Baracoa & El Yunque – Kolumbus, raffinierte Küche und Natur pur

Baracoa, nein nicht JARABACOA, das sollte von Santiago aus meine nächste Station sein. Man fährt mit dem Touristenbus von Viazul etwa fünf Stunden zunächst an der Küste entlang, später in die Berge der Sierra de Purial hinein und kommt schließlich im kleinen, dörflichen Baracoa an, das bis zum Bau der Verbindungsstraße nach Santiago bis zur Revolution quasi vom Rest der Insel abgeschnitten gewesen und nur auf dem Seeweg erreichbar  war. Der Weg durch die Berge nach Baracoa erinnerte mich sehr an die Straße zwischen Jarabacoa und Constanza in der DomRep und in ähnlich schlechtem Zustand wie die in Kuba muss die Straße wohl vor ihrer Renovierung auch in der DomRep gewesen sein. Damals brauchte man jedenfalls ebenfalls fünf Stunden von Jarabacoa nach Constanza; heute sind es 1,5 Stunden.

In Baracoa hatte ich über AirBnB ein sehr nettes Casa Particular gefunden und erkundete am ersten Tag zusammen mit Johan, einem Belgier, den ich auf der Busfahrt kennengelernt hatte, das Städtchen. Hier übrigens legte Kolumbus 1492 angeblich zum ersten Mal in Kuba an, was ein Holzkreuz in der Kathedrale (Catedral Nuestra Señora de la Asunción) und ein Denkmal an der Strandpromenade bezeugen. Und, da Baracoa in ganz Kuba für seine raffinierte Küche berühmt ist, die ja sonst mit Sandwichs und fettiger Käsepizza eher zu wünschen übriglässt, mussten wir natürlich in einem örtlichen Restaurant essen gehen. Eine Spezialität des Ortes ist Fisch bzw. sind Meeresfrüchte in Kokosnusssoße, da die Region neben Kakao v.a. auch Kokospalmen  anbaut. Die Kokosprodukte halfen den Menschen in der Zeit der „Periódo Especial“ in den frühen 1990er Jahren, als es aufgrund der Wirtschaftskrise im Zuge des Zusammenbruchs der Sowjetunion nicht mehr genug zu essen gab, zu überleben, wie mir mein Gastgeber später erzählte. Die Meeresfrüchte mit Kokossoße jedenfalls schmeckten herrlich, nur leider war mein Magen nicht ganz so begeistert von dem Essen und verabschiedete sich schnell wieder davon. 😦

So war ich am nächsten Morgen leider etwas geschwächt und konnte das riesige Frühstück mit einer Thermoskanne Kaffee und einer Thermoskanne frischen Kakaos inklusive leider gar nicht richtig genießen und musste mir den Rest für den Tag einpacken. Mit Johann hatte ich geplant einen Ausflug in den Nationalpark Alejandro von Humboldt zu machen. Doch der Taxifahrer, mit dem wir am Abend vorher noch eine Vereinbarung getroffen hatten, tauchte nicht auf und so sahen wir uns gezwungen, uns im staatlichen Touristenbüro von CUBATUR eine andere organisierte Tour zu suchen. In den Nationalpark konnten wir leider aufgrund von Regen nicht fahren und so entschieden wir uns einen Ausflug auf den Tafelberg El Yunque zu machen, der quasi das Wahrzeichen Baracoas darstellt. Wir wanderten als Kleingruppe von zehn Leuten los und mussten als erste Hürde durch einen Fluss waten, der mir teilweise bis zu den Oberschenkeln ging und ich ständig Angst um meine Kamera hatte. Ein bisschen sauer war ich schon, dass sie uns nicht vorgewarnt hatten. Aber bis zum Zwischenstopp an einer Hütte hatte ich erst einmal mit meinem noch immer grummelnden Magen und meines Schwächegefühls  zu kämpfen, was sich aber schlagartig besserte als mir ein Mädel aus unserer Gruppe Traubenzucker gab. So kamen wir alle oben an, machten ein paar Fotos und konnten aber leider aufgrund des diesigen Wetters nicht allzu viel von der Umgebung sehen.

Der Abstieg gestaltete sich als äußerst schwierig: Er war durch Schlamm extrem rutschig und ich wurde wieder einmal sauer auf den Tourveranstalter, da ich extra noch gefragt hatte, ob ich die Tour mit meinen leichten Turnschuhen überhaupt machen könne und ob es nicht zu gefährlich sei wegen des Schlamms. „Ah sí sí, no hay problema.“ (Ah doch, doch, kein Problem!) hatten sie mir geantwortet. Ich aber hätte mir meine knöchelbedeckenden Wanderschuhe in diesem Moment gerne gewünscht. Und dann passierte, was passieren musste: Ein Mädchen aus unserer Gruppe rutsche beim Runtergehen aus und „knack“ brach sich den Knöchel. Es war schrecklich mit anzuhören und anzusehen! Ihr Fuß wurde stabilisiert und der Guide nahm sie auf seinen Rücken, um sie runterzutragen. Gleichzeitig konnte er nicht so schnell runterlaufen wie er wollte, da er auch noch für uns als restliche Gruppe verantwortlich war. Auch das war also schlecht organisiert worden: Wahrscheinlich schicken sie, um den Preis zu drücken, immer nur einen Guide pro Gruppe mit, wobei zwei nötig gewesen wären. Wir anderen aus der Gruppe verzichteten breitwillig auf die Programmpunkte Obstessen an der Zwischenhütte und Baden im Fluss, um so schnell wie möglich nach unten zu gelangen und das Mädel in ein Taxi Richtung Baracao setzen zu können. Das erste Taxi bekam die Tür nicht zu als sie mit ausgestrecktem Bein auf der Rückbank saß und so musste sie erneut gefühlt ewig warten bis ein zweites Taxi kam. Die Verzögerung wurde uns mit dem allgemeinen Benzinmangel erklärt. Gottseidank war „nur“ ihr Knöchel gebrochen und nichts wirklich Akutes vorgefallen wo schnelle Hilfe vonnöten gewesen wäre…

Am Abend lernten Johan und ich in einem Restaurant übrigens einen Israeli kennen, der uns erzählte, dass er tagsüber einen Ausflug zum Nationalpark Alejandro von Humboldt gemacht hatte und der Regen kein Problem dargestellt hätte. Na toll! Aber nun gut, ein Grund noch einmal herzukommen!

