Ayacucho. Peruanische Geschichte auf Schritt und Tritt

Den meisten Peruanern ist die Andenstadt Ayacucho vor allem wegen ihrer Feierlichkeiten zur Semana Santa (Ostern) bekannt, wenn in den Bergen rund um die Stadt das Leben Jesus Christus‘ aufwendig inszeniert und nachgespielt wird. Die religiöse Verankerung Ayacuchos lässt sich nicht verleugnen, findet sich doch an fast jeder Ecke der Stadt eine Kirche. Ich musste bei diesem Thema an einen peruanischen Film denken, den ich einmal bei der Berlinale 2014 gesehen hatte und der gut in einem Andendorf rund um Ayacucho spielen könnte: „Madeinusa“ von Claudia Llosa

In Ayacucho nahm jedoch auch die maoistische Terrororganisation „Leuchtender Pfad“ (Sendero Luminoso) ihren Anfang, denn ihr Begründer Abimael Guzmán war Professor für Philosophie an der hiesigen Universität gewesen und hatte dort erste Mitstreiter unter seinen Studenten rekrutieren können. Ich besuchte, um etwas mehr über diese Organisation zu erfahren, das Museo de la Memoria (Museum der Erinnerung), das sich den Opfern des „Leuchtenden Pfades“ widmet und vom Verein ANFASEP (Asociación Nacional de Familiares de Secuestrados, Detenidos y Desaparecidos del Perú – Nationalverband der Angehörigen von Entführten, Verhafteten und Verschwundenen Perus) betrieben wird. Schon in einigen Gesprächen mit Peruanern war ich immer wieder auf dieses Thema gestoßen und es gab keinen, der mir nicht erzählte, dass er oder jemand in der Familie aufgrund des Terrorismus‘ in den 80ern und 90ern und der dazukommenden Wirtschaftskrise das Land verlassen oder zumindest aus den Bergen fortgegangen sei. Wer sich mehr zu diesem Thema belesen will, dem kann ich den Artikel zum „Leuchtenden Pfad“ im „GEO Special Peru und Bolivien“ empfehlen. Der Artikel ist zwar schon etwas älter, das tut aber nichts zur Sache. Bis heute ist die Organisation aktiv, wie man z. B. in diesem FAZ-Artikel vom August letzten Jahres nachlesen kann: „Der Sklavenstaat von Genosse José„.

Am zweiten Tag in Ayacucho wollte ich eine weitere Reise in die Vergangenheit der Region unternehmen und raus in die Umgebung fahren: Zunächst besichtigte ich eine Ausgrabungsstätte der Wari, einer prä-inkaischen Kultur, deren Überreste mitten in einer trockenen, bizarren Kakteenlandschaft lagen.

Von der Wari-Ausgrabungsstätte aus schnappte ich einen weiteren Minibus, um ins Dörfchen Quinua zu fahren, von wo es nur ein 20-minütiger Fußmarsch bis zum Denkmal der Pampas de Ayacucho war. Das Denkmal, ein weißer Obelisk, war bereits von Weitem zu sehen und war umringt von einer großen peruanischen Touristengruppe, die alle, so wie ich, einmal hinaufsteigen und den Blick in die Umgebung genießen wollten. Der Obelisk erinnert an die Schlacht bei Ayacucho am 9. Dezember 1824, bei der die Spanier den Peruanern unterlagen und somit die Unabhängigkeit Perus besiegelt wurde. Auf dem Weg zurück nach Quinua schaute ich in einige kleine Läden und Künstlerhöfe hinein. Hier, in weißen Häuschen entlang einer gepflasterten Straße, werden Keramikarbeiten, wie z. B. Figuren oder Minikirchen, gefertigt, die man sich einer andinen Tradition zufolge als Glücksbringer auf’s Dach stellt. Aus Cuzco und Umgebung waren mir noch die Tonarbeiten der von zwei Stieren flankierten Kreuze (Torito de Pucará) in Erinnerung geblieben, die sich die Bevölkerung ebenso als Glücksbringer auf’s Dach stellte. Ayacucho selbst hatte übrigens auch eine typische Handarbeit aufzuweisen, so genannte retablos. Das sind bunt bemalte Flügelaltare aus Holz, in deren Inneren mit Schnitzereien Szenen des kirchlichen oder alltäglichen Lebens dargestellt sind. Davon konnte ich mir einige im kostenlosen Volkskunstmuseum (Museo de Arte Popular) anschauen.

