Wasser, Schlamm und Meer: Die Taufstätte Bethanien und ein Bad im Toten Meer

Nachdem wir die jordanische Hauptstadt am dritten Reisetag sightseeingtechnisch ganz gut „abgegrast“ hatten, fuhren wir südwestlich aus der Stadt heraus bis an den Jordan heran. Zunächst mussten wir einen Checkpoint passieren, da wir uns, so nah an der jordanisch-israelischen (bzw. jordanisch-westjordanländischen) Grenze in militärisches Sperrgebiet begaben. Dann fuhren wir durch eine surrealistisch wirkende Wüstenlandschaft bis nach Bethanien, die Stelle, wo laut Bibel Jesus durch Johannes den Täufer getauft worden sein soll. Sucht man nach Bethanien bzw. Bethany findet man einige Dutzend Orte weltweit, die so benannt sind. Ich kannte z. B. das Künstlerhaus Bethanien in Berlin-Kreuzberg, das früher einmal ein Krankenhaus gewesen war und heute unter Denkmalschutz steht. Um den Ort in Jordanien zu finden, muss man z. B. bei Wikipedia nach „al-Maghtas“ suchen, was Arabisch für „die Taufstätte“ steht, wobei umstritten ist, dass sich das biblische Bethanien tatsächlich genau an diesem Ort befunden hat. Zumindest aber wurde al-Maghtas in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen und wir konnten viele Pilgertouristen vor Ort antreffen. Unser Guide Mohamed erzählte uns, dass die Taufstelle am Jordan bis 1994 nicht für Jordanier zugänglich und das Gelände stark vermint gewesen sei. Erst 2002 wurde das Gelände dann wieder für Besucher geöffnet.

Wir wanderten von einem riesen Taufbecken aus durch einen trockenen Gestrüppwald und kamen schließlich an der Taufstätte heraus, die von einigen Mosaiken mit Erläuterungen und Bildern mit christlichen Motiven (u. a. vom Papstbesuch Johannes Paul II.) gesäumt war. Etwas weiter gelangte man zur Johanneskirche und dem direkten Zugang zum Jordan. Am Fluss gab es Umkleidekabinen, in denen man sich im Falle einer Taufe in sein weißes Taufgewand kleiden konnte, was aber aus unserer Gruppe niemand tat. Man konnte am Jordan stehend direkt rüber nach Westjordanland schauen und sehr genau sehen, wo die Grenze zwischen Jordanien und dem Westjordanland verläuft. Auf westjordanischer Seite kamen ganze Horden von Pilgern in weißen Taufgewändern die Stufen zum Fluss hinunter und ließen sich durch komplettes Eintauchen im Wasser taufen. So heilig der Fluss ja sein mag, ich hätte mich da nicht freiwillig reinbegeben. Die schlammigbraune Farbe des noch etwa 3 m breiten Rinnsals sah nicht gerade einladend aus und abgesehen davon, dass aus ihm ziemlich viel Wasser für die Trinkwasserversorgung und Landwirtschaft abgezweigt wird, so werden auch viele Abwässer in diesen Fluss geleitet. Ein trauriges Schicksal und wenn die Anrainerstaaten nicht gut aufpassen, wird der Jordan vielleicht selbst bald „über den Jordan gegangen“, sprich versiegt, sein.

 

Von Bethanien aus ging es weiter zum Toten Meer, dem tiefstgelegenen See der Erde. Dieser Superlativ bedeutet lediglich, dass das Seeufer das tiefstgelegenste der Welt ist (794 m Tiefe); der Baikalsee weist hingegen den tiefstgelegenen Seegrund der Welt auf (1.186 m Tiefe). So, wieder was Unwichtiges gelernt!

Wir checkten in einem der Hotelressorts ein, die das Ufer des Toten Meeres säumen, und hatten dann den ganzen Nachmittag zur freien Verfügung, um im Toten Meer und den Swimming Pools des Hotels baden zu gehen. Das Tote Meer verdankt seinem Namen bekanntlich dem extrem hohen Salzgehalt, der es weitgehend lebensfeindlich macht (wenn man mal von ein paar hartgesottenen Bakterien und Algen absieht). Es weist einen zehnmal höheren Salzgehlt als das Mittelmeer auf (falls das bei der Vorstellung irgendwie hilft) und das Wasser schmeckt einfach abscheulich. Wie ihr euch sicher vorstellen könnt, zwickt das Salz auch ganz schön auf der Haut wenn man ins Wasser geht. Aber dann, welch Wunder, drehen sich alle Extremitäten tatsächlich immer automatisch nach oben. Man scheint im Wasser zu schweben und kann richtig die Füße auf der Wasseroberfläche ablegen. Echt abgefahren! Natürlich durfte die obligatorische Zeitungslektüre für das stereotype Touristenfoto nicht fehlen! 😉 Nach dem Bad fühlte sich die Haut herrlich weich an. Ich wollte mir noch etwas besonders Gutes tun und begab mich zu einem riesen Trog mit Totes-Meer-Schlamm. Gerade als ich meine Hand schon in den Trog gesteckt hatte, um mich mit dem Schlamm einzuschmieren, bekam ich dir klare Ansage des Trogwächters, dass das doch jetzt 3 Dollar kosten solle. „Och nö!“, dachte ich, „für so ein bisschen Schlamm gleich 3 Dollar bezahlen“ und zog meine Hand schnell wieder aus dem Trog heraus. Zumal das Gerücht umging, dass es sich gar nicht um echten Totes-Meer-Schlamm handeln sollte…

Auch das Tote Meer hat ein ziemlich trauriges Schicksal zu erleiden, denn da es vom Jordan gespeist wird und der ja immer weniger Wasser führt, so sinkt auch der Meeresspiegel des Toten Meeres jedes Jahr kontinuierlich um etwa 1 m. Hierzu gab es im Januar 2017 einen entsprechenden Artikel in der Süddeutschen Zeitung. Mittlerweile versucht man Wasser aus dem Roten Meer über eine Entsalzungsanlage weiter ins Tote Meer zu leiten, um das zu verhindern, was bereits mit dem Aralsee bittere Realität geworden ist: Der See, dessen ehemaligen Seehafen und Seegrund ich 2012 in Moynak in Usbekistan besuchte, ist zum größten Teil ausgetrocknet und die noch vorhandenen Wasserflächen sind in mehrere Teile zerfallen. Hoffen wir, dass die Anrainerstaaten ihre Schlüsse daraus ziehen…

 

Kunst in der Einöde und das Ende der Welt – Nukus (Hauptstadt der Autonomen Republik Karakalpakistan) und Moynak (ehemaliger Aralseehafen)

Von Khiva aus fuhren wir über Urgentsch weiter nach Nukus, die Hauptstadt der Autonomen Republik Karakalpakistan. Dort wird Karakalpakisch gesprochen und obwohl dies rein vom Schriftbild her nicht weit vom Usbekischen entfernt zu sein scheint, konnten (oder wollten?) die Leute dort unser brüchiges Usbekisch nicht verstehen und Sara musste ihre Russischkenntnisse hervorkramen. Karakalpakisch ist wohl eher mit dem Kasachischen verwandt und die Karakalpaken bilden eine Ethnie, die laut Wikipedia eher mit Südkasachen als mit Usbeken verwandt ist. Von 1932 bis 1991 war die Region als Karakalpakische Autonome Sozialistische Sowjetrepublik tatsächlich unabhängig und noch heute hat sie ein eigenes Parlament, einen eigenen Ministerrat und eine eigene Flagge. Warum also ein Stop im menschenleeren und von Sowjetarchitektur geprägten Nukus? Dort steht das „Savitsky Karakalpakstan Art Museum“. Savitsky, ein russischer Kunstsammler, hatte jahrzehntelange russische Avantgardemalerei gesammelt, die nicht dem stalinistischen Kunstverständnis entsprachen, und hatte dieser hier im kleinen, weit ab vom Schuss liegenden Nukus ein Museum gewidmet. Es waren echt tolle, farbenfrohe Gemälde zu sehen, nur wenn man bedenkt, dass gerade einmal 3 % der gesamten Sammlung ausgestellt waren, stimmte das schon nachdenklich. Dem Museum fehlt es natürlich an Geld für größere Räumlichkeiten und v. a. für das Marketing, denn der Museumsshop war echt armselig. Aber vor kurzem wurde ein Dokufilm über das Museum gedreht: „The Desert of Forbidden Art“, den ich mir demnächst unbedingt besorgen muss! Neben dem Museum gab es ansonsten auch nichts weiter in Nukus zu sehen und uns werden nur noch der herrliche Muster- und Farbenmix unseres Hotelzimmers und das Abendessen im einzigen Restaurant weit und breit in Erinnerung bleiben, bei dem wir in so eine Art „Kabine“ (winziger Raum mit Tisch) platziert wurden und am Ende dafür auch noch extra zahlen sollten. Einfach nur skurril!

