100 Jahre Einsamkeit? Oder: Wie der absurde Ausnahmezustand zum normalen Dauerzustand wird

Auch für den Titel meines zweiten Blogeintrags zum allgegenwärtigen C-Thema bemühe ich wieder Gabriel García Márquez, denn wie „100 Jahre Einsamkeit“ fühlt es sich langsam wirklich an. Wobei man ja zwischen „einsam“ und „allein“ unterscheiden muss. Das ZEIT Magazin vor zwei Wochen wählte den schönen, passenden Titel zu den gegenwärtigen Maßnahmen: „Nie war es so wichtig, gemeinsam allein zu sein.“

Seit meinem letzten Eintrag vor etwa zwei Wochen ist Einiges geschehen und so möchte ich hier wieder meine Beobachtungen und Gedanken teilen:

Die Ruhe vor dem Sturm vs. Sturmflut

Hatte sich in den ersten Tagen nach Schließung aller Kultureinrichtungen und nicht überlebensnotwendiger Geschäfte und der Verlagerung meiner Arbeit ins Homeoffice noch eine tiefe Gelassenheit ob des fehlenden Zeit- und Termindrucks breitgemacht, hat sich das Blatt nun mittlerweile um 180° gewendet – zumindest im beruflichen Kontext: Wir erfahren eine regelrechte „Sturmflut“ an Anfragen bezüglich unserer Onlinelernplattform, auf die wir nun auch versuchen, Online-Lerninhalte zum Thema Corona bereitzustellen. Manchmal bin ich schon mittags von den vielen Videokonferenzen völlig erschöpft und merke, mit wie viel mehr Kommunikationsaufwand die reine Onlinekommunikation verbunden ist. In täglichen virtuellen Stand-Up-Meetings mit meinem Team berichtet jede*r, an was er gerade arbeitet und wo er oder sie noch Hilfe benötigt. (Das nennt man auch „Working out loud“-Prinzip, d. h. man „arbeitet laut heraus“.) Eigentlich eine sehr gute Methode, durch die ich mich besser und strukturierter informiert fühle, wie als wenn wir alle in Präsenz im Büro wären. (Da gibt es nämlich nur einmal wöchentlich ein Teammeeting.) Aber wie gesagt, der Abstimmungsaufwand ist enorm und ich freue mich bald schon wieder auf Teammeetings „live und in Farbe vor Ort“.

Never Ending Story

Doch mit den Videokonferenzen auf Arbeit ist es nicht getan: Auch bei Gesprächen mit vielen Freunden, bei „Social Events“ mit meinen Kollegen oder bei kulturellen Inputs führt momentan kaum ein Weg an der Videokonferenz vorbei. So habe ich mit anderen relativ neuen Kollegen zusammen schon einen virtuellen Einstand organisiert und war heute bei einem virtuellen Ausstand einer Kollegin eingeladen. Mit Freunden zusammen habe ich schon virtuell Wein getrunken, virtuell zu Abend gegessen und virtuelle Wohnungsbesichtigungen vorgenommen. Letzte Woche nahm ich an einer ersten virtuellen Vortragsreihe der Reiseagentur alsharq teil, bei der Partner*innen vor Ort zur Coronalage in Israel und Palästina berichteten. Die Veranstaltung wurde gleichzeitig über „Zoom“ (haben leider massive Datenschutzprobleme!) und über einen Facebook-Livestream (Datenschutz, was ist das? 😉) verbreitet und hat mir mal eine andere Sicht auf die Lage vermittelt – z. B. wurde berichtet, dass sich Corona in vielen ultraorthodoxen jüdischen Gemeinden in Israel besonders stark ausbreitet, weil diese sich aus religiösen Gründen nicht an das „Physical Distancing“ (so heißt das jetzt korrekt 😉) halten wollen). Dieser Spiegel-Online-Artikel vom 3. April 2020 beschreibt die Lage vor Ort: Der Messias gegen Covid-19.

Noch ein kulturelles Schmankerl zum Schluss: Der Pianist Igor Levit streamt jeden Abend um 19 Uhr über Twitter ein Klavierkonzert aus seinem Wohnzimmer. Am 4. April 2020 wurde es etwas formeller, denn an diesem Abend hatte ihn Bundespräsident Steinmeier ins Schloss Bellevue zum Livekonzert (natürlich mit Sicherheitsabstand) eingeladen, um somit auf die prekäre Lage von Künstlern in dieser Zeit aufmerksam zu machen.

Nachrichtenwellen

Für mich als Medienwissenschaftlerin sind natürlich auch das „Agenda Setting“, also die „Nachrichtenwellen“ dieser Tage (um ein weiteres maritimes Bild zu verwenden), sehr interessant. Waren es am Anfang noch Jugendliche, die wegen so genannter „Coronaparties“ am Pranger standen (niemand schrieb hingegen über die vielen älteren Menschen, die immer noch zu Hauf einkaufen gehen), so gingen die Medien danach dazu über, v. a. über die fatalen wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise zu berichten. Nachdem dann über mögliche Exit-Strategien nachgedacht wurde, hat nun die „Maskenpflicht“ Hochkonjunktur. Meine alte Unistadt Jena ist hier vorgeprescht und hat die Maskenpflicht in Geschäften und im öffentlichen Nahverkehr seit dem 6. April 2020 eingeführt. Wie sinnvoll es ist, die Maskenpflicht deutschlandweit in einer einzigen Stadt einzuführen, ist fraglich, aber gut, immerhin ein Tropfen auf den heißen Stein. In Zeiten von Corona offenbart sich die deutsche Kleinstaaterei wieder einmal in ihrer ganzen Bandbreite – mit Einzellösungen der Bundesländer, der Städte und sogar einzelner Stadtbezirke – typisch Berlin: in Mitte waren bis vor Kurzem alle Spielplätze gesperrt, im angrenzenden Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hingegen nicht.

Wie auf Kuba: Schlange stehen beim Einkaufen

Mittlerweile habe ich mich an diesen Anblick gewöhnt: Menschenschlangen vor den Geschäften und Marktständen. Jede*r hält ca. 1,5 m Abstand zum Vordermann; der Einlass wird durch einen Sicherheitsdienst geregelt. Kommt ein Kunde raus, darf ein anderer rein. Kuba-Déjà-Vu, nur, dass man weniger wegen zu knapper Güter Schlange steht (außer vielleicht Klopapier 😉), sondern vielmehr aus gegenseitiger Rücksichtnahme. Als ich einmal bei meinem türkischen Bäcker des Vertrauens in der Bonner Altstadt Brot kaufen wollte und die ungeordnete Schlange davor sah, war das Kuba-Feeling fast perfekt, als ein neu hinzugekommener Kunde fragte „Wer ist der Letzte?“ (siehe mein Blogeintrag „Havanna! – Start meiner Offline-Ferien in Kuba“).

In meiner Heimatstadt Dresden werden übrigens sogar die Einkaufswagen desinfiziert bevor sie der nächste Kunde benutzen darf! Das habe ich hier in Bonn noch nie beobachtet!

