Das Leben in den Zeiten der Corona

Es ist doch ironisch: Da habe ich meinen Reise- und Fotoblog hier nun seit zwei Jahren nicht mehr aktualisiert und nun fange ich das Bloggen ausgerechnet in einer Zeit allgemeiner Reisebeschränkungen wieder an: Es herrscht weltweiter Ausnahmezustand wegen des Coronavirus‘ Covid-19, auch SARS-CoV-2 genannt (Coronaviren stellen eine Virenfamilie dar, d. h. es gibt verschiedene Unterarten). Historisch gesehen ist die Viruspandemie keineswegs ein Einzelfall (siehe Pest, Cholera, AIDS, SARS & Co.), aber für mich und vermutlich die meisten in meinem Umfeld ist die direkte Betroffenheit durch die Maßnahmen zur Viruseindämmung etwas gänzlich Neues, Unvorhersehbares, Beunruhigendes. Daher brannte es mir förmlich in den Fingern, auf diesem Blog ein paar Gedanken und Erlebnisse der letzten Tage festzuhalten.

Seit Anfang des Jahres war ich (wie immer 😉) wahnsinnig viel unterwegs gewesen: Umzug für meinen neuen Job von Berlin nach Bonn, Wohnungsabgabe in Berlin, zur Fortbildung nach Frankfurt/Main, Dresden, zwischendurch der erste Karneval im Rheinland, Luxemburg, für die „Berlinale“ nach Berlin, Darmstadt, erneut Frankfurt/Main, Köln und Koblenz. Ich freute mich schon darauf, endlich einmal ein paar ruhige Wochenenden in Bonn verbringen zu können. Tja, das kam dann auch schneller als gedacht und zwar auf unbestimmte Zeit – dem Virus „sei Dank“.

Noch letzte Woche bekam ich am Freitag Besuch eines Freundes aus Kassel. Wir trafen uns nach der Arbeit vor der städtischen Bibliothek, da ich für das Wochenende noch ein paar Reise- und Wanderführer für Bonn und Umgebung ausleihen wollte. Weil ich weder mit den fünf Büchern noch meinem Arbeitslaptop (den ich schon in weiser Voraussicht eingepackt hatte) im Rucksack Sightseeing machen wollte, schloss ich alles in ein Bibliotheksschließfach ein und wollte es bis 19 Uhr wieder abholen. Wir gingen auf Sightseeingtour, tranken einen Kaffee im herrlich altmodischen Café Fassbender und kamen kurz nach 18 Uhr zurück zur Bibliothek. Als wir sie durch die Drehtür betraten, tönte uns die Stimme des Sicherheitsmannes entgegen: „Sie kommen hier nicht mehr rein. Wir haben geschlossen.“ Mir rutschte das Herz in die Hose. „Aber ich habe noch Sachen im Schließfach eingeschlossen.“, sagte ich. „Die können Sie eventuell am Montag abholen, ansonsten hat die Bibliothek jetzt bis 19. April geschlossen.“, so der Sicherheitsmann. Die Stadt Bonn musste also just in der Zwischenzeit, als wir auf Sightseeingtour gewesen waren, beschlossen haben, alle städtischen Kultureinrichtungen wie Museen, Bibliotheken, Volkshochschulen, etc. schließen zu lassen – und zwar ab sofort. Nach einer weiteren Diskussion mit dem Sicherheitsmann stellte sich heraus, dass gerade noch der letzte Bibliotheksmitarbeiter im Gehen begriffen war. Er nahm mich als letzte Amtshandlung mit nach oben in die Bibliothek, wo ich meinen Schließfachinhalt abholen konnte. Nach einem Ausweis o.ä. wurde ich nicht gefragt… Egal, da hatte ich gerade noch einmal Glück gehabt! Ironie des Schicksals: Die Reise- und Wanderführer zu Bonn und Umgebung habe ich nun erst einmal auf unbestimmte Zeit ausgeliehen und werde sie an den Wochenenden „durcharbeiten“ können insofern es zu keinen weiteren Bewegungsbeschränkungen kommt. 😉

Noch am Samstag absolvierte ich mit meinem Besuch eine kulinarische Stadtführung von „Eat the World“ (kleine Schleichwerbung, aber sehr zu empfehlen!) durch mein Stadtviertel Bonn-Beuel, wo wir sieben inhabergeführte Läden (Cafés, Fischladen, Kiosk, Kaffeerösterei) mit deren Entstehungsgeschichte und leckeren Kostproben kennenlernten und nebenbei viel über die Hassliebe zwischen dem linksrheinischen Bonn und dem rechtsrheinischen Beuel erfuhren. Ich hoffe, dass diese kleinen Läden die Coronakrise überstehen werden – stehen sie doch sinnbildlich für alle Selbstständigen, die sich nicht mit einem regulärem, gesicherten Gehalt ins Homeoffice begeben können. Auf Spiegel Online kann man dazu die traurig stimmenden „Elf Protokolle der Unsicherheit“ lesen.

Fun Fact: Beim Einkauf in Bonn-Beuel hörte ich an der Kasse doch tatsächlich den Spruch „Na, über den Rhein kommt das Coronavirus aber nicht.“ Der Spruch versinnbildlicht sehr gut die eben genannte Hassliebe zwischen Bonn und Beuel. Letzteres ist heute ein Stadtteil Bonns, besaß aber von 1952 bis 1969 eigene Stadtrechte, die die Bewohner nur unter Protest aufgaben. In früheren Zeiten war Beuel zudem immer wieder bei Angriffen auf Bonn in Mitleidenschaft gezogen worden, so dass man schließlich auf beiden Rheinseiten eigene Festungen hochzug. Beuel entwickelte sich im Zuge der Industrialisierung zu einem Zentrum von Wäschereibetrieben und Fabriken (Tapetenherstellung, Jutespinnereien, Brotfabrik (heute ein gleichnamiges Kulturzentrum)). Der Beueler Eigensinn zeigte sich nicht zuletzt in seinen Waschweibern, die 1824 den Aufstand wagten und die bisher nur den Männern vorbehaltenen Karnevalsfeiern auch für sich beanspruchten. Die meisten kennen vermutlich Weiberfastnacht, bei denen die Frauen in vielen Regionen das Rathaus erstürmen und allen Männern, die ihnen in die Quere kommen, die Krawatte (stellvertretend für etwas anderes 😉) abschneiden. Tja, dieser Brauch ist in Beuel entstanden! Wieder was gelernt!