Von Nukus ging es mit dem Taxi weiter nach Moynak. Auf dem Weg dorthin hielten wir aber noch an einem riesigen Friedhof in Khojayli , der nur etwa 3 km von der Grenze nach Turkmenistan entfernt lag. Es war eine richtige Gräberstadt und soll wohl so eine Art Vorstadt zum turkmenischen Konye-Urgentsch („Alt-Urgentsch“) gewesen sein, so es mal ein paar UNESCO-geschützte Ruinen zu sehen geben muss. In Moynak setzte uns der Minibusfahrer am einzigen existierenden Hotel (ohne fließend Wasser!) ab und ich hatte schon bereut nichts zu essen gekauft zu haben. Vom Hotel zubereitetes Abendessen – Fehlanzeige! – und auch in der Umgebung weit und breit kein Laden in Sicht. Zum Glück waren aber gerade auch drei slowakische Jungs im Hotel abgestiegen (bei dem Schäbigkeitsgrad des Hotels muss der Ausdruck „abgestiegen“ einfach verwendet werden), die mit uns Wodka und Honigmelone teilten und uns von ihrem Trip mit eigenem Auto und Gleitschirm an den Aralsee erzählten und uns noch zu einer Nachtwanderung zu den Schiffswracks einluden. Diese habt ihr sicher schon einmal auf Fotos gesehen und am nächsten Morgen konnten wir sie noch einmal bei Tageslicht „bewundern“: Sechs Schiffswracks liegen hier im Sand, säuberlich nebeneinander aufgereiht und von einem Denkmal für den hier nicht mehr vorhandenen Aralsee „gekrönt“. Die Schiffe stehen mittlerweile unter Staatsschutz nachdem andere Wracks schon vollkommen wegen ihres Materials ausgeräubert worden waren.  Es ist echt ein trauriger Ort, denn wenn man die riesige Ebene betrachtet, die vor den Schiffen liegt, hat man förmlich das Gefühl, dass da hinten am Horizont Wasser anfangen müsste. Aber nichts, nur versandete Ebene …  Durch die von den Sowjets eingeführte wasserintensive Baumwollmonokultur in Usbekistan haben die Zuflüsse des Aralsees viel Wasser verloren bzw. wurden viele Pestizide in den See geleitet. Daher trocknete der See nicht nur aus, sondern hinterließ auch Pestizidrückstände auf dem Boden. Dieser versalzte und seine Ausdünstungen verursachen z. B. Tuberkulose und verschiedene Krebsarten bei der vor Ort wohnenden Bevölkerung. Mittlerweile muss man wohl weitere 80 km nördlich fahren, um auf usbekischer Seite überhaupt noch zum Aralsee zu gelangen. Wir machten noch einen kleinen Rundgang durch den tristen Ort und nahmen im Anschluss wieder ein Taxi zurück nach Nukus, von wo wir am zeitigen Abend den Nachtzug nach Taschkent nahmen.