Machu Picchu – „Mystical Experience“ und Selfie-Stick-Terror

Dienstag, 6. September 2016: Es ist soweit! Heute würden wir der Inkastätte Machu Picchu aus dem 15. Jahrhundert einen Besuch abstatten. Schon auf der Zugfahrt mit „Inca Rail“ hatte man uns ja eine „Mystical Experience“, also ein mystisches Erlebnis, versprochen und das musste doch nun überprüft werden! Alles andere als mystisch war zunächst der vom Rest der Außenwelt abgeschnittene und nur per Zug erreichbare Ort Aguas Calientes, in dem wir die Nacht vorher übernachtet hatten: touristenüberlaufen, vollgestopft mit Touristenrestaurants und Hotels, völlig überzogene Preise – das konnte auch die schöne Lage tief in den Bergen nicht wett machen.

Um Aguas Calientes, diesem surrealen Ort, zu entkommen nahmen wir also Dienstagmorgen den völlig überteuerten Bus hoch bis an den Eingang zu Machu Picchu. Der Einlass war gut organisiert und schnell abgewickelt (wir hatten die Tickets bereits vorher online gekauft), so dass wir bald am ersten Aussichtspunkt standen und Machu Picchu betrachten konnten. Was soll ich sagen? Es war wirklich grandios und beeindruckend die Anlage im Morgennebel vor sich zu sehen. Einzig die Touristenmassen um uns herum, die wir belustigt-schockiert beobachteten , störten die „mystische“ Atmosphäre etwas. Ich glaube, die Wahrscheinlichkeit am Machu Picchu von einem Selfie-Stick erschlagen zu werden, war ziemlich hoch und eine nicht von der Hand zu weisende Gefahr. 😉

In unserem Online-Ticket war ein Aufstieg zu einem der beiden Berge, die Machu Picchu umgeben, inklusive. Wir hatten uns für Montaña Machu Picchu entschieden , zu dem der Einlass tatsächlich an einem weiteren Eingangstor kontrolliert und reguliert wurde. Wir stiegen Stufe um Stufe empor und konnten „MaPi“ bald umgeben von grüner Tropenvegetation aus der Vogelperspektive betrachten. Man konnte so nun auch einen Eindruck seiner besonderen Lage bekommen: auf einem Bergrücken (2.430 m hoch) gelegen umgeben von weiteren Bergen und zu Füßen das Heilige Tal mit dem Río Urubamba, der sich mäanderförmig um die Berge herumschlängelte. Echt faszinierend! Weniger faszinierend war hingegen der treppenreiche Aufstieg, der sich fast zwei Stunden hinzog und kein Ende zu nehmen schien. Als wir endlich fix und fertig und völlig verschwitzt auf dem Gipfel ankamen, empfingen uns bereits überall herumsitzende Touristen und Aufseher, die darauf achteten, dass man sich nicht zu nah an den Abgrund setzte.

Der Abstieg ging natürlich deutlich schneller und wir freuten uns darauf uns einfach nur auf eine Wiese setzen, die Schuhe lüften und etwas essen zu können. Ein paar vorbeikommende Schicki-Micki-Touristen in blitzblank weißen Turnschuhen und den neuesten Wanderklamotten in Neonfarben sahen uns etwas unverständlich an, fragten sie sich doch sicher, wie man beim Besuch des Machu Picchu so ins Schwitzen geraten könne und zudem so viel laufen könne, dass man danach die Schuhe ausziehen müsse. Vielen, die Machu Picchu im Rahmen einer Pauschalreise besuchen, ist es nämlich gar nicht bekannt, dass man neben der eigentlichen Anlage auch noch die Berge drumherum, sowie einige weitere Aussichtspunkte (z. B. Puesto de Vigilancia) ansteuern kann. Die meisten halten sich auch nur zwei bis drei Stunden in der Inkastätte auf und folgen dem mit Pfeilen markierten, touristengerechten Weg durch die alten Mauern hindurch. Das taten wir natürlich auch noch, ließen uns aber viel Zeit damit. Insgesamt verbrachten etwa sieben Stunde in „MaPi“! Bei der Besichtigung war es gar nicht so wichtig die historischen Hintergründe zu kennen – es gab auch keinerlei Erklärtafeln dazu. Man hätte sich dafür einen der Guides am Eingang mieten müssen. Grob gesagt, galt die vom neunten Inka Pachacutec (siehe Cuzco) designte Anlage als politisches, religiöses und administratives Zentrum und sollte Cuzco mit dem Dschungel verbinden. Es führen insgesamt acht verschiedene Wege zu Machu Picchu und man hätte z. B. im Rahmen einer viertägigen Inka-Trail-Tour durch das Heilige Tal hindurch bis zu „MaPi“ wandern können. Das hoben wir uns allerdings für das nächste Mal auf; der Aufstieg zu Montaña Machu Picchu hatte für diesen Tag völlig gereicht!

Unter diesem Link kann man sich übrigens den Reisebericht und Fotos des US-amerikanischen Historikers Hiram Bingham anschauen, der 1911 als erster Westler Machu Picchu „entdeckte“; die indigene Quechua-sprechende Bevölkerung vor Ort hatte die Inkastätte natürlich bereits vorher gekannt.

Nach diesem ausführlichen Rundgang auf dem Machu-Picchu-Gelände machten wir uns an den Abstieg zurück ins Tal nach Aguas Calientes, wo wir noch am selben Abend den Zug nach Ollantaytambo nehmen würden. Beim Abstieg merkte ich wie gut es gewesen war, dass wir morgens den Bus nach oben genommen hatten: weitere hunderte von Stufen. Unten im Tal angekommen konnte ich kaum mehr laufen und war einfach nur froh, als wir endlich im Zug saßen.

Hippieloch Valle Sagrado (Heiliges Tal)

Bevor wir zum ultimativen Highlight unserer Perureise, dem obligatorischen Besuch des Machu Picchu, kommen sollten, verbrachten wir zwei Tage im Valle Sagrado, dem Heiligen Tal. Das Tal, durch den der Urubamba hindurchfließt, wird seit der Inkazeit für Ackerbau genutzt. Von Cuzco aus ging es per Minibus in den ersten größeren Ort, das in der Schlucht gelegene Pisac, ein wahres Hippieörtchen wie sich herausstellte. Wir landeten zum zweiten Frühstück in „Ulrike’s Café“ nachdem wir bereits an diversen Werbeschildern für Aufenthalte zur spirituellen Einkehr mit Yoga-Sessions, Esoterik-Läden und an einem auf einem Wok musizierenden Hippie vorbeigekommen waren. Im Café dann fast schon Berlin-Atmosphäre: westliche Hippster-Einzelgänger, die auf ihren Laptop starren, dazu Kaffee mit Sojamilch. Aber: ein sehr schön eingerichtetes Café! Wieder draußen war der Wochen- und Handarbeitsmarkt nicht zu übersehen. zog er sich doch durch die ganze Innenstadt. Hier kamen alle zusammen: einheimische Leute aus dem Heiligen Tal, westliche Hippies und westliche Touristen.

Am zeitigen Nachmittag fuhren wir weiter nach Urubamba, wo wir eine Nacht verbringen würden. In der Stadt schien an diesem Sonntagnachmittag nichts los zu sein bis wir – ja bis wir erneut auf Hippies trafen! Diesmal auf einem Markt für regionale und biologische Produkte, der aller zwei Wochen in einem alten Gehöft mit Café und Yoga-Studio stattfindet und auf dem Händler aus dem ganzen Heiligen Tal ihre Produkte verkaufen. Irgendwie muss uns dieser Ort magisch angezogen haben! 😉 Wir probierten Chicha-Wein und Säfte, Empanadas und Naturkosmetik während erst eine Frauengruppe Flamenco auf der Wiese übte und dann eine Hippie-Band Musik spielte. Alles ganz entspannt und gechillt! Wir fragten uns die ganze Zeit nur, was denn eigentlich die Peruaner über diese ganze Hippie-Bewegung dächten. Interessanterweise stieß ich auf einen SPIEGEL-Artikel von 1978, der bereits in dieser Zeit das Hippie-Phänomen im Heiligen Tal beleuchtet:

SPIEGEL-Artikel vom 18. Dezember 1978 „Cusco lockt wie eine Droge“

Von Urubamba aus hatten wir uns für den nächsten Tag zwei Ausflugsziele vorgenommen, die Terrassen von Moray und die Salinen von Maras. Nach einer nicht enden wollenden Wanderung durch eine aber beeindruckend weite Landschaft kamen wir endlich an den runden Terrassen von Moray an. Sie sollen den Inkas angeblich als Experimentierstätte zum Anbau verschiedener Pflanzen gedient haben, da jede Terrassenstufe ein anderes Mikroklima aufweise.

