Ostern in Budapest. Tag 2: Paprikaalarm und sansibarisches Mittagessen

Tag 2 in Budapest startete mit einem Paprikaalarm – zumindest sieht man fast nichts anderes, wenn man die älteste Markthalle der Stadt, Nagycsarnok, betritt. Getrocknete Paprika in verschieden großen Bündeln, Paprika in Pulverform, Paprikaöl, Paprikaseife – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Dazwischen: Bäckerstände mit diversen süßen Teilchen (z. B. Strudel), Obst und Gemüse, geräuchertem Käse, Salami en masse und auf der oberen Etage bestickte Textilien und Tischdeckchen, sowie Lederhandtaschen. Lange hielt ich es allerdings nicht in der Markthalle aus, sondern floh vor den hereinströmenden Touristenmassen nachdem ich einen kleinen Paprikavorrat eingekauft hatte. Nach einem Gang durch die ebenfalls gut gefüllte Einkaufsstraße der Innenstadt (es war ja Samstag und somit der einzige verkaufsoffene Tag am Osterwochenende), begab ich mich weiter südlich in die ehemaligen Arbeiterviertel Josephstadt und Franzensstadt, wo ich einen Mittagsimbiss suchen wollte, um mich für den Besuch des Nationalmuseums zu stärken. Mein „Lonely Planet“-Reiseführer führte mich in ein afrikanisches Restaurant, wie sich herausstellte ein tansanisches, ja sogar ein sansibarisches Restaurant! Der Besitzer erzählte mir, dass er und der Freund, mit dem er das Restaurant zusammen betrieb, wohl die einzigen beiden Sansibaris Budapests seien und es in der ganzen Stadt wohl nur etwa 30 Tansanier gäbe. Er war noch zu sozialistischen Zeiten mit einem Stipendium zum Studium nach Budapest gekommen und war seitdem dageblieben. Immer jedoch, wenn er sein Visum verlängern will, muss er nach Berlin fahren, da sich dort die nächste tansanische Botschaft befindet. Was für ein Zufall in Budapest Kiswahili hören zu können!

Nachdem ich im Nationalmuseum einiges über die ungarische Geschichte erfahren hatte, wollte ich die Abenddämmerung nutzen und mir das Lichtermeer Budapests von oben anschauen. Gesagt, getan fuhr ich bis an den Fuß einer weiteren Therme, dem Gellért-Bad, und stiefelte den Gellért-Berg nach oben. Oben angekommen empfing mich der übliche Touristentrubel, der Ausblick auf die beiden Stadtteile „Buda“ links der Donau und „Pest“ rechts der Donau waren aber einfach überwältigend und man konnte bis zu den Budaer Bergen blicken. Von hier oben wurde mir auch klar, warum Budapest mit seiner Lage an der Donau manchmal mit der französischen Stadt Lyon verglichen wird, die sich ähnlich an den Zusammenfluss von Rhone und Saône anschmiegt und ebenfalls von Bergen umgeben ist. Leider wurde es mit Einbruch der Dunkelheit ziemlich kalt, so dass ich bald wieder den Abstieg antrat und mich auf mein überheitztes Hostelzimmer freute.

Auf Safari Blue in Fumba

Für mich war es in diesem Urlaub noch nicht die letzte Safari gewesen: Ayda nämlich hatte einen Gutschein für die sogenannte „Safari Blue“, eine Schnorcheltour rund um die Halbinsel Fumba, und fragte mich, ob ich mit ihr und ihrem Sohn mit auf diesen Ausflug kommen wollte. Keine Frage, dass ich dabei war! Zumal es ja bei meinem letzten Sansibar-Aufenthaltes wegen des starken Windes leider nicht mit Schnorcheln geklappt hatte. Diesmal klappte es dafür umso besser, leider so gut, dass ich mir einen ordentlichen Sonnenbrand einfing, weil ich einfach zu lang auf der Wasseroberfläche fasziniert von der farbenfrohen Unterwasserwelt festhing. In der Mittagszeit fuhren wir zu einer vorgelagerten Insel, um dort im Schatten ein leckeres Mittagsbuffet mit gegrilltem Hummer, Fisch, Hühnchen etc. zu genießen. Nach dem Essen konnten wir einen riesigen, umgekippten Baobab-Baum besichtigen, auf den wir natürlich auch hinaufklettern mussten. 😉

Auf dem Rückweg nach Fumba konnten wir sogar ein paar elegant aus dem Wasser gleitende Delfine beobachten! Alles in allem ein Ausflug, der sich sehr gelohnt hat!

Sansibar wunderbar – kama kawaida (wie immer)!