Vor zwei Wochen wagte ich mich Samstagnachmittag noch einmal in die Bonner Innenstadt. Eigentlich eine rammelvolle Einkaufsmeile zur Haupteinkaufszeit, aber diesmal, das Gefühl, an einem Sonntag durch die Innenstadt zu laufen, nur, dass eben Samstagnachmittag war. An allen Geschäften hingen selbstverfasste Hinweiszettel zur vorübergehenden Schließung des Geschäfts – mal emotional-traurig, mal humorvoll, mal geschäftstüchtig mit Hinweis auf den Onlineshop und Lieferservice. Aber trotzdem: irgendwie ein deprimierender Anblick.

Solidarität leben

Mittlerweile kann ich mich auch ein bisschen für meine Umgebung nützlich machen und bin über eine Facebookgruppe, die sich „Corona Hilfe Bonn“ nennt, auf diese zwei Privatinitiativen gestoßen: Da fast alle sozialen Einrichtungen und „Tafeln“ in Bonn geschlossen sind, gibt es die private Initiative von Jörn Sloot, der sich fast jeden Tag in der Nähe des Hauptbahnhofs mit seinem Lieferauto hinstellt und Essen an Obdachlose verteilt. Ich habe ihm auch schon Essensspenden vorbeigebracht und teile hier mal den Flyer für alle in Bonn Wohnenden:

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Des Weiteren sammele ich gerade Spenden von Baumwollstoffen, Nähgarn und Gummibändern für eine Frau, die Mundschutzmasken für medizinische Einrichtungen näht. Wenn ihr also etwas zu spenden habt, könnt ihr das gerne bei mir vorbeibringen und ich leite es an sie weiter. Die Bonner Freiwilligenagentur hat just heute eine ähnliche Aktion gestartet und sucht ehrenamtliche Maskennäher*innen sowie Stoffspenden. Schaut doch mal bei der Freiwilligenagentur in eurer Stadt vorbei – dort gibt es sicher auch Möglichkeiten der Nachbarschaftshilfe oder Spendenoptionen!

Ansonsten sucht die NGO „Translators without Borders“ gerade freiwillige Übersetzer für Infomaterialien zu Corona, v. a. für asiatische Sprachen: https://translatorswithoutborders.org/covid-19

Den Humor nicht verlieren

Zu guter Letzt teile ich ein paar Kuriositäten aus „Coronistan“ mit euch:

Katholische Kirche erlässt gläubigen Infizierten ihre Sünden (Deutsche Welle, 20.03.20)

Polen setzt beschlagnahmten Wodka als Desinfektionsmittel ein (Spiegel Online, 20.03.20)

McDonald’s-Mitarbeiter helfen bei Aldi aus (Spiegel Online, 20.03.20)

Solidarität und Humor in Zeiten von Corona (Deutsche Welle, 29.03.20)

Musik gegen Corona-Langeweile (Deutsche Welle, 16.03.20)

Mittlerweile halte ich draußen nicht mehr bei jedem Vorbeigehenden intuitiv die Luft an (um ja kein ausgeschiedenes Tröpfchen einzuatmen) und mittlerweile habe ich tagsüber eine richtige Homeoffice-Routine und abends eine Zu-Hause-Routine entwickelt – der Ausnahmezustand wird langsam zum Normalzustand. Wie lange noch? Tja, „the answer my friend, is blowing in the wind…“. In diesem Sinne: Haltet durch und bleibt gesund!

 

Schriftrollen in der Wüste & Weihnachtskrippe mit Mauer. Unterwegs im Westjordanland: Qumran und Bethlehem

Am siebten Tag unserer Reise verließen wir Jordanien auch schon wieder und fuhren sehr früh am Morgen von Wadi Musa los, um über den Grenzübergang an der Allenby-Brücke nach Palästina, genauer ins Westjordanland, zu gelangen. Der Grenzübertritt zog sich erneut fast zwei Stunden hin und mir wurde wieder einmal klar, was für einen Luxus wir doch im europäischen Schengenraum haben, in dem nervige Wartezeiten einfach entfallen bzw. man die Grenze kaum als solche wahrnimmt. Wir verabschiedeten uns von unserem jordanischen Guide Mohamad und begrüßten erneut unseren israelischen Guide Ariel, der auf dem Parkplatz mit einem israelischen Bus auf uns wartete. Vor nicht allzu langer Zeit wäre es nicht möglich gewesen, dass er, ein israelischer Guide, eine Touristengruppe auf palästinensisches Gebiet begleitet, so erzählte uns Ariel. Doch mittlerweile ist dies möglich und so dürfen im Gegenzug auch palästinensische Guides mit ihrer Touristengruppe nach Israel reisen. Für die „normale“ Bevölkerung ist das um einiges schwieriger: Israelis dürfen aus Sicherheitsgründen nicht nach Palästina, es sei denn, sie wohnen in einer der jüdischen Siedlungen, und Palästinenser dürfen nur mit einer schwer zu bekommenden Einreiseerlaubnis (z. B. wenn sie in Israel arbeiten oder ins Krankenhaus müssen) nach Israel einreisen. Will z. B. ein Palästinenser ins Ausland fliegen, so fährt er normalerweise nach Jordanien, um von dort aus zu fliegen, denn nach Israel, was geografisch näher liegt, würde er nicht reinkommen. Wir, als ausländische Touristen, haben das Privileg, beide Gebiete bereisen zu dürfen. Und so war ich schon sehr gespannt!

Vom Grenzübergang aus, bei dem man auf westjordanischer Seite auf Höhe der „Palmenstadt“ Jericho rauskommt, die etwa 10 km nördlich des Toten Meers liegt, fuhren wir bis nach Qumran. Doch bevor ich auf diese Siedlung zu sprechen komme, muss ich noch auf einen interessanten ZEIT-Artikel von 1967 zu Jericho verweisen, der offenbar das Rätsel um die „Posaunen von Jericho“ aufklärt. Die Mauern Jerichos seien, laut Bibel, durch den Klang von Posaunen zum Einsturz gebracht worden als die Israeliten Jericho auf dem Weg nach Jerusalem eroberten. Hier der Link: „Warum stürzte die Mauer ein?“.

Aber zurück zu Qumran: Als wir auf dem Parkplatz der Stätte aus dem Bus stiegen, wurden wir fast von den Touristenmassen umgerannt, die leider, genau wir wir, zunächst nur ein Ziel kannten: Einmal hindurch durch den superengen und megastickigen Souvenirshop rein in das völlig überfüllte arabische Fast-Food-Restaurant. Das Essen schmeckte ganz okay, produzierte viel Plastikmüll, aber der Lautstärkepegel lud uns nicht zum Verweilen ein. Wieder am Eingangsbereich schleuste uns Ariel durch die Massen hindurch in die Ruinensiedlung Qumran. Dort hatte ein Hirte in einer Höhle alttestamentarische Schriftrollen, die „Schriftrollen vom Toten Meer“, gefunden – ein Hinweis darauf, dass wir uns wieder am Ufer dieses salzhaltigen Gewässers befanden. Nach diesem Fund gruben Archäologen in insgesamt elf Höhlen etwa 850 Rollen aus dem antiken Judentum aus. Wie uns ein Film zeigte, soll in dieser öden Wüstengegend einst eine Gruppe jüdischer Asketen gelebt haben, die sich vom Judentum mit Tempeldienst und Priesterschaft abwandten, und ein rituell streng geregeltes, enthaltsames Leben führten. Sie sahen sich als die letzte Generation vor der Ankunft des Messias. Aus dieser Zeit (ca. 150 v. Chr. bis 70 n. Chr.) stammen die Qumranrollen, in denen größtenteils auf Hebräisch das Leben dieser frühjüdischen Gemeinschaft beschrieben wird.

