Isfahan, nesf-e djahan – Isfahan ist „die Hälfte der Welt“ wie ein Sprichwort im Iran lautet. Und ja, bei den zahlreichen Sehenswürdigkeiten, die diese Stadt zu bieten hat, ist man erst einmal ein paar Tage beschäftigt. Wir hatten immerhin 2,5 Tage in der Stadt und ließen uns alle von der schönen Atmosphäre, v.a. auf dem großen Platz, Maidan-e Emam, einnehmen, wo abends gefühlt alle Einwohner der Stadt auf der Wiese sitzen, picknicken oder eine Rundfahrt mit der Kutsche wagen. Da musste man wirklich zur Seite springen, wenn sie angefegt kamen! Nicht mit den gemütlich über’s Kopfsteinpflaster trabenden Kutschen in Weimar oder Dresden zu vergleichen!
Am Ankunftstag in Isfahan – es war bereits Nachmittag – hatten wir etwas Stress noch alle Medresen und Moscheen am großen Platz abzugrasen, denn der nächste Tage sollte ein Feiertag, oder eher ein Trauertag zum Tode Khomeinis sein und alle Sehenswürdigkeiten würden geschlossen sein. Einige aus der Gruppe, mich eingeschlossen, nutzten dies, um am nächsten Morgen zu solch einer Trauerzeremonie in eine der zahlreichen Moscheen Isfahans zu fahren und etwas von der Atmosphäre mitzubekommen. Es strömten viele Offizielle des Regimes (Militärs, Geistliche etc.) in die Moscheen, doch man hatte das Gefühl, das es für viele einfach nur eine Pflichtveranstaltung war, wo man eben hingehen musste. Junge Leute sah man hingegen kaum. Die Atmosphäre war merkwürdig: Auf der einen Seite wusste ich nicht so richtig wie ich mich verhalten sollte, v.a. mit Fotografieren, obwohl das gar kein Problem darstellte, auf der anderen Seite machten wir durch unsere Anwesenheit als Ausländer gleich viele Leute aufmerksam. Das Staatsfernsehen wollte ein Interview mit einem aus der Gruppe führen, was er jedoch ablehnte, und eine Aufpasserin im Frauenbereich schoss, ach rein zufällig, ein paar Fotos von uns. Wer weiß, in wie vielen Zeitungen am nächsten Tag ein Bild von den „ausländischen Gästen bei der Trauerfeier zum Todestag Khomeinis“ veröffentlicht worden war …
Den restlichen Tag nutzten wir wieder zum Sightseeing: Wir flanierten, wie die Isfahaner es jeden Abend zu tun pflegen, auf der Si-o-se-Pol (33-Bogen-Brücke) entlang und besichtigten nachmittags die Freitagsmoschee. Wir hatten eine iranische Familie nach dem Weg dorthin gefragt. Diese verfrachtete uns kurzerhand in ihre Autos und fuhre uns direkt bis vor die Moschee. Natürlich durfte das obligatorische Gruppenfoto am Ende nicht fehlen 😉 Aber was für eine Gastfreundschaft!
Bevor wir am nächsten Mittag nach Norden weiterfuhren, hatten wir noch zwei Programmpunkte abzuhaken: den Tshehel-Sotun-Palast (40-Säulen-Palast), dessen Inneres wieder mit einem spannenden Mix aus indischen, europäischen, chinesischen und iranischen Malereielementen versehen war, und das Armenische Viertel. Die Armenier hatten schon immer eine wichtige wirtschaftliche Bedeutung (Händler, Kunsthandwerker) für den Iran gehabt. Nachdem der Safawidenherrscher Shah Abbas I. (reg. 1587 – 1629) Isfahan zur neuen Hauptstadt auserkoren hatte, ließ er die meisten der im Iran lebenden Armenier nach Isfahan (zwangs)umsiedeln und lockte sie mit der Erbauung eines ganzen armenischen Viertels, das bis heute besteht. Leider konnten wir keine der Kirchen von innen besichtigen, daher muss ich an dieser Stelle auf ein paar Fotos im Internet verweisen. ABER: In diesem Viertel gab es zahlreiche armenische Kaffeehäuser und wir ließen es uns natürlich nicht nehmen in ein solches armenisches „Starbucks“-Café (stand tatsächlich draußen dran) zu gehen. Juhu, endlich wieder richtiger, gutschmeckender Kaffee nach tagelangem Entzug und nur furchtbar schmeckendem Nescafé zum Frühstück! Ja, ich weiß, Luxussorgen! 😉 Aber ich musste zurück an die geniale Geschäftsidee eines deutschen Cafés in Buchara, Usbekistan, denken. Vielleicht sollte ich so was mal im Iran aufmachen? 😉