Samstagabend begaben wir uns noch auf einen Trip nach Köln, wo eine Freundin ihren Geburtstag in einer Crêperie feiern wollte. Wir waren zunächst die einzigen Gäste, wobei sich das Restaurant nach und nach doch noch füllte. Später in den Kneipen der Umgebung: Gedränge – es war bereits bekannt, dass vom folgenden Tag an alle Kneipen und Bars in Köln würden schließen würden – man hatte den Eindruck, alle nutzten noch einmal die letzte Gelegenheit zum gemeinsamen Trinken und Feiern. Wir hielten uns an den Rat der Virologen und verordneten uns frische Luft und Flaschenbier mit einem Spaziergang durch den Rheinauhafen bis hoch zur Aussichtsterrasse des Kölner Schokoladenmuseums. Dort stießen wir mit zwei Flaschen Sekt an, sangen ein paar Karnevalslieder und machten uns schließlich auf den Rückweg nach Bonn. Ein Hauch von Wehmut lag über der Nacht. P. S.: Die Restaurants in Köln sollten am darauffolgenden Dienstag (17. März 2020) komplett schließen. Hier in Bonn sind sie noch offen…

Den Sonntag nutzten wir, um den im Süden von Bonn liegenden Drachenfels zu besteigen. Im Zug waren wie an einem gewöhnlichen Sonntag auch viele Ausflügler unterwegs – Studentengruppen, Wandergruppen in Funktionskleidung wie als würden sie Mt. Everest besteigen wollen, Familien, etc. Wir fuhren bis Rhöndorf, einem Stadtteil von Bad Honnef, besuchten den Waldfriedhof samt Grabstätte Konrad Adenauers und stiefelten dann den steilen Weg zum Drachenfels hinauf. Oben angekommen traf mich fast der Schlag: Auf den Stufen rund um das Ausflugsrestaurant hockten hunderte Menschen zusammen und genossen die Sonne! „Da hätte ich in einem Museum aber Kontakt zu deutlich weniger Menschen gehabt“, schoss es mir bei diesem Anblick durch den Kopf. Eine Kollegin erzählte mir Ähnliches aus Berlin, wo sie am Wochenende noch nie so viele Menschen auf dem Tempelhofer Feld habe zusammensitzen sehen. Ein verrücktes, schizophrenes Phänomen! Die Realität aus dem nicht wirklich umgesetzten „Social Distancing“ und die Medienrealität mit dem allgegenwärtigen Coronathema scheinen an bestimmten Orten Deutschlands momentan noch ziemlich stark auseinanderzuklaffen. Andere Themen sollten dabei jedoch nicht untergehen, wie die dramatische Lage im Flüchtlingslager Moria (Deutsche Welle: Interview zur aktuellen Situation mit „Ärzte ohne Grenzen“).

Das Social Distancing funktioniert auf dem Drachenfels noch nicht so gutSoweit der Wochenendbericht. Vorgestern war ich noch einmal im fast leeren, gespenstisch wirkenden Büro gewesen und nahm mir alles Material mit, das ich für die kommende, unbestimmte Zeit im Homeoffice brauchen würde. Aus dem Bürofenster beobachtete ich einen seilspringenden Mitarbeiter im Bürogebäude gegenüber. Ein Vorbote auf künftige sportliche Aktivitäten zu Hause? Unsere gemütliche Kaffeeecke war schon, da nicht „Social Distancing“-fähig, gesperrt; in der Kantine hielten sich alle an den 1m-Abstand zum Sitznachbarn und ließen immer einen Platz neben sich frei. Für externe Gäste war die Kantine nun gesperrt worden. An der Essensausgabe setzte man nicht mehr auf Selbstbedienung (Tablett, Besteck, Nachtisch), sondern das Küchenpersonal gab alles an uns heraus, was mich in meiner Essensroutine kurz irritierte.

Sämtliche Arbeitsmeetings werden von nun an per Videokonferenz abgehalten – nach heute drei Videokonferenzen sowie weiteren Arbeitsstunden zu Hause war ich froh, am Abend noch ein bisschen am Rhein spazieren gehen zu können. Gestern habe ich seit Jahren mal wieder mit Joggen angefangen – irgendwie muss man sich ja fit halten, wenn sämtliche Yoga- und Fitnessstudios geschlossen sind. Diese Idee hatten auch andere und so war das ganze Rheinufer mit emsigen Joggern und Fahrradfahrern gesäumt. Na, ob das im Sinne des „Social Distancing“ ist? Ich musste schmunzeln: Auf einem der Fähranleger hatte ein Mann sein Schlagzeug aufgebaut und gab ein Ständchen für alle Vorbeikommenden. Ich beobachtete weitere Leute, die ihre Gesellschaftsspiele mit nach draußen gebracht hatten und munter bei einem Bier spielten. Da ich keinen Vergleich zu einem „normalen“ Frühling in Bonn habe, kann ich gar nicht sagen, ob dies alles Phänomene der Coronakrise sind oder nicht. Ich vermute aber, dass es viele der „nine to five“ arbeitenden Menschen nach einem Tag Homeoffice ins Freie zieht. In „normalen“ Zeiten würden sie sich abends eigentlich in einem Fitness- oder Yogastudio, einem Volkshochschul- oder Musikschulkurs oder im Theater, Kino oder einem Restaurant oder einer Bar „verkriechen“ und im öffentlichen Raum nicht sichtbar sind. Vor allem fielen mir auch die vielen Schüler draußen auf, die ja nun seit Freitagnachmittag schulfrei haben. In den Medien ist immer wieder von „Coronaparties“ feiernden Schülern die Rede – doch es gibt auch positive Beispiele wie ich heute an einem Laternenpfahl sah:

Die Coronakrise tue uns „[…] aus anthropologischer Sicht […] gut“, so die Aussage eines interviewten Italieners in der aktuellen ARTE-Serie zum Thema, und „dass wir nichts als selbstverständlich ansehen sollten und dass es sehr schwierig ist, einen unsichtbaren Feind zu bekämpfen.“ Diese Aussage finde ich interessant. Es sind die externen Umstände, die uns nun (langsam) zu einem Umdenken und einer Verhaltensänderung bewegen. Niemand kann sagen, wie lange diese außergewöhnlichen externen Umstände noch andauern werden – für viele ist es wohl das, was sie zutiefst beunruhigt, zumal, wenn es an die eigene Existenz geht. Ich wage mir aus meiner ohne Zweifel privilegierten Situation heraus aber auch zu sagen, dass ich persönlich diesen Moment der erzwungenen Entschleunigung und Reduzierung gerade als wohltuend empfinde. (Wie gesagt, für existenziell bedrohte Menschen muss das wie blanker Zynismus klingen!) Ich vergleiche die derzeitige Situation mit einer Situation, die ich 2016 erlebte, als ich wegen einer Fuß-OP für sechs Wochen das Haus hüten musste und mich nur kurz zum Einkaufen auf Krücken nach draußen schleppen konnte. Vorab dachte ich „Um Gottes Willen, wie soll ich diese Zeit nur überstehen? Ich werde vor Langeweile sterben.“ Aber dann wurde es (abgesehen von den Fußschmerzen) zu einer der besten Zeiten in meinem Leben. Die äußeren Umstände zwangen mich, physisch inaktiv zu sein. Der ganze Verabredungsstress in Berlin und die ständige Angst etwas zu verpassen (auch bekannt unter dem Kürzel FOMO = Fear of Missing Out) fielen einfach weg. Ich genoss es, ein Buch nach dem nächsten zu lesen, meine Habseligkeiten auszumisten und aufzuräumen (Marie Kondo sei Dank!) und – im Unterschied zur derzeitigen Krise – fast täglich Besuch von Freunden zu erhalten. Auch die derzeitige Coronakrise könnte uns dieses Innehalten und das Erledigen von Dingen ermöglichen, die wir schon seit Ewigkeiten vor uns herschieben (so wie ich die Aktualisierung dieses Blogs 😉). Aber eigentlich stimmt es mich nachdenklich, dass erst solche externen Umstände nötig sind, um mich zum Innehalten zu bringen… Aber vielleicht geht es euch ja genauso?

Ansonsten entstehen gerade viele Initiativen zur Nachbarschaftshilfe wie #Nachbarschaftschallenge, wo man sich einbringen kann und die die Coronakrise hoffentlich überdauern werden.

In diesem Sinne, bleibt gesund (wie man sich ja seit den letzten Wochen immer verabschiedet)!