Von Qumran aus fuhren wir zu unserer Übernachtungsstätte für die kommenden zwei Nächte: Bethlehem. Jetzt taucht sicherlich vor jedermanns Augen das heimelige Bild von der Heiligen Familie nebst Tieren und Heiligen Drei Königen in einer Krippe auf, über dem der Stern von Bethlehem leuchtet. Nun ja, fast… Das, was Bethlehem extrem un-heimelig macht, ist die Tatsache, dass es im nördlichen Teil von einer Mauer umgeben ist, die es von Jerusalem trennt. Diese bis zu 8 m hohe israelische Sperranlage befand sich fußläufig von unserem Hotel entfernt und war über und über mit Graffitis und Street Art versehen. Ein beängstigender Anblick, vor allem die Wachtürme mit Schlitzfenstern, in denen israelische Soldaten sitzen und die Mauer bewachen. Insbesondere als Deutsche kommt man bei der Mauer, mit deren Bau Israel 2002 begann, schon gewaltig ins Grübeln…

Im Vorfeld der Reise hatte ich gelesen, dass der britische Street-Art-Künstler Banksy, den man mit seiner Street Art in vielen Großstädten dieser Welt verewigt finden kann, ein Hotel im Westjordanland eröffnet hat. Er warb für sein Hotel mit „dem schlechtesten Ausblick der Welt“, da man direkt auf die Mauer schaute. Bei meinem abendlichen Spaziergang an der Mauer stand ich, ohne es zu wissen, auf einmal direkt davor! Der Eingang des „The Walled Off Hotel“  (wall off heißt auf Englisch – sehr passend –  abschotten) war von einem Schimpansen in Pagenuniform flankiert und hatte auf mich irritierend, da für diesen Teil der Welt viel zu ironisch, gewirkt. Als ich am Haus nach oben sah, erkannte ich mit Graffiti um die Fenster drumherum gesprühte Fensterrahmen und Balkone. Bevor ich in das Hotel hineinging, klapperte ich noch den danebenliegenden Souvenirshop mit Banksy-Devotionalien ab. Der Clou: eine Weihnachtskrippe aus Holz, bei der die Heiligen Drei Könige von der Krippe durch eine Mauer abgetrennt waren. Wie wahr, wie wahr! 😦

Im „The Walled Off Hotel“ schaute ich mir eine Ausstellung zum Leben der Palästinenser mit der Mauer und unter israelischer Besatzung an. Sehr interessant, aber auch sehr traurig, insbesondere die Informationen über den noch stärker abgeschotteten Gazastreifen. Neben der Ausstellung gab es noch einen Buchladen, eine Gallerie, in der Werke palästinensischer Künstler ausgestellt wurden, und eine skurril eingerichtete Lobby mit Bar, in der sich alle Gespräche, soweit ich das aufschnappte, nur um den israelisch-palästinensischen Konflikt drehten. Falls ich ein weiteres Mal nach Bethlehem kommen sollte, werde ich auf jeden Fall in diesem Hotel übernachten! Interessanterweise wählen viele Reiseveranstalter und Touristen, die eigentlich Jerusalem besuchen wollen, Bethlehem aufgrund seiner vergleichsweise günstigen Preise als Übernachtungsort, so dass die Hotels gut belegt sind.

Aber in Bethlehem gibt es ja auch einiges zu besichtigen: Ariel führte uns noch am Abend des Ankunftstages zur Geburtskirche, die an jenem Platz errichtet sein soll, auf dem sich der Stall befand, in dem Jesus geboren wurde. Die Touristen stapelten sich schon vor dem Eingang und drinnen war so ein Gedränge, dass man etwa drei Stunden hätte anstehen müssen, um den Stern im Boden sehen zu können, der die Stelle markiert, an der Jesus geboren sein soll. Um die Geburtskirche in Ruhe betrachten zu können, möge man – so blöd es auch klingen mag – in die ZDF-Mediathek gehen und sich den Beitrag „Weihnachten in Bethlehem“ vom 24.12.2017 u. a. mit einem Auftritt Peter Maffays anschauen. Das war echt eine nette Sendung und lieferte im Nachzug der Reise viele Aha-Erlebnisse à la „Ach so sieht also die Geburtsstelle Jesus‘ bzw. die Katharinenkirche von innen aus!“. Die Katharinenkirche, in der jedes Jahr der traditionelle Weihnachtsgottesdienst stattfindet, liegt direkt neben der Geburtskirche, war aber während des Zeitpunkts unserer Besichtigung wegen einer Hochzeit geschlossen.

Mehr konnten wir aufgrund der schon vorgerückten Stunde in Bethlehem leider nicht besichtigen, obwohl ich gerne noch durch die schmalen Gassen geschlendert wäre, die vom großen Platz vor der Geburtskirche (Manger Square) abzweigten. Aber stattdessen hieß es „ab in die Heia“, denn zwei sightseeing- und geschichtslastige Tage in Jerusalem standen uns bevor – der krönende Abschluss dieser Reise.

Einen Einschub erlaube ich mir noch, da er eher zu Bethlehem als zu Jerusalem gehört: Am letzten Tag unserer Reise besuchten wir morgens Beit Jala, eine palästinensische Kleinstadt, die fast nahtlos in Bethlehem über geht, und in der sich ein Rehabilitationszentrum für behinderte Kinder und Jugendliche, „Lifegate. Tor zum Leben„, befindet. Passend zum Ort, der eine mehrheitlich christliche Bevölkerung aufweist, handelt es sich bei der deutsch-palästinensischen Einrichtung, um eine von kirchlichen Trägern (Caritas, Diakonie) unterstützte Stätte, die jedoch offen für alle Konfessionen ist. Der Verein, der Lifegate in Deutschland vertritt, heißt Tor zum Leben e. V.