Nach einem weiteren Tag in Baracoa, an dem ich ein paar Museen und den Strand erkundete, fuhr ich per Bus wieder nach Santiago zurück, wo ich noch ein paar Festivaltage der „Fiesta del Fuego“ (Fest des Feuers) mitnahm. Am Freitag ging es schließlich von Santiago per Nachtbus zurück nach Havanna, wo ich noch den Samstag zum weiteren Sightseeing nutzte. Sonntagmorgen sollte es mit der Fluggesellschaft „Cubana de Aviación“ zurück nach Santo Domingo gehen. Als ich die Check-In-Halle betrat, war mein Flug um 9.40 Uhr nicht angezeigt und auf Nachfrage am Schalter wurde mir mitgeteilt, dass er wahrscheinlich erst gegen 14 Uhr fliegen würde, was später auf 16.45 Uhr korrigiert wurde. Irgendwann sammelten sich sämtliche, v.a. dominikanische Passagiere, vor dem Büro der Fluggesellschaft, um an irgendwelche neuen Informationen zu gelangen, denn diese wurden einem nie offiziell kommuniziert. Immer war es so, dass einer der Passagiere in das Büro spazierte, nachfragte und es den anderen dann mitteilte. So hieß es dann, am heutigen Tag würde es keinen Flug mehr geben und es würde nun eine Hotelübernachtung für uns organisiert. Ich war völlig frustriert, zumal ich mein ganzes Bargeld aufgebraucht hatte, kein Neues abheben wollte und weder Handyempfang noch Internet hatte, um meine Gastfamilie und meine Familie in Deutschland zu informieren. Immerhin bekamen wir einen 5 CUC-Gutschein, um uns etwas in der Cafeteria kaufen zu können.

So wurden wir also wieder nach Havanna zurück in ein staatliches Hotel in der Nähe des Plaza de la Revolución gekarrt, wo Übernachtung und Essen für uns bezahlt wurden. Es war an sich schon ein Erlebnis, v. a. das überbordende, aber doch fade Abendbuffet, aber ich war die ganze Zeit am Überlegen wie ich meiner Gastfamilie wegen meiner Verspätung Bescheid gegen könnte. Einer der Barkeeper lieh mir zum Glück sein Handy aus, von dem ich eine SMS an meine Gastmutter Lourdes schrieb und, da ich mir nicht sicher war, ob die SMS richtig verschickt worden war, versuchte ich sie noch mit meiner Telefonkarte anzurufen. Ich hörte zwar sie, aber sie nicht mich. Also rief ich meine Mit-Freiwillige Sarah noch an, teilte ihr mit, dass ich erst am nächsten Tag käme, wann auch immer, und schwupps, war das Telefongespräch mangels Guthaben auch schon beendet. Was für ein Stress!

Am nächsten Morgen wurden wir 4:30 Uhr am Hotel eingesammelt und zurück zum Flughafen gefahren. Der Check-In ging erstaunlich schnell, nur als wir schon am Abfluggate saßen, ließen sie uns wieder ohne Informationen warten; das Gate wurde noch mehrmals gewechselt, und so hatte ich schon Angst, dass wir auch an diesem Tag nicht mehr fliegen würden. Nach ewigem, sinnlosem Warten dann endlich der Aufruf an Bord zu gehen – ich war echt erleichtert! Danach verlief alles reibungslos: Flug nach Santo Domingo – Fahrt zur Caribe-Tours-Busstation – Busfahrt nach Jarabacoa, wo ich ziemlich fertig endlich am Montagabend eintraf. Eine Reise, die mir definitiv in Erinnerung bleiben wird! 😉

So nah und doch so fern: San Juan de la Maguana und ein Ausflug zum haitianischen Markt nach Comendador

So nah und doch so fern – San Juan de la Maguana, eine Stadt, in der gleich sechs Freiwillige unserer Gruppe wohnen, und die in Luftlinie eigentlich nicht weit von Jarabacoa entfernt liegt, vielleicht 60 km. Da es jedoch keine gut ausgebaute direkte Straßenverbindung gibt (nur eine unbefestigte Straße zwischen Constanza und San Juan), zieht sich die Anreise doch mächtig in die Länge: 2,5 Stunden mit dem Bus von Jarabacoa in die Hauptstadt und von dort 3 Stunden mit dem Bus nach San Juan + Wartezeit in der Busstation. Am 18. und 19. Mai sollten wir in San Juan in den Räumlichkeiten der Partnerorganisation FECADESJ von unseren Mitfreiwilligen Sarah und Manuel einen GIS-Kurs erhalten und so machte ich mich auf den langen Weg.

Der Kurs bot natürlich gleichzeitig eine super Gelegenheit die Freiwilligen vor Ort zu besuchen und San Juan kennenzulernen, eine Stadt, die mich tatsächlich überraschte: Zum Einen ist sie sehr weitläufig und so muss man zu Fuß ziemlich weite Strecken zurücklegen. Zum Anderen weil San Juan wirklich eine sehenswerte, hübsche Stadt ist, die es sich wirklich als Stadt zu besichtigen lohnt, so wie es meiner Meinung nach eigentlich nur wenige in der DomRep gibt (wenn, dann die Kolonialzone in Santo Domingo und das Zentrum Puerto Platas). In dem Stadtviertel, in dem ich übernachtete, gab es zu meiner Freude zudem ziemlich viele, noch gut erhaltene traditionelle, farbenfrohe Holzhäuser wie ihr unten auf den Fotos sehen könnt. Und noch eine Sache überraschte mich positiv: In San Juan war angeblich im Zuge irgendwelcher Olympischen Spiele (wobei die DomRep meiner Recherche zufolge nie Austragungsort war) eine große parkähnliche Sportanlage gebaut worden, die intensiv von den San Juanern genutzt wird. Auch ich und ein paar weitere Freiwillige konnten es uns nicht nehmen lassen, an der abendlichen kostenlosen Zumbastunde in der Sportanlage teilzunehmen. Was jedoch auch auffiel war, dass es in der Stadt trotz ihrer doch beträchtlichen Größe an den sonst üblichen Supermarkt- oder Fastfoodketten fehlte – vermutlich, weil es sich um eine der ärmeren Provinzen des Landes handelt, die Kaufkraft gering und wenig bis kaum Tourismus vorhanden ist (außer, dass ab San Juan eine weitere Route zum Pico Duarte hinaufführt).

Die Stadt gilt aber auch als eine Art spirituelles Zentrum: Zur Zeit der Sklavenaufstände im 18. Jahrhundert waren viele (afrikanische) Sklaven in die um San Juan liegenden Berge der Cordillera Central entflohen und lebten dort organisiert als „cimarrones“ mit ihren Traditionen und religiösen Kulten weiter. Noch heute weist San Juan zahlreiche religiöse Festlichkeiten auf: Prozession zu Ehren Altagracias (21. Januar), Fiesta Patronal (Patronatsfeier) (Juni), Osterprozessionen mit Gagá-Bands und „Espíritu Santo“ (Heiliger Geist)-Prozessionen, die sieben Wochen nach Ostern stattfinden. Leider habe ich davon während meines Besuchs nichts mitbekommen, so wie ich generell im ganzen Land bisher sehr wenig von der volkstümlichen Religionsausübung mitbekommen habe.