P. S.: Falls sich jemand über den etwas gestelzt formulierten Titel des Blogeintrags wundert – er ist eine Anspielung auf den Roman „Die Liebe in den Zeiten der Cholera“ des kolumbianischen Autors Gabriel García Márquez. Kann mir das Buch jemand ausleihen? Ich nehme es gerne postalisch oder in den Briefkasten geworfen entgegen. 😉

P.P.S.: So wäscht man seine Hände richtig:

Station 1 im Heiligen Land: Nazareth & See Genezareth

Nach acht Jahren „Abwesenheit“ führte mich eine Reise Anfang bis Mitte November 2017 wieder in den Nahen Osten, genauer gesagt nach Israel inklusive Westjordanland, sowie Jordanien. In Jordanien, Syrien und Libanon war ich im Herbst 2009 noch während des Studiums gewesen, hatte zu diesem einmonatigen Aufenthalt damals jedoch leider keinen Blogeintrag verfasst. Anlass genug, es nun endlich einmal zu tun und zumindest die Fotos online zu stellen. Insbesondere in Syrien sieht ja heute leider fast nichts mehr so wie damals aus und ein Ende des Krieges scheint bis heute nicht in Sicht. 😦 Anfangen jedoch möchte ich mit den Bildern von Jordanien 2009, da diese rein geographisch einfach zu meiner gerade zurückliegenden Reise passen. Ich werde in den entsprechenden Blogeinträgen daher auf die Fotos von 2009 verlinken.

Aber zurück in die Gegenwart: Am Sonntag, den 5. November 2017, war es endlich soweit: Ich und meine Familie machten uns in aller Herrgottsfrühe auf zum Flughafen Berlin-Schönefeld. Das Wort „Herrgottsfrühe“ passt rein von seiner Bedeutung her auch perfekt zur bevorstehenden Reise, die wir bei dem Leipziger Reiseveranstalter „Reisemission Leipzig“ gebucht hatten und die uns auf die Spuren des Christentums ins Heilige Land führen sollte. Die restliche Reisegruppe bestand aus katholischen und evangelischen Gemeindemitgliedern aus Dresden und dem Erzgebirgskreis, wobei die Reise an sich für alle Konfessionen und auch Nichtgemeindemitglieder offen war. Wir hatten ein straffes Programm von zehn Tagen vor uns, bei dem wir zwischen Israel, Jordanien und dem Westjordanland hin- und herreisen würden. Am Flughafen in Berlin machten wir bereits erste Bekanntschaft mit dem israelischen Sicherheitswahn: Persönliches Interview mit einem Mitarbeiter mit Fragen à la „Kennen Sie die Reisegruppe?“, „Wer hat das Reiseprogramm erstellt?“, „Wo übernachten Sie?“ bis hin zu „Wo und was arbeiten Sie?“. Danach wurde unser Handgepäck auf Sprengstoffspuren getestet und durchwühlt und wer „Glück“ hatte, dessen Aufgabegepäck wurde auch noch einmal akribisch durchsucht. Ich hatte die ganze Zeit wie auf glühenden Kohlen gesessen, graute es mir doch davor, mich rechtfertigen zu müssen, warum ich einen tunesischen Stempel im Pass und ein arabisches Wörterbuch dabei hatte. Doch… nichts! Die Sicherheitsbeamten blätterten nicht einmal in meinem Pass um sich den Stempelteil anzusehen. Gott sei Dank (um bei den religiösen Formeln zu bleiben) erhielten wir auch keinen israelischen Stempel in den Pass – sehr praktisch, wenn man demnächst noch einmal beabsichtigt, in ein arabisches Land zu reisen. Die meisten der arabischen Länder stehen offiziell noch im Krieg mit Israel und würden angesichts eines israelischen Stempels im Pass Ihrerseits unangenehme Fragen bei der Einreise stellen. Witzigerweise wurde meine Mutter noch einmal zu den Sicherheitsbeamten gerufen als wir bereits kurz vor dem Abflug am Gate saßen. Sie zeigten ihr ein mit dem Handy aufgenommenes Foto vom Inhalt ihres Aufgabegepäcks und fragten warum sie denn zwei Reiseführer (einen zu Israel und einen zu Jordanien) dabei hätte. Sehr verdächtig! Aber das Argument, dass wir schließlich in beide Länder reisen würde, nahm wohl jedem Verdacht den Wind aus den Segeln und so durfte meine Mutter mitfliegen. 😉

DSCF3920
El Al – die staatliche israelische Fluggesellschaft

Wir landeten am Nachmittag im Flughafen von Tel Aviv – es ist, glaube ich, unnötig zu erwähnen, dass dieser Flughafen größer, moderner, einladender, etc. als der Berliner Flughafen aussah, von dem wir gestartet waren. 😉 Bei der Einreise gab es zum Glück keine weiteren Interviews und nachdem uns unser erster Reiseführer namens Ariel eingesammelt hatte, ging es schnurstracks per Bus an unser erstes Ziel, Nazareth.

Nazareth ist die Heimatstadt von Jesus, weswegen er auch als „Jesus von Nazareth“ bekannt ist. Die Stadt Nazareth wird mehrheitlich von (arabischen) Christen und Muslimen bewohnt; die danebenliegende Schwesterstadt Nazareth-Illit mehrheitlich von Juden. Unser Hotel der Kette „Rimonim“ (Hebräisch für „Granatapfel“) lag fast direkt am zentralen Platz Nazareths, um den sich einige Restaurants, Bäckereien und Bars herum gruppierten. Direkt gegenüber des Hotels befand sich zu meiner Freude ein arabischer Obst- und Gemüseladen, bei dem ich meine verschüttgegangenen Arabischkenntnisse zumindest beim Einkaufen wieder etwas zur Anwendung bringen konnte. Ich kaufte eine Tüte voll Sternfrüchte (auch „Karambola“ genannt), die mich die nächsten Tage als „Zwischendurch-Snack“ begleiten sollte und musste angesichts der doch recht hohen, mit Deutschland vergleichbaren Preise, erst einmal schlucken.

Am ersten Ausflugstag fuhren wir zum See Genezareth, dem See also, auf dessen Wasser Jesus gewandelt sein und in dessen Umgebung er gewirkt haben soll. Auf Hebräisch wird der See interessanterweise Yam Kinneret („Harfensee“) genannt, was sich von seiner harfenähnlichen Form ableitet. Nördlich, teils aus den Golanhöhen, teils aus dem Libanon kommend, fließt der Jordan in den See Genezareth hinein und südlich wieder hinaus weiter bis zum Toten Meer. In Jordanien, dem Land, dem der Fluss seinen Namen gibt, sollten wir später erneut auf ihn treffen. Der See stellt Israels wichtigstes Trinkwasserreservoir dar.

In einer nur für unsere Reisegruppe reservierten Barke schipperten wir auf den See hinaus. Es war ein herrlicher, friedlicher Anblick wäre da nicht die benachbarte Barke mit US-amerikanischen, offensichtlich schon gut alkoholisierten Insassen gewesen, die lauthals ihre Nationalhymne zum Besten gaben… Auf dem See konnte man hinüber in die Golanhöhen schauen – ein eigentlich zu Syrien gehöriges Gebiet, das Israel seit 1967 besetzt hält. Dies ist der Grund warum es zwischen beiden Ländern bis heute keinen Friedensvertrag gibt. Wie bereits erwähnt, entspringt in diesem Gebiet einer der Jordanzuflüsse, ein im trockenen Klima dringend benötigter und daher heiß umkämpfter Trinkwasserlieferant. Auf den Golanhöhen leben überwiegend Drusen, eine Religionsgemeinschaft, die sich einst vom schiitischen Islam abspaltete, heute aber i.d.R. als eigene Religion betrachtet wird.