Eine deutsche Mitarbeiterin, die, passend zu unserer sächsischen Reisegruppe, aus einer Kleinstadt bei Dresden kam, und die schon seit vielen Jahren in der Einrichtung als Therapeutin arbeitet, führte uns herum und erklärte uns das Konzept. Hauptanliegen ist es, behinderte Kinder und Jugendliche, deren Existenz für die Familien und die paläsinensische Gesellschaft leider vorwiegend tabuisiert wird bzw. beschämend ist, sollen befähigt werden, ihr Leben selbst zu meistern. Dazu erhalten sie zum einen Unterricht und Therapie, und zum anderen die Möglichkeit, sich in verschiedenen Tätigkeiten und Handwerken auszuprobieren bzw. eine Art Ausbildung zu machen (z. B. Holzbearbeitung, Wäscherei, Keramikherstellung). Es war absolut beeindruckend, was die Einrichtung mit ihrem deutsch-palästinensischen Team und zeitweisen internationalen Freiwilligen hier leistete. Hut ab! Um zumindest einen kleinen Unterstützungsbeitrag zu leisten, stürmte unsere Reisegruppe den Souvenirladen und erwarb einige der lokal hergestellten Produkte. Definitiv ein Besuch, der in Erinnerung bleiben wird!

Station 1 im Heiligen Land: Nazareth & See Genezareth

Nach acht Jahren „Abwesenheit“ führte mich eine Reise Anfang bis Mitte November 2017 wieder in den Nahen Osten, genauer gesagt nach Israel inklusive Westjordanland, sowie Jordanien. In Jordanien, Syrien und Libanon war ich im Herbst 2009 noch während des Studiums gewesen, hatte zu diesem einmonatigen Aufenthalt damals jedoch leider keinen Blogeintrag verfasst. Anlass genug, es nun endlich einmal zu tun und zumindest die Fotos online zu stellen. Insbesondere in Syrien sieht ja heute leider fast nichts mehr so wie damals aus und ein Ende des Krieges scheint bis heute nicht in Sicht. 😦 Anfangen jedoch möchte ich mit den Bildern von Jordanien 2009, da diese rein geographisch einfach zu meiner gerade zurückliegenden Reise passen. Ich werde in den entsprechenden Blogeinträgen daher auf die Fotos von 2009 verlinken.

Aber zurück in die Gegenwart: Am Sonntag, den 5. November 2017, war es endlich soweit: Ich und meine Familie machten uns in aller Herrgottsfrühe auf zum Flughafen Berlin-Schönefeld. Das Wort „Herrgottsfrühe“ passt rein von seiner Bedeutung her auch perfekt zur bevorstehenden Reise, die wir bei dem Leipziger Reiseveranstalter „Reisemission Leipzig“ gebucht hatten und die uns auf die Spuren des Christentums ins Heilige Land führen sollte. Die restliche Reisegruppe bestand aus katholischen und evangelischen Gemeindemitgliedern aus Dresden und dem Erzgebirgskreis, wobei die Reise an sich für alle Konfessionen und auch Nichtgemeindemitglieder offen war. Wir hatten ein straffes Programm von zehn Tagen vor uns, bei dem wir zwischen Israel, Jordanien und dem Westjordanland hin- und herreisen würden. Am Flughafen in Berlin machten wir bereits erste Bekanntschaft mit dem israelischen Sicherheitswahn: Persönliches Interview mit einem Mitarbeiter mit Fragen à la „Kennen Sie die Reisegruppe?“, „Wer hat das Reiseprogramm erstellt?“, „Wo übernachten Sie?“ bis hin zu „Wo und was arbeiten Sie?“. Danach wurde unser Handgepäck auf Sprengstoffspuren getestet und durchwühlt und wer „Glück“ hatte, dessen Aufgabegepäck wurde auch noch einmal akribisch durchsucht. Ich hatte die ganze Zeit wie auf glühenden Kohlen gesessen, graute es mir doch davor, mich rechtfertigen zu müssen, warum ich einen tunesischen Stempel im Pass und ein arabisches Wörterbuch dabei hatte. Doch… nichts! Die Sicherheitsbeamten blätterten nicht einmal in meinem Pass um sich den Stempelteil anzusehen. Gott sei Dank (um bei den religiösen Formeln zu bleiben) erhielten wir auch keinen israelischen Stempel in den Pass – sehr praktisch, wenn man demnächst noch einmal beabsichtigt, in ein arabisches Land zu reisen. Die meisten der arabischen Länder stehen offiziell noch im Krieg mit Israel und würden angesichts eines israelischen Stempels im Pass Ihrerseits unangenehme Fragen bei der Einreise stellen. Witzigerweise wurde meine Mutter noch einmal zu den Sicherheitsbeamten gerufen als wir bereits kurz vor dem Abflug am Gate saßen. Sie zeigten ihr ein mit dem Handy aufgenommenes Foto vom Inhalt ihres Aufgabegepäcks und fragten warum sie denn zwei Reiseführer (einen zu Israel und einen zu Jordanien) dabei hätte. Sehr verdächtig! Aber das Argument, dass wir schließlich in beide Länder reisen würde, nahm wohl jedem Verdacht den Wind aus den Segeln und so durfte meine Mutter mitfliegen. 😉

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El Al – die staatliche israelische Fluggesellschaft

Wir landeten am Nachmittag im Flughafen von Tel Aviv – es ist, glaube ich, unnötig zu erwähnen, dass dieser Flughafen größer, moderner, einladender, etc. als der Berliner Flughafen aussah, von dem wir gestartet waren. 😉 Bei der Einreise gab es zum Glück keine weiteren Interviews und nachdem uns unser erster Reiseführer namens Ariel eingesammelt hatte, ging es schnurstracks per Bus an unser erstes Ziel, Nazareth.

Nazareth ist die Heimatstadt von Jesus, weswegen er auch als „Jesus von Nazareth“ bekannt ist. Die Stadt Nazareth wird mehrheitlich von (arabischen) Christen und Muslimen bewohnt; die danebenliegende Schwesterstadt Nazareth-Illit mehrheitlich von Juden. Unser Hotel der Kette „Rimonim“ (Hebräisch für „Granatapfel“) lag fast direkt am zentralen Platz Nazareths, um den sich einige Restaurants, Bäckereien und Bars herum gruppierten. Direkt gegenüber des Hotels befand sich zu meiner Freude ein arabischer Obst- und Gemüseladen, bei dem ich meine verschüttgegangenen Arabischkenntnisse zumindest beim Einkaufen wieder etwas zur Anwendung bringen konnte. Ich kaufte eine Tüte voll Sternfrüchte (auch „Karambola“ genannt), die mich die nächsten Tage als „Zwischendurch-Snack“ begleiten sollte und musste angesichts der doch recht hohen, mit Deutschland vergleichbaren Preise, erst einmal schlucken.

Am ersten Ausflugstag fuhren wir zum See Genezareth, dem See also, auf dessen Wasser Jesus gewandelt sein und in dessen Umgebung er gewirkt haben soll. Auf Hebräisch wird der See interessanterweise Yam Kinneret („Harfensee“) genannt, was sich von seiner harfenähnlichen Form ableitet. Nördlich, teils aus den Golanhöhen, teils aus dem Libanon kommend, fließt der Jordan in den See Genezareth hinein und südlich wieder hinaus weiter bis zum Toten Meer. In Jordanien, dem Land, dem der Fluss seinen Namen gibt, sollten wir später erneut auf ihn treffen. Der See stellt Israels wichtigstes Trinkwasserreservoir dar.