In der Hoffnung vielleicht doch noch die letzte Fähre gegen 16 Uhr von Dar-es-Salaam nach Sansibar zu erhaschen, hatten wir früh morgens um 6 Uhr den Bus von Arusha nach Dar gebucht. Doch Pustekuchen! Die Fahrt zog sich aufgrund der, wie es so schön heißt, suboptimalen Straßenverhältnisse und einem Megastau am Außenrand Dars ewig hin und wir erreichten das Stadtzentrum nicht einmal vor 17 Uhr. Sitzen konnten wir am Ende der Busfahrt echt nicht mehr, denn die Sitze in der hintersten Reihe waren einfach nur supereng und die Fahrt durch die ständigen Bremshuckel auf der Fahrbahn super unbequem. Abgesehen von der Cola-Dusche, die ich mir selbst verpasste, als der Bus über einen der Bremshuckel zu schnell hinüberbretterte…

In Dar übernachteten wir schließlich sehr günstig in einem Hostel einer christlichen Fraueninitiative nahe am Fährhafen, wo es sehr sauber und bis auf die morgendlichen Jogger mit ihren militärisch anmutenden Motivationsgesängen auch sehr ruhig gewesen war. Der abendliche Spaziergang durch Dar auf der Suche nach einem Restaurant war sehr interessant: Man hatte das Gefühl fast nur indisch- und arabischstämmige Tansanier auf der Straße zu sehen. Nun ja, da diese finanziell meist bessergestellt sind als „schwarze“ Tansanier können sie sich das Leben im Stadtzentrum überhaupt leisten und müssen nicht in einem der zahlreichen Umgebungssiedlungen am Stadtrand wohnen.

Am nächsten Morgen um 7 Uhr nahmen wir die Fähre nach Sansibar. Für mich quasi: Welcome back home! Wir übernachteten bei meinem Gastvater in Stone Town und am ersten Tag standen erst einmal Wäsche waschen und ein Rundgang durch Stone Town auf dem Programm. Wahnsinnig viel hatte sich im Vergleich von vor einem Jahr nicht verändert, aber ich war geschockt, viele neu hochgezogene Hotels zu sehen. V. a. das klobige Hyatt an der Meeresfront überwältigte mich – allerdings eher im negativen Sinne!

Die Woche auf Sansibar verbrachten wir mit Gewürz-, Tücher- und Stoffshopping in Stone Town, Freunde treffen, Umherflanieren, morgendlichem Yoga am Strand mit Ayda und Freunde treffen. Olga und Yasmin unternahmen einen Ausflug an den Strand von Kendwa und kehrten sonnenverbrannt als „red lobsters“ zurück. Ich für meinen Teil verbrannte mir ebenfalls die Rückseite, jedoch beim Schnorcheln in Fumba. :-S

Tarangire-Nationalpark und Europa mitten in der afrikanischen Pampa

Den dritten und vierten Tag unserer Safaritour besuchten wir den Tarangire-Nationalpark, der 1970 aus ehemaligen Kolonial-Jagdrevieren entstanden war und dessen Fläche in etwa der des Landes Luxemburg (!) entspricht. Landschaftlich bot dieser Park mit seinen Baum- und Sumpfsavannen wieder etwas ganz anderes als die ersten beiden Nationalparks. Auch die Elefantendichte erhöhte sich noch einmal merklich im Vergleich zu den anderen beiden Parks und wir hatten ausführlich Gelegenheit die Dickhäuter aus nächster Nähe zu beobachten. Ebenso auffällig waren die überall in der Landschaft stehenden phallusförmigen meterhohen Termitenhügel – Wahnsinn, was diese kleinen Insekten so alles bauen können! Auf den Termitenhügeln hockten jedoch recht oft Mungos in Lauerposition, um mit ihren schmalen Schnauzen in die Termitengänge zu kriechen und die Insekten mit der Zunge herauszufischen.

Nach einem halben Tag Tour im Tarangire-Park hatte Evodi noch eine Überraschung für uns. Er fuhr uns aus dem Park hinaus bis hin zu einer dieser luxuriösen 5-Sterne-Safarilodges mitten in der Pampa. Da waren wir nicht böse drüber! 😉 Untergebracht waren wir in eine Art Hauszelt, das auf einem Holzgestell gespannt war, aber sämtlichen Komfort samt eingebauter Toilette und Dusche bot, den man sich vorstellen kann. Vom Balkon aus konnten wir in die Savannenlandschaft rund um den nahegelegenen Lake Manyara blicken und die vor sich hinbrummenden Gnus und viele andere Tiere beim Vorbeilaufen beobachten. Doch damit nicht genug: Wir schlenderten zum Pool und konnten von dort aus weiter in die herrliche Landschaft blicken und Zeuge eines grandiosen Farbspektakels beim Sonnenuntergang werden. Als weniger grandioses Farbspektakel entpuppte sich die von Olga bestellte Margarita, womit wir bei Getränkeanekdote Numero 2 unserer Reise ankommen wären: In der Hoffnung in einem 5-Sterne-Hotel eine „normale“ Margarita zu bekommen, wenn man eine „Margarita“ bestellt, erhielt Olga einen quietschgrünen, viel zu süßen Drink, der eine Mischung aus Fanta und einem nicht zu definierenden Alkohol darstellte. Nun ja, es muss sich wohl um die tansanische Variante einer Margarita gehandelt haben. 😉 Ich hatte mir (natürlich) wieder „nur“ ein Bier bestellt und stellte (wieder einmal) fest, dass ich damit nichts falsch gemacht hatte. 😉

