Die Mosaikstadt Madaba, Berg Nebo, der „Grand Canyon Jordaniens“ und Abendsonne in Kerak

Nach unserer zweiten Nacht in Amman setzten wir unsere Reise gen Süden fort – am Abend sollten wir Wadi Musa, die an der Nabatäerstätte Petra gelegene Kleinstadt, erreichen. Doch bis dahin standen noch einige Highlights auf dem Programm: Zuerst ging es nach Madaba, wo sich ausnahmsweise einmal die Touristen drängten. Zu sehen gab es dort ein Mosaik, das sich auf dem Boden der griechisch-orthodoxen Georgskirche befindet, und Palästina im 6. Jahrhundert darstellt. Jerusalem ist als eine von einer Stadtmauer umringte Ortschaft gut zu erkennen. Dieses Mosaik und viele weitere sind Ende des 19. Jahrhunderts, als die Stadt mit arabischen Christen wiederbesiedelt wurde, ausgegraben worden. Seit 746 als ein Erdbebeben Madaba zerstört hatte, war die Stadt nämlich unbewohnt gewesen.

Nach Madaba fuhren wir hinauf auf den 808 m hohen Berg Nebo, von dem aus man einen herrlichen Panoramablick ins Jordantal, auf’s Tote Meer und nach Israel rüber hat. In der Bibel war Berg Nebo der Ort, auf den Moses, nachdem er das Volk der Israeliten aus Ägypten herausgeführt hatte, angeblich 120-jährig hinaufstieg und von wo aus er „Das Gelobte Land“ sah. Ihm war es jedoch nicht vergönnt, dorthin zu gelangen und so starb er auf dem Berg.

Heute befindet sich auf Berg Nebo eine katholische Taufkapelle und ein Kloster des Franziskanerordens. Im Innern der Taufkapelle konnten wir ein zweites Mal an diesem Tag Mosaike besichtigen: hauptsächlich Jagdszenen und Ornamente. Nebenbei lauschten wir der Messe, die gerade von einer indischen Reisegruppe abgehalten wurde.

Ein drittes Mal in den Genuss von Mosaiken kamen wir beim Besuch einer Werkstatt, in der wir sehen konnten, wie z. B. Geschirr oder Wandtafeln in Handarbeit mit Mosaiken beklebt wurden. Der Werkstattleiter erklärte uns in erstaunlich gutem Deutsch den Herstellungsvorgang und lotste uns dann – Überraschung – in einen riesigen Touristenshop. Das meiste war jedoch einfach nur nutzloser Kitsch – an mir verdiente der Laden jedenfalls keinen müden JD (sprich: Dsche-di) wie der Jordanische Dinar hier genannt wird.

Kurz vor dem Mittagessen hatte unser Guide Mohamed noch eine Überraschung parat. Wir sollten im Bus die Augen für ein paar Momente schließen und schauten dann – wow!!! – in den gigantischen Canyon des Wadi Mujib (Mujib-Tal) hinaus. Ein Stop am Aussichtspunkt durfte natürlich nicht fehlen. Die beduinischen Verkäufer boten Teppiche und Wollsachen an. Irgendwie erinnerte mich diese Szenerie sehr an Peru, insbesondere an den Colca-Canyon, wo auch an jedem Aussichtspunkt (indigene) Frauen gesessen hatten, um ihre Wollsachen feilzubieten. Das Wadi Mujib ist ein Naturschutzgebiet und bietet die Möglichkeit zu Trekking- und Kanutouren. Vielleicht was für die nächste Jordanienreise? 😉

Zum Futtern kehrten wir in das weit und breit einzige Restaurant mit einem theoretisch tollen Ausblick in die Umgebung ein. Praktisch jedoch mussten wir aufgrund der vielen Wespen von der Terasse nach innen flüchten. Die Innendeko des Restaurants war sehr eigenwillig und bestand aus vielen Haushaltsgegenständen, die schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel hatten und die zwischen den nackten Steinmauern aufgestellt waren. Zudem bemerkten wir, dass wir nicht die ersten Deutschen in diesem Restaurant gewesen waren: Die „Mainzer Hofsänger“ hatten 1998 ein Konzert zur Restauranteröffnung gegeben wie ein vergilbtes Foto an der Wand zeigte. Laut Wikipedia gibt es diesen semiprofessionellen Chor bereits seit 1926!

Das letzte Highlight des Tages stellte die Kreuzfahrerburg von Kerak dar, auch Crac des Moabites (Moabiter-Festung) oder Le Pierre du Désert (Stein der Wüste) genannt. Diese besichtigten wir im goldenen Schein der Abendsonne im Sauseschritt, denn wir hatten noch ein gutes Stück Weg bis nach Wadi Musa zurückzulegen.