In einer nur für unsere Reisegruppe reservierten Barke schipperten wir auf den See hinaus. Es war ein herrlicher, friedlicher Anblick wäre da nicht die benachbarte Barke mit US-amerikanischen, offensichtlich schon gut alkoholisierten Insassen gewesen, die lauthals ihre Nationalhymne zum Besten gaben… Auf dem See konnte man hinüber in die Golanhöhen schauen – ein eigentlich zu Syrien gehöriges Gebiet, das Israel seit 1967 besetzt hält. Dies ist der Grund warum es zwischen beiden Ländern bis heute keinen Friedensvertrag gibt. Wie bereits erwähnt, entspringt in diesem Gebiet einer der Jordanzuflüsse, ein im trockenen Klima dringend benötigter und daher heiß umkämpfter Trinkwasserlieferant. Auf den Golanhöhen leben überwiegend Drusen, eine Religionsgemeinschaft, die sich einst vom schiitischen Islam abspaltete, heute aber i.d.R. als eigene Religion betrachtet wird.

Vom See Genezareth ging es hinauf zum Berg der Seligpreisungen, auf dem Jesus seine Bergpredigt gehalten haben soll. Auch wenn man es auf den Fotos unten kaum sieht: Auf dem Berg war ordentlich was los! Hier wie auch an allen anderen christlich bedeutsamen Orten, die wir in Israel besuchen sollten, waren Massen an Pilgertouristen unterwegs. Interessanterweise konnte man viele Nationalitäten sehen, denen man als „normale“ Touristen sonst auf Reisen kaum begegnet, insbesondere indische und afrikanische (z. B. kenianische, südafrikanische) Reisegruppen.

Wir, als „typisch deutsche“ Reisegruppe, ließen es uns dann natürlich nicht nehmen, ein Stück zu Fuß zu gehen. Und so liefen wir immer das herrliche Panorama des See Genezareth vor Augen vom Berg der Seligpreisungen hinunter zur Ortschaft Tabgha.

In Tabgha besichtigten wir zuerst die so genannte Primatskapelle, in deren Inneren sich die Pilger bewaffnet mit Selfiestick und Kamera um die „Mensa Christi“ (Tisch Christi) scharrten. Der Steinblock soll den Tisch darstellen, an dem Jesus gemeinsam mit seinen Jüngern Fisch gegessen hatte, nachdem er ihnen nach seiner Auferstehung am See Genezareth erschienen war. Er erteilte Petrus dabei das Primat, künftig die Kirche führen zu dürfen („Weide meine Lämmer! […] Weide meine Schafe! […] Weide meine Schafe!“).

Neben der Primatskapelle gibt es in Tabgha noch die Brotvermehrungskirche, unter deren Altar sich ein Mosaik befindet, das zwei Fische zeigt, die ein Gefäß mit Broten einrahmen. Das Motiv erinnert an die „wundersame Brotvermehrung“, einer der Wundertaten Jesus‘: mit fünf Broten und zwei Fischen nahm er die „Speisung der 5.000“ vor, hatte also Brot und Fisch so sehr multipliziert, dass er damit 5.000 Menschen zu Essen geben konnte. Die römisch-katholische Brotvermehrungskirche steht heute unter der Leitung von Benediktinern, genauer gesagt dem „Deutschen Verein vom Heiligen Lande“ wie auf einem Schild zu lesen war. Es handelt sich um einen Verein mit Sitz in Köln, der sich auf seiner Website als „Hilfswerk für die Christen im Nahen Osten“ bezeichnet. Er unterhält u.a. das zur Brotvermehrungskirche gehörige Kloster sowie ein Pilgerhaus in Tabgha.

Nach so viel Historie und christlichen Pilgerorten durfte ein üppiges Mittagessen nicht fehlen. Wir entschieden uns gegen das Verspeisen eines „Petrus-Fischs“ in einem überfüllten Tourirestaurant und kehrten stattdessen in ein typisch kitschig-bunt-arabisches Restaurant ein, das wir ganz für uns alleine hatten. Wir fielen ausgehungert über die leckeren arabischen Vorspeisen (Mezze) her. Da brauchte man gar keine Hauptspeise mehr!

Den vorerst letzten Besichtigungsstopp rund um den See Genezareth legten wir in Kapernaum ein, dem Geburtsort Petrus‘. Dort fand man bei Ausgrabungen u. a. Reste eines Fischerhafens und einer Synagoge. Heute steht auf dem Gelände des ehemaligen Hauses Petrus‘ die – wie sollte es anders sein – Petruskirche, die von außen ob ihrer achteckigen Form aber eher wie ein UFO aussieht.

Zurück in Nazareth stand noch die Verkündigungsbasilika auf dem abendlichen Programm: Am Ort der Mariengrotte soll der Erzengel Gabriel Maria die baldige Geburt ihres Sohnes, des Gottessohnes, verkündet haben. Die 1955 von einem italienischen Architekten erbaute Basilika erinnerte mich mit ihrem Rohbetonstil an die Basilika „Nuestra Señora de la Altagracia“ in Higüey in der Dominikanischen Republik. Am interessantesten war der untere Teil mit dem Altarraum, wo gerade ein Gottesdienst stattfand, und der Außenhof der Basilika: Hier waren die Wände mit Mariendarstellungen aus verschiedenen Ländern geschmückt, die sich je nach Kultur stark voneinander unterschieden. Da hing eine thailändische Maria neben einer venezuelanischen Darstellung und diese neben der aus Deutschland stammenden Darstellung einer Maria mit zwei Kindern vor sich – ein Hinweis auf die deutsch-deutsche Teilung, die bei Entstehung des Bildes noch Realität gewesen war.

Am nächsten Morgen huschten wir vor der Weiterfahrt nach Jordanien noch schnell in die kleine griechisch-orthodoxe Kirche am zentralen Platz Nazareths.

Dresden-Nazca-Connection

„Nasca ist das Land des ewigen Sonnenscheins und ich sehe vor mir schon die weiten Horizonte der Pampa, die sich braunrot in der Sommersonne ausbreitet, einsam und geheimnisvoll, ohne eine Spur von tierischem oder pflanzlichem Leben, geschweige denn Menschen. Für viele ist es zu öde und verlassen, für mich ist es mein Land, und ich fühle mich eins mit dem weiten Himmel, dem dunklen steinigen Boden, der weiten Ebene, auf der ein Mensch sich verliert wie ein kleiner unsichtbarer Punkt in der Ferne. Ich spüre bei der Arbeit nicht Hunger und Durst und älter werden.“ Ein Zitat der deutschen Nazca-Linien-Forscherin Maria Reiche, das die Landschaft rund um Nazca, eine 23.000-Einwohner-Stadt etwa 450 km südlich von Lima gelegen, sehr treffend beschreibt. Den Namen Nazca verbindet man eigentlich immer nur mit den Nazca-Linien und tatsächlich, die Stadt an sich ist recht uninteressant, wenn man mal von den leckeren Fruchtsäften und Nachtischen absieht, die wir dort zu uns nahmen. 😉