Vom See Genezareth ging es hinauf zum Berg der Seligpreisungen, auf dem Jesus seine Bergpredigt gehalten haben soll. Auch wenn man es auf den Fotos unten kaum sieht: Auf dem Berg war ordentlich was los! Hier wie auch an allen anderen christlich bedeutsamen Orten, die wir in Israel besuchen sollten, waren Massen an Pilgertouristen unterwegs. Interessanterweise konnte man viele Nationalitäten sehen, denen man als „normale“ Touristen sonst auf Reisen kaum begegnet, insbesondere indische und afrikanische (z. B. kenianische, südafrikanische) Reisegruppen.

Wir, als „typisch deutsche“ Reisegruppe, ließen es uns dann natürlich nicht nehmen, ein Stück zu Fuß zu gehen. Und so liefen wir immer das herrliche Panorama des See Genezareth vor Augen vom Berg der Seligpreisungen hinunter zur Ortschaft Tabgha.

In Tabgha besichtigten wir zuerst die so genannte Primatskapelle, in deren Inneren sich die Pilger bewaffnet mit Selfiestick und Kamera um die „Mensa Christi“ (Tisch Christi) scharrten. Der Steinblock soll den Tisch darstellen, an dem Jesus gemeinsam mit seinen Jüngern Fisch gegessen hatte, nachdem er ihnen nach seiner Auferstehung am See Genezareth erschienen war. Er erteilte Petrus dabei das Primat, künftig die Kirche führen zu dürfen („Weide meine Lämmer! […] Weide meine Schafe! […] Weide meine Schafe!“).

Neben der Primatskapelle gibt es in Tabgha noch die Brotvermehrungskirche, unter deren Altar sich ein Mosaik befindet, das zwei Fische zeigt, die ein Gefäß mit Broten einrahmen. Das Motiv erinnert an die „wundersame Brotvermehrung“, einer der Wundertaten Jesus‘: mit fünf Broten und zwei Fischen nahm er die „Speisung der 5.000“ vor, hatte also Brot und Fisch so sehr multipliziert, dass er damit 5.000 Menschen zu Essen geben konnte. Die römisch-katholische Brotvermehrungskirche steht heute unter der Leitung von Benediktinern, genauer gesagt dem „Deutschen Verein vom Heiligen Lande“ wie auf einem Schild zu lesen war. Es handelt sich um einen Verein mit Sitz in Köln, der sich auf seiner Website als „Hilfswerk für die Christen im Nahen Osten“ bezeichnet. Er unterhält u.a. das zur Brotvermehrungskirche gehörige Kloster sowie ein Pilgerhaus in Tabgha.

Nach so viel Historie und christlichen Pilgerorten durfte ein üppiges Mittagessen nicht fehlen. Wir entschieden uns gegen das Verspeisen eines „Petrus-Fischs“ in einem überfüllten Tourirestaurant und kehrten stattdessen in ein typisch kitschig-bunt-arabisches Restaurant ein, das wir ganz für uns alleine hatten. Wir fielen ausgehungert über die leckeren arabischen Vorspeisen (Mezze) her. Da brauchte man gar keine Hauptspeise mehr!

Den vorerst letzten Besichtigungsstopp rund um den See Genezareth legten wir in Kapernaum ein, dem Geburtsort Petrus‘. Dort fand man bei Ausgrabungen u. a. Reste eines Fischerhafens und einer Synagoge. Heute steht auf dem Gelände des ehemaligen Hauses Petrus‘ die – wie sollte es anders sein – Petruskirche, die von außen ob ihrer achteckigen Form aber eher wie ein UFO aussieht.

Zurück in Nazareth stand noch die Verkündigungsbasilika auf dem abendlichen Programm: Am Ort der Mariengrotte soll der Erzengel Gabriel Maria die baldige Geburt ihres Sohnes, des Gottessohnes, verkündet haben. Die 1955 von einem italienischen Architekten erbaute Basilika erinnerte mich mit ihrem Rohbetonstil an die Basilika „Nuestra Señora de la Altagracia“ in Higüey in der Dominikanischen Republik. Am interessantesten war der untere Teil mit dem Altarraum, wo gerade ein Gottesdienst stattfand, und der Außenhof der Basilika: Hier waren die Wände mit Mariendarstellungen aus verschiedenen Ländern geschmückt, die sich je nach Kultur stark voneinander unterschieden. Da hing eine thailändische Maria neben einer venezuelanischen Darstellung und diese neben der aus Deutschland stammenden Darstellung einer Maria mit zwei Kindern vor sich – ein Hinweis auf die deutsch-deutsche Teilung, die bei Entstehung des Bildes noch Realität gewesen war.

Am nächsten Morgen huschten wir vor der Weiterfahrt nach Jordanien noch schnell in die kleine griechisch-orthodoxe Kirche am zentralen Platz Nazareths.

Ein Couchsurfer kommt selten allein – Ausflug nach Erriadh und Ajim

Am zweiten Tag meines Djerba-Aufenthaltes fasste ich den kühnen Plan eine Radtour auf der Insel zu machen. Erste Herausforderung war es an ein Fahrrad zu kommen. Laut meinem Hotel und laut der Touristeninformation in Houmt-Souk gab es angeblich keine Leihfahrräder in der Stadt, sondern nur in der östlich gelegenen Zone Touristique, d. h. dem Küstenstreifen aus Betonburgen alias Pauschalhotels, Souvenirshops und Casinos. Der Taxifahrer hatte eine ungefähre Ahnung wo es Fahrräder auszuleihen gab und fuhr mich (wie ich erst später anhand einer Karte nachvollzog) bis fast ans östliche Ende de Zone Touristique, wo er mich bei einem Squad-Verleih absetzte, der auch Fahrräder verlieh. Der Verleih für zwei Tage war schnell geregelt und so saß ich schon kurze Zeit später auf einem vermutlich schon längere Zeit nicht mehr genutzten Rad und strampelte die Hauptstraße zurück Richtung Houmt Souk. Der schmale Sattel des Rads entpuppte sich als recht unbequem und auch die Lenkerhöhe musste ich bei zweimaligen Stopps in Fahrradwerkstätten noch einmal regulieren lassen. Aber nun gut, eine Auswahl hatte ich ohnehin nicht gehabt und ich war froh, dass es an diesem Tag nicht so heiß war und eine frische Brise wehte.

Mein Ziel sollte die südlich der Inselhauptstadt gelegene Kleinstadt Erriadh sein, in der noch heute viele der auf Djerba verbliebenen Juden leben und in der es eine Synagoge, La Ghriba („die Fremde“), gibt. Diese Synagoge erlangte 2002 traurige Berühmtheit als davor ein mit Flüssiggas beladener LKW explodierte, wobei 21 Menschen, darunter 14 Deutsche, starben. Als ich an der Synagoge ankam, war diese durch eine Polizeisperre abgesichert. Ich stellte mein Fahrrad auf den Parkplatz und lief bis zum Eingang der von außen unscheinbar wirkenden Synagoge. Drinnen zeigte sich ein ganz anderes Bild: bunte Kacheln, arkadenhafte türkis-weiß angestrichene Pfeiler, die mich an die Mezquita-Kathedrale von Córdoba erinnerten, bunt bemalte Holzdecken, ein mit rot-goldenen Stoffen verhängter Thoraschrein und Beschriftungen sowohl auf Hebräisch als auch Arabisch. Faszinierend! Viel Zeit zum Staunen hatten ich und die anderen Besucher nicht, denn es war bereits 13 Uhr und der mürrisch wirkende Synagogenwächter wollte gerne in die Mittagspause gehen. Immerhin konnte ich mir noch die danebenliegende Pilgerherberge ansehen, denn La Ghriba ist jedes Jahr 33 Tage nach Ostern Ziel der größten jüdischen Wallfahrt in ganz Nordafrika. Neben meiner Wenigkeit war auch noch eine Gruppe Reisender mit den in den Hof der Herberge hinübergelaufen, die mich fragte, ob ich ein Foto von ihnen machen könne. Wie sich im Gespräch herausstellte, waren es alles Couchsurfer: zwei aus Tunesien, ein Algerier, eine Iranerin und ein Vietnamese! Das passte ja mal wieder wie die Faust auf’s Auge, hatte ich doch diesmal im Vorfeld meiner Reise keine Couchsurfing-Leute kontaktiert, weil ich keine Lust und keine Zeit gehabt hatte. Aber so spielte mir der Zufall in die Hände und wir beschlossen gleich alle zusammen Mittagessen zu gehen.

Am Nachmittag drehten wir eine Runde im „Djerbahood“ genannten Ortsteil von Erriadh, in dem gerade ein Kulturfestival stattfand. Choukri, der selbst aus Djerba stammt, zeigte uns zudem noch zahlreiche Wandmalereien, die sich hinter jeder Ecke von Djerbahood verbargen – mal in mehr, mal in weniger gutem Zustand. Zwei Tage später sollte ich übrigens noch einmal nach Djerbahood kommen, um weitere Wandmalerein zu fotografieren, so dass an dieser Stelle Fotos von beiden Tagen zu sehen sind.

Für den Abend hatten wir uns zu einer Bootsfahrt vom südlich gelegenen Ajim aus verabredet, wo ein Cousin von Choukri ein Boot besaß und bereit war uns zum Sonnenuntergang zu einer unbewohnten Insel herüberzuschippern. Auf der Insel herrschte eine ganz eigene Stimmung: Über unseren Köpfen kreisten laut kreischende Möwen und im niedrigen Gestrüpp musste man aufpassen nicht in eines der Möwennester zu treten. Nach dem Bootsausflug und einem kleinen Umtrunk in der „Strandbar“ von Ajim kehrten wir per Auto Richtung Houmt Souk zurück und fuhren zum „Centre International Méditerranéen“, einem riesigen Haus, das einem gewissen Professor Yamoun gehört, und in dem alle Couchsurfer übernachteten. Mittlerweise war es bereits gegen 23 Uhr, was Salim, den Algerier, jedoch nicht davon abhielt, auf die Schnelle für uns alle zu kochen. Innerhalb von 30 Minuten hatte er ein riesiges Menü auf den Tisch gezaubert, von dem wir alle gar nicht mehr so viel essen konnten. Bevor ich zurück ins Hotel fuhr, musste ich mich von den meisten der Reisegruppe auch schon wieder verabschieden, da sie am nächsten Tag zurück nach Tunis fuhren. Es blieb eigentlich nur Salim noch da und mit ihm und Professor Yamoun sollte ich an einem der kommenden Tage noch eine spannende Tour durch Südtunesien unternehmen. Doch dazu mehr im übernächsten Blogeintrag!

P.S.: Danke an meine Co-Fotografen!

Unterwegs in Miches & Umgebung und (mal wieder) die Erkenntnis, dass die Welt ein Dorf ist!

„Die Welt ist ein Dorf.“, oder wie es auf Spanisch heißt, „Die Welt ist ein Taschentuch.“ – das musste ich hier in der DomRep schon öfter feststellen und diesmal bei meinem Ausflug nach Miches und Umgebung ganz besonders. Ich hatte mir schon vor einiger Zeit vorgenommen Yonattan, einen Studenten der Umweltschule in Jarabacoa, einmal in seinem Heimatort Miches zu besuchen. Gesagt, getan! Von Santo Domingo aus nahm ich ein Guagua Richtung Nordosten und kam nach einer etwa dreistündigen Fahrt erst an der Küste entlang, dann über die Berge der Cordillera Oriental hinweg im Küstenort Miches an. Untergebracht war ich beim Couchsurfing-Pärchen Cristina, eine Italienerin, und ihrem dominikanischen Mann „Pollo“. In ihrem riesigen, schön schlicht eingerichteten Haus bekam ich eines der zwei Gästezimmer und durfte von Cristinas leckeren italienischen Abendessen profitieren – eine willkommene Abwechslung vom dominikanischen Bohnen-mit-Reis-Einerlei, wobei ich selbst meine Gastgeber auch einmal bekochen durfte.

Yonattan hatte bereits ein umfangreiches Besichtigungsprogramm zusammengestellt und dank seines Motorrads waren wir schnell und flexibel unterwegs. Direkt nach meiner Ankunft am Donnerstagmittag fuhren wir zur Costa Esmeralda (Smaragdküste) und gingen am fast menschenleeren Playa Limón schwimmen und schnorcheln. Leider sahen die Korallen ziemlich braun und krank aus, was mir Yonattan bestätigte, der sehr aktiv im Umweltschutz seiner Gemeinde unterwegs ist. Der Strand an sich mit der Bergkulisse im Hintergrund war eigentlich echt schön anzusehen, wären da nicht die fiesen Sandflöhe gewesen, die wegen des bewölkten Wetters und so kurz vor Sonnenuntergang herauskamen.

Freitagmorgen fuhren wir östlich aus Miches heraus zur Laguna Redonda, die wir per Kayak erkundeten. Zum Glück war auch an diesem Tag der Himmel bedeckt – nicht auszudenken wie die Sonne sonst gebrannt hätte – aber trotzdem habe ich mir die Knie beim Kayakfahren doch leicht verbrannt. Wir schipperten an Schilf und Mangroven vorbei und fanden schließlich einen Abzweig, der uns bis ans Meer brachte. Dort waren gerade einige Fischer an der Arbeit. Wir erkundeten den am Meer gelegenen Palmenwald, der für mich irgendwie etwas märchenhaftes hatte, wären da nicht diese fiesen Moskitos gewesen…

Nach der Laguna Redonda durfte die Montaña Redonda nicht fehlen, ein neben der Lagune gelegener Berg, den wir (zu meinem Schrecken) wie die Besengten mit dem Motorrad hochheizten. Yonattan lachte mich die ganze Zeit nur aus, aber ich war echt erleichtert als wir endlich oben angekommen waren. Aber die beängstigende Fahrt hinauf hatte sich gelohnt: Wir hatten einen bombastischen Panoramablick auf das Meer, die Laguna Limón, Laguna Redonda, einen Teil von Miches und die Berge der Cordillera Oriental. Der Clou waren riesige Schaukeln, mit denen man quasi über den Abgrund schaukeln konnte, und Hexenbesen, die sich herrlich zu Sprungfotos eigneten. Des Weiteren gab es eine kleine Cafeteria, Campingmöglichkeiten, Hängematten und Wippen. Richtig cool!

Abends machten wir einen Spaziergang durch Miches, wobei ich über den hübsch angelegten Malecon (Strandpromenade) sehr positiv überrascht war. Yonattan zeigte mir zudem ein paar der Fischerboote, die die Küstenwache an Land gezogen hatte, und mit dem einige Dominikaner versucht hatten illegal nach Puerto Rico (mit den USA assoziierte Nachbarinsel) zu gelangen. Miches ist in der ganzen DomRep für diese Bootsfluchten bekannt, hinter denen ein riesiges Netzwerk aus Leuten steckt: es muss unauffällig Material für den Bootsbau eingekauft werden, das Boot muss an einem unauffälligen Ort zusammengebaut werden (teilweise in Wohnhäusern, von denen dann das Dach abgenommen wird, wenn das Boot in See stechen soll), die Küstenwache oder Polizei muss geschmiert werden, jemand muss ausreichend Verpflegung und Treibstoff kaufen, ein Kapitän muss gefunden werden, etc. Einmal auf See bedeutet das aber noch längst nicht, dass die Fluchtwilligen auch in Puerto Rico ankommen: Vor der Küste patrouilliert die dominikanische Küstenwache und die Mona-Passage, durch die das Fischerboot hindurch fährt, gilt als haiverseucht. Im schlimmsten Fall zahlen die Fluchtwilligen ihre Reise sogar umsonst und werden einfach nur einmal um die dominikanische Küste herum nach Punta Cana geschippert  und dort angeblich in „Puerto Rico“ hinausgelassen. Ich musste die ganze Zeit an Geschichten von Flüchtlingen aus der DDR denken, die versucht hatten, per Boot über die Ostsee nach Skandinavien zu flüchten.

Samstagmorgen hieß es früh aufstehen: Yonattan hatte eine Tour zu dem mit 120 m höchsten Wasserfall der Karibik, dem Salto la Jalda, geplant. Wir fuhren westlich aus Miches heraus bis in das Örtchen Magua, von dem wir südlich auf einem unbefestigten Weg weiterfuhren bis wir schließlich das Motorrad an einem Wohnhaus mitten im Grünen abstellten. Hier sollte also der Wanderweg starten – keine Beschilderung, nicht einmal ein richtiger Weg war vorhanden, aber Yonattan kannte sich zum Glück gut aus und so stapften wir durch den schlammigen Kakaowald. Nach etwa 1,5 Stunden gelangten wir an eine grüne Schutzhütte des Umweltministeriums, an der jedoch weit und breit kein Personal in Sicht war. Wir verschnauften auf den Schaukelstühlen oben auf der Veranda und sahen auf einmal wie ein weiterer Wanderer herankam. Wir begrüßten uns auf Spanisch, ich erkannte sofort den deutschen Akzent und musste im folgenden Dialog (mal wieder) feststellen, was die Welt doch für ein Dorf ist. Ich: „Wo kommst du her?“ – Christian: „Aus Dresden.“ – Ich: „Was? Ich auch! Wie alt bist du?“ – Christian: „29.“ – Ich: „Nein! Ich auch!!!“. Im Laufe der restlichen Wanderung versuchten wir fieberhaft einen gemeinsamen Bekannten zu finden, den wir beide aus unserer Heimatstadt kennen, aber Fehlanzeige. Erst zurück am Computer konnte uns Facebook helfen: Christians bester Freund, den er vom Studium kannte, war mit mir in derselben Grundschulklasse gewesen. Unglaublich! Christian schreibt übrigens auch den Reiseblog „My Travelworld. Reiseblog für Individualreisende“ und von ihm stammen auch die letzten beiden Fotos unseres Ausflugs zum Wasserfall.

Aber ja, zurück zum Wasserfall: Der war wirklich beeindruckend wie er in die Tiefe donnerte. Im kleinen Becken am Fuße des Wasserfalls konnten wir ein erfrischendes Bad nehmen. Ebenfalls am Fuße des Wasserfalls befindet sich witzigerweise ein Helikopterlandeplatz. Diesen hatte der venezuelanische Millionär ? dorthin bauen lassen, um quasi ohne Strapazen zum Wasserfalls gelangen zu können. Inwiefern der Landeplatz allerdings wirklich genutzt wird, weiß ich nicht.

Nachdem der Rückweg geschafft war, erfrischten wir uns an einem „Presidente Light“-Bier, das ich ja eigentlich wegen seines wässrigen Geschmacks überhaupt nicht mag, das aber bei der Hitze echt genial war. Dann quetschten wir uns zu dritt auf Yonattans Motorrad und fuhren zurück gen Miches. Kurz vor der Stadt: Benzin alle und keine Tankstelle in Sicht. Und zudem war das Motorrad noch von der morgendlichen Reifenpanne „geschwächt“. Was nun? Zu meiner Verblüffung war die Lösung ganz einfach und irgendwie „typisch dominikanisch“: Wir stiegen einfach auf ein anderes Motorrad um. Yonattan brachte dieses dann abends wieder zurück während sich der Typ, von dem er das Motorrad auslieh, um die Reparatur und Befüllung von Yonattans Motorrad kümmerte. Ende gut, alles gut!

Rügbie – Allez les Bleues

In Frankreich findet gerade die Rugby-Weltmeisterschaft statt und da das hier der beliebteste Nationalsport ist, sind alle mächtig im Rugbyfieber. Um diese Atmosphäre einmal einzufangen, begab ich mich gestern Abend mit Rianne und Maria in die Innenstadt und was soll ich sagen: Alles erinnerte verdammt an die Fußballweltmeisterschaft in Deutschland letztes Jahr. An zwei Plätzen war großes, wie es Neudeutsch so schön heißt, „Public Viewing“ auf einer großen Leinwand angesagt. Und jede noch so kleine Kneipe oder Bar hatte einen Fernseher aufgestellt, drinnen oder draußen, und wirklich alles war bis auf den letzten Platz von rugbybegeisterten Leuten besetzt. Punkt 21 Uhr ging es los: Viertelfinale Frankreich (Les Bleues – Die Blauen) gegen Neuseeland. Die Trikolore beherrschte die Straßen, manche trugen sie übers ganze Gesicht gemalt, andere als Perücke.

Ganz allgemein betrachtet ist Rugby vom Spielverlauf ähnlich wie American Football. Es wird mit diesem eiförmigen, an beiden Enden spitz zulaufenden Ball gespielt, der jedoch nicht braun wie beim American Football, sondern weiß ist. Die Spieler tragen zudem keinen Helm oder fette Schulterpolster, sondern stürmen völlig ungeschützt aufeinander los. Ich könnte mir gut vorstellen, dass da einige Spieler öfter mit einer gebrochenen Nase nach Hause kommen. Aber Rugby ist ja nicht brutal. 😉 Ziel des Spiels ist es natürlich mehr Punkte als der Gegner zu erreichen. Man erhält sie, indem der Ball auf der gegnerischen Randlinie zu Boden gebracht wird („Touch Down“ beim American Football) bzw. wenn man ein Tor durch die U-förmige Torgabel schießt.

Kurz und gut: Die Franzosen haben das Spiel gewonnen und ein großes Halligalli brach über alle Plätze und Straßen herein. Überall waren der „Allez les Bleues“-Gesang  und Hupkonzerte der Autos zu hören. Nun heißt es warten aufs Halbfinale! Da werde ich dann aber meinen Foto mitnehmen – den hatte ich gestern nämlich blöderweise vergessen.

