… naja, zumindest Fast-Offline-Ferien! In den 17 Tagen, die ich in Kuba verbracht habe, war ich genau zweimal insgesamt 45 Minuten im Internet und das kann man in der heutigen Zeit ja schon als „offline“ bezeichnen. Aber gut, darauf war ich vorbereitet. Aber nachdem ich mit etwa zwei Stunden Flugverspätung in Havanna eingetroffen war und zusammen mit einer Dominikanerin, die ich auf dem Flug kennengelernt hatte, im Taxi Richtung Innenstadt saß, musste ich zudem feststellen, dass ich auch keinen Handyempfang hatte und meine dominikanische SIM-Card in Kuba nicht funktionierte. Darauf war ich weniger vorbereitet gewesen, musste im Laufe des Urlaubs aber feststellen wie herrlich entspannt es sich doch lebt, wenn man mal nicht jederzeit und überall erreichbar ist.
Den folgenden Tag in Havanna verbrachte ich dann trotzdem damit nach einer Möglichkeit zu suchen meine Familie zu informieren, dass ich gut angekommen bin. Zunächst ließ ich mir von zwei sehr netten und hilfsbereiten Mitarbeitern eines Telefonladens die Wirrwarren der kubanischen Telefonkarten und Vorwahlen für die Nutzung eines der überall präsenten öffentlichen Telefone erklären. Am Ende kaufte ich eine Telefonkarte, mit der ich internationale Anrufe und Anrufe auf kubanische Handys tätigen konnte, ohne, dass der Handyhalter etwas für die Entgegennahme des Anrufs bezahlen muss. Kauft man nämlich eine nationale Telefonkarte und ruft auf einem kubanischen Handy an, zahlt der Empfänger mit. Echt doof! Aber vermutlich kommt diese Regelung daher, dass die meisten Kubaner tatsächlich noch ein Festnetztelefon haben und auch nutzen und sich viele gar kein Handy leisten können. Bei uns war es am Anfang ja auch sehr teuer von Festnetz auf ein Handy anzurufen.
Okay, erste Hürde genommen! Nun wollte ich aber doch einmal versuchen ins Internet zu kommen und fand ziemlich schnell auch einen der öffentlichen, staatlich regulierten Wifi-Spots: Erkennbar an einer Riesen Menge Leute, die sich vor einem Universitätsgebäude in der Altstadt Havannas angesammelt hatten und alle wie gebannt auf ihre Smartphones starrten. Ein fast surreales Bild in Kuba; bei uns (leider) Gang und Gäbe. Ich hatte nun also die Hoffnung mich einfach so in das öffentliche WLAN einloggen zu können. Aber Pustekuchen! Es funktionierte nicht. Ich fragte eine kubanische Familie wie das System denn funktioniere ich sie sagten, ich müsse mir eine Internetkarte mit einem Code in einem Laden der staatlichen Telefongesellschaft Nauta kaufen. Zum Glück befand sich einer in der Nähe und so stellte ich mich vor dem Laden an wie noch so oft in diesem Urlaub. Von Schlangestehen kann keine Rede sein – man ruft „El último?“ (Der Letzte?) in die Menschentraube hinein, einer meldet sich, und auf diese Person muss man nun achten, denn nach ihr darf man reingehen. Eigentlich ein cleveres System! Im tiefgekühlten Telefonladen erstand ich schließlich eine Internetkarte, mit der ich an den Wifi-Hotspot zurückkehrte.