So hatten Ly und ich für Donnerstagvormittag (25. August) über unser Hostel einen obligatorischen Rundflug über die Nazca-Linien gebucht. Wir wurden von einem Touristenbus direkt am Hostel eingesammelt und zum winzigen Flughafen von Nazca gebracht, wo der Check-In sehr schnell vonstattenging. Nur der Start ließ ewig auf sich warten. Nun ja, genug Zeit, um sich den Dokumentarfilm in „Indiana-Jones-Manier“ über die Geschichte der Nazca-Linien anzuschauen, deren Ursprung und Zweck bis heute nicht eindeutig geklärt sind. Es gibt Theorien darüber, dass die Linien (Geoglyphen = „Scharrbilder“) Teil eines astronomischen Kalenders, Wege zwischen religiösen Kultstätten oder dass die Linien selbst in Rituale eines präkolumbianischen Fruchtbarkeits- oder Wasserkults eingebunden gewesen seien. How ever, nun wurde es ernst und Ly und ich, sowie weitere vier Passagiere begaben uns zu dem kleinen Flugzeug, das uns gleich mit auf einen rund 30 minütigen Rundflug über die mysteriösen Nazca-Linien nehmen sollte. Der Pilot riet uns immer schön den Horizont im Blick zu behalten, denn wir würden die im Sand sichtbaren Figuren stets einmal links und einmal rechts herum umfliegen, damit jeder etwas sehen könne. Manchmal war es etwas schwierig die konkreten Figuren (z. B. Kolibri, Affe, Astronaut, Papagei) überhaupt zu erkennen, dafür sah man aber überall die schnurgeraden Linien, die die Wüstenlandschaft surreal durchkreuzten und die selbst wiederum durch die schnurgerade Straße der „Panamericana Sur“ durchschnitten wurden. Als wir wieder gelandet waren und festen Boden unter den Füßen hatten, war Ly die Freude darüber echt ins Gesicht geschrieben. Ihr Magen hatte den Ausflug im Gegensatz zu meinem wohl nicht so toll gefunden, was wohl auch daran gelegen haben muss, dass ich an diesem Tag auf Anraten des Hostelrezeptionisten auf ein Frühstück verzichtet hatte.

Und woher kommt nun die Dresden-Nazca-Verbindung wie im Titel dieses Blogeintrags steht? Ganz einfach: Die deutsche Forscherin Maria Reiche, die die Nazca-Linien Zeit ihres Lebens erforschte, war 1903 in Dresden geboren worden, wo sie später Mathematik, Physik und Geographie studierte. 1932 verschlug es sie als Hauslehrerin des Deutschen Konsuls nach Cuzco, Peru, und ab 1946 arbeitete sie an der Erforschung der Nazca-Linien, von denen sie durch einen US-amerikanischen Kollegen gehört hatte. Sie zog in eine kleine Hütte nicht unweit der Linien, die man heute als Museum besichtigen kann. Bis zu ihrem Tod im Alter von 95 Jahren in Lima hatte sie zahlreiche deutsche und peruanische Auszeichnungen und schließlich sogar die peruanische Staatsbürgerschaft erhalten. Heute gibt es in Dresden eine „Maria-Reiche-Straße“ und einen Verein, den „Dr. Maria Reiche – Linien und Figuren der Nasca-Kultur in Peru e.V.“, der sich für den Erhalt der Nazca-Linien einsetzt und schon ein paar interessante Aktionen durchgeführt hat. Wieder was gelernt – über die Heimat in der Ferne! 🙂

 

Unterwegs in Miches & Umgebung und (mal wieder) die Erkenntnis, dass die Welt ein Dorf ist!

„Die Welt ist ein Dorf.“, oder wie es auf Spanisch heißt, „Die Welt ist ein Taschentuch.“ – das musste ich hier in der DomRep schon öfter feststellen und diesmal bei meinem Ausflug nach Miches und Umgebung ganz besonders. Ich hatte mir schon vor einiger Zeit vorgenommen Yonattan, einen Studenten der Umweltschule in Jarabacoa, einmal in seinem Heimatort Miches zu besuchen. Gesagt, getan! Von Santo Domingo aus nahm ich ein Guagua Richtung Nordosten und kam nach einer etwa dreistündigen Fahrt erst an der Küste entlang, dann über die Berge der Cordillera Oriental hinweg im Küstenort Miches an. Untergebracht war ich beim Couchsurfing-Pärchen Cristina, eine Italienerin, und ihrem dominikanischen Mann „Pollo“. In ihrem riesigen, schön schlicht eingerichteten Haus bekam ich eines der zwei Gästezimmer und durfte von Cristinas leckeren italienischen Abendessen profitieren – eine willkommene Abwechslung vom dominikanischen Bohnen-mit-Reis-Einerlei, wobei ich selbst meine Gastgeber auch einmal bekochen durfte.

Yonattan hatte bereits ein umfangreiches Besichtigungsprogramm zusammengestellt und dank seines Motorrads waren wir schnell und flexibel unterwegs. Direkt nach meiner Ankunft am Donnerstagmittag fuhren wir zur Costa Esmeralda (Smaragdküste) und gingen am fast menschenleeren Playa Limón schwimmen und schnorcheln. Leider sahen die Korallen ziemlich braun und krank aus, was mir Yonattan bestätigte, der sehr aktiv im Umweltschutz seiner Gemeinde unterwegs ist. Der Strand an sich mit der Bergkulisse im Hintergrund war eigentlich echt schön anzusehen, wären da nicht die fiesen Sandflöhe gewesen, die wegen des bewölkten Wetters und so kurz vor Sonnenuntergang herauskamen.

Freitagmorgen fuhren wir östlich aus Miches heraus zur Laguna Redonda, die wir per Kayak erkundeten. Zum Glück war auch an diesem Tag der Himmel bedeckt – nicht auszudenken wie die Sonne sonst gebrannt hätte – aber trotzdem habe ich mir die Knie beim Kayakfahren doch leicht verbrannt. Wir schipperten an Schilf und Mangroven vorbei und fanden schließlich einen Abzweig, der uns bis ans Meer brachte. Dort waren gerade einige Fischer an der Arbeit. Wir erkundeten den am Meer gelegenen Palmenwald, der für mich irgendwie etwas märchenhaftes hatte, wären da nicht diese fiesen Moskitos gewesen…

Nach der Laguna Redonda durfte die Montaña Redonda nicht fehlen, ein neben der Lagune gelegener Berg, den wir (zu meinem Schrecken) wie die Besengten mit dem Motorrad hochheizten. Yonattan lachte mich die ganze Zeit nur aus, aber ich war echt erleichtert als wir endlich oben angekommen waren. Aber die beängstigende Fahrt hinauf hatte sich gelohnt: Wir hatten einen bombastischen Panoramablick auf das Meer, die Laguna Limón, Laguna Redonda, einen Teil von Miches und die Berge der Cordillera Oriental. Der Clou waren riesige Schaukeln, mit denen man quasi über den Abgrund schaukeln konnte, und Hexenbesen, die sich herrlich zu Sprungfotos eigneten. Des Weiteren gab es eine kleine Cafeteria, Campingmöglichkeiten, Hängematten und Wippen. Richtig cool!