Beim Abendessen (ein riesiges Buffet!) auf der Terrasse hatten wir ein bisschen das Gefühl nicht mehr in Afrika zu sein – wir waren umgeben von komischen europäischen Touristen, die irgendwie alle über Deutschland zu lästern schienen, so wie wir es aus den Wortfetzen mitbekamen… Ich musste unweigerlich an die ganzen komischen Vögel in Thomas Manns „Zauberberg“ denken, die im Sanatorium oben in den Bergen abgeschieden vom restlichen Europa ihre Marotten auslebten…

Nach einem reichhaltigem Frühstück und dem Packen der Lunchbox (diesmal durften wir sie selbst anhand eines Buffets zusammenstellen!) ging es einen weiteren halben Tag in den Tarangire-Nationalpark. Noch ein letztes Mal konnten wir die wuchtigen Baobab-Bäume besichtigen, hüpften uns die Tiere direkt vor das Auto und noch ein letztes Mal konnten wir sie in Großaufnahme in freier Wildbahn fotografieren. Am zeitigen Nachmittag fuhr uns Evodi zurück nach Arusha, wo wir noch eine Nacht verbringen sollten, bevor wir am nächsten Tag per Bus nach Dar-es-Salaam aufbrachen. Ich fuhr am Abend noch nach Moshi, um Couchsurfer Martin zu treffen, bei dem ich bei meiner ersten Festlandtour vor zwei Jahren schon einmal übernachtet hatte. Danach fuhr ich noch am selben Abend mit dem Bus zurück nach Arusha ins Hotel, wo ich sogar 21.30 Uhr netterweise noch einen Berg Reis mit Gemüse vorgesetzt bekam. 🙂

Ngorongoro-Krater – das „achte Weltwunder“

Am Tag zwei unserer Safaritour hieß es früh aufstehen: Wir wollten noch vor Sonnenaufgang am Eingangstor der Ngorongoro Conservation Area sein, um von dort aus mit den ersten Sonnenstrahlen in den riesigen 16 x 20 km großen Ngorongoro-Krater hinunterzufahren. Der Krater ist nicht etwa durch einen Meteoriteneinschlag, sondern durch einen Vulkan entstanden, der in sich zusammensank und somit die Kratergrundfläche bildet. Als wir in der frischen Morgenkühle in den Krater hinunterfuhren tat sich ein gigantisches Panorama von extremer Weite vor unseren Augen auf. Man konnte selbst mehrere Kilometer entfernt Elefanten am Horizont erspähen. Überall tummelten sich riesige Gnu-, Zebra- und Büffelherden. Da der Krater zu einem der dichtest besiedelten Löwengebieten Afrikas zählt, konnten wir sogar einige Exemplare von Simba entdecken, allerdings niemals so nah wie Zebras, Elefanten, Gnus, Strauße oder Impalas an das Auto herankamen. Bis zur Mittagszeit fuhren wir auf dem Kraterboden umher und hielten immer wieder zum Tier-Sightseeing an. Oder hielten vielleicht die Tiere zum Menschen-in-komischen-Blechkarren-Angucken-Sightseeing an? Sie zeigten sich in allen drei Nationalparks, die wir besichtigten, ehrlichgesagt relativ unbeeindruckt von den vorbeifahrenden Safariwagen. Umso besser!

Als die ersten europäischen Forscher und Siedler Anfang des 20. Jahrhunderts den Krater erblickten, müssen sie wohl ziemlich beeindruckt gewesen sein. So bezeichnete Bernhard Grzimek, der später den 1960 oscarprämierten Dokumentarfilm „Serengeti darf nicht sterben“ drehte, den Krater als „achtes Weltwunder“. Sein Sohn Michael Grzimek starb übrigens bei den Dreharbeiten zu diesem Film als er beim Flug über den Ngorongoro-Krater mit einem Geier zusammenprallte und das Flugzeug daraufhin abstürzte. Makabererweise gibt es am Aussichtspunkt auf den Krater eine hübsche Bronzeplakette mit allen Personen, die im Ngorongoro-Krater bereits zu Tode gekommen sind, aufgelistet mit genauer Todesursache.