Von San Juan aus nutzen ein paar Freiwillige und ich die Gelegenheit am Freitag zum haitianischen Grenzmarkt nach Comendador (von den Dominikanern meist „Elias Piña“ wie die gleichnamige Region genannt) zu fahren. Der Markt sah ähnlich wie der aus, den ich bereits zweimal in Constanza besucht hatte: stapelweise Schuhe, Klamottenberge, Kosmetikprodukte und Haushaltsgegenstände en masse, aber hier auch Obst und Gemüse und das haitianische Dosenbier „Prestige“ sorgfältig am Straßenrand aufeinandergestapelt. Ich lief mit Manuel Richtung Grenze, doch bis auf eine Militärfestung war nichts weiter zu sehen, zumal eine unsägliche Hitze herrschte, vor der wir uns erst einmal in den nächsten „Bon“-Eisladen retten mussten. Mittags fuhren wir in das östlich gelegene Las Matas de Farfán weiter, in der Hoffnung dort libanesisches Essen zu finden, von dem ich im Internet gelesen hatte. Das sollte es angeblich dort geben, da sich in dem Ort wie in vielen anderen der DomRep auch vor einiger Zeit Libanesen angesiedelt hatten. Auch in San Juan hatte ich z. B. ein „Hotel Líbano“ und eine „Tienda Libanesa“ gesehen und auch die Herkunft des Oppositionskandidaten Luis Abinader wurde in der Medienberichterstattung immer wieder als „libanesisch“ betont. Kurz und gut: Es gab kein libanesisches Essen in Las Matas wie wir von einem spanischen Restaurantbesitzer erfuhren und so landeten wir schließlich in einem Sandwichladen, in dem das Essen auch sehr lecker war. Auch der Parque Central entpuppte sich nicht als halb so schön wie er in meinem Reiseführer beschrieben worden war.

Comendador:

Las Matas de Farfan:

Wasserreiches Wochenende in und rund um Constanza

Noch einmal „richtig“ Constanza besuchen – das hatte ich mir für meine noch verbleibende Zeit in der DomRep vorgenommen. Bisher hatte ich die höchstgelegene Stadt der Insel ja nur zweimal im Schnelldurchlauf besucht, das erste Mal zum Día de las Mercedes im September 2015 und ein zweites Mal für eine Familienfeier im November 2015. Nun also ein ganzes Wochenende in Constanza: Da Manuel samt seinem Motorrad auch wieder mit am Start war, konnte ich den unbequemen Transport im Pick-Up umgehen und mit ihm auf dem Motorrad die Berge rauf und runter von Jarabacoa bis ins Tal von Constanza kurven. Der Blick in die Berge ist dabei immer wieder beeindruckend und gigantisch!

Nach dem „Check-In“ in unserer AirBnB-Unterkunft nahe des kleinen Flughafens, die übrigens in der ehemaligen US-amerikanischen Siedlung „Colonia Kennedy“ lag, fuhren wir südlich aus Constanza hinaus Richtung Wasserfall „Aguas Blancas“ (Weiße Gewässer). Da der Weg zunehmends uneben wurde, ließen wir irgendwann das Motorrad stehen und setzten unseren Weg zu Fuß fort. Den Wasserfall konnten wir schon von Weitem sehen, stach doch das Weiß seines Wassers aus der grünen Landschaft geradezu hervor. Wir näherten uns zunächst auf einer mitleren Ebene dem Wasserfall, der in mehrern Kaskaden in die Tiefe rauscht und angeblich der höchstgelegene Wasserfall der Antillen sein soll (um mal wieder einen Superlativ zu bemühen), und hielten erst einmal ein Picknick ab. Die ganze Umgebung des Wasserfalls war für dominikanische Verhältnisse richtig gut mit touristischer Infrastruktur ausgestattet: an verschiedenen Höhen des Wasserfalls Sitzmöglichkeiten und kleine Aussichtsplattformen aus Holz, ein Pavillon am Fuße des Wasserfalls, Toiletten, Kassenhäuschen (zum Glück war niemand da!). Während ich im einsetzenden Regen im Pavillon ausharrte, sprang Manuel in den kleinen See am Fuße des Wasserfalls wobei er meinte, dass es sich angefühlt hatte, wie als hätte er in der Arktis gebadet so kalt war das Wasser. Brrrrrrr! Im Winter gefriert der Wasserfall wohl auch regelmäßig und heißt wegen der weißen Farbe des Eises eben „Aguas Blancas“.

Den Abend verbrachten wir in einem als Pizzeria bezeichneten Restaurant, das aber (natürlich gerade an diesem Abend) keine Pizza hatte, weil der Ofen kaputt war. Die karge, an ein Bahnhofsbistro erinnernde Inneneinrichtung erinnerte mich an die einfachen Restaurants, in denen Yasmin und ich manchmal auf unserer Portugalreise im November/Dezember 2014 gegessen hatten. Der Flachbildfernseher zeigte komische Videos von Welpen oder Jetski-fahrenden Erdhörnchen, an der langen Tafel neben uns feierte eine riesen Freundesrunde was auch immer und gab von Zeit zu Zeit merkwürdige „Miau“-Laute von sich und dazu dann der super höfliche und förmliche, sehr schick gekleidete Kellner. Echt skurril! Danach fanden wir wie durch Zauberhand „La Esquina“ (Die Ecke), die Kneipe Constanzas, die uns alle wegen der großen internationalen Bierauswahl empfohlen hatten und die sogar ihr eigenes Schwarzbier herstellt, „Ferringer“, das von der Familie Ferrer gebraut wird. Es schmeckte richtig gut und kam schon fast an deutsche Schwarzbiere heran. Zudem wurde hier Rockmusik gespielt, eine Wohltat für unsere Bachata- und Merengue-geschädigten Ohren!