Abends machten wir einen Spaziergang durch Miches, wobei ich über den hübsch angelegten Malecon (Strandpromenade) sehr positiv überrascht war. Yonattan zeigte mir zudem ein paar der Fischerboote, die die Küstenwache an Land gezogen hatte, und mit dem einige Dominikaner versucht hatten illegal nach Puerto Rico (mit den USA assoziierte Nachbarinsel) zu gelangen. Miches ist in der ganzen DomRep für diese Bootsfluchten bekannt, hinter denen ein riesiges Netzwerk aus Leuten steckt: es muss unauffällig Material für den Bootsbau eingekauft werden, das Boot muss an einem unauffälligen Ort zusammengebaut werden (teilweise in Wohnhäusern, von denen dann das Dach abgenommen wird, wenn das Boot in See stechen soll), die Küstenwache oder Polizei muss geschmiert werden, jemand muss ausreichend Verpflegung und Treibstoff kaufen, ein Kapitän muss gefunden werden, etc. Einmal auf See bedeutet das aber noch längst nicht, dass die Fluchtwilligen auch in Puerto Rico ankommen: Vor der Küste patrouilliert die dominikanische Küstenwache und die Mona-Passage, durch die das Fischerboot hindurch fährt, gilt als haiverseucht. Im schlimmsten Fall zahlen die Fluchtwilligen ihre Reise sogar umsonst und werden einfach nur einmal um die dominikanische Küste herum nach Punta Cana geschippert  und dort angeblich in „Puerto Rico“ hinausgelassen. Ich musste die ganze Zeit an Geschichten von Flüchtlingen aus der DDR denken, die versucht hatten, per Boot über die Ostsee nach Skandinavien zu flüchten.

Samstagmorgen hieß es früh aufstehen: Yonattan hatte eine Tour zu dem mit 120 m höchsten Wasserfall der Karibik, dem Salto la Jalda, geplant. Wir fuhren westlich aus Miches heraus bis in das Örtchen Magua, von dem wir südlich auf einem unbefestigten Weg weiterfuhren bis wir schließlich das Motorrad an einem Wohnhaus mitten im Grünen abstellten. Hier sollte also der Wanderweg starten – keine Beschilderung, nicht einmal ein richtiger Weg war vorhanden, aber Yonattan kannte sich zum Glück gut aus und so stapften wir durch den schlammigen Kakaowald. Nach etwa 1,5 Stunden gelangten wir an eine grüne Schutzhütte des Umweltministeriums, an der jedoch weit und breit kein Personal in Sicht war. Wir verschnauften auf den Schaukelstühlen oben auf der Veranda und sahen auf einmal wie ein weiterer Wanderer herankam. Wir begrüßten uns auf Spanisch, ich erkannte sofort den deutschen Akzent und musste im folgenden Dialog (mal wieder) feststellen, was die Welt doch für ein Dorf ist. Ich: „Wo kommst du her?“ – Christian: „Aus Dresden.“ – Ich: „Was? Ich auch! Wie alt bist du?“ – Christian: „29.“ – Ich: „Nein! Ich auch!!!“. Im Laufe der restlichen Wanderung versuchten wir fieberhaft einen gemeinsamen Bekannten zu finden, den wir beide aus unserer Heimatstadt kennen, aber Fehlanzeige. Erst zurück am Computer konnte uns Facebook helfen: Christians bester Freund, den er vom Studium kannte, war mit mir in derselben Grundschulklasse gewesen. Unglaublich! Christian schreibt übrigens auch den Reiseblog „My Travelworld. Reiseblog für Individualreisende“ und von ihm stammen auch die letzten beiden Fotos unseres Ausflugs zum Wasserfall.

Aber ja, zurück zum Wasserfall: Der war wirklich beeindruckend wie er in die Tiefe donnerte. Im kleinen Becken am Fuße des Wasserfalls konnten wir ein erfrischendes Bad nehmen. Ebenfalls am Fuße des Wasserfalls befindet sich witzigerweise ein Helikopterlandeplatz. Diesen hatte der venezuelanische Millionär ? dorthin bauen lassen, um quasi ohne Strapazen zum Wasserfalls gelangen zu können. Inwiefern der Landeplatz allerdings wirklich genutzt wird, weiß ich nicht.

Nachdem der Rückweg geschafft war, erfrischten wir uns an einem „Presidente Light“-Bier, das ich ja eigentlich wegen seines wässrigen Geschmacks überhaupt nicht mag, das aber bei der Hitze echt genial war. Dann quetschten wir uns zu dritt auf Yonattans Motorrad und fuhren zurück gen Miches. Kurz vor der Stadt: Benzin alle und keine Tankstelle in Sicht. Und zudem war das Motorrad noch von der morgendlichen Reifenpanne „geschwächt“. Was nun? Zu meiner Verblüffung war die Lösung ganz einfach und irgendwie „typisch dominikanisch“: Wir stiegen einfach auf ein anderes Motorrad um. Yonattan brachte dieses dann abends wieder zurück während sich der Typ, von dem er das Motorrad auslieh, um die Reparatur und Befüllung von Yonattans Motorrad kümmerte. Ende gut, alles gut!

Kristmäs teim in Dräsdn

Da man die eigene Heimatstadt ja mit Besuchern einmal durch eine andere Brille wahrnimmt, habe ich mir in der Vorweihnachtszeit Maki eingeladen, und wir sind der sächsischen Weihnachtskultur auf den Grund gegangen. Ist gar nicht so einfach, solches „Weihnachtsgedöns“ wie erzgebirgische Schwibbögen, Räuchermänner und Pflaumentoffel, sowie den Begriff Striezelmarkt auf Englisch zu erklären…

Doch trotz aller Hochkultur,  wird Maki wohl besonders der Döner in Erinnerung bleiben, den wir im „Babos Dönerpoint“ in der Neustadt gegessen hatten 😉 Zumindest hat sie mir später selbst auf Sansibar davon vorgeschwärmt.

Stand der Dinge

Morgen um dieselbe Zeit werde ich schon im Nachtzug zwischen Berlin und Paris durch das Land rauschen und wahrscheinlich mehr oder weniger schlafen, um für meine Ankunft in Frankreich gut ausgeruht zu sein. Die Hälfte meines Gepäcks, zwei Koffer, habe ich bereits gestern mit dem Hermes-Versand (diese Schleichwerbung immer ;-)) auf die Reise geschickt – sie werden aber erst nach mir in Rennes ankommen. Morgen früh geht es dann ans Einpacken meiner restlichen Sachen, ich hoffe nur alles unter- und dann auch wegzubekommen! Ich werde definitv wie ein Packesel aussehen!