Interkulturelle Kuriosität 3

Gibt man in Deutschland eine Sache auf, so „wirft man das Handtuch“. In Frankreich hingegen „wirft man den Schwamm“ (jeter l’éponge). Beide Wendungen haben ihren Ursprung übrigens in der Boxwelt.
Eine mögliche Bezeichnung für Türklinke im Französischen finde ich sehr lustig: „Entenschnabel“ (bec-de-cane).

Erste Eindrücke aus Rennes

Chers amis (Liebe Freunde),

heute also mein erster ausführlicher Bericht aus dem fernen Rennes!

Anreise, 12./13.9.07

Am Dienstag hatte mich meine Mutti mit dem Auto nach Berlin gefahren, da ich dort gegen 21.30 Uhr mit dem Nachtzug nach Paris losfuhr. Ich hatte einen Liegeplatz, doch an Schlaf war fast die ganze Nacht nicht zu denken. Der Zug hat oft dermaßen hin- und hergeruckelt, dass ich manchmal dachte, er entgleist gleich bzw. ich falle gleich aus dem Bett heraus. Dafür hatte ich großes Glück mit meinen zwei sehr netten Zimmergenossinnen – zwei Französinnen, die mich bezüglich meiner Französischkenntnisse gleich auf die Feuerprobe stellten. Die beiden habe ich soweit gut verstanden und ich konnte mich auch so einigermaßen verständlich machen. Als ich ihnen erzählte, dass ich in Paris vom Gare du Nord (Nordbahnhof) zum Gare Montparnasse (Montparnasse-Bahnhof) mit der Metro fahren und mir noch ein Ticket kaufen muss, hat die Eine gleich ihr Portemonnaie gezückt und mir ein Ticket geschenkt. 🙂  Die andere Französin hat mir dann im Bahnhof noch den Weg zur Metro gezeigt und mir außerdem noch viele wertvolle Reisetips für Frankreich gegeben. Im Pariser Vormittagsgedränge dann mit vier Gepäckstücken Metro zu fahren war echt ätzend und ich möchte nicht wissen, wie vielen Leuten ich mit meiner Kraxe im Gesicht hing – aber zum Absetzen war einfach kein Platz! Vom Gare Montparnasse aus bin ich nun zwei Stunden mit dem TGV weiter gen Westen nach Rennes gefahren, wo ich gegen 14 Uhr eintraf. Mit der Renner Metro gings weiter zum Univiertel der Université 2 „Villejean“, wo sich im Empfang schon einige Erasmusstudenten angesammelt hatten. Nach einigem Warten wurden wir in ein anderes Gebäude gelotst, wo wir Papierkram erledigten. Dann ging’s mit der ganzen Bagage weiter zum Wohnheim, wo die Anmeldung noch einmal ewig dauerte und bei einigen echte Verzweiflung auslöste. Die französische Bürokratie ist echt noch schlimmer als die deutsche! Was man da alles für Unterlagen für ein Wohnheimzimmer benötigt: Medizinisches Zertifikat (hatte ich zum Glück schon), eine Zimmerversicherung (hatte ich noch nicht), zwei Passfotos, etc. Naja, endlich durfte ich dann mein 9m²-Zimmer beziehen. Bis in den späten Abend habe ich ausgepackt und es mir einigermaßen gemütlich eingerichtet. Fotos folgen noch! Dann fiel ich nur noch in das viel zu weiche Bett und konnte sogar mit dem eigentlich unbequemen Oreiller (lange Kissenwurst) unter dem Kopf einschlafen, weil ich einfach nur total kaputt war.

Der nächste Tag, 14.9.07

Mit der Deutschen Bahn hatte ich mir noch zwei weitere Gepäckstücke nachschicken lassen, da ich für das eine Jahr ja doch ganz schön viel Zeug brauche und Frankreich ja nun nicht gerade für seine niedrigen Preise bekannt ist. Auf jeden Fall kam am nächsten Tag dann zumindest einer der beiden Koffer an – ich hoffe, der zweite trudelt auch noch ein…

Um 10.30 Uhr hatten wir die erste Infoveranstaltung in einem Hörsaal, wo uns die Erasmusbeauftragte, das Sprachenzentrum und die studentischen Betreuer begrüßten. Wir erhielten eine hässliche graue Begrüßungstasche, deren Inhalt aber umso wertvoller ist: Infobroschüren über Rennes und die Uni, Anmeldeformulare, sowie ein gedrucktes Vorlesungsverzeichnis. Bis Mitte Oktober müssen wir unseren Stundenplan zusammengestellt haben. Im Anschluss gab es einen „Pot d’accueil“ (Willkommenstrunk) mit kleinem Imbiss, wo sich die ersten Kontakte knüpften. Anne, die ich bereits vom Französischkurs in Jena kenne, hatte ich am vorhergehenden Tag schon getroffen und Anke, die ich auch schon aus Jena kenne, und die mit ihrer kleinen Tochter nach Rennes gekommen ist, konnte ich auch begrüßen. Außerdem habe ich meine „marraine“ (Mentorin) Clémence getroffen, die ich gleich mit ein paar Fragen löchern konnte. Anne und ich haben uns dann mit einer Belgierin und einer Niederländerin, sowie einer Finnin unterhalten – echt kompliziert, wenn man da zwischen den Sprachen Französisch, Englisch, Deutsch bzw. Niederländisch hin- und herwechselt, weil eben alle noch nicht so vokabelfest sind. Aber es ging schon, ça va! Mit der Niederländerin habe ich mittags die Mensa („Restau U“) getestet: Vorspeise (Salat), Hauptspeise (Pizza) und Nachtisch (Caramelcreme) oder ein Getränk. Wasser steht kostenlos auf jedem Tisch zur Verfügung. Nachmittags sind wir in die Stadt gefahren und haben bei Bouguyes (sprich: Buig) eine französische Simkarte, sowie eine Prepaidkarte fürs Handy gekauft. Meine französische Handynummer lautet: 0033 06 62 08 71 53. Später holten mich Anne und ihr Freund mit dem Auto vom Bahnhof ab und wir kurvten ein bisschen durch Rennes auf der Suche nach einem günstigen Supermarkt namens „Super U“. Wir fanden zwar schließlich eine andere Filiale, als die, wo wir ursprünglich hin wollten, aber konnten uns dort mit dem Nötigsten eindecken. Zum Glück gibt’s da für viele Produkte der Billigmarke „Bien vu“, denn an sich ist es echt teuer!

Abends habe ich dann mit der Niederländerin, der Belgierin, zwei Finninnen sowie zwei Deutschen die „Rue de la Soif“ (Straße des Durstes) getestet, in der Bar an Bar, Kneipe an Kneipe liegt und auch die ersten Betrunkenen nicht lange auf sich warten ließen und uns fast umrempelten.

Total verpennt 15.9.07

Für den nächsten Morgen war in unserem vollgepackten Programm ein Besuch des „Marché des Lices“, der große Wochenmarkt Rennes‘, angesetzt. Ich verschlief prompt und wurde zum Glück von Anne geweckt, die auf meinem Handy anrief. So konnte ich später noch zur Gruppe hinzustoßen. Nach dem Marktbesuch gab es erstmal eine Stärkung in Form von heißer Schokolade, Tee bzw. Orangensaft in einem Café in der lebhaften Innenstadt. Ganz Rennes schien auf den Beinen zu sein! Mittags traf ich mich mit Clémence, die mir eine kleine Stadtführung gab, einen günstigen Supermarkt zeigte, etc. Den Rest des Tages verbrachte ich damit durch die hektische Innenstadt zu schlendern, die interessanten Leute auf der Straße zu beobachten, die kleinen, versteckten Gassen mit den krummen Fachwerkhäusern zu entdecken und schließlich noch einmal im „Super U“ zum Einkaufen zu landen.

