Tansanische Tinga-Tinga-Malerei, das war das Erste, das mir beim Betreten der Ferienwohnung im polnischen Międzywodzie ins Auge sprang. Ich hatte mir nämlich anlässlich des verlängerten Wochenendes zum Tag der Deutschen Einheit vorgenommen, endlich einmal ins benachbarte Polen zu fahren, wo ich bisher tatsächlich nur einmal als Kind im Ferienlager und in dem Moment gewesen war, als ich den polnischen Stadtteil Görlitz‘ besucht hatte. Von Berlin aus ist man mit dem Zug in etwa 1,5 Stunden in Stettin, von wo ich weiter mit einem kleinen Minibus an die polnische Ostseeküste nach Międzywodzie fuhr. Ich glaube, ich habe fast drei Wochen gebraucht, um mir diesen Namen merken und ihn aussprechen zu können…
Aber zurück zur tansanischen Tinga-Tinga-Malerei: Ich hatte mir über AirBnB ein Gästezimmer in einer netten Ferienwohnung im besagten, unaussprechlichen Ort reserviert und wurde bei meiner Ankunft mit dem Minibus prompt von Gastgeber Janusz persönlich abgeholt. Er und seine Frau Marzena hatten vor einigen Jahren ein großes Haus mit Privatwohnung und Ferienappartments in eine Feriensiedlung gebaut, in der sich so einige schicke, aber auch etwas künstlich aussehende Häuschen direkt in Seenähe angesiedelt hatten. Von der russischen Villa mit nachts wahlweise blau, rot und grün blinkendem Greifvogel am Eingangstor mal ganz zu schweigen… Wie sich herausstellte, fuhr Janusz zur See und begleitete Containerschiffe mal nach Südamerika, mal nach Afrika oder Südostasien. Und so kam es, dass im Hausflur der Ferienwohnung eben jene tansanischen Bilder und in meinem Ferienzimmer z. B. chinesische Seidenstickereien hingen. Als ich die beiden später einmal in ihrer Wohnung besuchte, konnte ich im Flur und Wohnzimmer wie in einem Museum flanieren: ein Hut aus Mexiko, Skulpturen aus Indonesien und Kenia, Vasen aus China, eine Schnitzerei aus Guatemala, etc. So hatten wir natürlich ausreichend Gesprächsstoff! 🙂 Mit Janusz unterhielt ich mich übrigens auf Englisch, mit seiner Frau auf Deutsch. Sie hatte einen so putzigen Akzent, dass ich nie vergessen werde, wie sie immer zu mir sagte „Ah, Sie sind so simpattisch, so simpattisch!“. 😉 Beiden waren wirklich überaus herzliche Gastgeber und so gingen wir abends noch eine Runde zusammen zum nahegelegenen See spazieren um den Hund auszuführen. Bei dieser Gelegenheit lernte ich zwei Dinge: Zum Ersten, dass Wildschwein auf Polnisch „dzik“ heißt und zum Zweiten, dass viele Polen verdammt gut Deutsch sprechen. Wir trafen nämlich noch Nachbarn, mit denen Marzena und Janusz auf Polnisch etwas plauderten bis der eine Nachbar auf einmal augenzwinkernd und in akzentfreiem Deutsch zu mir sagte „Sie verstehen hier wohl gar nichts, oder?“. Wie sich herausstellte, lebte er in Deutschland und kam nur während der Ferien nach Polen. Die Wildschweingeschichte kam auf, da Janusz mir von einem, so wie ich es verstand, „white pig“ erzählte, dass nachts manchmal den Weg zum See kreuzte. Nach einigem Nachfragen meinerseits wandelte sich das „white“ dann zum „wild pig“ und ich verstand endlich, dass es sich um ein Wildschwein handeln musste. Gesehen haben wir es aber letztendlich nicht.
Międzywodzie verkörperte genau das, wonach ich an diesem verlängerten Wochenende gesucht hatte: Absolute Ruhe und Meeresnähe. Im Sommer ein wohl sehr beliebter Ferienort, waren jetzt Anfang Oktober alle Fressbuden (vorwiegend Waffeln und Eis) und Souvenirläden geschlossen und ein paar Kurgäste übrig geblieben, deren Altersdurchschnitt ich erheblich senkte. 😉 Im winzigen Tante-Emma-Laden durfte ich dann beim Einkaufen meine mickrigen Polnischbrocken zur Anwendung bringen (und nein, ich bin nicht verhungert!) bevor es an den weiten, hellen Strand und das türkisblaue Meer ging. Insbesondere am Samstag war es so warm (ca. 20°C), dass manche noch baden gingen. Ich begnügte mich hingegen damit stundenlang am Strand mit den Füßen im Wasser entlangzuwandern (herrlich!) und holte mir dabei blöderweise aber noch etwas Sonnenbrand.
Wenn man vom Strand Richtung Feriensiedlung zurücklief, musste man durch einen herrlich duftenden Kiefernwald hindurchlaufen und auch die Feriensiedlung war umgeben von Wald. Es gab dort noch immer Holzhüttensiedlungen aus sozialistischen Zeiten, wobei man wohl im Sommer eines dieser Hüttchen als Ferienhaus mieten konnte und immer noch kann. Mich jedenfalls erinnerten die Hütten stark an Finnland und ich war irgendwie fasziniert von den in der Nebensaison so still und verlassen im Wald „schlummernden“ Holzhüttchen.
Bevor es Sonntagabend über Stettin zurück ins Großstadtleben Berlins zurückging, musste ich unbedingt noch „shoppen“ gehen. Ja, ganz richtig, die Supermärkte haben sonntags in Polen geöffnet! Möchte man nicht denken in dem doch als sehr katholisch geltenden Land! Ich nahm mir jedenfalls herzhaft und süß (mit Heidelbeeren) gefüllte Pirogie mit – mmmh!