Nach einer Mittagspause am See, diesmal in Begleitung einer ugandischen Schulklasse, fuhren wir wieder aus dem Krater heraus und besichtigten am Rand des Kraters ein Maasaidorf, das dort von der tansanischen Regierung extra angesiedelt worden war, um für Touristen offen zu stehen. Es war schon ein bisschen fremdschämen angesagt: Italienische Touristen und welche vom Balkan etwa in unserem Alter betraten Zigarette rauchend und in den kürzesten Hotpants und Tops das Maasaidorf und machten dämlich Selfies mit den herumstehenden Maasai. Natürlich durfte ein Besuch in der Maasai-Schule und ein Fotos von den „ach so süßen“ Maasai-Kindern nicht fehlen, die die Touristen mit großen Augen ansahen. Um einer leicht unauthentisch wirkenden Maasai-Tanzaufführung zu entkommen, hatten wir das Glück uns mit einem der Einwohner in eine der Bomas (eine traditionelle Maasai-Hütte aus Kuhdung) zu setzen und uns mit ihm über die Kultur der Maasai und deren Probleme mit der Zentralregierung zu unterhalten. Es war hochinteressant und erschreckend zugleich zu hören, wie oft die Maasai bereits zwanghaft umgesiedelt worden waren bzw. Weideland verloren hatten bzw. es aktuell durch Landgrabbing verlieren.

Weiter unterwegs im East African Rift Valley – der Lake-Manyara-Nationalpark

Nach einer Woche Kilimanjarotour waren unsere Füße komplett im Eimer. Die Zehen waren so steif, dass wir kaum normal laufen konnten und so kam uns die Aussicht auf eine Safari im Geländewagen wie gelegen. Wir buchten über einen Freund unseres Guides Fortu eine viertägige Safaritour zu einem supergünstigen Preis und zurrten noch am Tag der Rückkehr vom Kili alle Modalitäten fest. Am nächsten Morgen wurden wir von Fahrer Evodi und Touroperator Evarest im Hotel abgeholt und erst einmal nach Arusha kutschiert, wo wir alles Finanzielle regelten. Das war gar nicht so einfach, denn wir hatten nicht, wie jeder andere brave Pauschaltourist, Unmengen an Dollars in Cash dabei und mussten die Safarigebühren in Tansanischen Schilling (TSH) abheben. Da es höchstens 10.000 TSH-Scheine gibt, die etwa 5€ entsprechen, könnt ihr euch die Geldstapel vorstellen, die wir Evarest überreichten 😉 Nachdem wir die monetären Angelegenheiten hinter uns gebracht hatten, konnten wir uns endlich entspannt ins Auto setzen und fuhren gen Westen aus Arusha hinaus bis zum Lake-Manyara-Nationalpark und blieben somit weiterhin im Gebiet des Ostafrikanischen Grabens (Great Rift Valley) – ein Name, an den ich mich nur noch dunkel aus meinem Geografieunterricht an der Schule erinnerte. Interessanterweise hat dieses Grabenbruchsystem z. B. mit dem Kilimanjaromassiv und dem Mount Meru einige der höchsten Berge Afrikas und einige der größten und tiefsten Seen Afrikas (z. B. Victoriasee, Tanganjikasee) hervorgebracht. Der Lake-Manyara-Nationalpark ist 1960 gegründet worden und wurde gleich 1962 von Regisseur Howard Hawks für den Dreh seines Films „Hatari!“ („Gefahr“ auf Kiswahili) als Kulisse genutzt. Ein weiterer Teil der Filmszenen wurde übrigens im Ngorongorokrater gedreht, den wir am folgenden Tag besuchen sollten. Nach einem schnellen Mittagessen auf dem Rastplatz des Nationalparks ging die Safari auch schon los: Evodi schob das Jeepdach nach oben, so dass wir uns während der Fahrt hinstellen und nach draußen schauen und fotografieren konnten. Das erste Highlight waren Paviane, dann ein „Hippo-Pool“ (also in einem Tümpel badende Nilpferde) samt nerviger tansanischer Schulklasse, die mehr interessiert daran waren ein Foto mit einem „Mzungu“, also einem von uns, zu bekommen als die Nilpferde aufzunehmen. Bis kurz vor Sonnenuntergang gegen 18 Uhr fuhren wir im Park herum und konnten Giraffen, erste Elefanten, Zebras, Warzenschweine, viele bunte Vögel und riesige Termitenhügel sichten. Es ist schon wirklich toll diese ganzen Tiere nicht eingesperrt im Zoo, sondern in freier Natur beobachten zu können! Auch die Flora hielt ein paar Highlights für uns bereit: schöne Baobab-Bäume und den lustigen „Sausage Tree“ (Wurstbaum), dessen hängende lange Früchte eben wie Würste aussahen. Man könnte meinen, diese Art Baum gehöre eigentlich nach Deutschland 😉 Diese und die kommende Nacht verbrachten wir im nahegelegenen Ort Mto wa Mbu, was auf Kiswahili nichts anderes als „Fluss der Moskitos“ bedeutet, da der Ort von einigen Gewässern (Mto wa Mbu River & Lake Manyara) umgeben ist und somit die perfekte Brutstätte für Moskitos bildet :-S Zum einen ist der Ort berühmt für seine roten Bananen, die einem, sobald man mit dem Auto durch den Ort fährt, schon am Autofenster aufgedrängt werden. Zum anderen stellt „Moskito-Town“ ein sozialistisches Experiment dar, bei dem man versucht hatte jeweils ein paar Vertreter von den etwa 120 in Tansania existierenden Bevölkerungsgruppen hier anzusiedeln. Leider hatten wir keine Gelegenheit auf den Markt zu gehen und näher mit den Einwohnern in Kontakt zu kommen bzw. die verschiedenen Produkte jeder Ethnie in Augenschein zu nehmen. Wir kauften nur bei einem völlig gechillten Rastafari nahe des Hotels ein paar Früchte aus seinem Garten ein. Die Übernachtung in Mto wa Mbu bescherte uns außerdem eine unvergessliche Anekdote im Bezug auf tansanischen Wein. Wie, ihr habt noch nie vom tansanischen Dodoma-Wein gehört? Dodoma ist die eigentliche Hauptstadt Tansanias, auch wenn oft die Wirtschafts- und Kulturmetropole Dar-es-Salaam dafür gehalten wird. Und um Dodoma herum befindet sich das einzige Weinanbaugebiet Tansanias. Laut meinem Reiseführer werden dem Wein dort viele Chemikalien zugesetzt, so dass seine Qualität nicht die beste ist. Olga entdeckte im neben dem Hotel gelegenen Supermarkt Dodoma-Wein und fragte später beim Abendessen den Kellner, ob der Wein nicht im Hotel verfügbar sei und sie und Yasmin ihn ausprobieren könnten. Der Kellner nickte und wollte den Wein servieren. Als er aus dem Essensraum hinausgegangen war, beobachteten wir nur, wie er die Hintertür nutzte, um hinüber zum Supermarkt zu gehen und dort eine Flasche Wein zu kaufen. Diese wurde Olga und Yasmin dann für umgerechnet etwa 15€ (!) vorgesetzt. Der Wein schmeckt allerdings wirklich ziemlich furchtbar und viel zu sauer, so dass die beiden nicht einmal die ganze Flasche leeren konnten. Ich hatte mir vorsorglich gleich ein Kilimanjaro statt Wein bestellt. Aber nun hatten wir immer alle einmal Dodoma-Wein gekostet, auch wenn es wohl das letzte Mal gewesen sein wird…

Kilimanjaro – If you can’t climb it, drink it (or better: do both)!

„Wenn du nicht hinaufsteigen kannst, trink es einfach!“ – hä? So übersetzt lautet der Werbespruch von Kilimanjaro (das Kilimanjaro), einer weitverbreiteten tansanischen Biersorte. Da uns, Yasmin, Olga und mir, aber der in Aussicht gestellte Kilimanjaro-Konsum nicht reichte, wollten wir auch noch den Kilimanjaro in Angriff nehmen und das „roof of Africa“ (das Dach Afrikas) besteigen – immerhin 5895 m hoch gelegen! Nach wochenlanger Planung, Terminfindung, Suche nach Tourunternehmen, Medikamentenzusammenstellung und Impfmarathon war es dann am 21. Februar soweit: Unsere dreiwöchige Tansaniareise konnte starten! Was folgte war zunächst ein weiterer Marathon, ein Reisemarathon: Von Berlin nach Istanbul, von Istanbul nach Dar-es-Salaam und von dort aus zum Kilimanjaro-Airport. Ab dem Flughafen nahmen wir Busshuttle und Taxi bis zum Hotel (und zahlten statt der von unserem Reiseveranstalter angebotenen 35 USD gerade mal 7€…), das etwa 3 km außerhalb von Moshi lag. Dort hatten wir nun zwei Tage zum Entspannen bis es Dienstagmorgen auf zum Kilimanjaro gehen sollte. Wir hatten uns für die so genannte Machame-Route, auch „Whiskey-Route“, entschieden, da diese wohl im Gegensatz zur Marangu-Route, die auch als „Coca-Cola-Route“ bezeichnet wird, etwas „schärfer“ im Anspruch ist und landschaftlich angeblich mehr bietet. Zudem hatten wir uns bewusst gegen eine Übernachtung in Hütten, wie es nur auf der Marangu-Route möglich gewesen wäre, entschieden, da wir gelesen hatten, dass diese oft laut und überfüllt seien und man schlussendlich sowieso im Zelt übernachten müsse. Ihr könnt im Folgenden nun unsere einzelnen Bergetappen nachlesen und anhand der Bilder in die abwechslungsreiche, überwältigende Landschaft eintauchen. Vielen Dank an dieser Stelle an meine Co-Fotografin Olga, von der ich einige Fotos für meinen Blog verwenden durfte!

1. Etappe: Machame-Gate bis Machame-Camp

Am Dienstagmorgen also sammelte uns unser Guide Fortunatus (auch „42“, also „Four two“ auf Englisch ausgesprochen, genannt) mit einem Daladala-ähnlichem Minibus im Hotel ein. Auf dem Weg gabelten wir noch unseren Assistant Guide Ernest auf und fuhren dann zum Machame-Gate (1790 m hoch gelegen), von wo aus die siebentägige Bergtour starten sollte. Wir mussten noch einigen Papierkram regeln und sollten zudem 3 Liter Wasser in unsere mitgebrachten Thermosflaschen bzw. Camelbags umfüllen, denn da es sich beim Kilimanjarogebiet um einen Nationalpark handelt, durfte man keine Plastikflaschen mit hinein nehmen. Auch die Müllentsorgung in den Camps ist, wie wir in den nächsten Tagen feststellen sollten, genauestens reglementiert und sämtlicher Müll muss wieder mit nach unten genommen werden.

Das Stück bis zum ersten Camp, dem Machame-Camp (3010 m), war eine Wanderung mit leichtem Anstieg durch tropischen Regenwald und ja, der Regen tropfte wirklich bald auf uns herunter und wir merkten, wie wichtig ein guter Regenschutz war. Mittagessen gab’s in Form einer Lunchbox, das wir, halbwegs vom Regen geschützt, unter einem Baum mampften: kaltes Hühnchen, ein Ei, eine Banane, ein trockener Muffin, Kekse, Toastbrot. Angekommen im ersten Camp warteten bereits aufgebaute Zelte, eine Schüssel warmes Wasser (mehr gab’s nun eine Woche lang nicht zum Waschen), sowie ein leckeres Abendessen auf uns, das wir in einem extra aufgestellten „Restaurantzelt“ einnahmen. Jeden Abend sollte es energiereiche Nahrung geben: Eine leckere Suppe als Vorspeise (z. B. Gurkensuppe), Kohlenhydrate (Reis, Nudeln, Kochbanenen, etc.), Fleisch und Gemüse als Hauptspeise und Obst als Nachspeise. Wichtig war jedoch, dass wir weiterhin zusätzlich zu den täglich abgefüllten 3 Litern Wasser weiterhin gut Flüssigkeit zu uns nahmen. Das sollte uns, so unser Guide Fortu, beim Bewältigen der zunehmenden Höhe helfen. Bisher merkten wir davon noch nichts…

2. Tag: Machame-Camp bis Shira-Camp

Nach einem herrlich stärkenden Frühstück mit einer Art tansanischem Porridge („Uji“ genannt), Omelett, Würstchen und Toastbrot nahmen wir die zweite Tagesetappe bis zum Shira-Camp auf 3845 m Höhe gelegen in Angriff. Die Landschaft, durch die wir hindurch wanderten, sah durch den umher wabernden Nebel zeitweise recht mystisch aus. In der Mittagspause begegneten wir riesigen schwarzen Vögeln und auf dem weiteren Weg nach oben interessanten Pflanzen und Gesteinsformationen (siehe Fotos). Natürlich zählte unser Guide alle Namen der Flora und Fauna auf, doch merken konnte ich mir das alles leider nicht. Ich schiebe es einfach mal auf die zunehmende Höhe… Diese machte uns nämlich an diesem Tag tatsächlich allen dreien zu schaffen: erst Kopfschmerzen, dann Übelkeit, dann Übergeben 😦 Aber danach ging es einem auch gleich schon wieder besser und durch die Übernachtung auf dieser Höhe gewöhnte sich der Körper bereits daran und konnte neue rote Blutkörperchen bilden, so dass wir am nächsten Morgen wieder putzmunter waren und weitermarschieren konnten. Übrigens hatten wir pro Person ganze drei (!) Träger, ohne die wir die Tour natürlich niemals geschafft hätten. Sie nahmen nicht nur unseren Kram, den wir tagsüber nicht benötigten, auf ihren Rücken bzw. Kopf, sondern auch die Zelte, das gesamte Essen und auf einer der letzten Etappen sogar noch das Wasser. Es ist einfach nur purer Wahnsinn sie so schwerbepackt durch die Felslandschaft springen und klettern können!!! Ich möchte nicht wissen, welche gesundheitlichen Folgeschäden sie eines Tages haben, zumal sie auch schlecht bezahlt werden… Wir haben daher später bei der Trinkgeldvergabe extra noch mehr gegeben, um unser schlechtes Gewissen zumindest ein bisschen zu beruhigen…