Am nächsten Tag waren wir noch ein bisschen in der Stadt (es war mal wieder haitianischer Markt (Pulga)) und in der Umgebung unterwegs, bevor wir uns auf den Rückweg über die Panoramastraße bis zur Autopista machten, die Autobahn, die Santo Domingo und Santiago miteinander verbindet. Ein echter Geheimtipp wie sich herausstellte! Die Panoramastraße schlängelt sich durch die grünen Berge des Schutzgebiets Ebano Verde und gab immer wieder den Blick auf die Zentralkordilleren und auf der anderen Seite auf das Cibao-Tal und die Presa de Rincon (Rincon-Stausee) bei Bonao frei. Wahnsinn, wie weit man schauen konnte! Als wir dann auf der Autopista angekommen und Kurs auf La Vega genommen hatten, brauten sich schon die dunklen Wolken über uns zusammen. Kurze Zeit später fuhren wir durch strömenden Regen nach La Vega ein und konnten sehen, dass zahlreiche Straßen wegen des fehlenden oder überforderten Abwassersystems schon komplett unter Wasser standen. Manuel brachte mich zum Glück noch bis zur Guagua-Station für Jarabacoa, so dass ich zumindest erst einmal im Trockenden sitzen konnte. Als sich das Guagua die Straße nach Jarabacoa hochquälte, konnten wir nur sehen, wie ein Reisebus in einer Kurve nur kurz vor dem Abgrund zum Stehen gekommen war und alle Passagiere verängstigt unter einem naheliegenden Mariendenkmal Unterschlupf gesucht hatten. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn die Bremsen des Busses komplett versagt hätten…

Pico Diego de Ocampo bei Santiago + Abschiedsabend in der Umweltschule Jarabacoa

Ende April stand mal wieder ein Besuch in Santiago bzw. diesmal auch in der Umgebung von Santiago an. Ich hatte nämlich im Naturreiseführer meines Mitfreiwilligen Manuels gelesen, dass es nordwestlich von Santiago den Pico Diego de Ocampo, 1.249m hoch und der höchste Berg der Nordkordilleren, zu erwandern gibt. Manuel war ebenfalls schnell überzeugt für die Wanderung von SAJOMA nach Santiago zu kommen und so fuhren wir dank Carlos, ein Freund, bei dem ich in Santiago übernachtete, mit dem Auto bis Jacagua, von wo aus wir den steilen Anstieg in Angriff nahmen. An diesem Tag war eine Affenhitze und unser Wasservorrat reichte gerade so bis zum Gipfel. Oben hatte man einen herrlichen Rundumblick, zum Einen auf das ganze Stadtgebiet Santiagos und zum Anderen bis zur Nordküste. Man konnte den unverkennlichen Berg Montaña Isabel de Torres bei Puerto Plata von hinten sehen sowie bis ans Meer bei Sosúa schauen. Das war echt ein toller Ausblick und hat den anstrengenden Aufstieg allemal wettgemacht!

Der Weg nach unten führte uns zum Glück durch ein in den Bergen gelegenes Dorf, wo wir uns unter den neugierigen Fragen der Colmado-Besucher mit neuem Wasser eindecken konnten. Alle Menschen, denen wir auf dem Weg begegneten grüßten uns höflich und waren angenehm zurückhaltend, was den Ausflug sehr angenehm machte. Wieder unten angekommen nahmen wir ein Guagua nach Santiago, gönnten uns eine ordentliche Portion „Pica Pollo“ (Chicken Wings) und fuhren dann „nach Hause“, d. h. Manuel nach SAJOMA, wo er ja wirklich wohnt, und ich zu Carlos und seiner Frau, wo mich bereits ein leckerer gekühlter Tamarindensaft erwartete. 🙂

Auf dem ersten Foto unten sehr ihr übrigens den Recycle-Garten von Carlos. Und nicht nur zum Anbau von Kräutern und Gemüse recycelt er Materialien, auch die Möbel im Haus hat er selbst aus Holzpaletten zusammengebaut, so wie man es ja aus vielen Bars mittlerweile in Deutschland kennt. Zudem durfte ich bei ihm noch selbstgemachten Minzlikör kosten und deckte mich mit ein paar seiner selbstgemachten Seifen ein, so dass ich bald wie ein wandelnder Schokoriegel duften werde. 😉

Eine Woche nach meinem Santiago-Ausflug blieb ich für ein Event an der Umweltschule von Jarabacoa vor Ort: Meine Mitfreiwillige Sarah und ich hatten seit einigen Monaten deren Englischlehrer Antonio immer mal wieder bei Englischprüfungen und -präsentationen mit den Studenten geholfen und nun stand der Abschlussabend vor der Tür. Programm: Ein Mix aus Mini-Playback- und Karaoke-Show, kleinen Sketchen auf Englisch und danach natürlich Tanz und Musik mit Bachata, Merengue & Co. Neben mir waren auch zahlreiche Amis da, die auch immer mal wieder im Englischunterricht geholfen hatten – fast alles Zeugen Jehovas, die den Abend nutzten, um (mal wieder) unter den Studenten zu missionieren (das hatten sie bereits schon während des Englischunterrichts getan!). Aber irgendwie schien das gar niemanden außer mir zu stören und selbst die Studenten, die nicht an den Zeugen Jehovas interessiert waren, nahmen das alles mit großer Gelassenheit hin. Bei uns als Sekte verschrien, werden die Zeugen Jehovas hier ziemlich wohlwollend aufgenommen, denn sogar ein Kollege erzählte mir, dass er manchmal an deren Bibelstunden teilnehme. Kein Wunder, dass es hier bis ins letzte „Kuhkaff“ einen Zeugen-Jehova-Tempel gibt… Ob ich das gutheißen soll, weiß ich nicht…

Raus ins Grüne – Campo-Arbeit bei Plan Yaque

Neben der Büroarbeit bei Plan Yaque versuche ich jede Woche mindestens einmal rauszukommen und entweder die Kollegen des Wasser- oder des Wiederaufforstungsprogramms nach draussen, auf’s „Campo“, zu begleiten. Das Gute ist, dass ich so z. B. etwas über Wasserqualitätsmessungen, die Situation der Wälder und Landwirtschaft lerne und zum anderen an Orte komme, an die ein Tourist wohl nie kommen wird, da sie in der Regel recht abgelegen sind. Wir sind meist in der Umgebung von Jarabacoa, Santiago, Constanza und Manabao unterwegs. V. a. die Berglandschaft rund um Constanza , wo Landwirtschaft sogar an den steilsten Hängen betrieben wird, hat es mir echt angetan. Aber seht selbst:

