Auf ins Bled Siba! – Skoura, Dadestal und Todraschlucht

Hier also nun noch der etwas ausführlichere Bericht über meine Reise mit Jonas und Madeleine in den Süden. Wir hatten uns Freitagmorgen in Ouarzazate getroffen und nahmen von dort aus ein Grand Taxi nach Skoura. Mir kam der Name dieses Örtchens die ganze Zeit verdächtig bekannt vor bis ich dann vor Ort feststellte, dass ich hier im Dezember bereits mit Göran und seinem Vater gewesen und die Kasbah Amerdil besichtigt hatte. Wiedersehen macht Freude und so war es echt noch einmal ein schönes Erlebnis den Lehmboden der Kasbah zu betreten und in den Räumen rumzuschwirren. Wir machten zudem noch einen kleinen Spaziergang in die Oase, die sich um die Kasbah herum erstreckt und liefen dann zur mittaglichen Stärkung ins Ortszentrum. Ab dort ging es mit dem Bus weiter nach Boulmalne-de-Dadès, der Ort, von dem aus dann Minibusse und Grands Taxis ins Dadestal hineinfahren. Demensprechend interessant ist man dort auch als Tourist, wir wurden permanent penetrant angelabert und der Lebensmittelhändler entpuppte sich am Ende unseres Einkaufs als Möchtegernchauffeur ins Tal und bot uns natürlich zu einem viel zu teuren Preis die Fahrt mit seinem Auto in die Schlucht an, was wir aber dankend ablehnten. Wir nahmen stattdessen einen Minibus und bekamen auf der Fahrt zum Hotel schon einen Einblick in die grandiose Berg- und Oasenwelt mit ihren strahlenden Farben: erdig-rote Felsen, quietschgrüne Felder in den Oasen und weiß und rosa blühende Bäume. Am Abend kam dann noch die goldene Abendsonne und ein dunkelblauer Himmel hinzu. Einfach herrlich!!! Auch unser Hotel, in dem wir fast die einzigen Gäste waren, war so schön eingerichtet, dass wir aus dem Schwärmen gar nicht mehr rauskamen. Wenn ich dann noch das Frühstück auf der Terrasse mit Blick in eines der Täler erwähne, dürfen alle mal neidisch werden!

Die nächsten zwei Tage nutzten wir, um in den zwei ans Hotel angrenzenden Tälern wandern zu gehen. Andere Touristen sah man außer in Wohnmobilform kaum, dafür vielmehr die einheimische Dorfbevölkerung, die aus vielen, mal wieder nervigen Kindern bestand, die entweder Tourguide spielen wollten oder wahlweise nach einem Dirham, „un stylo“, einem Kuli also, oder „un bonbon/un caramel“ fragten. Bzw. trafen wir beim Herumspazieren in den Oasen auf viele Bauern, die die Ernte einholten und einen freundlich, manchmal sogar mit Handschlag begrüßten. Das Bewässerungssystem dieser Oasenfelder ist sehr faszinierend: Es besteht aus Kanälen, khettara, durch die Wasser aus dem Fluss geleitet wird und die entweder mit Lehmdämmen blockiert werden oder, wenn die Leute die Dämme mit Spitzhacken entfernen, die Felder fluten. In den Tälern sahen wir unglaublich viele bizarre Steinformen in engster Nähe beieinander und witzigerweise werden ein paar von diesen „Pattes de singes“, also Affentatzen, genannt, wahrscheinlich weil die Steine mit ihrer runden Form wie die wulstigen Zehen eines Affenfußes aussehen. Daneben gab es immer wieder kleine Dörfer und ein paar schöne Kasbahs zu entdecken.