 

 

 

Lang nicht mehr gesehen und doch erkannt – der Norden Jordaniens

Tag 2 unserer Reise führte uns auch schon wieder aus Israel heraus über die Grenze nach Jordanien. Nach einer fast zweistündigen Grenzprozedur kamen wir im Norden Jordaniens an, wo uns unser zweiter Guide Mohamed wohlgelaunt empfing. Wir tuckerten mit dem Bus durch eine karge, wüstenhafte Landschaft. Der Unterschied zu Israel fiel sofort ins Auge: überall lag Müll in der Landschaft herum und die Häuser am Straßenrand sahen um einiges ärmer als im Nachbarland aus. Zwischen Jordanien und Israel besteht seit 1994 ein Friedensvertrag, der den Jordan als Grenze zwischen beiden Ländern festlegt und Jordanien zusichert, größere Mengen Trinkwasser aus dem Jordan entnehmen zu dürfen. Einst nämlich hatte sich der Jordan in Teilen auf jordanischem Staatsgebiet befunden. Im Sechstagekrieg von 1967 zwischen Israel auf der einen und Jordanien, Syrien und Ägypten auf der anderen Seite jedoch verlor Jordanien seine gesamten Gebiete westlich des Jordans (heute in etwa: Westjordanland, Gaza, Ostjerusalem). In Folge dessen flüchteten hunderttausende Palästinenser, die in diesen Gebieten gelebt hatten, nach Jordanien, dessen arabische Bevölkerung heute etwa zur Hälfte palästinensische Wurzeln aufweist. Insgesamt leben derzeit offiziell 6,5 Mio. Menschen im Haschemitischen Königreich, wobei inoffiziell von 9,5 Mio. Bewohnern ausgegangen wird, wenn man irakische (ca. 300.000) und syrische Flüchtlinge (mehr als 1,2 Mio. (!!!)) sowie Gastarbeiter hinzuzählt. Ich habe in mehreren Artikeln, wie z. B. diesem von qantara.de, gelesen, dass Jordanien wegen der Aufnahme so vieler Flüchtlinge seit 2015 eigentlich kurz vor dem Kollaps steht – das Trinkwasser wird immer knapper, die Mieten und Lebensmittelpreise immer höher und die Löhne immer niedriger. Und: Die Touristen bleiben weg wie dieser Welt-Artikel aufschlüsselt und wie wir es vor Ort größtenteils auch erleben konnten. An unserer ersten Besichtigungsstätte, den Ruinen der antiken Handelsstadt Jerasch (Gerasa), waren wir fast die einzigen Touristen. Der Postkartenverkäufer versuchte uns derart verzweifelt und nervig seine Ware feilzubieten, dass sich schließlich einer aus unserer Gruppe erbarmte und ihm etwas abkaufte. Unser Guide Mohamed erklärte uns derweil die einstige Stadtstruktur, die u.a. aus einer Einkaufsstraße, Tempeln, Bädern und einem Amphitheater bestanden hatte. Dort versammelten wir uns kurz vor Sonnenuntergang, um den ungewöhnlichen Dudelsackklängen dreier Herren zu lauschen, die doch nicht tatsächlich „Freude schöner Götterfunken“ anstimmten! So langsam wurde es frisch und so traten wir den Rückweg zum Bus an, der uns in die Hauptstadt Amman bringen sollte.

Bevor es am Mittag aus Amman heraus Richtung Totes Meer ging (dazu me(e)hr in meinem nächsten Blogeintrag) stand noch eine kleine Stadtrundfahrt in der Hauptstadt an. Zunächst hielten wir für eine „japanische Pause“, d. h. einem megakurzen Fotostop ;-), an der riesigen König-Abdullah-Moschee bevor wir weiter auf den Zitadellenhügel hinauffuhren. Von dort aus hatten wir einen fantastischen Rundumblick auf das weiße Häuserwirrwarr Ammans und konnten erstmalig die riesigen Ausmaße dieser Molochstadt erahnen. Und um die Superlative noch auf die Spitze zu treiben: Wir konnten von da oben den 2003 erbauten, mit 126,8 m damals höchsten freistehenden Fahnenmast auf dem Gelände des königlichen Raghadan-Palastes in der Ferne ausmachen. Das Ding soll auch noch von 20 km Entfernung sichtbar sein und im Dunkeln leuchten. Naja, wer’s braucht…