SAJOMA und die „Spanferkel“ des Karnevals von Santiago

SAJOMA – das ist das Akronym für San José de las Matas. Zumindest in der Dominikanischen Republik: Wenn man die Abkürzung googelt, gibt es noch einen zweiten Ort, der dieses Akronym für sich beansprucht, nämlich das österreichische St. Josef zu Margareten. Aber zurück in die Karibik: SAJOMA liegt ca. 1 Stunde westlich von Santiago und ich habe dort letztes Wochenende meinen Mitfreiwilligen Manuel besucht. Übernachten konnte ich im Haus seiner sehr netten Gastmutter, denn Manuel selbst kommt dort immer nur zum Essen vorbei und wohnt in einer Parallelstrasse in einer WG mit Terasse, von der man einen herrlichen Blick in die hügelige Umgebung SAJOMAS und auf die eigenartige Kombi aus Baseballfeld und dahinterliegendem Friedhof der Stadt hat.  SAJOMA ist schon etwas kleiner als Jarabacoa, dafür um einiges ruhiger und kann sogar zwei Kulturzentren aufweisen! Am Samstagabend waren wir im Kulturzentrum San José zu einer Show der baldigen Schulabgänger vom Colegio (Schüler/innen  im Alter von 16 Jahren), zu der wir über Manuel Gastmutter, die Lehrerin ist, Karten bekommen hatten. Eine „Noche Latina“, also eine lateinamerikanische Nacht, stand auf dem Programm: Der geschniegelte Moderator erwies Improvisationstalent immer wenn die tanzenden, richtig singenden, playback-singenden oder Musikinstrumenten-spielenden Schüler bei seiner Anmoderation noch nicht ganz bühnenfertig waren. Videos mit Botschaften von nicht anwesenden Lehrern oder dominikanischen Promis wurden eingespielt und am Ende erhielten alle anwesenden Lehrer ein Geschenk. Es war fast wie ein deutscher Abistreich, nur dass die Lehrer nicht verarscht wurden. Man merkte, dass Musik und Tanz den Schülern extrem wichtig war, was soweit ging, dass sie einen professionellen Tanzlehrer angeheuert hatten, um sich unterrichten zu lassen und schließlich ein Musikvideo zu drehen. Wahnsinn dieser Aufwand!

Tagsüber waren wir auf Manuels Motorrad zu zwei Stauseen nahe bei Santiago gefahren, der Presa de Bao und der Presa de Tavera, wo wir im kleinen Ökotourismusgebiet Caimito Verde etwas herumwanderten, schließlich im Stausee badeten und danach lecker frisch zubereiteten Fisch im Fischrestaurant „Teo I“ aßen. Sonntags unternahmen wir einen Ausflug zum Wasserfall Salto de Anacaona, der sich bei unserer Ankunft jedoch leider nur noch als Saltito, also „Wasserfällchen“ mit kaum Wasser entpuppte. Naja, die Wanderung am Fluss entlang hatte sich allemal wegen der Landschaft und der Pflanzenwelt gelohnt!

 

Auf dem Rückweg von SAJOMA nach Jarabacoa legte ich einen kurzen Zwischenstop beim Karneval in Santiago ein. Hier sehen die typischen Verkleidungen anders aus als in La Vega und die „hinkenden Teufel“ nennen sich hier „Lechones“, also „Spanferkel“. Warum? Die Masken, die die Leute tragen, erinnern an ein Schweinegesicht, wenn auch mit einem schnabelförmig nach vorne gebogenen Mund. Neben den „vejigas“ (Blasen), die die Verkleideten auch beim Karneval in La Vega trugen, um eventuelle aufmüpfige Besucher zu hauen, hatten die Lechones noch ein geflochtenes langes Seil dabei, dass sie wie eine Peitsche über dem Kopf schwangen und dann mit einem lauten Knall auf den Boden schleuderten. Zum Glück war die Straße, auf der die Karnevalsvereine entlangdefilierten abgesperrt, denn schnell hätte jemand ein solches Peitschenseil ins Gesicht bekommen können. Die „vejigas“ übrigens waren nicht wie in La Vega mit einem bunten Stoff überzogen, sondern erinnerten mit ihrer pergamentfarbigen Oberfläche tatsächlich an mit Luft gefüllte Tierblasen. Leider konnte ich nicht sehr lange in Santiago verweilen, da es zum Einen anfing zu regnen und ich zum Anderen die Guagua-Fahrtzeiten im Auge behalten musste. Als ich am zeitigen Abend in Jarabacoa eintraf, kam ich auch – ihr dürft raten – ja, richtig, beim Karneval von Jarabacoa vorbei. Mir fiel auf, dass ich ein paar Kostüme sehen konnte, die ich so ähnlich in La Vega letzte Woche gesehen hatte. Und ja, wie mir später der Freund meiner Gastmutter erzählte, es werden alte Karnevalskostüme aus La Vega weiterverkauft (da man sie ja nur ein Jahr anzieht), was den Käufer im Extremfall bis zu 6.000 USD kosten kann!!! Manche Dominikaner stecken ihr sauer in den USA verdientes Geld dann komplett in ein neues Karnevalsoutfit!

Kunst und Kultur am Wochenende – Santiago Revisited

Obwohl ich nun schon bereits einige Male in Santiago gewesen war, lohnt sich ein Besuch der Stadt immer wieder und wenn es „nur“ für’s Kino ist! Dies war nämlich Sarahs und meine ursprüngliche Intention gewesen Santiago Anfang Dezember erneut zu besuchen: Wir wollten uns den neuesten „James Bond“-Film anschauen und verbanden dies mit einer Sightseeingtour im Stadtzentrum. Das letzte Mal hatten wir das Zentrum Santiagos an einem Sonntag besucht, wobei die Straßen ziemlich ruhig und alle Geschäfte geschlossen gewesen waren. Diesmal fanden wir das komplette Gegenteil vor: Alle Geschäfte geöffnet, demzufolge ein wuseliges Straßentreiben mit vielen Straßenverkäufern und einkaufswütigen Menschen aber außer uns keinen Touristen weit und breit. Nun nicht ganz, denn wir landeten durch Zufall im so genannten „Mercado Modelo“, eine sich über eine ganze Straßenlänge hinziehende Markthalle, die mich sehr an arabische Märkte (Suq) erinnerte. Kleidung und Schuhe waren bergeweise in kleine Verkaufsstände gestapelt, die sich am engen Durchgang hintereinanderreihten. Am Ende des Durchgangs gelangten wir in eine Halle, die von oben bis unten mit Souvenirkitsch und Schmuckständen gefüllt war, die um einen merkwürdigen Springbrunnen in der Hallenmitte herum gruppiert lagen. Dort trafen wir tatsächlich ein paar (wenige) andere Touristen an. Generell jedoch verirren sich von dieser Spezies recht wenig nach Santiago. 😉