Die vergangenen Tage in Dresden habe ich überwiegend damit verbracht, irgendwelche organisatorischen Angelegenheiten für und über Frankreich im Internet zu recherchieren, mich von allen Daheimbleibenden zu verabschieden, eines der vielen Frankreich-Bücher Ulrich Wickerts zu lesen, etc.

Mein Zimmer in Jena jedenfalls habe ich letzte Woche Dienstag endgültig geräumt. Zuvor war meine Schwester noch einige Tage zu Besuch, an denen wir noch ein bisschen Thüringen unsicher gemacht haben: Ausflug zur Wartburg nach Eisenach und nach Rudolstadt. Die Highlights: Eine Eselstation am Fuße der Wartburg – mit den Grautieren kann man sich den Weg nach oben schunkeln lassen, worauf wir aber verzichteten und lieber zu Fuß hoch stapften – und die übergroßen Filzpuschen, die wir bei einer Führung in der Rudolstädter Heidecksburg über unsere Füße stülpen mussten und somit gleich das Reinigungspersonal entlasteten, indem wir die Böden der Festsäle blitzblank polierten. Auf jeden Fall gab‘s wieder viel zu entdecken im Thüringer Land! Meinen nächsten Bericht gibt es dann wahrscheinlich aus Fronkreisch! 😉 Bis dahin! A bientôt! 🙂

Ferien vor der Haustür

Die Hausarbeiten sind geschrieben, Praktikumsbewerbungen verschickt – und nun? Damit ich mein Semesterticket vor meiner Abreise noch mal ausnutze, entschloss ich mich ein bisschen Thüringer Frischluft zu schnappen und die Umgebung zu erkunden. Erstes Ziel im Osten Jenas: Gera. Nun ja, eine Stadt, die nicht gerade wegen ihrer Schönheit bekannt ist. Und tatsächlich: Eine Innenstadt mit viel Beton, großen, klotzartigen Mainstream-Einkaufspassagen und erschreckend vielen leerstehenden, teilweise heruntergekommenen Häusern. Obwohl einige Leute auf der Straße unterwegs waren, kam mir die Stadt doch irgendwie verlassen vor. Etwas abseits vom Zentrum dann die große Rentnerwelle – ihr einziges Ziel: Die BUGA, auf deren Eingang sie fotoapparatbehangen, sonnenbebrillt, kurzhosig und mit Socken in den Sandalen (ich pauschalisiere natürlich) zuströmten. Das Gartengelände sah schon sehr einladend aus, war mir aber zu teuer. Stattdessen entdeckte ich den wohl schönsten Stadtteil Geras: Untermhaus. In dem kleinen, verschlafenen und gemütlichen Ortsteil steht nämlich das Geburtshaus des Malers Otto Dix (vielleicht kennen ihn ja die Dresdner aus den Neuen Meistern). Zu besichtigen gab’s viele Bilder und noch mehr Schautafeln mit wirklich interessanten Einblicken in seine Biographie. Auch die Orangerie, die ich danach besuchte, hat sich Dix gewidmet und viele seiner Werke ausgestellt. An alle Kunstinteressierten: Eine Besichtigung lohnt sich!!!

Fotos von Gera konnte ich nicht viele schießen. Nachdem ich das kleine „Flower-Power“ (ja, auch dort gibt’s diese Hippie-Musikbar) aufgenommen hatte, schmierte mein Foto ab. Ersatzbatterien hatte ich natürlich zu Hause vergessen. :-/

Das Flower Power in Gera – damit soll wohl die BUGA auch für junge Leute attraktiv gemacht werden. 😉

Ebenso erging es mir am nächsten Tag in Gotha – eine Kleinstadt westlich von Jena (für alle nicht so Thüringen-Kundigen: Gotha liegt zwischen Eisenach und Erfurt). Nachdem ich zumindest ein paar mehr Fotos schießen konnte, hoben auch hier meine Fotobatterien die Hufen (Was sind das bloß für Scheiß-Billigdinger…?). Zumindest einen kleinen Eindruck von meinen Erlebnissen in Gotha könnt ihr auf den Bildern unten erhaschen. Nachdem ich den mühsamen Aufstieg auf den Stadtberg zum Schloss Friedenstein überwunden hatte und dabei zwei vorbeipreschenden Pferdekutschen ausgewichen war, betrat ich den weitläufigen Schlossinnenhof und schlitterte sogleich in das 10. Gothaer Barockfest hinein. Überall rannten kostümierte, gepuderte Leute umher, an den Verkaufsständen gab es den üblichen Mittelalterkrempel und ein Bläsertrupp lieferte den passenden Soundtrack. Merkwürdigerweise gab es sogar ein Kamelgehege, wobei ich mich frage, was die mit dem Barock zu tun haben. Naja, vielleicht waren sie aufgrund ihrer barocken (Höcker-) Formen eingeladen worden? 😉

In den Schlossgemäuern konnte ich mich von der sengenden Hitze im Schlossinnenhof zum Glück etwas abkühlen während ich mir zwei Ausstellungen ansah. Ja, ja, ne richtige Bildungs“reise“! 😉

Schon etwas genervt von dem ganzen Barockgetümmel stieg ich den Stadtberg auf der anderen Seite wieder herunter zum Marktplatz. Der ist umzingelt von schönen, rausgeputzten Häusern – besonders bekannt das rote Rathaus – und kleinen Cafés. Auf der Einkaufsstraße hatte man schon die Bürgersteige hochgeklappt und so fand ich das ganze Stadtzentrum eher ausgestorben vor. Das war vielleicht auch ganz gut so: Meine Füße glühten mittlerweile und so schleppte ich mich plattfüßig zurück zum Bahnhof. Dank Wochenend-Zugverkehr und Bauarbeiten dauerte meine Rückfahrt, für die ich hinzu eine Stunde gebraucht hatte, drei Stunden! Uff!

Tja, auch in Thüringen gibt’s Einiges zu entdecken! Bis demnächst! 🙂

Aufbruchstimmung

Halli hallo an alle!

Nachdem ich nun drei Blog-Adressen ausprobiert habe, soll dies nun meine endgültige Seite sein! Ohne Werbung, schickes Layout, einfache Bedienung – was will man mehr? 🙂

Mit dieser Seite könnt ihr euch immer bezüglich meiner Wenigkeit auf dem Laufenden halten. In genau zwei Wochen und zwei Tagen heißt es nämlich: Adieu Deutschland und bienvenue la France! Ich werde zu meinem Erasmusjahr nach Rennes in die Bretagne aufbrechen, jipiiieh!

Die Vorbereitungen laufen schon auf Hochtouren: Mein Zimmer in Jena ist mittlerweile um einige Bücherreihen leerer, ebenso sehen schon die Zimmerwände aus und der Fußboden wird zunehmend mit Umzugskisten vollgestapelt. Am 1.9. ziehe ich in „Good Old Jena“ aus und werde bis zum 12.9. in „Dräsdn“ 😉 verbringen.

So, dies war der erste Streich (äh Blog), aber der Zweite folgt sogleich!