gefühlt überall gewesen!) und zum anderen das Hieronymuskloster im Stadtteil Belém (portug. für Bethlehem). In Belém mussten wir jedoch zunächst einmal etwas ganz anderes machen, nämlich die extrem leckeren Pasteis de Belém, die süße Spezialität des Ortes, testen. Natürlich waren die Pasteis-Bäckereien vollkommen mit Touristen überlaufen und die Preise auch dementsprechend hoch, aber geschmacklich waren die mit Flanpudding gefüllten Küchlein einfach ein Traum! Danach konnten wir gestärkt die Sehenswürdigkeiten des Stadtviertels in Angriff nehmen: das riesige Entdeckerdenkmal, das Hieronymuskloster mit Ausstellungen zum Cavaquinho, einer portugiesischen Minigitarre, und zur Geschichte des Landes, sowie den Torre de Belém. Und da wir an diesem Tag noch nicht genug hatten, fuhren wir noch mit dem Zug weiter nach Westen und statteten dem kleinen Örtchen Cascais einen Besuch ab. Durch das Seebad Estoril, in dessen Casino ein James-Bond-Film gedreht worden war und wo sich im zweiten Weltkrieg viele Flüchtlinge aus ganz Europa niedergelassen hatten, fuhren wir jedoch nur flux mit dem Zug durch.

Die letzten beiden Tage in Lissabon verbrachten wir mit Shopping (sehr gute Schuhauswahl) und schlenderten Samstagmorgen über einen riesigen Flohmarkt rund um das Pantheon der Stadt. Auf die Rückkehr in weihnachtliche Berlin hatte uns auch Lissabon schon ganz gut vorbereitet: Überall blinkten nachts die Geschenke- und Sternegirlanden und auf einem der großen Plätze im Stadtzentrum hatte man aus Lichtern ein großes Geschenk aufgebaut. Von der amerikanischen Weihnachtsmusikdudelei in allen Supermärkten ganz zu schweigen :-S Weihnachten, du schöne Zeit oder Boas Festas!

Gelebte Studententraditionen in der Unistadt Coímbra

Coímbra empfing uns zwar mit Regen, aber wir wurde am Bahnhof netterweise von Couchsurferin Ana eingesammelt, die uns mit zu sich in ihre Mädels-Dreier-WG nahm, wo wir die kommenden beiden Nächte bleiben würden. Was hatten wir für ein Glück bei diesen Mädels untergekommen zu sein! Wir erfuhren so nämlich sehr viel über die Studententraditionen Portugals, insbesondere die Coímbras, und die damit verbundenen Bräuche, Feste und „Accessoires“. Bereits in Aveiro waren wir nachts auf eine Ansammlung Studenten getroffen, die dabei waren eine Art Spiel oder Aufnahmeritus durchzuführen, Sprüche in die Nacht riefen, umhertanzten uns sangen. Die älteren Semester in langen schwarzen Harry-Potter-artigen Umhängen striezten die Erstsemester mit kleinen fiesen Aufgaben und Gängeleien. In Coímbra erzählten uns die Mädels, dass sich diese Rituale v. a. nachts über das ganze erste Studienjahr hinziehen und man sich, wenn man nicht gleich sozial isoliert werden will, der Sache stellen muss. In Coímbra sahen wir nachts eine Gruppe Studenten rund um ein Denkmal versammelt, wobei die armen Erstsemester im Pyjama anzutanzen hatten. Wir hörten des Weiteren von der Sitte, dass Erstsemester in ihrem ersten Jahr nicht nach Mitternacht von einem der höheren Semester in einer Kneipe o.ä. gesichtet werden dürfen, da dies eine Bestrafung nach sich ziehe. Gut, dass ich nicht in Coímbra studiert habe! 😉

Als wir am nächsten Morgen die berühmte Universität auf dem Hügel der Stadt besichtigten und den weitläufigen Campus betraten, war von der Ersti-Gängelei erst einmal nichts mehr zu spüren. Studenten in schwarzer Uniform und Umhang wuselten über den Campus und erzählten Touristengruppen sichtlich stolz von ihren Traditionen und dem Unileben. Wir besichtigten die berühmte, unter UNESCO-Weltkulturerbe stehende Universitätsbibliothek Biblioteca Joanina und noch einige repräsentative Räumlichkeiten der Uni. Das interessante in der Bibliothek war, dass sie dort Fledermäuse halten, damit sie die Insekten, die die Bücher anknabbern könnten, auffressen. A propos Essen: Wir gönnten uns an diesem Tag ein Octopusgericht in der Mensa, was echt lecker und natürlich sehr preisgünstig war.

Neben der Universität ist Coímbra auch für eine bestimmte Art der Fado-Musik bekannt, nämlich ein Fado, der nur von Männern gesungen wird. Leider verpassten wir es in eine der Fadokneipen zu gehen, um uns diese Musik anzuhören. Aber zumindest beim Vorbeigehen an den Souvenirläden in der hügeligen, verwinkelten Altstadt verfolgte einen die Fadomusik auf Schritt und Tritt. Und in Lissabon sollten wir noch genug Gelegenheit finden, diese Musik live zu hören.