Von Moray aus danach noch zu den Salinen zu wandern schien uns konditions- und zeitmäßig nicht drin zu sein, so dass wir auf dem Parkplatz kurzerhand einen Fahrer eines Touristenbusses ansprachen und gegen Entrichtung eines kleinen Transportgeldes mit einer Reisegruppe bis zum Eingang der Salinen fahren konnten. Wow, das war echt beeindruckend! Ein Wirrwarr aus verschiedenen Salzbecken unterschiedlicher Weiß-Schattierungen, in die salzreiches Wasser aus den Bergen eingeleitet wird, dann verdunstet und schließlich zusammengekehrt und in Säcke verpackt wird. Die einzelnen Becken sind dabei unter verschiedenen Familien aufgeteilt, die sie bewirtschaften, und am Ende verdienen alle am Verkauf der Salzprodukte mit. Schon in Cuzco hatte man z. B. rosafarbenes Salz aus Maras kaufen können. Gefolgt von einer rüstigen deutschen Rentnerreisegruppe machten wir uns an den Abstieg von den Salinen hinunter zur Hauptstraße, an der wir einen Minibus bis ins westlich gelegene Ollantaytambo nahmen. Für den Abend hatten wir nämlich ein sauteures Zugticket bei „Inca Rail“ gebucht, mit dem wir in den Quasi-Vorort von Machu Picchu, Aguas Calientes, fahren würden. Am nächsten Tag stand nämlich endlich die Machu-Picchu-Besichtigung auf unserem Programm, doch dazu mehr in meinem nächsten Blogeintrag.

Nach Ollantaytambo verschlug es uns jedoch nach Machu Picchu noch einmal für eine Nacht und so hatten wir Gelegenheit die dortigen riesigen Inka-Ruinen in den umliegenden Bergen zu besichtigen, die als Festung (Schutz vor den Spaniern) und Tempelanlage zugleich gedient hatten, und einen leckeren Cappuccino auf dem wuseligen Plaza de Armas zu trinken. Diesmal ganz ohne Hippies.

Cuzco – „Nabel der Welt“ in Pumaform

Cuzco ist die ehemalige Hauptstadt des Inkareiches. Der Name stammt vom Quechuawort Qosq’o, was so viel wie „Nabel der Welt“ bedeutet und die damalige Wichtigkeit der Stadt unterstreicht. Heute ist Cuzco die drittgrößte Stadt Perus, bildet ein Drehkreuz zwischen Anden und Regenwald und ist die größte Stadt im Dunstkreis des Machu Picchu, weswegen täglich hunderte von Touristen in sie einfallen. Stadtplaner Pachacutec, der neunte Herrscher über das Inkareich (1438-71), designte Cuzco in Form eines Pumas wie man unter diesem Link sehen kann. Warum in Form eines Pumas? Das Puma symbolisiert eine von drei in der Inka-Mythologie existierenden Welten. Die „obere Welt“ (Hanan Pacha) wird dabei durch den Kondor, die „diese Welt“ (Kay Pacha) durch das Puma und die „untere Welt“ (Ukhu Pacha) durch die Schlange symbolisiert. Im Prinzip gibt es also einen „Himmel“, eine Welt der Lebenden und eine Unterwelt der Toten vergleichbar mit dem griechischen Hades.

In ganz Cuzco konnte man den Hauch des Inkareiches noch an jeder Ecke spüren: Hausmauern oder Kirchen sind auf den Steinen ehemaliger Inkatempel errichtet, die Regenbogenfahne als Flagge des Inkareiches (Tahuantinsuyo) schmückt viele Gassen, wir wohnten einer Inka-Zeremonie auf dem Tempelgelände Qorikancha bei und besuchten drei außerhalb Cuzcos liegende ehemalige Inkabauten. Doch auch die Gegenwart hat bereits gut in Cuzco Einzug gehalten: An die Kolonialarchitektur angepasste Mc Donald’s und Starbucks-Läden, schicke Designershops mit der neuesten Alpakawollmode und schicke Designerhotels, israelische Kebabläden und israelische Touragenturen mit hebräischen Schildern, etc. Moment, israelisch? Ja, ganz richtig. Cuzco und das naheliegende Heilige Tal sind zwei von einigen Orten weltweit (wie z. B. auch Goa in Indien), die junge Israelis nach der Beendigung ihres Militärdienstes bereisen, um entweder die Sau raus zu lassen oder spirituelle Einkehr zu suchen. Witzigerweise trafen wir in Cuzco auch einen Israeli, Idan, wieder, den ich auf meiner Kubareise in Baracoa kennengelernt hatte. Aber nein, es war kein zufälliges Treffen gewesen, sondern wir hatten uns verabredet, da wir bereits in Kuba festgestellt hatten, dass wir später zur gleichen Zeit in Peru unterwegs sein würden. Idan erzählte uns, dass er auf der Straße tatsächlich oft direkt auf Hebräisch angesprochen wurde und man ihm wahlweise Drogen, Massage mit „Happy End“ oder einen Ausflug aufschwatzen wollte.

Mir gefiel Cuzco jedenfalls mit seinen schmalen Pflastersteingassen, den kleinen Läden und gemütlichen Cafés und Restaurants, sowie den zahlreichen festlichen Umzügen ausgesprochen gut. Wie mir die Familie unseres Gästehauses nämlich bestätigte, findet in Cuzco ständig irgendein Fest statt. Wir wurden Zeugen der Umzüge zu Ehren des Señor de Qoyllurity und der Virgen de la Natividad, bei denen sich andine und christliche Kultur mischen und verschiedene Gruppen, die an Karnevalsgruppen erinnern (comparsa), verkleiden, mit Blaskapellen durch die Gassen marschieren und Tänze aufführen. Die Kostüme übertrafen sich gegenseitig an Buntheit und Ausgefallenheit und ich war völlig überfordert mit den ganzen Eindrücken.

In Cuzco musste dann auch endlich einmal das probiert werden, was immer so stereotyp mit peruanischem Essen verbunden wird, nämlich Meerschweinchen. Ly bestellte ein halbes (naja, ist ja ohnehin nicht viel dran) und wir kosteten, waren aber beide nicht gerade begeistert davon. Irgendwie war es zu lasch im Geschmack… Auf jeden Fall konnte dieser kulinarische Punkt nun auch abgehakt werden.

An unserem zweiten Tag in Cuzco nahmen wir nach einem stärkenden Frühstück in der Plastiktüte (warmes, flüssiges Quinoa oder Maca mit Apfel) einen Minibus nördlich hinaus aus der Stadt bis zur Ausgrabungsstätte Tambomachay, einem ehemaligen zeremoniellen Inka-Bad. Von dort aus war es nur ein Katzensprung, um bis zur Festung Pukapukara zu laufen. Von dort aus wanderten wir weiter bergab bis zur größten Ausgrabungsstätte Sacsaywamán. Auf Quechua bedeutet das „zufriedener Falke“, da sich aber die meisten Touristen diesen Namen nicht merken, geschweige denn ihn aussprechen können, soll man meinem Reiseführer nach an „sexy woman“ als Eselsbrücke denken. 😉 Die Zickzack-Steinwände, die ihr unten auch auf den Fotos sehen könnt, sollen übrigens die Zähne des Puma darstellen, in dessen Form Cuzco ja, wie anfangs erwähnt, gebaut worden ist. Die ganze Ausgrabungsstätte ist echt weitläufig und schon beeindruckend, allerdings waren wir von unserer Wandertour schon etwas geschafft, so dass wir den Aussichtspunkt über Cuzco und die Lamas auf der Wiese vor Sacsaywamán weitaus spannender fanden. 😉