Am Montag schließlich fuhren wir ab Boulmalne-de-Dades mit dem Bus weiter nach Tineghir. Dort angekommen wurden wir prompt von einem deutschsprechenden Marokkaner, Mustapha (?) aufgegabelt, der außer sich war vor Freude ein paar Deutsche zu treffen und der uns sogleich in das Café eines Verwandten schleifte. Dort hingen kurioserweise Münchenfotos an der Wand, weil sein Vater dort jahrelang als Koch gearbeitet hatte. Das Familienfotoalbum wurde rausgezerrt, damit die weitgereisten Familienmitglieder bestaunt werden konnten und wir erhielten lecker Minztee, den ich selbst hinter der Theke hatte zubereiten dürfen – schade, dass es davon kein Foto gibt … Dafür aber machten wir ein witziges Gruppenfoto bevor es für uns weiter per Grand Taxi in die Todraschlucht bis zum Hotel ging. Dort angekommen waren wir überwältigt, denn die Felswände ragten direkt hinter dem Hotel steil in den Himmel auf. Sie erreichen teilweise bis zu 300 m Höhe! Am nächsten Morgen sahen wir im Tageslicht die vollen Ausmaße der Schlucht und fühlten uns „ganz klein mit Hut“ wie man so schön sagt. Mich erinnerte die Schlucht an Petra in Jordanien, nur dass hier die Farbe der Felsen nicht so intensiv rot war. Wir nahmen schließlich eine vom Lonely Planet beschriebene Route und krachselten so hoch, dass wir schließlich das ganze Todratal und die umliegenden Berge und Ebenen sehen konnten. Auf dem Weg nach oben mussten wir uns immer wieder mit unverschämten Bauersmädchen und –frauen herumärgern, die ihr Vieh den Berg heruntertrieben und die ohne jeden Gruß immer sofort die Hand ausstreckten und nach 10 Dirham (etwa 1 €) verlangten. Schön, dass man als Tourist  immer als wandelnder Geldschein gesehen wird …

Nach dem Auf- kam schließlich der Abstieg zurück ins Tal. Den Abend verbrachten wir ziemlich geschafft im Hotel, dessen Service leider zunehmend zu wünschen übrig ließ (tagsüber kein Strom und abends nur für ein paar Stunden Strom aus dem Notaggregat, nach dem anfangs super Essen nun Brot vom Vortag und widerlichen Tee, …). Der Dienstag nahte und für mich hieß es leider auch schon die Heimreise nach Casa antreten. Wir hatten eine echte Odyssee vor uns: Todraschlucht – Grand Taxi nach Tineghir (15 min.) –  Bus über Errachidia nach Midelt (5 h) – Bus nach Meknès (4 h). Dort blieben dann Jonas und Madeleine während ich noch einen weiteren Bus nach Casa (4 h) nahm und dort mitten in der Nacht bzw. schon eher am frühen Morgen ankam. Dann Petit Taxi nach Hause, ein paar Stunden schlafen und Hop wieder auf Arbeit! So nutzt man seine viel zu wenigen freien Tage eben effektiv aus 😉

P.S.: Was ist eigentlich dieses „Bled Siba“, das in meiner Überschrift steht? Zu Protektoratszeiten gab es die inoffizielle Einteilung Marokkos in das „Bled al-Makhzen“ im Norden, d. h. das „Land der Regierung“, wo der Sultan großen Machteinfluss ausüben konnte, und das „Bled Siba“, das „Freie Land“, im Süden, das aus den bergigen Berberregionen besteht und nur schwer von der Zentralmacht kontrolliert werden konnte. Und noch heute liegen Welten und Jahrhunderte zwischen Tineghir und Casablanca und die Berber sind ja seit eh und je für ihre Freiheitsliebe und ihren Unabhängigkeitswillen bekannt!

2 Gedanken zu “Auf ins Bled Siba! – Skoura, Dadestal und Todraschlucht

  1. Liebe Conny,

    vielen Dank für den schönen Bericht und die vielen Bilder 🙂 🙂 🙂 Wir wünschen dir frohe Ostern und freuen uns schon, dich im Mai in Jena wiederzusehen!!!

    Viele liebe Grüße von uns beiden,

    Madeleine und Jonas 🙂

  2. Pingback: Iran-Etappe 3: Die Oasenstadt Yazd – Zoroastrismus und “Krafthäuser” | Connys Weblog

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