3. Tag: Shira-Camp über den Lava-Tower bis Baranco-Camp

Am dritten Tag stiegen wir zunächst bis zum Rande des Lavakraters auf 4640m hinauf, wo wir zwischen süßen gestreiften Bergmäusen und den großen schwarzen Vögeln unsere Lunchbox plünderten. Von dort aus ging es jedoch wieder nach unten zum Baranco-Camp auf 3960 m Höhe. Wir hatten nämlich einen extra Akklimatisierungstag gebucht und konnten uns daher dieses Hoch und Runter „leisten“. Der Körper nämlich realisiert erst nach zwei Stunden, dass er schon so hoch oben gewesen ist, und bildet dann trotz des Wiederabstiegs weiterhin fleißig neue rote Blutkörperchen. Das Baranco-Camp lag landschaftlich sehr schön in die Bergmauern eingebettet und wir hatten den schneebedeckten Kili-Gipfel namens Kibo stets vor der Nase. Es gibt nämlich noch einen zweiten Gipfel, den gezackten Mawenzi, den wir v. a. am Gipfeltag bewundern konnten. Daher ist es eigentlich nicht korrekt davon zu sprechen, dass man den „Kilimanjaro“ besteigt, denn dieser bezeichnet das gesamte Bergmassiv. Korrekt müsste man von einer „Kibo-Besteigung“ sprechen.

4. Tag: Baranco-Campo über Breakfast-Wall bis Karanga-Camp

Am nächsten Morgen brauchten wir zunächst alle Energie des reichhaltigen Frühstücks, um die so genannte Breakfast Wall zu bezwingen. Hier war „climbing like a monkey“ angesagt, also der Einsatz von Händen und Füßen, um die Felswand hochzuklettern. Das Klettern an sich war gar nicht so schlimm eher die ganzen Leute, andere Touristen und die schwerbeladenen Träger, um einen herum. Ich hatte mich ohnehin schon gefragt wie viel wohl in der Hochsaison auf den Kilipfaden los sein müsse, wenn das hier gerade einmal die Nebensaison war… Ich war jedenfalls echt froh, dass keiner der Träger mit seinem Riesengepäck abgerutscht, oder schlimmer noch, gestürzt war, denn das hätte eine wahre Kettenreaktion unter allen Kletterern ausgelöst . Von Sicherheitsstandards konnte auf diesem Stück echt keine Rede sein… Naja, nach einer 3/4-Stunde war es geschafft und wir liefen weiter durch die mondlandschaftartige Landschaft bis zum Karanga-Camp (4035 m). Passend zum Campname, „Karanga“ heißt „Erdnuss“ auf Kiswahili, gab es zur ersten Stärkung frisch geröstete Erdnüsse. Mmh, lecker! Da es nur ein kurzer Tag mit etwa 4 Stunden wandern gewesen war, hatten wir ausreichend Zeit, uns abseits vom Camptrubel auf einen Fels zu setzen, die herrliche Lavalandschaft zu genießen und die vorbeiziehenden Nebelschwaden zu beobachten, die den Blick zum Kibo mal mehr, mal weniger freigaben.

5. Tag: Karanga-Camp bis Barafu-Camp

Am nächsten Tag wurde es langsam ernst, denn wir stiegen bis zum Base Camp, dem Barafu-Camp, auf 4640 m Höhe hinauf, von wo aus nachts zum Gipfelsturm geblasen werden sollte. Unser Team aus Guide Fortu und Assistant Guide Ernest erwies sich übrigens als gelungene Kombination! Während Fortu eher ernst und ruhig war und uns jeden Abend ein ausführliches Briefing zum nächsten Wandertag gab, war Ernest eine lebhafte Quasselstrippe. Er kannte wirklich jeden Träger, der uns auf dem Weg nach oben begegnete , brachte uns immer wieder mit seinen Sprüchen zum Lachen und sang auch noch bis ganz oben das berühmt-berüchtigte „Jambo“-Lied (in einer auf den Kilimanjaro angepassten Variante) das uns am Ende der Tour schon zu den Ohren rauskam 😉