Auf dem Zitadellengelände umherlaufend lernten wir, dass Amman früher einmal „Philadelphia“ geheißen hatte und konnten auf dem Zitadellengelände Reste eines Umayyaden-Palastes, sowie Ruinen des Herkulestempels und einer byzantinischen Kirchen entdecken. Uns als exotische Touristen „entdeckten“ bald einige jordanische Schulklassen, die unzählige Gruppenfotos auf den Stufen zum kleinen historischen Museum machten. Auf dem Rückweg zum Ausgang war ich, schwups, von einer Horde Smartphone- und Tabletschwingenden Schulmädchen eingenommen und musste Fotos mit ihnen machen. Als ich dann noch ein paar Worte Arabisch auspackte, kannte deren Freude keine Grenzen. 🙂 Die Lehrerin hatte Mühe die Mädels unter Kontrolle zu halten und entschuldigte sich bei mir für die „Belästigung“. Aber ich fand, dass das doch mal eine „nette Belästigung“ gewesen war!

Wie in meinem ersten Blogbericht zu dieser Reise versprochen, möchte ich es nicht auslassen, ein bisschen von meiner ersten Reise nach Jordanien im Jahre 2009 zu berichten. Damals hatte ich im September im Rahmen meines Studiums der Islamwissenschaft einen vierwöchigen Arabischsprachkurs in Damaskus, Syrien, absolviert. Nach Ende des Sprachkurses bereiste ich zunächst Beirut, die Hauptstadt des Libanon, und traf mich danach mit meiner damaligen Mitstudentin Vera in Amman. Vera hatte ein Praktikum in Palästina absolviert und Jordanien stellte damals das einzige Land dar, in das wir beide ohne Probleme einreisen konnten um uns zu treffen. Wir hatten ein Couchsurfingpärchen aufgetan, bei dem wir übernachteten – er palästinensischstämmiger Jordanier, sie Kanadierin und mangels Arabischkenntnissen komplett von ihm abhängig. Schrecklich! Sie konnte sich nicht einmal selbst ein Taxi bestellen. Ich erinnere mich, dass wir am ersten Abend mit der Kanadierin und ihrer kanadischen Freundin in einer Shisha-Bar im Zentrum Ammans landeten. Vom Sightseeing in Amman selbst hatten uns die beiden Couchsurfer abgeraten und stattdessen empfohlen, den Norden Jordaniens zu erkunden. Mit ihrer Vermittlung mieteten Vera und ich ein Taxi samt Fahrer und kurvten einen ganzen Tag lang durch die Gegend. Wir besichtigten bereits damals Jerasch (Gerasa), aber auch noch die Festung Adschlun (Ajlun), die Sultan Saladin vor über 800 Jahren hatte bauen lassen, um dem Vordringen der Kreuzritter Einhalt zu gebieten. Schließlich klapperten wir auch noch Umm Qais ab – Ruinen eines einst als „neues Athen“ bezeichneten kulturellen Zentrums, von dessen Hügel aus man ins Jordantal und auf den See Genezareth blicken kann. Und hier kommen die entsprechenden Bilder dazu:

Auf Reisen in Jordanien I: Umm Qais, Jerasch, Festung Adschlun & Amman

P.S.: Ein Déjà-Vu-Erlebnis hatte ich bei meiner gerade zurückliegenden Reise in Amman: Als meine Schwester und ich nach Einbruch der Dunkelheit zum Hinterausgang des Hotels hinausgingen, um noch Wasser kaufen zu gehen, landeten wir auf einem riesigen Parkplatz, der mir irgendwie bekannt vorkam. Als ich die Fotos von 2009 von Amman durchschaute, fiel es mir schließlich wie Schuppen von den Augen: Der Parkplatz war derselbe gewesen wie der, von dem ich 2009 aus nach meiner Jordanientour mit dem Bus wieder zurück nach Damaskus gefahren war! Da hatte sich scheinbar seitdem nicht sehr viel verändert!

Auf Reisen in Jordanien I: Umm Qais, Jerasch, Festung Adschlun & Amman

Griechisch-römische Ruinenstätte Umm Qais (Gadara) südöstlich des Sees Genezareth gelegen:

 

Ehemalige Handelsstadt Jerasch (Gerasa):

 

Die aus dem 12. Jahrhundert stammende Festung Adschlun (Qalaʿat ar-Rabad), die unter Sultan Saladin zur Verteidigung gegen die Kreuzfahrer erbaut worden war:

 

Die jordanische Hauptstadt Amman:

 

Link zu meinen Jordanienartikeln meiner Reise 2017:

Lang nicht mehr gesehen und doch erkannt – Der Norden Jordaniens