Wir besichtigten noch das Kulturzentrum im Palacio Consistorial (Rathaus) mit einer Gemälde- und Karnevalsausstellung sowie die dazugehörige Bildungseinrichtung, eine Art Kunstschule mit Theater- und Balletgruppe, Maleratelier und einem guten Ausblick über die Stadt und die umliegenden Berge der Cordillera Central. Weiter ging’s in Casa de Arte, das mit einer riesigen Wandmalerei schon von außen als solches zu erkennen war. Las but not least schafften wir es auch die Kathedrale Santiagos von innen zu besichtigen. Als wir eintraten kam uns erst eine große Hochzeitsgesellschaft entgegen, dann tauchte auf einmal eine Gruppe jugendlicher Pfadfinder auf – was für ein Stilmix! Wir blieben bis zum Gottesdienst und erfuhren, das just an diesem 5. Dezember der „Internationale Tag der Freiwilligen“ gefeiert wurde und die Kirche alle möglichen, in der Freiwilligenarbeit aktive Gruppe eingeladen hatte. Zu uns passte das ja letztendlich auch! Nach dem Gottesdienst wartete nun noch „James Bond“ in einem tiefgekühlten Kinosaal in einer der zahlreichen Einkaufsmalls Santiagos auf uns. Platte Story, aber tolle Drehorte! Sonntag verschlug es mich erneut ins Kulturzentrum „Centro Leon“, das diesmal eine tolle temporäre Ausstellung des haitianischen Künstlers Sacha Tebó beherbergte.

Einer meiner Lieblingsorte: Die Dünen von Baní

Bevor ich meine zwei Freundinnen Olga und Yasmin, die mich über Silvester besuchen sollten, am 28.12. in Santo Domingo einsammelte, war ich noch westlich der Hauptstadt unterwegs. Mit einem kurzen Zwischenstop in San Cristóbal fuhr ich weiter zu meiner AirBnB-Unterkunft nahe des Playa Najayo, die sich jedoch leider als absoluter Reinfall entpuppte: Das Haus dreckig, das Zimmer, in dem ich übernachten sollte, nicht vorbereitet, kein Strom, kein Wasser, kein Gas für den Herd – NADA (nichts)! Es war leider schon recht spät um noch woanders eine Unterkunft zu suchen und so half mir die Nachbarin mein Zimmer zumindest für eine Nacht herzurichten, da der AirBnB-Vermieter gar nicht da war. Mit ihr und einer Freundin war ich dann auch noch am nahegelegenen, hauptsächlich von Dominikanern genutzten Strand Playa Najayo, der in keinster Weise entspannend, dafür aber trubelig und gut zum Leutebeobachten war.

Nach einer langen, sehr dunklen (der Strom war ab 20 Uhr komplett weg) Nacht im AirBnB-Landhaus machte ich mich am nächsten Morgen sehr zeitig auf den Rückweg nach San Cristóbal, suchte mir dort ein günstiges Hotel, wo ich mein Gepäck abstellte, und machte mich auf den Weg nach Westen über Baní hin zu den so genannten Dünen von Baní beim Örtchen Las Salinas. Direkt am Meer und in einer sagenhaft schönen Bucht mit den Zentralkordilleren im Hintergrund liegen die Dünen. Ich glaubte mich in Marokko in der Wüste und war begeistert vom Kontrast zwischen hellem Sand, tiefblauem Himmel, Wolken und dem Meer in der Bucht. Zum Glück waren kaum andere Besucher vor Ort, so dass ich die Dünen fast für mich allein hatte. Nach den Dünen wanderte ich an der Straße entlang weiter Richtung Westen bis zum Hotel Salinas, zu dem ich gelesen hatte, dass man dort sehr gut Fisch essen könne. Dem war in der Tat so! Ich saß direkt an der Bucht, hatte ein paar schicke Yachten und die Berge vor der Nase und ein leckeres Tintenfischgericht auf dem Teller.

Der Rückweg nach San Cristóbal gestaltete sich unerwarteterweise ein bisschen abenteuerlich: Vom Hotel aus nahm ich ein Guagua nach Baní, wo ich im Sauseschritt noch das Stadtzentrum mit Parque Central und einigen interessanten Wandmalereien besichtigte. Soweit so gut. In Baní stieg ich in ein weiteres Guagua Richtung Santo Domingo um, das in San Cristóbal vorbeifahren würde. Auf dem Weg stiegen extrem viele Leute zu, die dichtgedrängt im Gang standen, und irgendwann kam es mir schon komisch vor, dass an einer Stelle auf einmal sehr viele Leute ausgestiegen waren und die Fahrt generell irgendwie ganz schön lange dauerte. Als ich dem Cobrador (Kassierer) sagte, dass ich am Parque Central aussteigen wollte, fragte er mich, ob das der Parque Enriquillo sei (der befindet sich in Santo Domingo). Als ich ihm sagte, dass ich den Parque Central von SAN CRISTÓBAL meinte, schaute er mich mit großen Augen an und sagte „Ah no, mi amor. Wir sind doch schon in der Hauptstadt.“ Jetzt war mir auch klar, warum an der einen Stelle so viele Leute ausgestiegen waren: Das war der Ausstieg für San Cristóbal gewesen, nur eben nicht mitten in der Stadt, wie ich gedacht hatte, sondern an der Autobahn.

Draußen war einfach nur ein riesen Verkehrsdrehkreuz mit zig Guagua-Stationen zu sehen, das sich wohl offensichtlich vor den Toren der Hauptstadt befand. Ich düste also aus dem Guagua raus und fragte mich zur Haltestelle für die Guaguas zurück nach San Cristóbal durch, da ich dort ja noch mein Gepäck deponiert hatte. Da es schon langsam dunkel wurde, war ich etwas unruhig und hoffte noch ein Guagua zu bekommen. Aber ja, kein Problem, ich fragte den neuen Cobrador ob er nach „San Cristóbal“ fahre, er nickte und ich stieg ein. Wir fuhren los und irgendwann kam der Cobrador zum Kassieren rum: „250“ (etwa 5€). Ich: „Was, so viel bis San Cristóbal?“. Er: „Nein, wir fahren nicht nach San Cristóbal, wir fahren nach San Juan de la Maguana“. Ich: „WAS????“. Oh man, ich hätte heulen können, da hatte der Typ, als ich ihn gefragt hatte, einfach nur das „San“ im Ortsnamen verstanden und den Rest gar nicht gehört. Er: „Mach dir keine Sorgen – ich regel das! Du kommst schon nach San Cristóbal.“. Zu meinem Glück machte das Guagua ohnehin eine Pause an einem Rasthof, wo der Cobrador wiederum ein anderes Guagua fand, das dort gerade auf dem Weg Richtung Santo Domingo Pause machte, und mich bis zu dem Verkehrsknotenpunkt nördlich von San Cristóbal mitnehmen könnte. Er redete mit dem Fahrer dieses Guaguas, das er mir ein Motoconcho-Taxi an die Tankstelle des Verkehrsknotenpunktes rufen solle, wenn er mich dort rausschmeißen würde. Gut, so saß ich nun im dritten Guagua, um nach San Cristóbal zu kommen. Der Fahrer schien zu telefonieren und mir ein Motoconcho zu organisieren. Als wir jedoch am Verkehrsknotenpunkt ankamen, wo er mich rausschmiss, sagte er wie beiläufig nur, dass er leider vergessen hätte, mir ein Motoconcho zu rufen und dass ich selbst sehen müsste, wie ich von dem Verkehrsknotenpunkt weg käme. Ich stolperte am Autobahnrand nach draußen und ehe ich mich über die Unzuverlässigkeit des Fahrers aufregen konnte, hatte ich ein paar Leute angesprochen, die gerade dabei waren mit dem Motorrad wegzufahren, und einer erklärte sich sofort bereit mich in die Stadt zu fahren. Was für ein Glück! Ich hatte mittlerweile echt Sorge, dass ich in dem Hotel vielleicht niemanden mehr antreffen würde oder dass sie irgendetwas mit meinem Gepäck gemacht haben könnten. Aber die Sorge war unbegründet: Als mich der Typ mit dem Motorrad bis ans Hotel gefahren und ich ihm erleichtert 100 Pesos in die Hand gedrückt hatte, sah ich, dass die Rezeption noch besetzt war und mein Rucksack wie eh und je da stand. Fix und fertig mit den Nerven freute ich mich über das einfache, aber super saubere Hotelzimmer und fiel nach einer erfrischenden Dusche wie ein Stein ins Bett. Was für eine Odyssee!!!