Dresden-Nazca-Connection

„Nasca ist das Land des ewigen Sonnenscheins und ich sehe vor mir schon die weiten Horizonte der Pampa, die sich braunrot in der Sommersonne ausbreitet, einsam und geheimnisvoll, ohne eine Spur von tierischem oder pflanzlichem Leben, geschweige denn Menschen. Für viele ist es zu öde und verlassen, für mich ist es mein Land, und ich fühle mich eins mit dem weiten Himmel, dem dunklen steinigen Boden, der weiten Ebene, auf der ein Mensch sich verliert wie ein kleiner unsichtbarer Punkt in der Ferne. Ich spüre bei der Arbeit nicht Hunger und Durst und älter werden.“ Ein Zitat der deutschen Nazca-Linien-Forscherin Maria Reiche, das die Landschaft rund um Nazca, eine 23.000-Einwohner-Stadt etwa 450 km südlich von Lima gelegen, sehr treffend beschreibt. Den Namen Nazca verbindet man eigentlich immer nur mit den Nazca-Linien und tatsächlich, die Stadt an sich ist recht uninteressant, wenn man mal von den leckeren Fruchtsäften und Nachtischen absieht, die wir dort zu uns nahmen. 😉

So hatten Ly und ich für Donnerstagvormittag (25. August) über unser Hostel einen obligatorischen Rundflug über die Nazca-Linien gebucht. Wir wurden von einem Touristenbus direkt am Hostel eingesammelt und zum winzigen Flughafen von Nazca gebracht, wo der Check-In sehr schnell vonstattenging. Nur der Start ließ ewig auf sich warten. Nun ja, genug Zeit, um sich den Dokumentarfilm in „Indiana-Jones-Manier“ über die Geschichte der Nazca-Linien anzuschauen, deren Ursprung und Zweck bis heute nicht eindeutig geklärt sind. Es gibt Theorien darüber, dass die Linien (Geoglyphen = „Scharrbilder“) Teil eines astronomischen Kalenders, Wege zwischen religiösen Kultstätten oder dass die Linien selbst in Rituale eines präkolumbianischen Fruchtbarkeits- oder Wasserkults eingebunden gewesen seien. How ever, nun wurde es ernst und Ly und ich, sowie weitere vier Passagiere begaben uns zu dem kleinen Flugzeug, das uns gleich mit auf einen rund 30 minütigen Rundflug über die mysteriösen Nazca-Linien nehmen sollte. Der Pilot riet uns immer schön den Horizont im Blick zu behalten, denn wir würden die im Sand sichtbaren Figuren stets einmal links und einmal rechts herum umfliegen, damit jeder etwas sehen könne. Manchmal war es etwas schwierig die konkreten Figuren (z. B. Kolibri, Affe, Astronaut, Papagei) überhaupt zu erkennen, dafür sah man aber überall die schnurgeraden Linien, die die Wüstenlandschaft surreal durchkreuzten und die selbst wiederum durch die schnurgerade Straße der „Panamericana Sur“ durchschnitten wurden. Als wir wieder gelandet waren und festen Boden unter den Füßen hatten, war Ly die Freude darüber echt ins Gesicht geschrieben. Ihr Magen hatte den Ausflug im Gegensatz zu meinem wohl nicht so toll gefunden, was wohl auch daran gelegen haben muss, dass ich an diesem Tag auf Anraten des Hostelrezeptionisten auf ein Frühstück verzichtet hatte.

Und woher kommt nun die Dresden-Nazca-Verbindung wie im Titel dieses Blogeintrags steht? Ganz einfach: Die deutsche Forscherin Maria Reiche, die die Nazca-Linien Zeit ihres Lebens erforschte, war 1903 in Dresden geboren worden, wo sie später Mathematik, Physik und Geographie studierte. 1932 verschlug es sie als Hauslehrerin des Deutschen Konsuls nach Cuzco, Peru, und ab 1946 arbeitete sie an der Erforschung der Nazca-Linien, von denen sie durch einen US-amerikanischen Kollegen gehört hatte. Sie zog in eine kleine Hütte nicht unweit der Linien, die man heute als Museum besichtigen kann. Bis zu ihrem Tod im Alter von 95 Jahren in Lima hatte sie zahlreiche deutsche und peruanische Auszeichnungen und schließlich sogar die peruanische Staatsbürgerschaft erhalten. Heute gibt es in Dresden eine „Maria-Reiche-Straße“ und einen Verein, den „Dr. Maria Reiche – Linien und Figuren der Nasca-Kultur in Peru e.V.“, der sich für den Erhalt der Nazca-Linien einsetzt und schon ein paar interessante Aktionen durchgeführt hat. Wieder was gelernt – über die Heimat in der Ferne! 🙂