Die Stadt

Ich denke, um mal eine erste Zusammenfassung zu wagen, ich werde mich pudelwohl in Rennes fühlen – die Innenstadt ist genau nach meinem Geschmack: Kleine, alternative Läden und Cafés, ausgeflippte Leute, alte, krumme Häuser, … 😉 Und auch die Erasmusleute, die ich bisher kennen gelernt habe, sind sehr sehr sympathisch. Ich hoffe natürlich dann an der Uni auch noch mehr Franzosen kennenzulernen!

Okay, das reicht erst einmal für heute! Grüße ins kalte Deutschland! Hier ist es nämlich um einige Grad wärmer. 🙂

Stand der Dinge

Morgen um dieselbe Zeit werde ich schon im Nachtzug zwischen Berlin und Paris durch das Land rauschen und wahrscheinlich mehr oder weniger schlafen, um für meine Ankunft in Frankreich gut ausgeruht zu sein. Die Hälfte meines Gepäcks, zwei Koffer, habe ich bereits gestern mit dem Hermes-Versand (diese Schleichwerbung immer ;-)) auf die Reise geschickt – sie werden aber erst nach mir in Rennes ankommen. Morgen früh geht es dann ans Einpacken meiner restlichen Sachen, ich hoffe nur alles unter- und dann auch wegzubekommen! Ich werde definitv wie ein Packesel aussehen!

Die vergangenen Tage in Dresden habe ich überwiegend damit verbracht, irgendwelche organisatorischen Angelegenheiten für und über Frankreich im Internet zu recherchieren, mich von allen Daheimbleibenden zu verabschieden, eines der vielen Frankreich-Bücher Ulrich Wickerts zu lesen, etc.

Mein Zimmer in Jena jedenfalls habe ich letzte Woche Dienstag endgültig geräumt. Zuvor war meine Schwester noch einige Tage zu Besuch, an denen wir noch ein bisschen Thüringen unsicher gemacht haben: Ausflug zur Wartburg nach Eisenach und nach Rudolstadt. Die Highlights: Eine Eselstation am Fuße der Wartburg – mit den Grautieren kann man sich den Weg nach oben schunkeln lassen, worauf wir aber verzichteten und lieber zu Fuß hoch stapften – und die übergroßen Filzpuschen, die wir bei einer Führung in der Rudolstädter Heidecksburg über unsere Füße stülpen mussten und somit gleich das Reinigungspersonal entlasteten, indem wir die Böden der Festsäle blitzblank polierten. Auf jeden Fall gab‘s wieder viel zu entdecken im Thüringer Land! Meinen nächsten Bericht gibt es dann wahrscheinlich aus Fronkreisch! 😉 Bis dahin! A bientôt! 🙂

Ferien vor der Haustür

Die Hausarbeiten sind geschrieben, Praktikumsbewerbungen verschickt – und nun? Damit ich mein Semesterticket vor meiner Abreise noch mal ausnutze, entschloss ich mich ein bisschen Thüringer Frischluft zu schnappen und die Umgebung zu erkunden. Erstes Ziel im Osten Jenas: Gera. Nun ja, eine Stadt, die nicht gerade wegen ihrer Schönheit bekannt ist. Und tatsächlich: Eine Innenstadt mit viel Beton, großen, klotzartigen Mainstream-Einkaufspassagen und erschreckend vielen leerstehenden, teilweise heruntergekommenen Häusern. Obwohl einige Leute auf der Straße unterwegs waren, kam mir die Stadt doch irgendwie verlassen vor. Etwas abseits vom Zentrum dann die große Rentnerwelle – ihr einziges Ziel: Die BUGA, auf deren Eingang sie fotoapparatbehangen, sonnenbebrillt, kurzhosig und mit Socken in den Sandalen (ich pauschalisiere natürlich) zuströmten. Das Gartengelände sah schon sehr einladend aus, war mir aber zu teuer. Stattdessen entdeckte ich den wohl schönsten Stadtteil Geras: Untermhaus. In dem kleinen, verschlafenen und gemütlichen Ortsteil steht nämlich das Geburtshaus des Malers Otto Dix (vielleicht kennen ihn ja die Dresdner aus den Neuen Meistern). Zu besichtigen gab’s viele Bilder und noch mehr Schautafeln mit wirklich interessanten Einblicken in seine Biographie. Auch die Orangerie, die ich danach besuchte, hat sich Dix gewidmet und viele seiner Werke ausgestellt. An alle Kunstinteressierten: Eine Besichtigung lohnt sich!!!

Fotos von Gera konnte ich nicht viele schießen. Nachdem ich das kleine „Flower-Power“ (ja, auch dort gibt’s diese Hippie-Musikbar) aufgenommen hatte, schmierte mein Foto ab. Ersatzbatterien hatte ich natürlich zu Hause vergessen. :-/

Das Flower Power in Gera – damit soll wohl die BUGA auch für junge Leute attraktiv gemacht werden. 😉

Ebenso erging es mir am nächsten Tag in Gotha – eine Kleinstadt westlich von Jena (für alle nicht so Thüringen-Kundigen: Gotha liegt zwischen Eisenach und Erfurt). Nachdem ich zumindest ein paar mehr Fotos schießen konnte, hoben auch hier meine Fotobatterien die Hufen (Was sind das bloß für Scheiß-Billigdinger…?). Zumindest einen kleinen Eindruck von meinen Erlebnissen in Gotha könnt ihr auf den Bildern unten erhaschen. Nachdem ich den mühsamen Aufstieg auf den Stadtberg zum Schloss Friedenstein überwunden hatte und dabei zwei vorbeipreschenden Pferdekutschen ausgewichen war, betrat ich den weitläufigen Schlossinnenhof und schlitterte sogleich in das 10. Gothaer Barockfest hinein. Überall rannten kostümierte, gepuderte Leute umher, an den Verkaufsständen gab es den üblichen Mittelalterkrempel und ein Bläsertrupp lieferte den passenden Soundtrack. Merkwürdigerweise gab es sogar ein Kamelgehege, wobei ich mich frage, was die mit dem Barock zu tun haben. Naja, vielleicht waren sie aufgrund ihrer barocken (Höcker-) Formen eingeladen worden? 😉

In den Schlossgemäuern konnte ich mich von der sengenden Hitze im Schlossinnenhof zum Glück etwas abkühlen während ich mir zwei Ausstellungen ansah. Ja, ja, ne richtige Bildungs“reise“! 😉

Schon etwas genervt von dem ganzen Barockgetümmel stieg ich den Stadtberg auf der anderen Seite wieder herunter zum Marktplatz. Der ist umzingelt von schönen, rausgeputzten Häusern – besonders bekannt das rote Rathaus – und kleinen Cafés. Auf der Einkaufsstraße hatte man schon die Bürgersteige hochgeklappt und so fand ich das ganze Stadtzentrum eher ausgestorben vor. Das war vielleicht auch ganz gut so: Meine Füße glühten mittlerweile und so schleppte ich mich plattfüßig zurück zum Bahnhof. Dank Wochenend-Zugverkehr und Bauarbeiten dauerte meine Rückfahrt, für die ich hinzu eine Stunde gebraucht hatte, drei Stunden! Uff!

Tja, auch in Thüringen gibt’s Einiges zu entdecken! Bis demnächst! 🙂