Rustikales Weihnachten auf dem Campo bei Jarabacoa

Weihnachten sollte dieses Jahr für mich ganz anders als in Deutschland werden, logisch, eben ein dominikanisches Weihnachten! Am 24. Dezember kam ich im Laufe des Vormittags aus Monte Cristi zurück während meine Gastmutter Lourdes noch bis Mittag arbeiten musste. Nachmittags machten wir uns dann im Auto ihres Freundes auf auf’s „Campo“ (auf’s Land), einem Ort namens Hatillo, wo ihre Eltern wohnen und wo sie aufgewachsen war. Bevor es jedoch in die Berge ging, machten wir noch eine kleine Runde in Jarabacoa: Bei einer Frau holten wir Kuchen ab und bei einem Mann Spanferkel in Plastiktüte. Traditionell wird zu Weihnachten ein Schwein auf den Grill gehauen, da dies aber ziemlich aufwendig ist, holten wir das bereits fertig zubereitete Fleisch ab. Und dieses wird, wie so ziemlich alles hier in der DomRep, natürlich in einer Plastiktüte transportiert. (Okay, bei einer Tagung von Arbeit aus haben sie das Schweinefleisch mal in einem Pappkarton angeliefert, das dann im Auto zum Tagungsort gefahren wurde. Ihr könnt euch vorstellen, dass der Karton bei der Ankunft natürlich völlig „durchgesuppt“ war und beim Anheben auseinanderfiel. Resultat: die Hälfte des Fleischs auf der Wiese, das meine Kollegen dann ganz pragmatisch mit einem Löffel auf die Aluschale schaufelten, in der das Fleisch auf das Buffet gestellt wurde. Das deutsche Gesundheitsamt sollte hier besser nicht vorbeischauen! ;-))

Aber genug der Parenthese: Nach der kleinen Einkaufstour fuhren wir in die beeindruckende grüne Berglandschaft nordwestlich von Jarabacoa und kamen nach zahlreichen Aufs und Abs am Haus von Lourdes‘ Eltern an. Es handelt sich um ein einfaches Holzhaus, wie ich es zuhauf schon in Restauración und Río Limpio gesehen hatte. Das Dach ist in diesen Häusern nicht mit den Wänden verbunden und folglich kann man alles, was vor und im Haus passiert, auch hören. In das Haus integriert ist ein kleiner Colmado, also ein Tante-Emma-Laden, den Lourdes‘ Vater neben der Landwirtschaft noch betreibt und zu dem ein überdachter Bereich mit Tischen, Stühlen und Tanzfläche gehört. Bevor es aber mit Musik, Tanz und Alkohol los ging, gab es erst einmal ein rustikales, aber sehr leckeres Weihnachtsessen: der obligatorische Reis mit Bohnen, Kartoffelsalat, Krautsalat, Schweinefleisch, Nudelsalat und Kochbananen – alles bunt auf einem Teller zusammengewürfelt und ohne großen Pathos aufgetischt und gegessen. Als besonderen Nachtisch gab es später noch Äpfel, Weintrauben, Rosinen und bunte, quietschsüße Geleefrüchte. Geschenke gibt es zu Weihnachten nicht (wenn dann bekommen Kinder am 6. Januar etwas geschenkt) und auch sonst gab es keinerlei Rituale oder besondere Bräuche. Irgendwann stellte Lourdes‘ Vater die Musikanlage an, Bachata und vor allem Merengue dröhnten durch die Weihnachtsnacht und die ersten Nachbarn kamen mit dem Motorrad, bestellten sich Bier und Rum und fingen an zu tanzen. Ich bewunderte die Ausdauer, mit der die Leute bei jedem neuen Lied aufsprangen und zu tanzen anfingen, obwohl immer wieder dieselben Lieder liefen . Was mich schon bei einem früheren Tanzbarbesuch, nun ja, ich will nicht sagen, schockiert, aber doch sehr überrascht hat, ist zudem die Gleichgültigkeit, mit der die Leute hier tanzen. In der Regel schauen sie sich beim Tanzen nicht an, sondern schauen gelangweilt aneinander vorbei und arbeiten scheinbar mechanisch die Tanzbewegungen ab. Absolute Routine! Und ich fand es in Berlin im Salsaclub immer total furchtbar, wenn mich der Tanzpartner nicht einmal anschaut, weil ich mir dann frage, warum wir überhaupt zusammen tanzen. Bei der Weihnachtsfeier jedenfalls war ich natürlich weit und breit die einzige Ausländerin und witziger- und ungewöhnlicherweise traute sich kaum einer der Männer mich, die „Americana“, zum Tanzen aufzufordern. Vielleicht weil sie dachten, ich könne es sowieso nicht? Wagte sich dann doch mal einer, so war er jedenfalls immer ganz überrascht, dass ich ja doch tanzen könne…

Die Musik dröhnte sicher noch bis irgendwann um 2 oder 3 Uhr morgens, jedenfalls konnte ich in der Nacht nicht wirklich viel schlafen, zumal auch noch heftiger Regen einsetzte. Am nächsten Morgen schob ich etwas Panik, da ich wusste, dass ich mit einem Motoconcho den schlammigen, steilen und ständig auf- und abgehenden Weg zurück nach Jarabacoa fahren musste und nur zu gut noch die Erinnerung von Río Limpio im Hinterkopf hatte. Aber letztendlich ging alles gut: Der Fahrer fuhr sehr vorsichtig und war an das Fahren auf dem Campo gewöhnt. Puh! Ich kam unbeschadet in Jarabacoa an, wo ich nachmittags meine Reise Richtung Santo Domingo fortsetzte.

Restauración und Río Limpio – gefühlt bis ans Ende der Dominikanischen Republik

Ab dem 18. Dezember bis zum 4. Januar hatten wir in unsere NGO Plan Yaque Betriebs-, also kollektive Zwangsferien, was insofern gut passte, dass ich über Neujahr ohnehin Besuch von Olga und Yasmin, zwei Freundinnen aus Berlin, mit denen ich auch schon den Kilimanjaro bestiegen hatte, bekommen sollte. Aber zunächst war ich vom 18.12. an für die Tage bis Weihnachten mit Sarah im Nordwesten des Landes nahe der haitianischen Grenze unterwegs. Nach einer Nacht in Monte Cristi fuhren wir zunächst mit dem Bus bis in die Grenzstadt Dajabón, von dort aus mit dem Guagua nach Loma de Cabrera und von dort aus hinten auf dem Pickup bis nach Restauración. Was es dort gibt, werdet ihr euch vielleicht fragen. Auf jeden Fall sehr schöne Natur und grüne Berge so ähnlich wie hier in Jarabacoa. Und des Weiteren ist dort ein weiterer Freiwilliger unserer Gruppe, Lukas, „stationiert“, den wir einmal besuchen wollten. An sich werden sich wohl sonst nur wenige Touristen in diese Kleinstadt verirren. Durch das GIZ-Büro gibt es jedoch einige Ausländer, hauptsächlich Deutsche, die in Restauración arbeiten; mal abgesehen von den Haitianern, die etwa die Hälfte der Ortseinwohner ausmachen. „Restauración“ erhielt seinen Namen übrigens 1865 als die DomRep nach erneuter spanischer Besetzung endlich ihre staatliche Eigenstaatlichkeit wiederherstellen, „restaurieren“, konnte (Einen knackig-kurzen geschichtlichen Überblick liefert Wikipedia).

Nachmittags unternahmen wir einen kleinen Ausflug zu einer nahegelegenen Badestelle und abends erlebten wir das ziemlich lustige Nachtleben Restauracions: Es fing damit an, dass ein neuer Cocktailstand mit bunter Diskobeleuchtung im Ort aufgemacht hatte, der Cocktails mit merkwürdigen Namen wie „Bin Laden“ und „Facebook“ verkaufte. Ich probierte „Bin Laden“: Ironischerweise enthielt dieser Cocktail extrem viel Alkohol und, nun ja, schmeckte nicht wirklich gut. Wir zogen weiter in eine typisch dominikanische Stätte der Abendunterhaltung: Ein Colmado (Tante-Emma-Laden) mit kleiner Tanzfläche, darauf Plastiktische und -stühle und natürlich laut dröhnender Bachata- und Merengue-Musik, zu der ein paar Leute tanzten. Danach ging’s weiter in den größten Club des Ortes, in dem für die Nacht eine Stripshow auf dem Programm stand. Hoho, naja, da wird sich schon keiner richtig ausziehen, dachte ich, da man hier dann doch recht konservativ ist. Aber nein, die Stripperin tanzte irgendwann tatsächlich „oben ohne“ und die Männer im Publikum hatten natürlich nichts gegen ihre Annäherungsversuche einzuwenden. Ganz anders als dann der (offensichtlich schwule) Stripper auf die Tanzfläche kam und versuchte sich an ein paar Frauen zu schmeißen: Diese schoben zumeist ängstlich-schüchtern-belustigt ihren Freund vor und wollten am liebsten verschwinden. Er zog sich allerdings nicht komplett aus, sondern behielt sowohl Unterhose als auch String-Tanga an. Von wegen „Stripshow“! 😉

Am nächsten Tag machten wir uns mittags zusammen mit Lukas und Marian, einem Praktikanten der GIZ, per Auto auf nach Río Limpio („Sauberer Fluss“), gefühlt dem Ende der Dominikanischen Republik. Für den staubigen, huckeligen, eigentlich nur etwa 30 km langen Feldweg brauchten wir geschlagene 1,5 Stunden! Aus unserer Freiwilligengruppe wohnen Freddy und Charlie in diesem Ort und ich muss sagen, die beiden sind deswegen echt nicht zu beneiden! Obwohl es an sich echt erstaunlich ist, wie groß Río Limpio doch ist, da man mit einem Ort solcher Größe am Ende des Feldwegs gar nicht mehr rechnet. Als wir dort waren, hatte der Ort gerade mal seit einer Woche Anschluss ans Stromnetz – keine Ahnung, wie dort alles vorher funktioniert hat! An dieser Stelle muss ich erwähnen, dass die ganze Region nahe der Grenze mit Haiti zu einer der ärmsten Regionen in der ganzen DomRep zählt und man dies z. B. anhand der einfachen Holzhütten, in denen die meisten Menschen leben, sieht, an denen wir auf der Reise vorbeifuhren.

In Río Limpio angekommen fuhren wir am Haus von Charlies Gastfamilie vorbei, nur um zu erfahren, dass sie und Freddy leider ausgeflogen waren, wir aber gerne zum Essen vorbeikommen könnten. Gesagt, getan: Wir setzten unseren Ausflug zunächst in Richtung eines Wasserfalls fort, mussten an einer Stelle des schlammigen Weges das Auto stehen lassen und mit dem Motorrad eines örtlichen GIZ-Mitarbeiters weiterfahren. SEHR abenteuerlich, da wir zu dritt auf dem Motorrad saßen, ich ganz hinten, und sich das Motorrad einen steilen, schlammigen Weg nach oben quälte. Der Motor brüllte (und ich auch), ich verbrannte mir fast die Hand beim Festhalten und fiel hinten fast vom Motorrad runter. Der dominikanische GIZ-Kollege lachte nur und konnte meine Aufregung und Angst gar nicht verstehen. Nach diesem Schreck jedoch entschädigte der herrlich-grüne, dichte Wald und der Wasserfall für alles!

Den Rückweg zum Auto legten wir (Gracias a Dios! – Gottseidank!) zu Fuß zurück. In Río Limpio erwartete uns dann bei Charlies Gastfamilie ein leckeres Essen bevor wir uns auf den ruckeligen Rückweg nach Restauración machten.