Aber bei Eingabe des Codes in mein Handy funktionierte es immer noch nicht und ich mutmaßte, dass es entweder an der US-amerikanischen Marke meines Handys liegen müsste oder daran, dass ich keine kubanische SIM-Card hatte. Ich suchte wieder Rat bei der kubanischen Familie, genauer gesagt bei Ernesto, der mir den Tipp gab, mich mit der Internetkarte an einem der Computer im Telefonladen einzuloggen. Bevor ich mich aber wieder am Telefonladen anstellte, kam ich mit Ernesto ins Gespräch und er erzählte einige sehr interessante Dinge über Kuba, fragte mich über Deutschland und Europa aus und war erstaunlich gut informiert. Das sollte mir in Kuba noch öfter passieren: Die Leute stecken einen nicht pauschal wie so oft in der DomRep in den „Americana“-Topf, sondern fragen aus welchem Land man kommt und wenn ich dann „Deutschland“ sagte, fragten sie immer „Aus welchem Teil von Deutschland?“. Wenn ich dann sagte „Aus dem Osten“ bekamen sie große Augen und fragten „Und aus welcher Stadt?“ – „Aus Dresden.“ – „Was, aus Dresden! Ach, das kenne ich, da war 1965 einmal zu Besuch gewesen!“ etc. So geschehen z. B. mit einem älteren Herren, mit dem ich in einem kleinen Park in der Altstadt Havannas ins Gespräch kam und der mir seine halbe Lebensgeschichte erzählte. Super interessant! So hatte er z. B. als Soldat für die angolanische Unabhängigkeit von Südafrika gekämpft und war einmal in allen portugiesischsprachigen Kolonien Afrikas stationiert worden. Als ich ihm von meinen Reisen und Auslandsaufenthalten, insbesondere von Tansania, erzählte, war er begeistert und lud mich auf einen Kaffee ein. „Für 1 Moneda Nacional!“ wie er schelmisch grinsend sagte. In der touristenüberlaufenen Altstadt Havannas sind die meisten Preise nur in der Touristenwährung CUC angegeben, die an den US-Dollar gebunden ist, so dass 1 CUC = 1 USD entspricht. Die lokale Währung (Moneda Nacional oder CUP) wird nur von den Kubanern oder einigen schlauen Touristen (so wie ich, hehe) genutzt und ist extrem wenig wert: 1 CUC = 25 CUP. Wenn man bedenkt, dass das Durchschnittseinkommen eines Kubaners 20 USD = 500 CUP, fragt man sich wie die meisten Kubaner über die Runden kommen. Denn einige Produkte wie z. B. Kosmetik, Regenschirme (neben einem Fächer das Standardaccessoire jeder kubanischen Frau) und Haushaltskram erschienen selbst mir teuer. Aber ich vermute, dass es nachwievor einen florierenden Schwarzmarkt gibt. Auf einen Kaffee für 1 CUP konnte mich der ältere Herr also problemlos einladen und ich muss sagen, es war ein richtig guter, starker Kaffee! Leider verlor ich die Spur des älteren Herren später als ich ins Stadtmuseum ging und er derweil in einem Kakaoladen auf mich warten wollte. Als ich dorthin kam, war er nicht da und Telefonnummern hatten wir nicht ausgetauscht. Auch das sollte mir auf dieser Reise noch öfter passieren, dass ich Leute nach einem ersten Kennenlernen einfach wieder „verlor“, weil sie nicht am späteren Treffpunkt auftauchten, ich aber auch nicht anrufen konnte. Aber irgendwie fand ich das gar nicht schlimm, sondern Teil des Nicht-Erreichbarseins und der zufälligen Treffen, die sich eben nur in diesem Moment ereigneten.
Aber genug der Parenthese und zurück zum Internet: Nach erneutem Anstellen am Nauta-Telefonladen, konnte ich endlich das Internet an einem der Computer nutzen und eine Gut-Angekommen-Nachricht an meine Familie schreiben. Mein Gewissen war beruhigt und nun konnte ich endlich richtig auf Stadttour gehen! Zunächst erkundete ich ausführlich Havannas Altstadt, La Habana Vieja, mit ihrer an Südspanien erinnernden Kolonialarchitektur, schön renovierten Plätzen, Galerien, Museen und Wohnhäusern, die zwischen „totrestauriert“ und völlig runtergekommen schwankten, in denen aber stets Menschen wohnten. Im Stadtteil Centro, in dem sich auch mein Hostel befand, musste ich manchmal an Fotos von deutschen Städten denken, die im Zweiten Weltkrieg zerbombt worden waren – so verfallen sahen die Häuser teilweise aus. Doch es gab auch schöne Ecken in diesem Stadtteil: das Chinaviertel mit einigen chinesischen Restaurants allerdings fast ohne Chinesen, da diese wohl nach der Revolution in den 1950ern fast alle aus Kuba geflohen waren; der Malecón, die Meerespromenade, an der v. a. abends ein Spaziergang lohnt, da dann die Jugendstil- und Art-Déco-Häuser in ein herrliches goldenes Licht getaucht werden, und einige Museen. Ich besichtigte das Museum der Revolution und wie der Name schon verrät, war hier einiges Geschichtliches zur kubanischen Revolution zu lernen – natürlich aber alles regimefreundlich präsentiert. Wie ich im Laufe meiner Reise in einigen weiteren mit der Revolution in Verbindung stehenden Museen feststellen musste, wiederholten sich Fotos, Texte und Darstellungsweisen der Geschichte: ein extremer Personenkult, v. a. um Che, Cienfuegos, die Castro-Brüder und die für die Revolution gestorbenen Mitstreiter herum, die als Märtyrer präsentiert wurden und mich an die Märtyrerverehrung im Iran erinnerte. Und es herrschte eine Obsession bezüglich persönlicher Gegenstände dieser Personen, die alle in Vitrinen ausgestellt waren: Ich weiß nicht wie viele Wanderschuhe, Trinkflaschen, Mützen, Messer, etc. diese Personen tatsächlich besessen hatten – wie dem auch sei, diese Gegenstände sagten einfach GAR NICHTS aus und dienten meiner Meinung nach nur dazu die Vitrinen zu füllen und Geschichte vorzugaukeln.