6. Tag: Gipfeltag – Auf zum Kibo!

Die Spannung steigt: Nachdem wir vor unserem „Abendessen“ am späten Nachmittag ein Briefing für den Gipfelaufstieg bekommen hatten, hieß es bis Mitternacht „ab in die Schlafsäcke“. Für mich war kaum an Schlaf zu denken, da ich bereits nachmittags nach unserer Ankunft im Base Camp geschlafen hatte und nicht mehr recht einschlafen konnte. Irgendwann gegen Mitternacht ließ mich jedoch das drollig klingende „Hello hello“ von Zakayo, der immer Weckdienst hatte, aus meinem Halbschlaf-Delirium aufschrecken und ich wusste: Jetzt geht’s los! Wir hatten uns bereits vorher alle warmen Sachen, die wir im Gepäck hatten, zurechtgelegt und zogen diese nun Schicht für Schicht an, denn auf dem Weg nach oben sollten Temperaturen von bis zu -15°C plus eisiger Wind herrschen. Es gab noch eine Runde heißen Tee und ein paar Kekse für jeden und dann begannen wir Schritt für Schritt durch die Dunkelheit nach oben zu stapfen. Irgendwann fing ich an meine Schritte zu zählen, um mich wenigstens auf irgendetwas zu konzentrieren. Meine Zehen waren schon nach wenigen Minuten trotz Wollsocken und eigentlich gut isolierten Wanderschuhen tiefgefroren. Und auch das Trinken aus der Thermosflasche wurde zur Qual, da ich meine Handschuhe ausziehen und mit meinen blaugefrorenen Fingern die Flasche aufschrauben musste. Zwischendurch stopfte ich mir einen Nuss-Honig-Riegel rein, den wir Gottseidank in Moshi noch gekauft hatten und Olga schmiss eine Runde Dextroenergen. Wir schoben uns durch die immer dünner werdende eisige Luft in Minischritten nach oben und nach einer halben Ewigkeit sahen wir endlich das Morgengrauen am Horizont. Kurz nach 6 Uhr ging die Sonne auf und wir hatten einen fantastischen Ausblick auf den nahegelegenen Mawenzi-Gipfel, dessen Zacken von Wolken umhüllt waren. Irre! Aber es musste weitergehen. Mit ihren „Almost there“-Ansagen versuchten uns Fortu und Ernest immer weiter nach oben zu „schieben“, nur irgendwann glaubten wir den „Fast da“-Rufen nicht mehr, da sie dies bereits seit einer Stunde sagten 😉 Naja, immerhin kroch nun die Sonne ziemlich schnell hinter dem Horizont hervor und es wurde etwas wärmer. Wir erreichten schließlich gegen 7 Uhr den zweithöchsten Punkt, den Stella Point, auf 5739 m. Dort kurze Fotosession bevor wir weitere 40 Minuten bis zum höchsten Punkt, dem Uhuru Peak („Freiheitsspitze“) auf 5895 m Höhe, auf uns nehmen mussten. Dieser Berggipfel hieß übrigens während der deutschen Kolonialzeit Kaiser-Wilhelm-Gipfel und galt damals als der höchste Berg Deutschlands!

Am Stella Point hatten wir alle noch motiviert in die Kamera gelächelt , die letzten 40 Minuten erwiesen sich, zumindest für mich, als Hölle: Ich wanderte zwar mit offenen Augen zwischen den Steinen und Eiskristallen entlang, registrierte aber kaum noch etwas bewusst in meinem Kopf. Es war wie als würde ich mit offenen Augen schlafwandeln. Die Gletscherlandschaft um mich herum erschien so surreal, ich fühlte mich so müde und erschöpft aufgrund von Unterzuckerung und der extremen Höhe, dass ich mich auf dem Gipfelfoto nur noch zu einem Lächeln quälte. Yasmin und Olga ging es ähnlich. Fortu mahnte dann ziemlich rasch zum Abstieg, da bei so extremer Höhe z. B. die Gefahr eines Lungenödems droht, was lebensgefährlich sein kann.

Bis zurück ins Base Camp waren es über zwei Stunden und wir mussten im Prinzip genau denselben Weg nach unten laufen, den wir nachts sechs Stunden lang nach oben gekraxelt waren. Ich habe bis heute keine Ahnung wie ich diesen Abstieg auf dem rutschigen Kies- und Schotterweg geschafft und mich gleichzeitig auch noch auf Kiswahili mit einem der Träger unterhalten habe. Aber wahrscheinlich hat mich das einfach nur gut wach gehalten. Im Camp angekommen wurde ich mit einem frischgespressten Saft von unserer Crew begrüßt und zum Gipfelaufstieg beglückwünscht. Als Yasmin und Olga auch eingetroffen waren, gab es Mittagessen, dann kurze Siesta und dann mussten wir auch schon noch weiter absteigen. Wir übernachteten so unsere letzte Nacht am Fuße des Kili auf 3790 m Höhe im Millennium-Camp.