Ich besuchte aber auch noch ein außerordentlich gutes Museum in Havanna, das Museum der Schönen Künste (Museo Nacional de Bellas Artes). Allein in der Sektion für kubanische Kunst verbrachte ich vier Stunden und ich war froh nicht das Kombiticket gekaut zu haben, mit dem ich auch noch in die Abteilung „universaler Kunst“ Eintritt gehabt hätte. Es war interessant zu sehen wie viele verschieden Stilarten sich in dem über Jahrzehnte hinweg von der Außenwelt abgeschnittenen Insel entwickelt hatten.
Direkt um die Ecke meines Hostels lag das Callejón Hamel, ein Gässchen, das vor Street Art nur so strotzte und, wie mir gleich in einer übereifrigen geführten Tour des Gründers erklärt wurde, ein afrokubanisches Kulturzentrum beherbergte. Das Kulturzentrum führt viele Projekte mit den Anwohnern und der daneben liegenden Schule durch und soll die Menschen für ihr afrokubanisches Erbe sensibilisieren. Eine tolle Sache! In der DomRep wäre so ein Kulturzentrum (fast) unmöglich…
Westlich meines Hostels lag die Universität von Havanna mit einem sehr schönen grünen Campus, und der berühmte Plaza de la Revolución mit Turm, José-Martí-Denkmal, einigen hässlichen betonklotzartigen Ministeriumsgebäuden und, das darf natürlich nicht fehlen, den riesigen Wandbildern Che Guevaras und Camilo Cienfuegos‘, vor denen ein Foto einfach obligatorisch ist. Zum Glück hatte mich auf dem Weg dorthin ein Medizinstudent angesprochen – mit dem ich zudem noch kostenlos in die kleine Kunstgalerie der Unibibliothek reinkam – der mich bis zum Revolutionsplatz begleitete und dann netterweise ein paar Fotos von mir machte. Umso schneller war er dann allerdings auch wieder verschwunden, als ich meinte, dass ich zwar gerne seiner Einladung zu einer studentischen Verkaufsmesse folgen würde, aber keine Zigarren für 90 USD kaufen könne und wolle…
Vom Revolutionsplatz aus besichtigte ich noch den Villenstadtteil Vedado, der fast nordamerikanisch anmutete, wo ich mich aber wegen der starken Hitze nicht lange aufhielt und schnell die stadtbekannte Eisdiele Coppelia aufsuchte. Das Eis war nichts Besonderes und zudem ziemlich teuer (man durfte nur in CUC zahlen), aber immerhin erfrischend.
Die Hitze sollte mich meine ganze Reise lang begleiten und im Süden sogar noch schlimmer werden. In Santiago de Cuba waren es an einem Tag 42°C!!! Es war definitiv um einiges heißer als in der Dominikanischen Republik und so gehörten auch bei mir bald Regenschirm und Fächer zur Standartausrüstung.
Nach drei Tagen Havanna fuhr ich per Bus weiter nach Süden nach Santa Clara, sollte aber noch einmal meine letzte Nacht (aus der zwei Nächste werden sollten) in der Hauptstadt verbringen. Aber dazu später mehr!
Ein Besuch im Casa de Africa, wo gerade eine beeindruckende Frauenkombo zu Gast war: